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Während sie sich hastig umzog, warf sie rasch einen Blick auf ihr Handy. Neue Nachrichten ihrer Freundinnen wurden angezeigt.

Die eine zeigte das Foto einer Rollbahn, darunter hatte Miranda geschrieben: „Alles Gute für heute Abend, Al! Ich steige gleich in den Flieger nach Miami. Drückt mir die Daumen, dass alles klappt!“

Alex hatte darauf mit einer Aufnahme ihres Abendkleides und einem „Daumen hoch“-Zeichen geantwortet. Darunter schrieb sie: „Gib auf dich acht!“

Offenbar machte sich auch Alex Sorgen um ihre Kleine. „Keine Bange, ich bin ein großes Mädchen“, schrieb Miranda ein wenig trotzig zurück. Das dazugehörige Foto zeigte ihre Bordkarte, doch es war verwackelt, als würde ihre Hand zittern.

Jess seufzte. Alles Gute, ma chère! dachte sie bei sich. Rasch schoss sie durch das Fenster des Waschraums ein Foto, auf dem eine Ecke des Meers zu sehen war. „Melde dich, sobald du angekommen bist. Ich will alles über Miami wissen!“

Prompt kam Mirandas Antwort zurück: „Mach ich! Sobald ihr aufhört, mich wie ein Kleinkind zu behandeln!“

Jess grinste. Sie hob das Handy hoch und machte ein Selfie mit herausgestreckter Zunge. „Du bist und bleibst eben unser Baby!“

Hastig schob sie das Handy wieder in ihre Tasche, als die Tür des Waschraums aufging. Linda segelte herein.

„Rat mal, was passiert ist?“, rief sie überschwänglich. Und fuhr, ohne eine Antwort abzuwarten, fort: „Le Capitain hat mich eingeladen, den Schiffskorso auf seiner Jacht zu verbringen! Ist das nicht fantastisch?“ Mit einem boshaften Lächeln setzte sie hinzu: „Oh entschuldige, ich vergaß, dass du ja auch auf eine Einladung scharf warst. Naja, vielleicht ein andermal!“

Sie stolzierte mit hocherhobenem Kopf aus dem Waschraum. Monsieur Bertolli erschien in der Tür.

„Vite, vite, Jess! Die Gäste warten nicht!“

Mit mürrischem Gesicht folgte Jess ihm. Na toll! Jetzt konnte sie ihre Chancen bei Monsieur Beaulieu abschreiben. Wenn Linda mit ihren knappen Oberteilen und den superkurzen Röcken, die sie in der Freizeit trug, ihn erst einmal in den rotlackierten Krallen hatte, brauchte Jess sich wohl keine Hoffnungen mehr auf seine Gunst zu machen.

Dabei hatte sie sich alles so schön zurechtgelegt! Sie sollte diejenige sein, die er einlud, nicht diese blöde Kuh Linda! Innerlich verwünschte Jess ihre Arbeitskollegin. Und dieser blöde Kerl, der sie gerammt hatte … Wenn sie den in die Finger bekam!

Doch als Jess zurück auf die Terrasse trat, war von dem jungen Mann weit und breit nichts mehr zu sehen. Und auch Monsieur Beaulieu hatte sich längst verabschiedet und war auf seine Jacht zurückgekehrt.

Alles, was sie erwartete, war ein langer Abend, angefüllt mit Bestellungen, vollen Tabletts und schmutzigem Geschirr.

Geschafft!

Mit einem tiefen Seufzen verschloss Jess die Tür ihres Spinds und schlang sich die Handtasche um die Schulter. Ihre Füße brannten bei jedem Schritt wie Feuer und ihr Nacken war so steif wie ein Brett. Da half es auch nichts, dass sie den Rücken durchstreckte und vorsichtig den Kopf hin und her bewegte. Ich werde allmählich alt, dachte Jess resigniert.

Eine Massage und ein warmes Bad wären jetzt nicht schlecht gewesen, aber außer einer raschen Dusche mit lauwarmem Wasser in ihrer Wohnung war heute wohl nichts mehr drin. Über dem Meer herrschte bereits pechschwarze Nacht, als sie das Café verließ.

„Bis morgen, Monsieur Bertolli“, rief sie über die Schulter zurück.

