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Vorwort

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Die Heimat des Buddhismus ist Indien. Indien mit seinen 300 Millionen Einwohnern ist in ganz besonderen Sinne ein Land der Religion. Leben heißt für den Inder seine Religion betätigen. In Dichtung, Kunst und Wissenschaft, überall spiegelt sich das religiöse Empfinden wider. Aber trotz dieses gewaltigen Einflusses der Religion hat es in Indien niemals eine Staatsreligion im eigentlichen Sinne des Wortes gegeben. Die Religion ist Privatsache, und die Duldsamkeit gegen Andersgläubige ist kaum irgendwo so groß wie gerade in Indien.

Das heilige, in der alten Sanskritsprache abgefasste Religionsbuch der Inder heißt Veda oder Wissen. Die Veden sind viel umfangreicher als unsere Bibel und umfassen wie diese einen Zeitraum von vielen Jahrhunderten. Unter den vier Teilen der Veden ist der wichtigste der Rigveda mit seinen Opferliedern, worin die eigentlich priesterliche Religion zum Ausdruck kommt. Die Götterwelt der Veden ist bunt und mannigfaltig. Es seien erwähnt der Gewittergott Indra und der Feuergott Agni, der den Göttern die Opfer der Menschen zuführte lind gleichsam ein Vermittler zwischen Göttern und Menschen war. Die bösen Geister waren die Mächte der Finsternis und der Tücke, gegen die man sich durch Zaubermittel und Blutspenden zu schützen suchte. Zu den guten Geistern zählten die Geister der Verstorbenen, die man in frommer Scheu verehrte. Man glaubte an ein Fortleben der Seele nach dem Tode und an eine jenseitige Vergeltung.

In der Folgezeit stellten die Priester, die den Ehrennamen Brahmanen führten, über die vielfältigen Gestalten des wedischen Götterhimmels einen höchsten Gott, den sie Pradschapati, den Herrn der Geschöpfe, nannten. Er ist der Schöpfer der Welt, der Erzeuger der Götter und der Dämonen, also der Urheber des Guten und des Bösen. Von ihm sind alle Götter abhängig, und in allen ihren Nöten, Streitigkeiten und Zweifeln kommen sie zu ihm wie die Kinder zum Vater. Aber auch Pradschapati war noch nicht vollkommen. Man fand noch etwas Höheres: das Brahman. „Durch das Brahman“, so heißt es nun, „werden Himmel und Erde zusammengehalten; das Brahman ist das Erstgeborene in diesem All.“ Dies Erstgeborene wird dann bald zu dem Ungeborene, zu dem Urgrund aller Dinge, und man preist nun das große Brahman als das All-Eine, als „das, was war und sein wird, als das Eine, Unvergängliche“. Zu dieser Vorstellung vom Brahman kam noch die neue Lehre vorn Atman. Atman heißt eigentlich Atem, Hauch, dann das Ich im Menschen, die Seele, und zugleich die Weltseele. Wie nun das Brahman das Erstgeborene im All genannt worden war, so nannte man den Atman, das Ich im Menschen, den Erstling des Alls. Damit wurden Brahman und Atman oder das göttliche und das menschliche Ich einander gleichgesetzt. Brahman ist Atman. Die unendlich kleine Menschenseele ist völlig eins mit der unendlich großen Weltseele. Die Welt, das Eine, das Göttliche ist Brahman und „Brahman bist du“. „Der Atman, das Selbst in dir, ist das wahre Brahman, von dem du durch Geburt oder Tod nur für eine Zeitlang entfremdet bist, das dich aber wieder in sich aufnimmt, sobald du nur zu ihm und zu dir selbst kommst.''

Wer dies weiß, dass Atman und Brahman dasselbe sind, der hat die Erlösung erlangt, denn:

Wer forschend alle Wesen im eignen Ich nur findet, Für den entweicht der Irrtum, und alles Leiden schwindet.

