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Alynn und die Meerhexe

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Er erinnerte sich genau. Blaues Haar, an manchen Tagen so blau wie zarter Flieder an anderen so blau wie der tiefe Ozean. Es fühlte sich an wie fließendes Wasser. Er vergrub das Gesicht in ihrem Nacken. Sie roch wie…

„Wer bist du?“

Er erinnerte sich an ihren entsetzten Gesichtsausdruck. Die Nähe zwischen ihnen war augenblicklich verschwunden.

„Bei Mare, was habe ich getan?“ Und vor seinen Augen zerfloss sie zu Wasser.

Oberon zuckte zusammen und öffnete die Augen. Wieder ein Traum. Immer wieder derselbe Traum. Von Ihr!

„Geliebter…“ Er spürte wie eine zarte Hand seine Wange berührte. In seinen Armen lag eine wunderschöne Elfenprinzessin. Emerald war ihr Name. Sie erwartete sein viertes Kind. Ihr sehnlichster Wunsch war es endlich seine Gemahlin zu werden und somit Königin über alle Elfenkönigreiche. Es war eine Schmach für eine Elfenprinzessin wie sie als Mätresse des Königs bezeichnet zu werden. Er war aber bereits verheiratet. Das Mal auf seinen Arm erinnerte ihn jeden Tag, jede Stunde jeden Augenblick seines Lebens daran.

An seine Frau. Seine Gemahlin und Königin. Damals war er freilich noch nicht Hochkönig gewesen. Er erinnerte sich genau an sie. An das blaue Haar, dass floss wie Wasser. Die Augen die leuchteten wie Feuer. Sie lachte. Sie tanzte. Sie schwor ihm ewige Liebe.

Dann sah sie ihn an als wäre er ein Fremder und floh.

Er strich der Prinzessin durch das blonde Haar. „Keine Sorge Geliebte. Wir finden sie und dann wirst du mein.“

Sie sah ihn aus den kugelrunden himmelblauen Augen leidend an. „Sagt mir, dass ihr wenigstens eine Spur habt.“

Er strich ihr lachend über die Wange. „Mehr als das. Blaues Haar ist selten, Geliebte. Wir werden sie finden, auch wenn wir alle Ozeane und Lande durchstreifen müssen.“ Eine hatten sie schon gefunden. Morgen würde er mit ihr sprechen. Die Prinzessin in seinen Armen versank wieder in tiefen Schlummer. Er legte sie sanft in die Kissen und schwang sich lautlos aus dem Bett. Im Gehen warf er sich seinen Morgenmantel über und verließ auf leisen Sohlen und mit fliegendem Rock das Schlafgemach.

Alynn war eins mit dem Wasser. Sie floss durch die Rohe und Kanäle des Palastes. Reinkommen war einfach. Jedenfalls für ein Wasserelementar, wie sie eines war.

Rauskommen war mit einer Meerjungfrau gar nicht so einfach.

Sie verfluchte Tali, der sie immer wieder dazu brachte unmögliche Dinge zu tun.

Er und seine dämlichen politischen Spielchen.

Nichts für Alynn!

Sie kannte den Palast. Gezwungener Maßen, war sie schon oft genug hier gewesen. Früher freilich mehr als heute. Der Palast war das Herz des Elfenreiches und sein ganzer Stolz. Ein Ort der Magie und Macht. Hier residierte der Hochkönig, Herr über alle Elfen. Oberon. Zum Glück war er zu abgehoben, um die unwichtigen Untergebenen wahrzunehmen. Er hatte Alynn nie erkannt. Selbst wenn sie im Thronsaal gut sichtbar dabeistand.

Alynn tauchte auf. Ihre Augen gewöhnten sich schnell an das Dämmerlicht. Sie spuckte Wasser und schwamm mit kräftigen Zügen an den Rand des Beckens, in dem sie aufgetaucht war.

Sie sah sich um. In der anderen Ecke des Schwimmbeckens kauerte eine Meerjungfrau mit blauem Haar, die Alynn erschrocken ansah.

