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Telefonat mit Mutter

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Steffi-Marianne Späh

Seit wir auf dem Ponyhof wohnen, Mutter vier Autominuten entfernt, verdient die Post an unseren Telefonaten. Mutters Herz lebt noch immer hier, wo Pferde wiehern und Katzen und Hunde unser Leben teilen und bereichern, wo immer etwas los ist, Besuch und Kinderlärm, kleine und große Katastrophen. Zu unmöglichen Zeiten ruft sie an.

„Alles in Ordnung? Wie geht’s bei euch?“

„Danke, bestens. Nur hat Tina — die alte Schnauzerhündin — heut nacht rausgemußt und vergessen, die Tür wieder zuzumachen. Früh Eiseskälte, die Kinder frühstückten mit Parka und Handschuhen. Wetterbericht: Weiterhin Temperaturen bis zwanzig Grad minus.“

„Und euer Kleinbus? Sprang er an?“ Sie kennt unsere Schwierigkeiten mit der Zündung. Wir haben keine Garage.

„Mit Starthilfekabel ziemlich bald. Und Eiskratzen zu fünft, das ging schnell.“

„Hast du wenigstens jetzt den Ofen in Gang?“

„Ja. Bis mittags ist es vielleicht über Null hier.“

„Und sonst geht alles gut?“

„Schnurri hat die Milchkanne umgekippt. Merkwürdig, daß dann immer alles unter die Eckbank fließt. Da müssen wir die Kacheln nicht ganz waagerecht verlegt haben.“

„Und die Pferde?“

„In Ordnung. Ich konnte allerdings nur mit der linken Hand füttern. Lettchen hat mich gestern beim Zähneraspeln aus Versehen gebissen. Aber es schwillt schon wieder ab. Hauptsache, die Alte kann wieder kauen.“ (Unser geliebtes Shetlandpony ist 29 Jahre alt. Wir lieben die ‚Alte‘ sehr.)

„Und der Pumuckel? Verträgt er die Kälte?“ Pumuckel ist unser einziges Großpferd, nicht ganz so robust wie die wetterharten Island- und Shetland-Ponys. „Hat seine Decke zerrissen. Ich hatte ihn vorsichtshalber eingedeckt. Muß sie halt wieder flicken.“

„Und deine Schreiberei?“

„Ach, zur Zeit Ebbe. Gestern schon hab ich lustlos an dem Manuskript herumgehäkelt, wurden aber nur Luftmaschen.“

„Mir geht’s auch nicht besser. Ich nage auch vergeblich an der geliebten Schreibmaschine. Das kommt eben vor!“

„Ich muß wieder in den Stall. Dort sieht’s irre aus. Ich hatte vorhin, als die Post anrief, die Tür zur Futterkammer nicht verriegelt, rannte ans Telefon. Das haben die Ponys ausgenützt. Die Büchse mit Holzteer ist umgekippt, der Boden klebt, einen Sack mit Kalk haben sie angerissen, aus dem rieselt es. Gottlob haben sie die Futterkiste nicht aufgekriegt.“

„Na, ein Glück! Lauf. Soll ich heut für euch mitkochen? Es gibt Eintopf, da mach’ ich halt mehr und bring ihn rüber.“

„O ja, danke. Halb eins kommen meine vier Männer. Da kann ich bis dahin noch an die Maschine, falls sie nicht eingefroren ist.“

„Ist nur das Öl. Nimm das Strahl-Öfchen. Sonst noch was mitzubringen?“

„Bitte, Balistol! Für Pertlas Wunde, die ist aber schon am Heilen. Und Lebertran für den Hund —“

Mutter notiert. „Außerdem?“

„Nichts mehr, danke. Und du? Mußt du nicht auch schreiben?

„Ging sowieso nicht. Tschüß.“

Sie legt auf. Immer „gewinnt“ sie mit dem Auflegen. Wir wetten jedesmal, wer fixer ist. Damit, so meint sie, spart sie Telefongebühren und ruft in einer halben Stunde erneut an.

Wie sollte das auch anders sein? Ihr Herz ist noch auf dem Ponyhof, jedenfalls zur größeren Hälfte. Mitten in unserem geruhsamen Leben auf dem Lande.

Trotz allem, mein Glück war groß

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