Ihr Chef war noch mit den Abrechnungen beschäftigt und winkte ihr nur kurz zu. Linda hatte sich wie üblich schon früher gedrückt, mit dem Hinweis, sich die Hand verstaucht zu haben. Jess wusste nur zu gut, dass sie in Wahrheit noch eine Verabredung hatte, zu der sie nicht zu spät kommen wollte.

Wie gut, dass ich nichts anderes vorhabe, murmelte Jess sarkastisch in sich hinein. Doch als sie zu ihrem Fahrrad ging, erlebte sie eine Überraschung. Neben dem Radständer lehnte der junge Mann, mit dem sie auf der Terrasse zusammengestoßen war. Als er sie sah, richtete er sich auf.

„Guten Abend, Mademoiselle. Ich wollte mich noch einmal bei Ihnen für mein Missgeschick entschuldigen. Ich hoffe, die Bluse lässt sich waschen?“

„Ich – ja, ja natürlich“, stotterte Jess überrascht, auch wenn die Bluse längst im Mülleimer gelandet war. „Ist schon gut!“

Er hatte es ja nicht mit Absicht getan, also konnte sie auch nicht gut böse mit ihm sein. Schon gar nicht bei dem intensiven Blick, mit dem er sie aus seinen grauen Augen bedachte. Der junge Mann lächelte hoffnungsvoll. „Darf ich Sie dann zum Essen einladen? Um mich bei Ihnen für die Unannehmlichkeit zu revanchieren? Irgendwo treiben wir bestimmt noch einen kleinen Imbiss auf.“

Er legte den Kopf ein wenig schief und sah sie mit einem fragenden Dackelblick an. Jess wollte schon ablehnen, weil sie mit solchen plumpen Annäherungsversuchen bereits zur Genüge Bekanntschaft gemacht hatte und eigentlich nur noch nach Hause wollte, um ihre Beine hochzulegen, aber dann betrachtete sie den jungen Mann doch etwas genauer. Er hatte dunkles, verstrubbeltes Haar, das ihm tief in die Stirn fiel, und verschmitzt funkelnde Augen in einem schmalen, ebenmäßigen Gesicht.

Gekleidet war er in ausgewaschene Jeans, ein löchriges T-Shirt und Turnschuhe. Wahrscheinlich ein Student, der an die Côte d’Azur getrampt ist, um sich die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen, dachte Jess.

Das war zwar ganz und gar nicht die Art Mann, die sie kennenlernen wollte, aber die Aussicht auf Essen stimmte sie milde. Und ein bisschen männliche Anerkennung konnte nach diesem verpatzten Nachmittag auch nicht schaden.

„Also gut. Ich bin tatsächlich ein wenig hungrig“, stimmte sie zu. Wie zur Bestätigung begann ihr Magen zu knurren, und sie fingen beide an zu lachen.

„Dann sollten wir uns wohl beeilen“, meinte der junge Mann. „Ich kenne eine kleine Bar ganz in der Nähe, wo man fantastische Crêpes bekommt. Mögen Sie Crêpes?“

Jess nickte heftig. Im Moment hätte sie einen Bären verspeisen können, ob mit oder ohne Crêpes! Der junge Mann streckte ihr seine Hand entgegen. „Mein Name ist übrigens Pierre. Und wie heißt du?“

Es schien nur natürlich zu sein, dass er zum „Du“ wechselte. Immerhin waren sie in etwa gleich alt, schätzte Jess. Sie stellte sich vor: „Jessica. Aber meine Freunde nennen mich Jess.“

„Jess klingt hübsch“, meinte Pierre, während er ihre Hand eine Spur länger als nötig hielt. „Ich hoffe sehr, dass wir Freunde werden, Jess.“

Seine verträumten grauen Augen hatten etwas Hypnotisches an sich. Nur mit Mühe konnte Jess verhindern, dass sie rot wurde. „Wir werden sehen!“, erwiderte sie eine Spur forscher als beabsichtigt.

„Du hattest doch keine Schwierigkeiten wegen des Zwischenfalls?“, fragte Pierre besorgt.

„Nein, nein, natürlich nicht“, beeilte Jess sich zu versichern. „So etwas passiert in meinem Job öfter!“

Er schien zu befürchten, dass sie böse auf ihn war, weil sie sich so kurz angebunden gab. Diesen Eindruck wollte Jess auf keinen Fall erwecken. Er konnte ja nichts dafür, was geschehen war. Er hatte sie bestimmt nicht mit Absicht angerempelt!