„Bist du die Tochter der Meereshexe?“, fragte Alynn leise.

Das Mädchen nickte langsam. „Ich bin Alynn. Ich wurde beauftragt dich nach Hause zu bringen.“

„Von wem? Meiner Mutter?“ Die Stimme der Meerjungfrau überschlug sich fast. Sie war nicht so eingeschüchtert, wie Alynn vermutet hatte.

„Nein. Von einem Freund.“

Sie musterte Alynn misstrauisch. „Dein Haar. Es ist ebenfalls blau. Sie suchen nach einer Meerjungfrau mit blauen Haaren. Deshalb greifen sie jede auf und bringen sie hierher.“

Alynn seufzte und ließ sich wieder ins Wasser gleiten, um neben dem Mädchen wiederaufzutauchen. „Der Ozean ist auch blau. Da können sie lange suchen. Jetzt kommt. Wir müssen hier raus.“

„Es ist eine Belohnung auf uns ausgeschrieben“, platzte es aus ihr heraus.

„Offensichtlich suchen sie die Frau des Hochkönigs, die ihn vor Jahren verzaubert und dazu gezwungen hatte sie zu ehelichen.“

Alynn konnte ein Lachen nicht verkneifen.

„Kommt schon. Könnt Ihr laufen? An Land?“ Die Meerjungfrau wollte schon weiterreden.

„Wir haben keine Zeit für Gerüchte und Tratschgeschichten. Ich bin Eure Rettung schon vergessen? Wir müssen einen Weg hier herausfinden.“

Die Meerjungfrau kniff argwöhnisch die Augen zusammen und schwamm ein paar Meter von ihr weg.

„Woher kommst du überhaupt?“

Alynn zeigte ungeduldig ihre scharfen Zähne und zischte. „Ich hasse euch Meerjungfrauen. Könnt nicht einmal still sein, wenn ihr gerettet werdet.“

„Wer sagt denn, dass ich gerettet werden will?“, fragte die Meerjungfrau. Alynn hatte ein leichtes Déjà-vu. Nicht schon wieder.

„Deine Mutter zettelt sonst Krieg mit den Elfen an, du dummer Goldfisch. Und dann zieht sie uns alle mit hinein. Und jetzt komm! Raus aus dem Wasser.“

Flink tauchte das Mädchen ab und brachte die größtmögliche Distanz zwischen sich selbst und Alynn.

„Oh! Ihr wisst ja gar nicht wie meine Mutter ist. Wer weiß. Vielleicht bin ich ja die Frau des Elfenkönigs und ich weiß es bloß nicht.“ Alynn knirschte mit den Zähnen. Kurz entschlossen griff sie nach dem Beckenrand und zog sich aus dem Wasser.

„Ein letztes Mal. Kommt ich habe keine Lust euch zu zwingen. Es war ein langer Tag.“

„Wie willst du mich denn zwingen?“, fragte die Meerjungfrau gedehnt. Ihre Augen fixierten etwas in Alynns Rücken. Und auch Alynn spürte es.

Jemand war hier. Verdammt! Deshalb mochte Alynn solche heimlichen Rettungsmissionen nicht. Die Elfenwachen hatten wohl ihre Stimmen bemerkt. Normalerweise kümmerte Alynn so etwas wenig. Sie war so schnell weg, wie sie hergekommen war. Jede Wasseroberfläche war für sie ein Portal, in das sie bloß hineinspringen musste und schon war sie auf der anderen Seite der Welt. Die Rettung der Waldelfen und der lange Weg hierher hatten aber an ihren Kräften gezerrt. Sie musste Zeit schinden.

„Hör zu! Ich werde dich einfach kao schlagen und an den Haaren aus dem Palast schleifen. Dann verarbeite ich dich zu Fischfile, wenn du nicht mitmachst“, zischte sie der Meerjungfrau zu.

