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Wir drei – ein Rudel

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Immer wenn Silvio und ich über Wünsche und Träume geredet haben, kamen ausschließlich zwei Themen zum Vorschein: ein Hund und ein Wohnmobil.

Und es sollte dann endlich, nach vielen Jahren der Träumerei, eine Australian Cattle Dog Hündin sein. Wie kamen wir auf diese Rasse? Allzu bekannt ist der Cattle Dog in Deutschland ja nicht.

In den Jahren 2015 bis 2017, als Silvio und ich in Australien gelebt und auf einem Campingplatz mitten in der Pampa in Mount Surprise gearbeitet haben, hatte unsere Nachbarin und Arbeitskollegin eine Australian Cattle Dog Hündin mit dem schönen Namen »Freya« gehalten. Noch nie zuvor hatten wir von dieser Rasse gehört. Zuerst hatten wir gedacht, dass sie wohl ein Mischlingshund sein musste. Wir waren von dem Temperament und der Lebensfreude des Hundes sofort angetan. Täglich sind wir mit der australischen Freya laufen gewesen, hatten uns schnell an sie gewöhnt und sie ganz fest in unser Herz geschlossen.

Wir Mitarbeiter des Campingplatzes »Bedrock Village« in Mount Surprise haben damals alle zusammen nebeneinander in kleinen Containern abseits der Touristen gewohnt und Freya hatte in den Container ihres Frauchens nicht hineingedurft. Wir haben Freya dann immer beobachtet, wie sie nachts auf unsere Veranda geschlichen und in einen unserer Campingstühle gehüpft ist. Dort hatte sie dann friedlich geschlafen, bis wir morgens aufgestanden waren. Am liebsten hätten wir sie damals mitgenommen, aber sie hatte bereits ihre australische Familie und das war nun mal ihr Leben. Außerdem war unsere Reise noch nicht beendet und somit einfach noch keine Zeit, einen Hund zu haben.

Die Entscheidung nach einer Rasse war für Silvio und mich allerdings nach jahrelangem Hundewunsch schnell gefallen: Irgendwann sollte es ein Australian Cattle Dog sein – wenn die Zeit und die Umstände es erlauben würden. (Und noch eine Sache, die ganz sicher war: Irgendwann sollte es auch nach Australien zurückgehen, in diesem Land haben wir unser Herz gelassen.)


Oben: Unser Wohncontainer in Mount Surprise

Unten: Die Australische Freya

Als Rucksacktouristen und Arbeiter in verschiedenen Ländern ist es doch etwas schwierig mit Hund.

Nach zwei Jahren in Australien ging es für uns nicht nach Hause, wir waren zwischendurch zwar mal in Deutschland auf Besuch, aber komplett heim wollten wir einfach noch nicht. Nein, wir sind direkt weiter nach Neuseeland gereist. Wir hatten ein Work and Travel Visa für Neuseeland beantragt und konnten somit für ein Jahr dort reisen, leben und arbeiten. Wir hatten sogar das Glück, von Brisbane nach Auckland ein kostenfreies Upgrade von der Economy- in die Businessclass bei Emirates zu bekommen – eine »once in a lifetime experience«! Daran könnten wir uns gewöhnen! Vor allem ich, da ich ja sowieso so panische Flugangst habe. Was haben wir Luftsprünge gemacht, als die nette Dame am Schalter uns mitgeteilt hatte, dass unsere Sitzplätze in die Businessclass umgebucht worden waren. Wir, mit unseren Wanderschuhen und großen Rucksäcken, saßen nun für die nächsten dreieinhalb Stunden Champagner trinkend mit Serviette um den Hals in der Businessclass von Emirates. Aus einem Menü konnten wir auch auswählen, das war ich als Vegetarierin bei Flügen überhaupt nicht gewohnt. Am Ende der Businessclass gibt es sogar eine komplett ausgestattete Bar und in den Toiletten gibt es edles Parfum und ein richtiges Fenster.


Hitchhiking in Australien


Oben: Campen in Neuseeland

Unten: Kepler Track Tag 2


Oben: Kepler Track Tag 1

Unten: Neuseeland Kepler Track


Samoa

Einmal im Leben Businessclass, echt ein Glücksgriff für uns.

Wir hatten gerade unsere sechsmonatige Saisonstelle in einer Wilderness Lodge in Neuseeland »Lake Moeraki Wilderness Lodge« beendet und zur Belohnung unsere Rucksäcke für eine dreitägige Bergwanderung für den Kepler Track gepackt, als Silvio bei einer Australian Cattle Dog Züchterin in Deutschland anrief. Es gibt in Deutschland nicht viele Züchter dieser Rasse. Wir hatten im Internet hoch- und runterrecherchiert, es war wirklich nicht einfach gewesen, einen Züchter dieser Rasse zu finden.

