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Kapitel Dreizehn

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Das Que Due war eine Osteria, wie man sie in fast jedem größeren Flecken Italiens findet. Bei der Eingangstür hing ein hölzerner Schaukasten mit der leicht vergilbten Speisekarte, daneben eine mit Kreide beschriftete Stelltafel mit dem täglichen wechselnden Mittagsmenü. In der schummerigen Gaststube mit einer langen Theke standen ein gutes Dutzend mit karierten Tüchern bedeckte Tische.

Max betrat die Osteria eine Viertelstunde vor dem vereinbarten Termin, begleitet vom schwanzwedelnden Whisky. Bis auf zwei Tische war in der Gaststube nirgends für das Mittagessen gedeckt. Doch die zwei Flügel der Tür zum Garten standen offen und gaben den Blick auf einen von mächtigen Platanen beschatteten Innenhof frei. In der Mitte standen zwei lange Tische, auf beiden Seiten mit Bänken, an denen je etwa zwanzig Personen sitzen konnten. Am Rand des Hofes stand im Schatten der Platanen eine Reihe kleinerer Tische, die für zwei oder vier Personen gedeckt waren.

Die meisten der Tische waren bereits besetzt. Max sagte dem Wirt, dass er mit der Signora Julia verabredet sei, und wurde zu einem kleinen Tisch ganz hinten im Hof gewiesen. Die Bedienung legte rasch noch ein zweites Gedeck auf. Max bestellte ein Moretti, sein Lieblingsbier, wenn er in Italien war, während Whisky sich gleich wieder unter dem Tisch einrollte.

Lange musste er nicht warten. Er hörte, wie Julia in der Gaststube den Wirt begrüßte, und schon kurz darauf kam sie einem fröhlichen Lachen auf Max zu, der sich rasch erhob.

„Bin ich unpünktlich?“ fragte sie kokett, als sie ihm die Hand zur Begrüßung reichte.

Max versicherte ihr, dass sie überhaupt nicht verspätet, vielmehr er selbst viel zu früh eingetroffen sei. Er sah, dass sie sich etwas zurechtgemacht hatte: Sie hatte ihre Haare gekämmt, die diskret geschminkten Lippen waren nachgezogen. Sie trug nun eine beige, raffiniert geschnittene Bluse, die im Unterschied zum weiten Hemd, in dem er sie auf dem Markt gesehen hatte, ihre Figur vorteilhaft zur Geltung brachte.

Natürlich entging ihr Max’ sekundenschnelle Musterung nicht.

„Besser so als in der Arbeitskluft?“, fragte sie mit einem Lächeln. „Ich habe in meinem Pickup so etwas wie eine kleine Garderobe, damit ich mich nach der Arbeit umziehen kann. Das ist ein Ritual für mich. So spüre ich: Nun ist die Arbeit fertig. Wenn ich auf dem Markt erfolgreich war, feiere ich das mit einem kleinen Mittagessen hier im Restaurant und einem freien Nachmittag zu Hause. Und wenn nicht, mache ich es trotzdem so.“

Sie schenkte Whisky, der unter dem Tisch hervorgekommen war und sie misstrauisch beschnüffelte, einige Streicheleinheiten und setzte sich Max gegenüber. Mit einer ihm schon vertrauten Handbewegung strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Ich freue mich, dass Sie mir heute beim Mittagessen Gesellschaft leisten. Ich esse hier sonst meist alleine.“

Mit einer Hand wies sie diskret auf die anderen Tische im Hof.

„Die Leute wissen, dass ich gerne meine Ruhe habe. Aber wenn ich Gesellschaft möchte, setze ich mich auch an einen der langen Gemeinschaftstische.“

Sie schenkte Max ein weiteres fröhliches Lächeln. „Oder ich lade mir selbst Gäste an meinen Tisch ein. So wie heute.“

Max wurde etwas verlegen unter dem direkten Blick aus ihren braunen Augen. Natürlich konnte er ihr nicht sagen, dass sie ihm gefiel, so wie sie ihm lächelnd gegenüber sass. Aus leidvoller Erfahrung war er vorsichtig geworden mit Komplimenten über das Aussehen von Frauen. Seine verflossene Liebe Vivienne hatte ihm ihr feministisches Gedankengut näher gebracht, als das ihm oft lieb war. Besser jetzt nichts sagen als das Falsche.