„Würden mir die Meerhexen, dann nicht erst recht den Krieg erklären?“

Alynn lief es kalt den Rücken runter. Die Stimme war ihr wohl bekannt. Ihr Magen schnürte sich zusammen. Langsam drehte sie sich um, wobei sie versuchte in den Schatten zu bleiben.

Da stand er. Am oberen Ansatz der breiten Stufen, die zum Becken hinab führten. Die Hände hatte er hinterm Rücken verschränkt. Er stand aufrecht, den Kopf hocherhoben. Ganz der König, der er war.

Das Haar trug er offen. Es umrahmte sein hübsches, fast feminines Gesicht.

Er trug nur einen Morgenmantel und leichte Stoffhosen, was vermuten ließ, dass er gerade aus dem Bett kam. Seine blauen Augen leuchteten kalt und bedrohlich im Dunklen. Alynn hatte fast mit Allem gerechnet, aber nicht mit ihm. Sie war unvorsichtig geworden. Wahrscheinlich waren ihre Sinne immer noch von Alkohol betäubt. Sie war doch keine Diebin oder ein Assassine. Sie war eine Kriegerin und Amazone. Solche Geheimmissionen waren einfach nicht ihr Ding.

„Herr König“, kam es aus ihrem Mund. Sie betonte die Worte etwas zu sehr. „Was machen Sie denn hier?“

Er schritt langsam die Stufen hinab. Seine nackten Füße machten dabei keinerlei Geräusch. Sie ging langsam rückwärts und versuchte dabei ihn und die Meerjungfrau im Auge zu behalten.

Der König lächelte dünn. „Dies ist mein Palast.“

„Es ist mitten in der Nacht“, konterte Alynn und kam sich dabei dämlich vor. Bei Mare, wo war sie da bloß wieder hineingeraten. Dumme, dumme Alynn! Tali würde etwas zu hören bekommen. Und dann würde sie verschwinden. Irgendwohin sehr sehr weit weg.

Er kam näher. Seine Haltung und sein Gang waren so selbstsicher. Er war ein mächtiger Magier und in seinem Palast. Was sollte er befürchten.

„Ich wusste nicht, dass ich noch eine blau haarige Meerjungfrau bekommen hatte.“

„Sie ist-“ „Ich wurde beauftragt, die Kleine zu ihrer Mutter zurück zu bringen. Die Kopfgeldjäger hatten wahrscheinlich vergessen zu erwähnen, dass dies die Tochter einer mächtigen Meerhexe ist. Sie wird euch Elflingen den Krieg erklären, wenn sie erfährt, dass Ihr ihre Tochter habt.“ Der König hob eine Augenbraue.

„Wenn sie nicht diejenige ist, nach der ich suche ist sie frei zu gehen.“ Die Meerjungfrau funkelte Alynn wütend an. „Sie ist es ganz gewiss nicht. Und die Indizien, nach denen ihr sucht sind wage, da könnt Ihr…“

„Blaue Haare sind sehr selten bei Meerjungfrauen“, fuhr das Mädchen dazwischen, die nun am Beckenrand saß und sich das Haar auswrang.

„Ich habe noch nie eine andere getroffen.“

Alynn knurrte ärgerlich. „Ich sag es ist Zeitverschwendung.“

„Sagte die blauhaarige Frau, die sich in den Schatten vor meinen Augen zu verbergen sucht“. Oberon klang belustigt.

Alynn atmete tief durch. Es hatte keinen Sinn sich weiter verstecken zu wollen. Sie war aufgeflogen. Sein Blick wanderte von ihren nackten Füßen, über ihre langen Beine, und die nasse hautenge Lederkleidung, die sich an ihren Körper schmiegte, bis hin zu ihrem Gesicht und ihren Augen, die in der Dunkelheit flackerten wie Kerzenflammen.

Sein Blick wurde glasig. Er streckte eine Hand zaghaft nach ihr aus. Sie wich leicht zurück. Er deutete mit dem Finger auf ihre Armbandagen. Sie hob automatisch den linken Arm. „Was ist damit?“

„Legt sie ab.“ Alynn zuckte mit den Schultern und riss den Stoff von ihrem Arm.