Silvio telefonierte eine ganze Weile mit Sara. Sie hatte noch eine Blue Heeler Hündin zu vergeben (Blue Heeler oder Red Heeler nennt man die »blauen« und »roten« Australian Cattle Dogs). Er verstand sich mit Sara auf Anhieb super am Telefon. Als das Telefonat beendet war, wären wir vor lauter Aufregung und Vorfreude am liebsten direkt in den nächsten Flieger gestiegen und nach Deutschland geflogen – aber die dreitägige Wanderung in Neuseeland, die gebuchten Flüge nach Samoa, Fidschi und Hongkong sollten uns noch etwa weitere drei Wochen warten lassen. Außerdem hatten wir uns so auf die Trips gefreut und wer weiß, wann sowas wieder möglich wäre, sobald wir unseren Australian Cattle Dog in Deutschland abgeholt hatten?

Während der nächsten drei Wochen auf Reisen überlegten wir uns schon einige Namen. Wir hatten uns von dem hart erarbeiteten Geld aus Neuseeland schöne Hotels in Samoa, Fidschi und Hong Kong gebucht, einfach, weil wir uns das mal leisten wollten, nur um später festzustellen, dass wir nächstes Mal lieber wieder mit dem Rucksack und dem Zelt verreisen wollten. Zwar ist es schön, Cocktail schlürfend auf einer einsamen Insel bei Fidschi in einem Liegestuhl zu liegen, aber irgendwie passt das einfach nicht zu uns.


Fidschi

Wie wir da so am Meer lagen und die Sonne auf unseren Körper scheinen ließen, hatten wir bereits eine ganze Liste mit Hundenamen erstellt:

Rosie, Ivy, Ilvy, Mila, Frankie, Talula, Carlie, Ella, Georgie, Toni, Carla, Khiva, Tahlia, Kirra und Ava wurden zu unseren Favoriten.


Hongkong

Aber irgendwie hat uns keiner dieser Namen zu hundert Prozent überzeugt. Die Kirsche auf dem Sahnehäubchen war einfach noch nicht dabei.

Irgendwann mussten wir schließlich zugeben, dass wir eigentlich bereits die ganze Zeit den Namen »Freya« ausgewählt hatten. Der Name erinnerte uns an den Australian Cattle Dog in Australien und an die wunderschöne Zeit, die wir dort hatten. Bis heute sagen wir beide einstimmig, dass wir in Australien die beste Zeit unseres Lebens hatten.

Freya, der Name bedeutet »die Herrin« oder »die Edle«. Außerdem hat er eine altnordische Herkunft und taucht in der nordischen Mythologie auf, wo Freyja die Göttin der Liebe und Schönheit darstellt. Was wirklich auch sehr passend ist.

Im Mai 2018 waren wir wieder in Deutschland und hatten nichts anderes mehr im Kopf, als zu Sara in die Nähe von Frankfurt zu fahren und unseren Welpen kennenzulernen. Natürlich begrüßen wir zuerst einmal unsere Familien und Freunde, waren wir doch so lange nicht mehr zu Hause gewesen.

Ende Mai, nach einer langen Zugfahrt von Friedrichshafen nach Frankfurt am Main, betraten wir total aufgeregt den großen Garten der Züchterin Sara in der Nähe von Frankfurt. Sieben kleine Welpen rannten aufgeregt hin und her – eine kleine Hündin war mutig, schnupperte an Silvio und ließ sich direkt streicheln. Und natürlich, wie sollte es auch anders sein, war das unsere Freya.

Wir hatten uns ganz speziell für diese Züchterin entschieden. Denn Sara hatte selbst einige Zeit in Australien verbracht und deshalb einen ganz besonderen Bezug zu genau dieser Rasse. Ihren ersten Australian Cattle Dog hatte sie damals von Australien mit nach Deutschland gebracht. Daraus war dann ihre Züchtung entstanden. In Freya steckt also noch »richtiges« australisches Blut.

Vor lauter Begeisterung verpassten wir fast unseren Zug weiter nach Kiel, denn hier verbrachten wir die nächsten zwei Nächte. Silvio mochte sich eine Uni anschauen, vielleicht würden wir hierherziehen? Hatten wir doch eigentlich vor, uns wieder in Deutschland sesshaft zu machen und ein »geregeltes Leben« anzufangen.