So lächelte er freundlich zurück und griff zur Speisekarte, die der Wirt vor sie hingelegt hatte. Auf Julias Empfehlung be-stellte Max zuerst die Ravioli mit Trüffeln und als Secondo die Scaloppine mit einem Pilzrisotto. Und ein zweites Bier.

Julia schloss sich ihm mit ihrer Bestellung an. Auch sie ließ sich ein Moretti bringen, was Max mit einem anerkennenden Lächeln quittierte.

„Bei uns trinken nur wenige Frauen Bier“, meinte er. „Ich weiß nicht warum, aber Bier gilt noch immer als Männergetränk.“

„Das ist hier nicht anders“, bestätigte Julia. „Aber ich habe Bier schon als junges Mädchen lieben gelernt, ganz einfach deshalb, weil es immer schon billiger war als viele der Softdrinks. Früher, als mein Vater noch lebte, durfte ich ihn nach dem Markt hierher zum Mittagessen begleiten. Er trank dazu auch meist ein Bier, während er daheim keinen Alkohol berührte. Ich konnte jeweils den Schaum wegschlürfen. So habe ich den Geschmack lieben gelernt. Zu Hause trinke ich meist nur das Wasser aus meiner eigenen Quelle. Aber nach dem Markttag gönne ich mir entweder ein Gläschen Wein oder ein Bier und stoße auf etwas Erfreuliches an, das ich während der Marktstunden erlebt habe.“

Die Bedienung brachte die bestellten Getränke. Die Gläser waren mit Feuchtigkeit beschlagen, ein Zeichen, dass sie, wie es sich gehört, im Gefrierschrank auf ihren Einsatz gewartet hatten.

Sie hob das Glas und stieß mit Max an.

„Auf Ihren hoffentlich spannenden Olivenbericht!“

Beide nahmen einen kräftigen Schluck und wischten sich kurz den Schaum von den Lippen.

„Und jetzt erzählen Sie mir, an was genau Sie arbeiten und was Sie von mir wissen wollen!“

Doch bereits kam der Kellner mit den Ravioli und stellte die heissen Teller vor sie hin.

„Oder besser, wir essen zuerst und widmen uns dann beim Espresso Ihren Fragen!“

Die Ravioli und nachher die Kalbsschnitzel waren hervorragend, ebenso der Risotto, den er als Beilage bestellt hatte. Während des Essens fragte Julia ihn ein wenig aus über seinen Beruf und sein Olivenprojekt. Er gab gerne Auskunft und sagte ihr auch, dass er einige Wochen zu bleiben gedachte, je nachdem, wie er mit seinem Text vorankommen würde. Beiläufig erwähnte er das kleine Podere weiter oben am Monte Luco, das er von seinem Onkel geerbt hatte.

„Na so was“, rief Julia überrascht. „Ich habe Ihren Onkel gekannt. Zwar nur oberflächlich, er ist selten ins Dorf gekommen und lebte offenbar ziemlich abgeschieden. Wenn er mal in der Bar Centrale war oder im Coop beim Einkauf, brachte er kaum mehr als einen brummigen Gruss über die Lippen. Die Casa Pineta kenne ich vom Hörensagen, aber ich war noch nie dort.“

„Das müssen Sie aber schnell nachholen!“, forderte Max sie auf. „Allerdings sieht es noch nicht allzu gastlich aus bei mir. Doch ich arbeite daran!“

Im Gegenzug erzählte sie ihm etwas über das Städtchen und die Umgebung. Max merkte rasch, dass sie zwar mehr redete als er, dabei aber kaum etwas zu sich selbst preisgab. Doch er wollte nicht nachhaken. Es würde sich sicher eine andere Gelegenheit ergeben, etwas mehr über sie und ihr Leben zu erfahren.

Sie verzichteten beide auf das Dolce. Die Teller wurden ab-geräumt, und sie bestellten den obligaten Ristretto.

Julia lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und blickte ihn an. „Jetzt sind Sie an der Reihe. Was möchten Sie denn wissen?“

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