Читать книгу Ice Girls - Der Schlittschuhclub - Letizia Morante - Страница 4

Frau Behrens Idee

Оглавление

Der Wecker klingelte viel zu früh am Morgen. Obwohl Leonie beinahe 10 Stunden geschlafen hatte und es bereits seit einer Weile hell war, kam es ihr vor, als wäre sie eben erst zu Bett gegangen.

Gerne würde sie einfach noch ein wenig unter der warmen Decke liegen bleiben, aber unten wartete ihre Mutter bereits mit dem Frühstück und würde in Kürze hinauf kommen, sollte Leonie nicht von sich aus aufstehen, sich fertig machen und nach unten in die Küche gehen.

Sie war zwar nicht mehr müde, aber es widerstrebte ihr, das gemütliche Bett verlassen zu müssen.

Aber je eher sie aufstand, desto eher konnte sie in der Schule sein und vor dem Unterricht noch mit Amanda reden. Außerdem wollte sie die Neue näher kennenlernen. Eventuell lohnte es sich ja, sie auch zum Campingausflug einzuladen?

Ein Wochenende im Zelt wäre doch die perfekte Gelegenheit, um sich ein wenig mit Annika anzufreunden.

Vorausgesetzt natürlich, Amanda hatte Unrecht und sie war nicht eingebildet.

Von unten rief die Mutter bereits nach ihr. Ihre große Schwester Sandra war scheinbar schon fertig mit dem Frühstück, da sie sich gerade an der Tür verabschiedete und auf den Weg zu ihrer, etwas weiter entfernten, Schule machte.

Leonie hatte es gut. Sie musste lediglich ein paar hundert Meter laufen, um ihre Schule zu erreichen. Dafür benötigte sie meist etwa 10 Minuten. Sandra hingegen war schon 17 und ging auf eine höhere Schule.

Sie musste jeden Morgen beinahe 20 Minuten mit dem Rad fahren, ehe sie in ihrer Schule ankam.

Im Winter, oder wenn das Wetter zu schlecht war, wurde sie von der Mutter oder dem Vater gefahren.

Meisten fuhr Leonies Mutter sie, da diese auf ihrem Weg zum Büro ohnehin an der Schule vorbei musste.

Leonies Vater hingegen war Anwalt und hatte seine Kanzlei genau in der anderen Richtung. Somit musste er jedes Mal einen Umweg fahren, wenn seine Frau keine Zeit hatte, Sandra zur Schule zu bringen.

Meist war Leonie die Letzte, die das Haus verließ. Normalerweise fuhr die Mutter schon immer gegen 7.30 Uhr zu ihrem Büro und ihr Vater manchmal sogar noch früher.

Leonie trödelte allerdings oft und machte sich nicht selten erst viertel vor 8 auf den Weg. Heute aber wollte sie pünktlich losgehen um noch 15 oder 20 Minuten Zeit zu haben, bis die Schule anfing.

Amanda wäre ohnehin wie immer bereits 25 Minuten vor Unterrichtsbeginn im Klassenzimmer, da ihre Mutter sie jeden Tag zur Schule fuhr und großen Wert darauf legte, dass sie rechtzeitig vor Ort war und noch genügend Zeit blieb um ein wenig in den Schulbüchern zu lesen.

Nachdem Leonie ihre am Abend ausgesuchten Sachen, eine hellblaue Jeans-Hose und ein T-Shirt mit Hufeisendruck angezogen hatte, nahm sie die Schultasche und stellte sie in die Garderobe. So musste sie nach dem Frühstück nicht noch einmal extra hoch in ihr Zimmer laufen.

Auf dem Weg zur Küche kam ihr der Vater entgegen, grüßte sie, strich ihr flüchtig über die widerspenstigen Locken und schnappte dann seine Aktentasche und lief eilig zum Auto.

Scheinbar war er spät dran.

Auch Leonies Mutter machte sich fertig zum Gehen. Als Leonie ihr vorbereitetes Frühstücksbrot in die Brotbox packte und diese in die Seitentasche ihre Schulrucksacks schob, kam sie, bereits fertig angezogen, aus dem Wohnzimmer, ermahnte Leonie noch einmal dass sie nicht so lange trödeln sollte, wünschte ihr viel Spaß in der Schule und eilte dann ebenfalls hinaus.

Leonie war es ganz recht, dass sie meistens alleine frühstücken musste. Kurz nach dem Aufstehen hatte sie meistens eher schlechte Laune.

