Читать книгу FreiWillig - Folge 2 - Lilly M. Beck - Страница 2
ОглавлениеTrau Dich
Das mache ich doch jetzt nicht wirklich. Ich kann es nicht fassen. Wir kennen uns kaum und doch hast du solch eine Wirkung, solch einen Einfluss auf mich. So eine große Anziehung. Letztes Mal ja auch schon. Entgegen aller Vernunft will ich dich doch wieder. Einen „fast“ Fremden. Ich habe mir das gut überlegt und versucht, da emotionslos ranzugehen. Ja, das Wort passt ganz und gar nicht zu mir. Muss selber lachen. Ich habe alles in die Waagschale geworfen und letzten Endes sind nur positive Aspekte aufgefallen. Wirklich negativ wäre nur, wenn das mit uns raus käme. Ich will keinen Ärger, nicht für mich und nicht für deine kleine Familie. Gut, du könntest auch ein Blender und Psychopath sein, der im besten Fall schon seinen Keller für mich vorbereitet hat, aber wenn du mir was hättest antun wollen, dann hättest du im Hotelzimmer Möglichkeiten genug gehabt. Die Gelegenheiten waren vielfältig. In der Bar einfach was ins Getränk und oben Unaussprechliches tun. Fremde Stadt und für mich viel zu verlieren. Oh Gott, ich sollte weniger Krimis lesen…
Jedenfalls macht dich ein bisschen Tippen, Telen und eine einzige Nacht nun nicht gerade zu meiner Affäre. Andererseits hatte doch jede Beziehung irgendwie so ihren Start, oder nicht? Gibt es denn im BDSM-Bereich sowas wie Affären? Ich habe mich nach unserem letzten Date viel in Foren herumgetrieben und mir Bücher zum Thema gekauft, doch muss ich mir eingestehen, dass wohl nirgends geschrieben steht, wie ich mein Leben zu leben habe. Da nützt alles lesen nix. Das alles ist meine Entscheidung und niemand kann mir das abnehmen. Wenn es dumm läuft, werde ich irgendwann mit den Konsequenzen leben müssen, eine Fremdgängerin zu sein, eine Schlampe, die einen Familienvater verführt und eine Ehe auf dem Gewissen hat. Die Moralapostel in diesem Land sollen eh mal schön vor ihrer eigenen Tür kehren. Da gibt es wirklich genug. Wenn du mit dem Finger auf jemanden zeigst, zeigen immer drei deiner eigenen Finger auf dich selbst. Ich liebe diesen Spruch. Und der Mittelfinger ist mir eh der Liebste. Also habe ich beschlossen, mir darum später, wenns soweit sein sollte, Gedanken zu machen. Jetzt nicht. Ich bin viel zu aufgeregt und eh darum bemüht, unser Geheimnis zu wahren, damit es gar nicht erst zu Stress kommt. Die Menschen in unserem Leben sind uns viel zu wichtig, als dass es raus kommen soll. Das würde sie nur verletzen.
Wir haben klare Grenzen gezogen für dieses Mal. Du hast sie festgelegt. Natürlich. Ich hätte nun sowieso allem zugestimmt. Du warst so derart sauer, weil ich letztes Mal einfach aus dem Zimmer verschwunden bin, ohne mich zu verabschieden. Meine Erklärung wolltest du gar nicht hören. Sowas läuft bei dir unter mangelndem Respekt und sowas duldest du nicht. Und nun bin ich auf dem Weg, es wieder gut zu machen.
Insgeheim hoffe ich auch, deine feste Spielpartnerin zu werden. Im besten Fall, sogar deine Sub. Dieses besondere Verhältnis fasziniert mich unglaublich und es harmoniert ja schon sowieso so perfekt zwischen uns. Also bin ich gespannt, ob ich dir genüge. Ich habe keinen Schimmer von diesem Bereich, aber will lernen und mich ausprobieren. Am liebsten mit Dir. Ich will in diesen Sog und Strudel tiefer reingezogen werden, den es nun mal mit sich bringt, wenn man diese Spielart spielt. Du bist wirklich ein fleischgewordenes Klischee, was einen Dom angeht. Gutaussehender Mittdreißiger, Anzugtyp, dauernd am Arbeiten für seine Karriere und natürlich auch gerade deshalb so erfolgreich im Job. In jedem Satz klingen deine Intelligenz und Dominanz mit. Du lässt dir nichts vormachen, von niemandem und bist besonders gut darin, in mir zu lesen. So stelle ich es mir mit dir sehr aufregend und bereichernd vor. Soweit ich das verstanden habe, haben Dom und Sub im Allgemeinen ein ganz festes Band zueinander. Die Leute denken immer, solch eine Verbindung beruht einzig und allein auf Unterwürfigkeit und Dominanz, doch in Wahrheit ist es nur Vertrauen, aber das in seiner reinsten Form. So stark die Bindung sein kann, so schnell ist alles vorbei und unwiederbringlich, wenn Grenzen unachtsam oder böswillig überschritten werden. Vertrauen aufzubauen dauert so so lange, doch in Sekundenbruchteilen kann alles in Scherben liegen.
