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Fünftes Kapitel
Der Graf von Epaville
ОглавлениеIn die leeren Gemächer der Rheider Burg war wenigstens etwas Geräusch und Leben zurückgekehrt, seit Antoine von Epaville aus der nahen Hauptstadt ein paar Handwerker herausgeschickt hatte, welche ihm einige Zimmer in bewohnbaren Stand setzten und mit den mitgebrachten Möbeln einrichteten. Er selbst war die beiden ersten Tage am Morgen herausgekommen, um sein neues Besitztum genau in Augenschein zu nehmen und abends in die Stadt zurückgeritten. Am Nachmittage des dritten Tages hatte ein Diener ein großes Schreiben von der Burg herab dem Hammerbesitzer überbracht, gesiegelt mit einem großen Wappen im Fürstenmantel und mit einer Herzogskrone darüber. Ritterhausen hatte es erbrochen und während Sibylle das Kuvert an sich nahm und das Siegel aufmerksam betrachtete, las der Hammerbesitzer die Depesche mit einem Gesicht, welches sich in immer düstere Falten verzog.
Der Inhalt des Schreibens lautete:
»Mein Herr!
Aus den mit meinem neuen Besitztum mir übergebenen, dazu gehörigen Archivalien und Aktenstücken erhellt in unzweifelhafter Weise:
Daß das in Ihrem Besitz befindliche Hammerwerk nebst allem Zubehör infolge eines Zeitpachtvertrages mit den frühern Eigentümern der Rheider Burg von Ihnen innegehabt wird.
Sie haben diesen Charakter Ihres Besitzrechtes bestritten und für dasselbe die Natur eines Erbpachtverhältnisses in Anspruch genommen.
Jedoch ist der über die letzte Frage mit dem Eigentümer, dem verstorbenen Herrn von Huckarde, geführte Prozeß für Sie in allen Instanzen verloren gegangen.
Die Rechtsnachfolgerin des Herrn von Huckarde, die pfälzische Domänenverwaltung, hat von diesen gegen Sie erstrittenen Urteilen keinen Gebrauch gemacht, sondern Sie im Besitz des Hammers gelassen und von Ihnen nach wie vor den alten Pachtzins entgegengenommen – aus Motiven, über welche die Akten nicht Auskunft geben und über die mir kein Urteil zusteht.
Darauf gestützt haben Sie dann, als die pfälzische Administration aufhörte, bei der ihr nachfolgenden großherzoglich bergischen Verwaltung die Ablösung Ihres Erbpachtverhältnisses beantragt und die letztgenannte Domänenverwaltung ist ohne gründlichere Untersuchung der Sache hierauf eingegangen, hat Ihre Anträge genehmigt und die Ablösungssumme fixiert, die Sie zu zahlen bereits begonnen haben.
Ich habe als Rechtsnachfolger der Domänenadministration jedoch sofort wider dies Ablösungsverfahren Protest erhoben, da es auf durchaus falschen Voraussetzungen beruht.
Indem ich Ihnen dies mitteile, füge ich hinzu, daß ich den lebhaften Wunsch hege, diese Angelegenheit mit Ihnen in friedlicher und summarischer Weise zu ordnen, und wird es mir ein Vergnügen sein, diesen meinen Wunsch Ihnen persönlich zu beweisen, sobald Sie mich besuchen wollen, um über die Erledigung der Sache sich mit mir zu bereden.
Ich bin, mein Herr, mit großer Achtung
der Graf A. von Epaville.«