Der König holte hörbar Luft.

Zum Vorschein kam das verschlungene schnörklige Muster, das sie immer daran erinnerte, dass sie an ihn gebunden war. Eine furchtbar elfische Angelegenheit.

Er war wie zu Stein erstarrt. Wahrscheinlich stand er unter Schock.

Sie wartete ab. Aber er starrte nur. Sie kratze sich unwohl den Arm.

„Ich denke es ist… lange her?“, versuchte sie. Plötzlich ergriff er ihren Arm und zog sie an sich. Sie war so überrascht, dass sie es geschehen ließ. Er presste seine Lippen auf das Mal, dass ihre Verbindung symbolisierte. „Meine Frau“, hauchte er gegen ihre Haut. Er schob ihren Arm beiseite und sein brennender Blick traf ihren. „Meine Seele, mein Herz, mein Leben. Wo warst du?“

Alynn räusperte sich und schob ihn sanft von sich weg. Oberons Reaktion überrumpelte die Nymphe. Bei Mare, bei den vielen Geliebten die der König in den letzten Jahrhunderten gehabt hatte, sollte man doch meinen er wäre schon lange über sie hinweg. Sie atmete tief durch, um ihre Nervosität in den Griff zu bekommen. Ihr Körper reagierte langsam wieder und ihr Herzschlag beruhigte sich. Sie sah hinüber zur Meerjungfrau, die mit offenem Mund zurück starrte.

„DU?“ Ihre Stimme überschlug sich fast. Alynn zeigte die Zähne und zischte warnend. Sie wandte sich wieder an Oberon.

„Oberon. Hör mir zu.“ Auch er schien sich wieder zu fangen. Man konnte sehen wie sein Verstand wieder zu arbeiten begann und er sich etwas mehr aufrichtete.

„Hör auf blauhaarige Meerjungfrauen zu entführen. Die bringen nichts als Ärger und du machst dich nur lächerlich. Mich findest du dadurch auch nicht.“

Er hob den Kopf und warf die Haare zurück. „Aber ich habe dich doch gefunden.“

Alynn wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Er legte ihr eine Hand auf die Wange und schob den Daumen unter ihr Kinn, damit sie ihn anschaute.

„Wo warst du all die Jahre?“

„Hier und da. Ich bleib nicht lange an einem Ort.“ Wenn er nur wüsste, in was für eine schwierige Lage er sie gebracht hatte.

Oberon schloss sie in seine Arme. Sie ließ es geschehen, da sie nicht wusste was sie als nächstes tun sollte. Er vergrub seine Nase in ihrem Nacken und seine Hände fuhren über ihren Rücken.

„Ich habe mich so nach dir verzerrt“, flüsterte er ihr ins Ohr. Sie verzog die Augenbrauen. Nur die Götter wussten was falsch war mit diesem Mann. Mit sanftem Druck löste sie seine Arme von ihrer Taille und machte ein paar Schritte rückwärts Richtung Beckenrand.

„Ich glaube, du bist gerade etwas verwirrt. Wir wissen beide, dass dies eine Lüge es. Das zwischen uns, war alles das Werk dieses Zauberers.“

Oberon war wie vor den Kopf gestoßen. „Welcher Zauberer?“

Alynn verdrehte die Augen. „Der Strand, das Schloss, die plötzliche Verliebtheit. Das verdammte Ritual. All das. Er hat uns reingelegt.“

„Wovon redest du?“

Die Wasseroberfläche des Schwimmbeckens begann zu leuchten. Wie Wasserfälle stürzten die Wasser aus Alynns Haaren und in das Becken. Der Raum wurde von dem blauen Leuchten des Wassers erhellt. Die Meerjungfrau schrie entsetzt und versuchte aus dem Wasser zu kommen, aber Hände formten sich aus dem Wasser und packten das Mädchen bei den Schultern und zogen sie Unterwasser.