„Dann bin ich aber froh“, seufzte Pierre. Er ging neben ihr her, während sie ihr Rad schob. „Also, nicht darüber, dass dir das öfter passiert, sondern – also – ich hoffe, du weißt, was ich meine …“

Selbst in der Dunkelheit konnte Jess sehen, dass er einen roten Kopf bekommen hatte. Sie musste lächeln. „Ich denke schon!“

Sie schlenderten am Quai Papacino entlang. Zu ihrer Rechten erstreckte sich das dunkle Rund des Hafenbeckens, gesprenkelt mit zahllosen Glühwürmchen-Lichtern, die sanft auf und ab tanzten. Das waren die Jachten, die vor Anker lagen. Eine davon war die Paloma, wo Le Capitain sich wohl gerade zur Ruhe begab. Oder auch nicht. Was wusste sie schon über den Tagesablauf der Reichen und Schönen? Vielleicht fing sein Tag ja gerade erst so richtig an?

Seufzend wandte Jess sich von der nächtlichen Szenerie ab. Zu ihrer Linken breitete sich die Stadt wie ein glitzernder Teppich aus. Die Straßen waren taghell erleuchtet, Lokale und Bars reihten sich aneinander, Nachtschwärmer bevölkerten die Gehsteige.

Jess hoffte, dass sie ihr Ziel bald erreichten hatten. Ihre Füße taten wirklich höllisch weh!

„Hier ist es!“, meinte Pierre wie aufs Stichwort.

Er deutete auf einen unscheinbaren Torbogen in einer Seitenstraße der Rue Cassini. Alleine hätte Jess sich da vermutlich nicht hineingetraut, so versteckt und schwer einsehbar, wie das Lokal gelegen war. Aber in Pierres Gesellschaft fühlte sie sich sicher. Auch wenn er nicht den Eindruck erweckte, ein Bodybuilder zu sein, wirkte er fest und entschlossen in seinem Auftreten.

Er sollte seine Frau durchaus beschützen können, dachte Jess, nur um sofort irritiert den Kopf zu schütteln. Seine Frau? Wie kam sie denn auf so was?

Sie lehnte ihr Fahrrad an die Hausmauer, während Pierre ihr galant die Türe öffnete. Das Lokal war klein und vollbesetzt. Beim Publikum schien es sich um eine bunte Mischung aus Jung und Alt, Einheimischen und Touristen zu handeln. Angeregte Gespräche erfüllten den Raum, während auf einer kleinen Bühne ein Saxophonspieler sehnsuchtsvolle Melodien zum Besten gab.

In einer Ecke fanden sie Platz an einem Tisch für zwei. Erleichtert ließ Jess sich auf den Stuhl sinken und schlüpfte sofort aus ihren Schuhen. Genüsslich rieb sie ihre Füße aneinander. Tat das gut!

Pierre bestellte Rotwein und zweimal Crêpes à la Maison. Bereits nach wenigen Minuten wurden ihnen zwei üppig belegte Teller serviert, auf denen sich hauchdünne Crêpes mit karamellisierten Äpfeln, Nüssen und Schlagsahne türmten.

„Oh Gott, das kann ich nie im Leben aufessen!“, rief Jess, während sie mit Appetit nach ihrer Gabel griff. Aber sie hatte sich geirrt. Die Crêpes schmeckten köstlich, sodass sie in kürzester Zeit den Teller leergefegt hatte. Offensichtlich hatte sie ihren Hunger stark unterschätzt. Pierre sah ihr lächelnd zu.

„Es freut mich, dass es dir schmeckt“, erklärte er. „Ich finde nichts schlimmer als diese Frauen, die nur an Salatblättern herumknabbern wie Kaninchen.“

Jess lachte. „Dazu gehöre ich bestimmt nicht. Ich bin mit einem ziemlich gesunden Appetit gesegnet.“

„Und nicht nur damit!“ Pierre bedachte sie mit einem tiefen Blick aus seinen grauen Augen, der wohlige Schauer über Jess‘ Rücken sandte.