Ihr Vater bezeichnete sie regelmäßig als Morgenmuffel.

Sie mochte es nicht, wenn man sie beim Frühstück ansprach oder in ein Gespräch verwickeln wollte. Ihre Freude am Reden erwachte erst, sobald sie in der Schule ankam und ihre Freunde sah.

Außerdem war sie dann bereits ein wenig gelaufen und nicht mehr so verschlafen.

Ihr Frühstück stand fertig zubereitet, mit einem Teller abgedeckt, auf dem Tisch.

Mhh, lecker. Pfannkuchen.

Normalerweise gab es morgens keine Süßigkeiten, aber da ihre Mutter am Vortag eine Geburtstagsfeier im Büro hatte und massenhaft Kuchen und Gebäck übrig war, was der Chef an alle Mitarbeiter verteilt hatte, war das heute eine Ausnahme und zur Abwechslung gab es einmal kein normales Brot oder Müsli, sondern eine Tasse Kakao und dazu einen super weichen, mit Erdbeermarmelade und Zuckerguss glasierten Pfannkuchen.

So machte frühstücken Spaß.

Für die Schule hatte die Mutter ein normales belegtes Brot mit einem halben Apfel und einigen Gurkenscheiben eingepackt, doch jetzt würde sich Leonie erst einmal über die süße Überraschung freuen.

Genüsslich kauend schielte sie auf die moderne Küchenuhr. Anstelle von Zeigern schwebten kleine Tassen über die Stellen, an der für gewöhnlich Zahlen aufgedruckt waren. Das Ziffernblatt dieser Uhr wurde von kleinen runden Bildern, die die verschiedensten Gerichte zeigten, verziert.

Früher hatte Leonie Probleme gehabt, die Zeit an dieser seltsamen Uhr abzulesen, jedoch war es ganz einfach, nachdem sie verstanden hatte welche Tasse welchen Zeiger darstellte und an welcher Stelle sich für gewöhnlich welche Zahl befand.

Mittlerweile wusste sie, zu welcher Uhrzeit die Zeiger auf den verschiedenen Bildchen standen.

Noch musste sie sich nicht beeilen, es war erst 7.25 Uhr. Also noch 35 Minuten bis Schulbeginn.

Sie schleckte den letzten Rest Kakao aus ihrer Tasse, zog sich die Straßenschuhe an, schnappte ihre Jacke, setzte den Rucksack auf und zog die Tür hinter sich ins Schloss.

Mit ihren Eltern hatte sie vereinbart, dass sie immer einmal abschließen sollte, wenn sie als Letzte aus dem Haus ging.

Schon oft hatte sie dies vergessen und wurde von ihrer Mutter deshalb häufig diesbezüglich ermahnt.

Auch heute dachte sie erst wieder im letzten Moment an das Abschließen, schnappte schnell ihren Schlüssel, drehte ihn eine Runde im Schloss, bis es klack machte und hängte sich ihr Schlüsselband danach um den Hals, damit sie ihren Haustürschlüssel nicht verlieren konnte.

Eigentlich fand sie das ja kindisch, aber einmal hatte sie ihn in die Seitentasche ihrer Schultasche gepackt und zuhause erschrocken überall danach gesucht und schon Angst bekommen, sie hätte ihn unterwegs verloren, weil sie schlichtweg vergessen hatte, dass er sich ausnahmsweise in ihrer Tasche und nicht am Band um ihren Hals befand. Seit diesem Schock hängte sie ihn sich lieber wieder um.

Immerhin konnte sie ihn problemlos unter ihr T-Shirt schieben. So sahen die Mitschüler es nicht.

Als sie das Klassenzimmer exakt 20 Minuten vor 8 Uhr betrat, saß Amanda, wie so meist, bereits auf ihrem Platz und hatte das Geschichtsbuch aufgeschlagen. Als sie Leonie bemerkte, strahlte sie und schlug das Buch zu.

"Na endlich, ich hatte schon gedacht, ich müsste ewig auf dich warten. Aus lauter Verzweiflung habe ich schon angefangen in den Schulbüchern zu blättern. Ist das nicht schrecklich?"

Sie lachte und umarmte Leonie. Sie begrüßten sich jeden Morgen mit einer Umarmung.

Noch war das Klassenzimmer leer, also stand einem gemütlichen Gespräch nichts im Wege und Leonie ließ ihre Tasche neben den Tisch sinken und setzte sich auf ihren Platz.