Die Erlösung ist also ein Vorgang, der sich im inneren Bewusstsein des Wissenden vollzieht, indem er in das Brahman eingeht und mit ihm eins wird. Der Nichtwissende dagegen, der den Schein der Welt für Wirklichkeit hält, muss nach dem Tode eine neue Geburt mit darauffolgendem neuem Sterben durchmachen. Hier haben wir die Lehre von der Seelenwanderung, deren Ursprung dunkel ist und die ausdrücklich als eine Geheimlehre bezeichnet wird. Die Seele erreicht mit dem Tode nicht ein endgültiges Ziel, sondern je nach dem Tun (Karman) des Menschen in diesem Leben kommt sie zu einem höheren oder niederen Dasein; sie kann als Mensch, als göttliches Wesen, aber auch als Tier und Pflanze wiedergeboren werden. Wer geringere Fehler begangen hat, wird je nach dem Grade seiner Schuld als Elefant, Löwe, Tiger oder Vogel wiedergeboren. Wer aber grausame Taten vollführt hat, wird je nach Verdienst 100 oder 1000 Jahre in der Hölle gepeinigt, dann aber in einer Reihe Geburten aus dem Bauche eines gemeinen Tieres wieder das Licht der Welt erblicken. Von diesem schrecklichen Schicksale der Seelenwanderung kann der Mensch nur durch das rechte Wissen, durch die Erkenntnis des Einen, durch die Vereinigung mit dem Brahman erlöst werden. Ist aber die Seele mit Brahman eins geworden so ist sie auch frei von allem Begehren. Und wo das Begehren aufhört, da hat auch das Tun sein Ende erreicht. Damit ist die Seele von den Banden der Endlichkeit frei geworden und zur Ruhe in dem All-Einen, in Brahman-Atman, gelangt. Darum ist selig und frei von allein Leiden, wer Atman kennt, „das große, endlose, uferlose Wesen, das durch und durch Erkenntnis ist.“

Weil alles Tun nur Leiden schafft und damit auch die Pflichterfüllung bedeutungslos wird, und weil das Nichtstun oder die Ruhe das höchste Gut ist, darum ist die völlige Loslösung von der Welt die notwendige Folge der Lehre vom Brahman-Atman oder des sog. Brahmanismus. „Ihn, den Atman erkennend, lassen Brahmanen davon ab, nach Habe, weltlichem Glück oder Nachkommen zu trachten, und als Bettler ziehen sie einher.“ Aus einem Dasein, dem man durch treue Arbeit und Ringen nach edlen Zielen keinen festen Halt zu geben vermochte, floh man in die Einsamkeit, um durch Weltentsagung den Frieden der Seele zu finden. Reiche und Arme, Vornehme und Geringe, Junge und Alte, Männer und Weiber verließen Haus und Heimat, um im Mönchs- und Nonnengewand ein hartes Büßerleben zu führen. Wenn auch die Kaste, d. h. der Stand der Brahmanen, ausschließlich das Vorrecht hatte, den Göttern zu opfern, so stand es doch den Angehörigen aller Kasten oder Stände frei, das Büßerleben zu erwählen oder einem Orden beizutreten. Diesen Leuten gab man im Unterschiede von den Brahmanen, deren Würde auf ihrer Geburt beruhte, den Namen Samanas, d.h. Asketen, Büßer. Unter dem Schurze der größten Gewissensfreiheit, die je bestanden, bildeten sich die mannigfaltigsten Sekten solcher Samanas oder Büßer, die oft durch das seltsamste Leben zur Selbstbeherrschung und Selbstüberwindung kommen wollten. Einige weilten stets unter freiem Himmel, andre hausten auf den Gipfeln der Berge, wieder andre schliefen auf der nackten Erde und nährten sich von der allereinfachsten Kost. Ja, es gab solche, die sich geraume Zeit die Nahrung entzogen, sich nicht niedersetzten, nicht wuschen, die auf dornigen Lagern ruhten, die durch beständige Waschungen alle ihnen anhaftende Schuld zu tilgen suchten. Von einem Büßer wird sogar erzählt, er habe das Gelübde getan, seine Speise wie ein Hahn von der Erde aufzupicken und es überhaupt so viel wie möglich den Hähnen gleichzutun.

Der Samana aber, der unter allen indischen Büßern das größte Ansehen erlangt und eine neue vom Brahmanismus ausgehende Gemeinschaft gestiftet hat, ist Gautama, genannt der Buddha, d.h. der Erkennende, der Erleuchtete.

Wir betrachten jetzt Buddhas Leben, Lehre und Gemeinde. Dann vergleichen wir Buddhismus und Christentum. Endlich geben wir einen kurzen Überblick über die allmähliche Verbreitung des Buddhismus

Der Buddhismus

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