„Warte“, sagte Oberon eindringlich und versuchte nach ihr zu greifen.

Sie wich zurück und schüttelte energisch den Kopf. Mit Staunen bemerkte er, wie Alynn nun auf der Wasseroberfläche stand und ihre Haare länger wurden bis sie mit dem Wasser verschmolzen. Die Nymphe wurde zusammen mit der Meerjungfrau vom Wasser verschlug und das Leuchten verschwand.

Alynn war wütend. Sehr wütend. Die Meerjungfrau kreischte und zappelte. Sie versuchte Alynn zu kratzen und zu beißen. Gegen Alynns magischen Schutzschild konnte sie aber wenig ausrichten. Alynn hatte das Mädchen bei den Haaren gepackt und zog sie durch das Wasser hinter sich her. Die Meerhexe wohnte in einem Unterirdischen Höhlensystem, das nur von leuchteten Korallen erhellt wurde. Ansonsten war es stockduster. Böse leuchtende Augen starrten ihr in der Dunkelheit hinterher. Alynn schwamm aus einem Höhlenausgang in eine riesige Höhle, wo die Meerhexe residierte. Das grüne von Algen und Meeresgetier durchsetztes Haar flog um sie wie eine Wolke. Sie lachte laut auf als sie ihre Tochter sah. Alynn ließ sie los und das Mädchen schwamm beschämt und verängstigt davon. Die glühenden katzenartigen Augen wandten sich zu der Nymphe.

„Alynn‘Weir. Ich habe viel von dir gehört“, sagte sie.

„Von Euch erzählt man auch so einiges, Eure Hoheit.“

Die Meerhexe lachte erneut. „Eure Hoheit“, äffte sie Alynn nach.

„Sollte ich dich nicht so nennen? Alynn, Tochter des Mare. Tochter der Zora, Bezwingerin der großen Meeresschlange Undirs, Heldin von Al’tunra, Champion von Schantra.“ Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. „Und Gemahlin des Hochkönigs von Elderan. Herrscher über alle Elfenkönigreiche. Oberon höchst selbst.“

Alynn schnaubte verächtlich. „Gibt es eigentlich niemanden, der das noch nicht weiß?“

„Der Ozean ist kleiner als manch einer denkt“, sagte die Meerhexe mit einem wissenden Lächeln.

„Du, kleine Alynn, hast, um meine Tochter zu retten, dein Versteckspiel aufgegeben und dich deinem Elfenkönig zu erkennen gegeben, alles, um einen Krieg zu verhindern.“

Alynn rollte mit den Augen. Das war Tali’s Plan gewesen. Er hatte das alles natürlich mal wieder perfekt eingefädelt.

„Ich danke dir Alynn, Tochter des Meeres. Möge Mare immer über dich wachen.“

Alynn hoffte nicht. Auch wenn Mare im Ozean allgegenwärtig war, hoffte sie das er ihre lange Abwesenheit noch nicht bemerkt hatte. Immerhin verging die Zeit für Götter anders als für den Rest der Welt. Sie verließ die Höhle der Meerhexe und trieb eine Weile irgendwo im Ozean und starrte gen Wasseroberfläche. Schließlich beschloss sie so weit weg wie möglich von Elderan sich eine Taverne zu suchen und sich zu betrinken. Danach musste sie weiter nach einem Weg suchen, diesen Zauber, der sie an Oberon band zu brechen. Beim Bart ihres Vaters, sie würde nie das Ende davon hören.

Baldur stand im Empfangszimmer des Hochkönigs, begleitet von zwei seiner Jäger. Erin und Lavis. Tali’Weir der Löwe hatte sie in die nächste Stadt begleitet und dafür gesorgt, dass jemand sich um sie kümmerte. Dann war er spurlos verschwunden genauso wie die Nymphe Alynn. In Elderan wurden sie tatsächlich willkommen geheißen. Sie fanden in einem Wald nördlich der Hauptstadt eine neue Heimat. Sie bekamen Lebensmittel und alles notwendige Material, um ein neues Dorf zu errichten.