"Und, meinst du deine Mutter hat heute gute Laune? Dann könnten wir vielleicht nach der Schule mit ihr reden, wegen unserem Campingausflug."

Amanda zuckte die Schultern.

Zu beurteilen, wann Frau von Kupferstein gute Laune hatte, war schier unmöglich.

"Ich denke, wir versuchen es einfach." Schlug sie daher vor und Leonie nickte.

Besser etwas früher, dann hätten sie noch genug Zeit um den Rest der Woche zu betteln, sollte Frau von Kupferstein ihre Zustimmung verweigern.

Leonie informierte Amanda über ihre Idee, dass sie ja auch Annika einladen konnten, doch Amanda zeigte sich zuerst gar nicht erfreut. "Wieso ausgerechnet die? Die ist doch komisch. außerdem hat bisher keiner von uns mit ihr geredet."

Leonie wiegte den Kopf hin und her. "Schon, aber das lässt sich ja nachholen."

Amanda sagte nichts, sondern seufzte bloß. Naja, wieso nicht. Vielleicht war die Neue ja doch nicht so Übel.

Dann fügte sie hinzu. "Aber du fragst."

Leonie grinste. Selbstverständlich würde sie sie fragen. Allerdings war sie erleichtert, da Amanda nun ihr okay zu Annikas Teilnahme gegeben hatte.

Die Mädchen tauschten sich noch eine Weile über alle möglichen Dinge aus, dann begann sich das Klassenzimmer langsam zu füllen. Zuerst kamen nur vereinzelte Schüler an, dann kleine Grüppchen aus 3 oder 4 Personen.

Irgendwann, etwa 10 Minuten vor Stundenbeginn, betrat auch Annika den Raum.

Heute trug sie ihr recht langes, karamellbraunes Haar nicht offen, sondern zu einem strengen Dutt zurückgebunden, wodurch sie gleich mindestens 2 Jahre älter aussah.

Amanda grummelte. Konnte die sich nicht einfach wie alle anderen auch anziehen?

Anstelle des Faltenrockes trug Annika eine marineblaue, perfekt passende Jogginghose. Die Bluse hatte sie gegen ein grünes Top mit Spaghettiträgern eingetauscht und statt der Riemchensandalen hatte sie nun neongelbe Turnschuhe an den Füßen.

Ein Outfit, mit dem sie vielleicht zum Sportunterricht gehen konnte, aber doch nicht in eine Geschichtsstunde.

Dieses Mal musste Leonie Amanda recht geben, Annikas Outfit war wirklich nicht ganz passend für die Schule. Aber immerhin sah sie darin weniger überheblich aus.

Ohne etwas zu sagen steuerte Annika ihren Platz an, zog die Schulmaterialien aus der Tasche und legte alles fein säuberlich auf ihre Hälfte der Schulbank.

Kurz darauf erschien Frau Behrens im Raum und wartete, bis auch die Letzten an ihren Plätzen angekommen waren und die Sachen für die Geschichtsstunde aus ihren Taschen geholt hatten.

Pünktlich mit dem Klingelzeichen stand sie vom Lehrertisch auf, trat vor die Klasse und klatschte in die Hände, um die Aufmerksamkeit ihrer Schüler zu bekommen.

Bevor sie mit dem Unterricht begann, hatte sie eine Ansage zu machen.

Die Gespräche wurden murrend eingestellt und die Schüler sahen, mehr oder weniger erwartungsvoll, zu Frau Behrens.

"Bevor wir uns heute dem frühen Mittelalter zuwenden, möchte ich euch etwas vorschlagen. Bitte schreit nicht sofort alle durcheinander, sondern lasst mich erklären und stellt danach, schön der Reihe nach, eure Fragen."

Sie lief vor der Tafel auf und ab und erzählte den Schülern, dass in der Nachbarschaft am Ende der Woche die neue Eishalle eröffnet werden sollte und Schulklassen, natürlich mit vorheriger Anmeldung, die Möglichkeit hatten, die Eisfläche für ganze 2 Stunden kostenlos zu besuchen.

Nun lauschte die Klasse gespannt.

"Ich habe mir also überlegt, ob wir diese Chance nicht nutzen sollte und einfach einen, uns ohnehin zustehenden Wandertag, vorziehen. Ich habe schon gestern Nachmittag mit dem Besitzer der Halle telefoniert und er hat uns bereits eine Zusage erteilt. "Wenn ihr also Interesse an dem Besuch der Eisbahn habt, dann können wir uns den Freitag gern frei nehmen und ein wenig über das Eis schlittern. Selbstverständlich können Schlittschuhe vor Ort ausgeliehen werden."