Oben: Freya als Welpe

Unten: Freya immer dabei

Zwei Wochen später, im Juni 2018, durften wir Freya abholen. Die Nacht davor konnten wir kaum ein Auge zumachen. Um fünf Uhr in der Früh starteten wir mit unserem Auto in Friedrichshafen am Bodensee. Mit einigen Stopps, Burger essen auf der Autobahnraststätte und fünf Stunden später kamen wir in der Nähe von Frankfurt an – super nervös, aufgeregt und mit tausenden Schmetterlingen im Bauch!

Wir blieben eine ganze Weile bei Sara, wir verstanden uns super mit ihr.

Sie erklärte uns einiges, wir unterzeichneten den Vertrag und plauderten noch ein wenig über Hunde, Australien und unsere Zukunftspläne, die sich sowieso alle paar Tage änderten. Dann nahmen wir unsere kleine Freya mit in unser Auto. Sie durfte auf meinem Schoß sitzen und natürlich hatten wir schon vor ein paar Tagen einiges an Hundesachen eingekauft. Dem kleinen, zerbrechlichen Wesen sollte es an nichts fehlen.

Wir machten uns auf den Heimweg.

Freya schlief die meiste Zeit, gab keinen Mucks von sich und wir machten mehrere Stopps. Sie hatte uns jetzt schon den Kopf verdreht und unsere Herzen mit Freude und Liebe verpackt.

Die ersten Wochen vergingen wie im Flug. Silvio und ich hatten, als Freya bei uns eingezogen war, extra Teilzeitjobs angenommen – Silvio arbeitete immer abends als Koch in unserem Lieblingsrestaurant »Zum Klosterwirt« in Friedrichshafen und ich tagsüber als Rezeptionistin – damit wir so viel wertvolle Zeit mit ihr verbringen konnten wie nur möglich.

Wir lebten nun bei meinen Eltern in Friedrichshafen. Das war super für Freya, denn meine Eltern hatten eine Golden Retriever Hündin, Lea, und eine Labradorhündin, Marley. Freya lernte so unglaublich viel von den zwei Hunden, ich denke, dass es für sie so perfekt war, mit anderen Hunden im Haushalt aufzuwachsen.

Es war wirklich erstaunlich, wie viel Aufmerksamkeit man bekam, wenn man mit einem Welpen unterwegs war. Und dann auch noch mit einer Rasse, die fast kein Mensch kennt. Daran mussten wir uns noch gewöhnen. JEDER mochte Freya streicheln und tragen. Puh, das konnte ganz schön anstrengend sein, das kann ich euch sagen.

Nach einer Weile hatten wir auch unsere Lieblings-Gassirunden entdeckt. Wir hatten das Glück, nur einen kurzen Fahrtweg vom Bodensee entfernt zu leben. Freya war zwar zuerst skeptisch mit dem Bodenseewasser gewesen, aber nach kurzer Zeit hatte sie sich als reinste Wasserratte entpuppt. Man konnte sie fast nicht mehr aus dem Bodensee herausbekommen, wenn sie einmal drin war. Sie sieht so zuckersüß aus, wenn sie von Kopf bis Fuß patschenass ist.

Nach ein paar Wochen brachen wir in unser erstes Abenteuer auf. Denn schöne Abenteuer sollte es geben, und davon einige. Irgendwie war uns schon jetzt klar, dass wir mit Freya kein »geregeltes Leben« führen wollten. Ein Leben in einer Wohnung mit geregelten Jobs passte einfach nicht zu uns. Die Unipläne hatte sich Silvio auch schon wieder aus dem Kopf geschlagen, obwohl er als Koch ohne Abitur einen Platz an einer deutschen Uni im Studiengang Ökotrophologie ergattert hätte. Seine Ausbildung als Koch plus seine vielen Jahre Berufserfahrung in seinem Job hätten ihn dafür qualifiziert. Aber naja, irgendwie wollten wir einfach nicht die nächsten Jahre in Deutschland festsitzen und Silvio wollte nicht nochmals die »Schulbank« drücken.

Wir fuhren mit Freya also nach Garmisch-Partenkirchen. Hier waren wir schon einige Male über die letzten Jahre verteilt gewesen und uns hatten die Landschaft und die tollen Wanderungen dort unglaublich gut gefallen.

Es tat gut, mit Freya eine erste kleine Auszeit und kleinere Wanderungen zu unternehmen. Sie war so neugierig und voller Lebensfreude. Eigentlich stand bereits fest, dass aus Freya mal eine richtige Abenteurerin werden sollte – und vielleicht ein Van-Dog?