Tu das nicht, ermahnte sie sich selbst. Das bringt nichts! Denk an den Pakt! „Wir, die Mitglieder des Clubs der zukünftigen Millionärinnen, schwören feierlich, nicht eher zu rasten und zu ruhen, bis wir einen Millionär fürs Leben gefunden haben.“

Wenn nur diese verträumten grauen Augen nicht gewesen wären! Aber von verträumten grauen Augen kannst du dir keine Louis-Vuitton-Handtasche kaufen, erinnerte sie sich. Nicht, dass sie so besonders viel Wert darauf gelegt hätte. Aber diese braunen Taschen mit dem unverkennbaren Logo, die man auf zwanzig Kilometer Entfernung identifizieren konnte, waren nun einmal der Inbegriff von Luxus.

Und mit sechsundzwanzig Jahren und schmerzenden Füßen

musste man sich auf die wesentlichen Dinge des Lebens konzentrieren: auf Geld, Besitz, einen soliden Job …

„Was machst du so?“, eröffnete sie das Gespräch, während sie an ihrem Wein nippte.

Pierre zuckte die Achseln. „Nichts Besonderes. Ich zeichne ein bisschen. Aber vor allem sehe ich mich in der Welt um, lasse das Leben auf mich zukomme und versuche, jeden Tag zu genießen!“

Also doch! Ein Künstler, so wie Paul! Und was hatte ihr das eingebracht? Außer einem gebrochenen Herzen und totaler Ebbe in der Kasse?

„Das klingt schön, aber auch sehr unsicher!“

Pierre grinste. „Du gehst wohl lieber auf Nummer sicher?“

Jess hob die Schultern. „Nicht unbedingt“, gab sie zu, als Pauls Bild wieder vor ihr auftauchte. „Aber so ganz ohne Plan zu leben wäre nichts für mich.“

Sie streckte ihre Füße aus und stieß dabei versehentlich gegen Pierres Bein. Sofort schob er es ein wenig nach vorn, um die Berührung zu verstärken. Das Kribbeln in Jess‘ Bauch verstärkte sich, und es kam mit Sicherheit nicht von ihrer Verdauung.

Tu das nicht, sagte sie sich wieder. Wo bleibt dein gesunder Menschenverstand? Denk mit deinem Kopf und nicht mit deinem Bauch! Aber sie fürchtete, dass es schon zu spät war. Dieser sorglose Typ mit den wuscheligen Haaren elektrisierte sie förmlich.

Und was ist schon dabei? fragte sie sich selbst. Jetzt, wo ihr der Millionär durch die Lappen gegangen war, wollte sie wenigstens ein bisschen Spaß haben. Und so wie Pierre sie ansah, war auch er nicht abgeneigt.

„Oh, ich habe Pläne“, erwiderte Pierre auf ihre Bemerkung. „Ich möchte einen Beitrag zu dieser Welt leisten. Etwas hinterlassen, das Bestand hat. Nicht nur arbeiten, um damit Geld zu verdienen.“

„Das klingt schön“, murmelte Jess ein wenig schläfrig. „Ich fürchte nur, ohne Geld kommt man nicht allzu weit auf diesem Planeten.“

„Wir werden sehen“, erklärte Pierre leichthin. Er beugte sich über den Tisch. „Aber jetzt will ich mehr über dich wissen. „Wo kommst du her? Du bist keine Französin.“

„Engländerin. Aus London, um genau zu sein.“

„Und was hat dich an die Côte d’Azur verschlagen?“

„Die Liebe“, seufzte Jess. „Aber das ist lange her.“

„Und jetzt?“

„Versuche ich, mir mein Zugticket zurück nach Hause zu verdienen.“

„Keine Lust mehr auf Sonnenschein?“, wollte Pierre lächelnd wissen.

Jess zuckte die Achseln. „Leider gibt es auch hier Regentage. Und die können ohne Geld ziemlich deprimierend sein.“

„Dann muss man lernen, im Regen zu tanzen“, meinte Pierre. Gedankenverloren griff er nach ihrer Hand und verschränkte seine Finger in ihren. Jess spürte, wie eine erregende Hitze in ihr aufstieg. Wieder traf sie ein tiefer Blick aus diesen hypnotisierenden grauen Augen. „Ich würde gerne mit dir im Regen tanzen. Du bist eine zauberhafte Frau, Jess. Zauberhaft und geheimnisvoll.“