Die Klasse begann zu jubeln und wild durcheinanderzureden. Sie alle waren hellauf begeistert.

Besonders Leonie war aufgeregt, da sie zwar sehr gern Eis lief, und auch einigermaßen sicher vorwärts fahren konnte, ohne auf den Po zu fallen, jedoch dachte sie bisher, dass man nur im Winter Schlittschuhlaufen konnte und auch dann nur draußen, auf der Eisbahn, die es jedes Jahr auf dem städtischen Weihnachtsmarkt gab.

Dass sie, noch mitten im Sommer, zum Eislaufen gehen würden, war eine tolle Vorstellung und sowohl sie, als auch Amanda, konnten ihre Begeisterung nicht verbergen.

Bloß Annika verdrehte genervt die Augen. Außer Leonie bemerkte dies allerdings keiner. All ihre Mitschüler waren damit beschäftigt, schon jetzt die Gruppen zu bilden, die im Bus auf den 4er Plätzen zusammen sitzen wollten.

Frau Behrens rief sie zur Ordnung, um noch einige Worte zum organisatorischen Ablauf loswerden zu können.

"Aufgrund eures Zuspruches gehe ich also davon aus, dass wir uns am Freitag alle auf dem Eis wiederfinden. Wir treffen uns hier an der Schule, um 9 Uhr. Ihr könnt also eine Stunde länger schlafen. Dann fahren wir gemeinsam zur Eishalle. Wer eigene Schlittschuhe hat darf diese gern mitbringen, alle anderen bekommen auf der Eisbahn Leihschuhe."

Frau Behrens hätte besser daran getan, diese Neuigkeit erst am Ende ihrer Stunde zu verkünden, denn nun hatte sie keine Möglichkeit mehr, die aufgedrehte Klasse zu bändigen und der Rest des Geschichtsunterrichtes verlief denkbar unruhig.

Leonie flüsterte die ganze Zeit über hinter vorgehaltener Hand mit Amanda und überlegte nebenbei, ob ihr denn wohl die alten Schlittschuhe, die sie vor 3 oder 4 Jahren einmal von ihrer Mutter gekauft bekommen hatte, noch passen würden.

Kurz vor dem Läuten der Pausenglocke verteile Frau Behrens Zettel, auf denen die Eltern unterschreiben mussten, dass sie mit dem Besuch der Eisbahn einverstanden waren.

Amanda schluckte. Wie immer würde es ein harter Kampf werden, ihre Mutter zu überreden, sie an dem Ausflug teilnehmen zu lassen.

Wieder einmal wünschte sie sich, dass ihr Vater gerade zuhause wäre und sie mit ihm reden könnte, jedoch würde Baron von Kupferstein erst in einigen Wochen zurückkehren.

Dennoch war sie genauso aufgeregt wie ihre beste Freundin.

Irgendwie wird die Mutter schon unterschreiben, sagte sie sich. Und bereits in drei Tagen würden sie und Leonie die Eishalle besuchen.

Auch den Rest des Tages drehten sich alle Gespräche nur um den Besuch der Eisbahn und die Freundinnen waren froh, als die Schule endlich zu ende war und sie nachhause gehen konnten.

Da auch noch das Gespräch mit Amandas Mutter bezüglich des Campingausfluges anstand, fuhr Leonie mit zu Amanda.

Ihre Freundin wohnte weiter von der Schule entfernt als Leonie und so mussten sie den Bus nehmen, der sie in einen Vorort der Stadt brachte, in dem die von Kupfersteins lebten.

Amandas Familie besaß ein riesiges, im Schweizer Stil erbautes Haus am Stadtrand, dem sich ein ebenso großes, perfekt gepflegtes Gelände angliederte.

Eine lange Einfahrt zog sich von der Straße hindurch durch das große Tor bis hinauf vor den Eingang des Hauses und der Fußweg wurde von penibel zurechtgestutzten Hecken gesäumt.

Frau von Kupferstein legte unübersehbar großen Wert auf ihren Garten.

An der Haustür angekommen, zog Amanda ihren Schlüssel aus der Tasche und stellte fest, dass noch abgeschlossen war.

Ihre Mutter würde also erst noch nachhause kommen.

Auch gut, dachten die Mädchen. So blieb noch etwas Zeit um auszuruhen und eine Kleinigkeit zu essen.

Ice Girls - Der Schlittschuhclub

Подняться наверх