Baldur hatte sogar eine Audienz beim Hochkönig selbst bekommen. Vor ein paar Wochen hätte er noch abschätzig über die Hochelfen und ihr arrogantes Gehabe gesprochen, jetzt war er für ihre Hilfe dankbar.

Oberon, König der Hochelfen war ein hochgewachsener Mann. Er trug eine weiße Robe deren Ärmel mit aufwendigen Stickereien verziert waren. Auf seinem Haupte trug er nur einen silbernen Lorbeerkranz. Er lief vor seinem Besuch auf und ab. „Alynn‘Weir, nannte sie sich also?“

Baldur war gereizt. Er hatte nicht mit einer Befragung gerechnet. Nun hatte er dem Hochkönig schon zum dritten Mal erzählt, wie Alynn sie gerettet hatte und was sie über sich preisgab.

Sie arbeite als reisende Söldnerin und war vor ein paar Tagen in der Stadt erschienen. Sie verbrachte die meiste Zeit in der Taverne und erledigte einige Aufträge für etwas Gold, das sie dann wieder in der Taverne ließ. Mehr wusste er auch nicht.

„Ich glaubte, sie sei ein Mensch, bis sie bei uns auftauchte und diese seltsame Magie wirkte. Ihre Haare waren wie flüssiges Wasser und sie erschuf damit ein Portal, mit dem sie uns nach Elderan brachte.“

Er hatte von Anfang an gewusst, dass es mit Alynn‘Weir mehr auf sich hatte, als sie hatte zugeben wollen. Ob dies gut oder schlecht war wusste er nicht. Sie hatte sie nach Elderan gebracht und vor den roten Reitern gerettet.

„Kayln, sagt mir alles was Ihr über Alynn in Erfahrung bringen konntet“, befahl der König. Die weiß gekleidete Elfe mit dem glasigen Blick hob den Kopf. Sie hatte die ganze Zeit stillschweigend in der Ecke des Raumes gestanden. „Alynn’Weir, Tochter der Zora. Sie ist eine Figur aus einer berühmten Seefahrermär in der Amazonenkriegerin Zora bei einer Seeschlacht von einem Meermann gerettet wurde und mit ihm Alynn’Weir zeugte. Ihr werden zahlreiche Heldentaten zugeschrieben, wie die Rettung des Kalivien von…“

Es folgte eine Aufzählung von Heldentaten in den Alynn mit riesigen Seeschlagen rang, Monster bezwang und Königreiche rettete.

Irgendwann unterbrach Oberon die Elfe und begann wieder auf und ab zu laufen.

„Verzeiht, mein König aber…“

Oberon funkelte die Elfe wütend an. „Aber…“ Sie wurde erneut unterbrochen als der König wütend die Papiere mit der Hand vom Tisch fegte.

Die Waldelfen waren ein paar Schritte zurückgewichen.

„Die Beschreibung dieser Söldnerin Alynn, passt ebenfalls zu eurer lang vermissten Gemahlin“, sagte sie unbeeindruckt von dem Wutausbruch des Königs.

Baldur schnappte nach Luft. „Sie meinen doch nicht etwa…“

„Liegt da nicht eine Verwechslung vor?“, fragte Lavis. Der Hochkönig sah auf und zu der Jägerin. „Nein. In der Nacht, nachdem sie Euch rettete kam sie zu mir in den Palast, um eine Meerjungfrau zu retten. Es war Alynn“, sagte er fast abwesend. Er verließ seinen Schreibtisch wieder und sagte an Kayln gewandt. „Findet alles heraus, was Ihr noch über Alynn in Erfahrung bringen könnt.“ Dann wandte er sich an Baldur und seine Jäger. „Seid bedankt… Da meine Gemahlin es für angemessen erachtet euch zu helfen, werde ich nicht minder tun. Euch wird eine Stelle bei Hofe angeboten. Um die Reiter des roten Ordens wird sich gekümmert. Ihr habt mein Wort.“ Der König verließ mit wehenden Gewändern den Raum.

