Читать книгу Unter Vormundschaft - Lisbeth Herger - Страница 5

Оглавление

Am 26. Januar 2011 wird Lina Zingg aus ihrer Leibeigenschaft befreit. Sie hat während 53 Jahren ein und derselben Herrin gedient. Als Dienstmädchen in einem Privathaushalt. Ohne freien Tag, ohne Ferien, meist ohne Lohn. Sie wurde zudem missbraucht und misshandelt. Ihr Martyrium blieb bei der Vormundschaft all die Jahre unerkannt.

Mit 18 Jahren war die Bauerntochter Lina an Erschöpfung erkrankt. Die Psychiater diagnostizierten bei ihr Schwachsinn und Schizophrenie. Später wurde sie als Dienstmädchen fremdplatziert, dann entmündigt. Ihre Dienstherrin täuschte die Behörden, machte aus dem Hausmädchen einen Pflegefall. Statt Lohn zu bezahlen, kassierte sie Betreuungsgeld.

Am Tag ihrer Befreiung wiegt Lina Zingg knapp 45 Kilogramm. Sie ist komplett abgemagert. Auf der Nase sitzt ein bösartiger Tumor. Sie ist schwerhörig, Finger- und Fussnägel sind von Pilz befallen, und der graue Star verschleiert ihren Blick.

Ihre Befreiung findet lautlos statt. Eine Art amtlich bewilligte Entführung, im Rahmen einer ordentlichen Besprechung in einem Sitzungszimmer der Zürcher Vormundschaftsbehörde. Ausgelöst durch eine Gefährdungsmeldung der Töchter der Täterin.

Lina Zingg ist bei ihrer Befreiung knapp 71 Jahre alt. Sie findet erstaunlich schnell in ein neues Leben. Und fängt zaghaft an, den Geschmack der Freiheit zu kosten.

Unter Vormundschaft

Подняться наверх