So ging es mir auch schon einmal.... Der Bereich BDSM fasziniert mich schon eine ganze Weile, aber ich hatte vor dir nie real damit zu tun. Vor zwei Jahren hatte ich nur einen Typen, der im Sexting darauf stand und alleine im Kopf hat mir das schon großen Spass gemacht. Mit ihm wars so geil, dass ich mich traute, ein reales Date zu vereinbaren. Wir wollten unser Kopfkino in die Realität holen.
Er war wirklich sehr dominant und viel älter als ich. Das hat mir ziemlich gut gefallen und wir hatten ein sehr besonderes Jahr miteinander. Es war sehr intensiv und wir hatten uns täglich. Leider ist die Fantasie eben nicht die Realität und ich muss ganz klar sagen, dass ich nicht einmal ihm alleine die Schuld geben kann. Ich habe mich in dem Virtuellen einfach viel offener und erfahrener gegeben, als ich ja letztlich war. Immer alles, um ihm zu gefallen, es nie langweilig werden zu lassen und im Chat hat mir Hartes gar nichts ausgemacht, da fühlt man ja auch nichts wirklich. Darauf hat er immer sehr angeturnt reagiert. Mein devotes Verhalten gelobt, dabei bin ich eigentlich gar nicht so, dachte ich. Im Chat fand ich das jedenfalls alles heiß. Mega heiß. Doch als unser Date kurz bevorstand, ist er beim letzten Schreiben miteinander so derart eskaliert, mit seiner Vorstellung und Wortwahl, was er mit mir tun wird im Bett, dass ich völlig ängstlich und zutiefst angewidert das Treffen abgesagt habe. Er hat meine ganz klar formulierten Grenzen überschritten und Null Einsicht gezeigt. Von diesem Zeitpunkt an gab es kein Zurück und unser Verhältnis war vorbei.
Deswegen habe ich nun bei dir alles anders gemacht. War von Anfang an ehrlich und ICH. Das bedeutet, ich habe meine Sehnsüchte benannt und viel wichtiger, meine NOGO´s. Du warst weiter interessiert und hast nicht locker gelassen, aber auf solch charmante, verführerische Art, dass ich gar nicht anders konnte, als dich in mein Leben zu lassen. Dance with the devil. Hast mich verführt. Zu verlockend war deine Art, mit mir umzugehen, das Leben zu sehen und deine Erwartungen an mich zu adressieren. Wie könnte ich mir dich entgehen lassen? Erst recht nach dieser unglaublichen Nacht. Zu jeder Bedingung hätte ich ja gesagt, nur um dich wieder erleben zu dürfen. Du fehlst mir. Hast mich eingewickelt. Zu allererst mit deinem Charme und dann mit deiner Bestimmtheit. Die liebe ich. Du denkst pragmatisch und immer ziel- und lösungsorientiert. Ist was effizient, super. Wenn nicht, weg damit. Das hat mir anfangs Angst gemacht. Was, wenn es mal mich trifft, du mich einfach aussortierst oder ich dich nicht zum ersehnten Ziel führe, bzw. nicht so funktioniere, wie du es gerne hättest? Du wirkst so erfahren.
So unglaublich routiniert darin, zu bekommen, was du willst, so dass du mir mit wenigen Sätzen klar gemacht hast, dass wir am Anfang stehen und ich mich nicht verrückt machen soll. Hast aufgezählt, was dir alles gut an mir gefällt und dass du das Gefühl hast, mein Potential als Sub wäre noch gar nicht erkannt worden. Zumindest nicht, so wie von dir. Deine direkte Art bringt Dinge eben ungeschönt und unvermittelt auf den Punkt und mich oft in Bedrängnis. Du genießt das. Ich habe eigentlich immer das Gefühl, ich sei wie Rotkäppchen und du wie der böse Wolf. Ich versuche mir dauernd klar zu machen, dass das mit uns einfach eine sehr, sehr geile und vor allem, von Hause aus, intensive Erfahrung ist. Diese Ebene wollen alle erreichen, doch in Wahrheit müssen sie sich jeden Tag neu dafür entscheiden und sich eben an die Regeln halten. Wenn das passiert, ist das gegenseitige Kümmern, Reizen und Aufgeilen ebenso Bestandteil, wie das Dienen, in unserem Fall ihrerseits, und das Strafen seinerseits.