Den Gefährten der Söldnerin, Tali’Weir, fanden sie sehr schnell. Auf einer Versammlung hochrangiger Händler, die als Vertreter der großen Handelsstädte zu Verhandlungen zusammen kamen. Er wurde aufgefordert sich dem Hochkönig erkennen zu geben. Einen Tag später erschien er vor den Toren des Palastes.

Der König ließ ihn Vorsprechen.

Oberon betrachtete den in Mönchsroben gekleideten Mann mit den goldenen Augen und einer Haarmähne, die jeden Elfen blau vor Neid werden ließ. Auf den ersten Blick war sein erscheinen imposant, aber harmlos. Jedoch lag in seinem Blick ein Ausdruck, der verriet das er genau wusste weshalb er hier war und dass er seine eigene Agenda hatte. „Mein König, es ist mir eine Ehre eine Audienz bei Euch gewährt zu bekommen. Mögen die Götter Eure Regentschaft segnen.“

Der König winkte ab.

„Ihr wisst weshalb ihr hier seid, Gestaltwandler!“, sagte sein Herold. Der Löwenmann lächelte und seine spitzen Eckzähne kamen zum Vorschein. „Gewiss.“

„So sprecht!“, sagte Oberon ungeduldig.

„Die ganze Welt spricht davon. Von den Weiten der Wüsten bis in die tiefsten Tiefen des Ozeans. Sie ist Euch ins Netz gegangen, ist aber wieder entkommen und nun kennt Ihr ihren Namen und sucht noch dringlicher nach ihr. Nach Alynn’Weir.“

Oberon beugte sich in seinem Thron vor.

„Der Name wird häufig mit Euch in Verbindung gebracht, Wandler! Ihr seid mit ihr gesehen worden.“

„Oh ja. Ich kenne sie sehr gut.“ Der Löwenmann grinste böse. Oberon spürte einen Stich in der Brust. Diese Eifersucht war ihm fremd und er ärgerte sich das eine Frau, die er seit Jahrhunderten nicht gesehen hatte, ihn so aus der Ruhe bringen konnte.

„Und ich kenne sie schon sehr lange. Ich kann Euch jedoch nicht sagen, wo sie sich gerade befindet.“

„Was wollt ihr? Gold? Macht?“, fragte Oberon. Tali schwieg und senkte leicht den Kopf. Das Lächeln verschwand von seinem Gesicht. „Das, mein König. Ist kein Thema, dass für die Ohren der Öffentlichkeit bestimmt ist.“

Oberon erhob sich. „Ihr hört den Fremden, lasst uns allein.“ Ein Raunen ging durch die Beistehenden. Aber niemand erhob das Wort. Die elfischen Höflinge verließen den Thronsaal. Der König erhob sich von seinem Thron und schlenderte auf den Löwenmann zu.

„Nun. Wir sind allein“, sagte er.

Tali rollte die Schulter, streckte sich und gähnte unbeeindruckt, während der Elf in umkreiste. „Um zu verstehen, müssen wir von Vorne beginnen“, begann der Löwe zu erzählen. „Alynn und Ihr wart, damals, als diese Sache geschah, noch sehr jung und unter dem Einfluss eines Zauberers.“

Oberon blieb stehen.

„Welch Zauberer? Alynn erwähnte ihn bereits. Wovon sprecht Ihr?“, fragte Oberon.

„Alynn war damals am Hof des Zauberers. Er hatte sich einen Scherz mit ihr erlaubt und so war sie nicht mehr Herrin ihrer selbst.“

„Woher wisst ihr das?“, wollte Oberon wissen. Magie ließ die Luft um sie herum wabern. Tali blieb unbeeindruckt. „Alynn hat es mir erzählt.“

„Ah.“ Oberon wandte sich ab. Ein seltsamer Schmerz erfasste sein Herz.