Er zog ihre Hand zu sich heran und küsste ihre Fingerspitzen. „Ich würde dich gerne wiedersehen. Hast du morgen Zeit?“

„Morgen habe ich Frühschicht“, erzählte Jess. „Ab Mittag wäre ich frei!“

„Dann hole ich dich ab. Wir fahren zu Freunden in die Berge. Das wird dir bestimmt gefallen!“

Jess lächelte. Vernünftigerweise sollte sie den Nachmittag ja dazu nützen, sich auszuruhen, aber die Aussicht, Zeit mit Pierre zu verbringen, war äußerst verlockend. Die Berührung ihrer Füße, die eine wohlige Wärme durch ihren Körper sandte, der Wein und die Fingerspitzenküsse taten ein Übriges, sie zugänglich und entgegenkommend zu stimmen. Am liebsten hätte sie sich in Pierres Arme gekuschelt, wäre in diesen verträumten grauen Augen versunken und – eingeschlafen! Mit Mühe konnte Jess ein Gähnen unterdrücken.

„Müde?“, fragte Pierre liebevoll.

Sie nickte. „Es war ein langer Arbeitstag“, gab sie zu. „Und außerdem muss ich morgen wieder fit sein!“

Pierre winkte dem Kellner, um zu zahlen. „Dann bringe ich dich lieber nach Hause.“

„Oh, das ist nicht nötig“, rief Jess rasch. Immer langsam mit den jungen Pferden! „Wenn ich mit dem Rad fahre, bin ich in fünf Minuten bei meiner Wohnung!“

Doch das erwies sich als gar nicht so einfach. Als sie aufstehen wollte, fand Jess nämlich ihren zweiten Schuh nicht mehr! Beim Vorbeigehen an ihrem Tisch musste wohl einer der Gäste oder ein Kellner den Schuh weggestoßen haben. Jetzt lag er vermutlich irgendwo in einer Ecke oder unter einem der anderen Tische. Aber bei dem schummrigen Licht im Lokal war es unmöglich, ihn wiederzufinden, es sei denn, sie hatten vor, auf Händen und Füßen unter den Tischen herumzukriechen.

„Jetzt muss ich dich doch nach Hause bringen!“, lachte Pierre. „Mit nur einem Schuh kannst du nicht Radfahren!“

„Gehen kann ich aber auch nicht“, meinte Jess mit einem Stirnrunzeln.

Doch Pierre hatte die perfekte Lösung. Er schwang sich auf ihr Rad und nahm Jess vorne auf den Lenker. Das war zwar eine etwas wackelige Angelegenheit und sie musste ihre Arme um seinen Hals schlingen, um nicht vom Rad zu fallen, aber es war besser, als zu Fuß zu gehen. Weitaus besser! Den ganzen Weg über kicherten und lachten sie wie verliebte Teenager, bis sie schließlich bei Jess‘ Wohnung ankamen.

„Das war ein wunderschöner Abend, vielen Dank“, gestand Jess, als sie abgestiegen war und ihr Rad in die Eingangshalle des Wohnblocks geschoben hatte.

Pierre beugte sich zu ihr und küsste sie zart auf die Wange. „Bonne nuit, meine schöne Jess. Ich freue mich schon auf morgen!“

„Das tue ich auch“, erwiderte Jess lächelnd. „Bonne nuit, Pierre!“

Die Hände in die Hosentaschen gesteckt, schlenderte er davon. Ein paarmal drehte er sich noch um und winkte ihr zu, dann hatte die Dunkelheit ihn verschluckt. Erst als er verschwunden war, fiel Jess auf, dass sie nicht einmal seine Telefonnummer wusste. Etwas so Banales wie ihre Nummern auszutauschen, war ihnen gar nicht in den Sinn gekommen.

Seufzend drehte Jess sich um und ging zum Lift, während sie sich bemühte, die Schmetterlinge in ihrem Bauch in den Griff zu bekommen. Pierre hatte sie ganz schön durcheinandergebracht, was üblicherweise gar nicht ihre Art war. Sie war doch immer Jess, die Vernünftige, die Besonnene, die Praktische gewesen.

Jetzt fühlte sie sich plötzlich wie Aschenputtel nach dem Ball. Ob sie ihren Traumprinzen tatsächlich wiedersehen würde?

Millionär gesucht: Nizza

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