Freya hatte auch bereits eine beste Freundin gefunden: in Leni, einer Mischlingshündin aus Rumänien. Leni und ihre »Eltern« Meli und Jerome (@a.kind.journey auf Instagram) trafen wir über Monate hinweg jeden Sonntag in unserer Lieblings-Dönerbude in Lindau am Bodensee. Das war für uns die Mitte, denn die drei wohnten zu dieser Zeit vorübergehend in Vorarlberg.

Jerome kannten wir schon eine ganze Weile, hatten wir doch vor Jahren zusammen im selben Restaurant gearbeitet. 2016 hatten wir uns dann zufällig mit den beiden in Australien verabredet, da die zwei damals auf Weltreise gewesen waren und wir ja in Australien gelebt hatten. Wir hatten uns damals in Melbourne zum Essen getroffen und ich hatte Meli nach kurzer Zeit bereits in mein Herz geschlossen.


Oben: Leni und Freya, beste Freunde

Unten: Treffen mit a.kind.journey

Ein paar Jahre später waren wir also beide von unseren fernen Reisen zurück am Bodensee, beide mit Hund. Es tat gut, mit Gleichgesinnten über das Reisen zu sprechen und Zukunftspläne zu schmieden. Immer sonntags waren wir mit unseren Fellkindern Leni und Freya spazieren, einen veganen Döner bei Rosin essen und haben uns schon auf nächsten Sonntag gefreut. Das war unser geregelter Ablauf, jeden Sonntag.

Über ein paar Tage im Februar hatten wir uns dann ein Häuschen in Österreich gemietet, um ein komplettes Wochenende zusammen zu verbringen. Silvio, Freya und ich haben den Lebensmittelkauf erledigt und, was soll ich sagen, wir hätten wohl jeden Abend für eine Familie mit zwanzig Kindern kochen können. Aber mit Silvio und Jerome, zwei super talentierten Köchen, hat man eben jeden Tag morgens, mittags und abends ein Festmahl.

Es gibt nicht viele Leute, mit denen wir uns einen Urlaub zusammen vorstellen konnten, aber die drei gehören auf jeden Fall dazu!

Freya und Leni waren natürlich total aus dem Häuschen, dass wir alle für ein paar Tage zusammen sein würden. Viele Wanderungen, erste Schlittenfahrten mit den Hunden (Ohje, die Begeisterung lag bei Freya in Grenzen) und schöne Fotos sind bei unserem kleinen Winterurlaub entstanden. Meli, Jerome und Leni sind, genau wie wir, Weltenbummler, die von der Neugier und Reiselust angetrieben werden und wir werden die drei wohl immer wieder treffen, auch auf anderen Kontinenten.

Silvio, Freya und ich sind nun ein kleines Rudel und Freya ist aus unserem Alltag nicht mehr weg zu denken. Es ist so erstaunlich, wie schnell man sich an das Fellkind gewöhnt und seinen Alltag nach dem Welpen richtet. Man arrangiert sich sehr schnell damit, jeden Tag mehrere Stunden an der frischen Luft zu laufen, alleine Einkaufen zu gehen, weil jemand auf den Welpen aufpassen muss, oder gewisse Dinge einfach abzusagen.

Manche Aktivitäten macht man eben nicht mehr, man sucht sich zum Beispiel Bademöglichkeiten, wo man Hunde mitnehmen darf. Da wir direkt am Bodensee wohnen, ist das zum Glück kein Problem, denn wir finden genug Bademöglichkeiten bei Fischbach und Lindau. Freya ist eben eine richtige Wasserratte. Am Anfang haben wir ihr eine orangefarbene Schwimmweste angezogen, diese hat sie aber nach kurzer Zeit nicht mehr gebraucht. Stolz schwimmt sie nun neben mir im Bodensee, nur auf ihre Krallen muss man achten, das kann sonst ganz schön wehtun. Einen kleinen Sonnenschirm haben wir auch immer für sie dabei und ein Spielzeug. Ihr Hundehandtuch nehmen wir meistens umsonst mit, denn sie liegt viel lieber auf dem Gras.

Alles ist schöner mit Freya. Jeder Spaziergang, jeder Ausflug und sogar der Fernsehabend, wenn das kuschelige Wesen neben einem liegt und sich an einen schmiegt. Da geht mir das Herz auf.

Man verpasst wirklich viel, so ohne Hund.


Oben: Wandern in den Bergen

Unten: Erster Tag bei uns

Vier Pfoten und ein Van

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