„Wie—steht ihr zu Alynn?“

Tali lachte laut auf. „Darüber macht euch mal keine Sorgen. Alynn und ich sind wie Bruder und Schwester. Ich habe Alynns Versteckspiel schon viel zu lange mit angesehen. Ich bin froh, dass es jetzt ein Ende hat.“

„Tatsächlich?“

Der Löwe lächelte. „Sagt mir, oh König der Elfen, was wollt Ihr von Alynn wirklich? Dass sie bei Euch bleibt? Oder gar Königin an Eurer Seite? Eine Fremde? Dazu noch eine Menschenfrau? Oder wollt Ihr sie einsperren und dafür bestrafen, dass sie Euch verführt hat? In beiden Fällen könnt ihr nicht erwarten, dass Alynn freiwillig herkommt. Und fangen könnt ihr sie nicht. Glaubt mir.“

Die Worte des Löwen trafen ins Schwarze. Oberon hatte in seiner Rage bisher nicht darüber nachgedacht. Dennoch ließ er sich nichts anmerken. Er trug weiterhin seine distanzierte Maske. „Was ich möchte ist Reden“, sagte er sehr ruhig und gefasst. „Um eine Lösung zu finden. Richtet Ihr das bitte aus.“ Tali sah den König forschend an. „Nun gut. Ich werde sehen was ich tun kann“, sagte Tali, verbeugte sich und ging.

Alynn war sehr zufrieden. Zwei fette Aufträge und jede Menge Gold. Sie trank den edlen Wüstenwein und erfreute sich an der sternenklaren Nacht. Aus der Taverne hatte man sie schon rausgeschmissen, weil sie zwei Schlägereien angezettelt hatte.

Das war ein Leben, wie Alynn es liebte. Ohne Tali, ohne Elfen und ihre Könige.

Sie zog das Buch hervor, das Tali ihr besorgt hatte. Sie strich versonnen über den Einband. In diesem kleinen alten Buch lagen wohl möglich die Antworten auf ihre Fragen und somit eine Lösung für ihr Problem. Sie öffnete das Buch und begann zu lesen. Elfisch, altes Elfisch.

Alynn knirschte mit den Zähnen. Sie konnte nur gebrochen Alt-Elfisch. Ihr Vater hatte sie zwar gezwungen viele Sprachen zu lernen, Alt-Elfisch hatte aber zu viele Dialekte, um sie alle zu lernen. Alynn stotterte sich durch Rituale und mystische Zauber. Wenn das wirklich das Buch des vermaledeiten Zauberers war, dann musste es ein Kapitel über den ewigen Bund geben.

Schließlich fand Alynn eine vielversprechende Stelle mit den Worten „ewiger Bund der Liebe“. Angestrengt versuchte sie die kryptischen Schriftzeichen zu entziffern.

Fluchend gab sie auf. Sie musste sich eingestehen, dass sie hierfür Hilfe brauchte.

Tali konnte sicher helfen.

Er hatte viele Kontakte… Nein! Sie würde ihn niemals mehr um Hilfe bitten. Diese Hilfe führte dazu, dass sie im Gegenzug wieder etwas für ihn tun musste. Und das führte immer zu Problemen.

Die andere Möglichkeit war… -Ihr Magen verkrampfte sich- Der Elfenkönig!

Wer würde ihr besser dabei helfen können einen längst vergessenen alt elfischen Dialekt zu übersetzen als der Hochkönig? Oder zumindest konnte er jemanden für sie finden.

Sie fluchte laut und warf die Weinflasche weg. War sie betrunken genug, um ein Treffen mit dem König durchzustehen? Andererseits was sollte schiefgehen? Es lag in ihrer Beider Interesse diesen Fluch so schnell wie möglich loszuwerden. Einen Versuch war es wert. Alles war besser als wieder in Talis Machtspielchen verwickelt zu werden.

Tochter des Mare

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