Читать книгу SECHS PERSONEN SUCHEN EINEN AUTOR - Luigi Pirandello, Luigi Pirandello - Страница 3

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Seit vielen Jahren (und doch ist mir, als wäre es seit gestern) steht eine höchst aufgeweckte, junge und dennoch nicht unerfahrene Magd im Dienste meiner Kunst. Sie heißt Phantasie.

Sie ist ein wenig boshaft und spöttisch; wenngleich sie mit Vorliebe schwarz trägt, wird niemand leugnen wollen, dass sie oft recht bizarr einhergeht, und niemand glauben, sie täte immer alles im Ernst und stets auf ein und dieselbe Weise. Sie steckt eine Hand in die Tasche1 und holt eine Narrenkappe heraus, rot wie ein Hahnenkamm, stülpt sie sich über den Kopf und läuft davon. Heute hierher, morgen dorthin. Und es macht ihr Spaß, mir Leute ins Haus zu schleppen, damit ich aus ihnen Novellen und Romane und Komödien mache, die unzufriedensten Leute von der Welt, Männer, Frauen, Kinder, verwickelt in seltsame Verhängnisse, aus denen sie keinen Ausweg mehr finden; ihre Pläne sind gescheitert, ihre Hoffnungen betrogen. Und mit denen umzugehen ist oft wirklich sehr mühsam.

Nun wohl, diese meine kleine Dienerin Phantasie hatte vor einigen Jahren den bösen Einfall oder die fatale Laune, mir eine ganze Familie ins Haus zu schleppen, ich wüsste nicht zu sagen, wo und wie sie die aufgefischt hat, aber nach ihrer Meinung hätte ich aus ihr den Stoff für einen herrlichen Roman herausholen können.

Vor mir stand ein Mann um die Fünfzig, in schwarzer Jacke und hellen Hosen, mit finsterer Miene und vor Beschämung störrischem Blick; eine arme Frau im Trauerkleid einer Witwe, an der einen Hand ein kleines Mädchen von vier und an der anderen einen Jungen von wenig mehr als zehn Jahren; ein dreistes und aufdringliches junges Mädchen, ebenfalls schwarz, aber mit zweifelhafter und aufreizender Eleganz gekleidet, geradezu bebend vor kalter, verletzender Empörung über diesen gedrückten Alten und über einen jungen Mann von ungefähr zwanzig Jahren, der sich verschlossen abseits hielt, als ob er sie alle verachtete. Kurz und gut, es waren diese sechs Personen, die man jetzt zu Beginn des Stückes auf der Bühne erscheinen sieht. Sie fingen an, mir ihre traurigen Schicksale zu erzählen, bald der eine, bald der andere, aber oft drängte auch einer den anderen beiseite. Jeder schrie mir seine eigenen Argumente entgegen, schleuderte mir seine wirren Leidenschaften ins Gesicht, ungefähr so, wie sie es nun in dem Stück mit dem unglückseligen Direktor machen.

Welcher Autor kann jemals sagen, wie und warum eine Gestalt in seiner Phantasie entstanden ist? Das Geheimnis des künstlerischen Schaffens ist dasselbe wie das der natürlichen Geburt. Eine Frau, die liebt, kann wünschen, Mutter zu werden; aber der Wunsch allein, so glühend er auch sei, kann nicht genügen. Eines schönen Tages fühlt sie, dass sie Mutter wird, ohne genau zu wissen, seit wann das so ist. Genauso nimmt auch ein Künstler, indem er lebt, viele Keime des Lebens in sich auf und kann niemals sagen, wie und warum in einem bestimmten Augenblick sich einer dieser Keime in seiner Phantasie festsetzt, um ebenfalls ein lebendiges Geschöpf zu werden, auf einer höheren Ebene des Lebens als der des flüchtigen Alltagsdaseins.

Ich kann nur sagen, dass diese sechs Personen, die man jetzt auf der Bühne sieht, plötzlich, ohne dass ich je bewusst nach ihnen gesucht hätte, vor mir standen, so lebendig, dass ich sie berühren, dass ich sogar ihren Atem hören konnte. Und da warteten sie nun, jeder einzelne mit seinem geheimen Kummer und alle miteinander verbunden durch den Ursprung und durch die Verknüpfung ihrer jeweiligen Schicksale, dass ich sie in die Welt der Kunst eintreten ließe, indem ich aus ihren Gestalten, ihren Leiden und Schicksalen einen Roman, ein Drama oder wenigstens eine Novelle machte.

Lebendig geboren, wollten sie leben.

Nun muss man wissen, dass ich mich niemals damit begnügt habe, eine männliche oder weibliche Figur, so besonders und charakteristisch sie auch sein mochte, darzustellen aus bloßer Lust, sie darzustellen; ein bestimmtes heiteres oder trauriges Ereignis zu erzählen aus bloßer Lust, es zu erzählen; eine Landschaft zu beschreiben aus bloßer Lust, sie zu beschreiben.

Es gibt freilich gewisse Schriftsteller (und gar nicht wenige), die haben diese Lust, und ist sie befriedigt, suchen sie nichts anderes. Das sind Schriftsteller mit einem eher historischen Naturell.

Aber es gibt auch andere, die über diese Lust hinaus ein tieferes geistiges Bedürfnis empfinden, die Gestalten, Ereignisse, Landschaften nicht gelten lassen, wenn sie nicht durchdrungen sind von einem besonderen Sinn des Lebens und nicht durch ihn einen allgemeingültigen Wert gewinnen. Das sind Schriftsteller mit einem eher philosophischen Naturell.

Ich habe das Unglück, zu diesen letzteren zu gehören.

Ich hasse die symbolische Kunst, bei der die Darstellung jede spontane Bewegung verliert und mechanisch, allegorisch wird. Das ist ein vergebliches und falsch verstandenes Bemühen, weil die bloße Tatsache, einer Darstellung allegorische Bedeutung zu geben, klar erkennbar werden lässt, dass man sie an sich schon als Fabel betrachtet, die doch für sich selbst keinerlei Wahrheit hat, weder eine dichterische noch eine tatsächliche, sondern nur als Beweis für irgendeine moralische Wahrheit geschaffen worden ist. Jenes geistige Bedürfnis, von dem ich spreche, lässt sich nur manchmal, und zwar mit der Absicht höherer Ironie (wie zum Beispiel bei Ariost), durch einen solchen allegorischen Symbolismus befriedigen. Dieser geht von einer Konzeption aus, vielmehr er ist eine Konzeption, die zum Bild wird oder zu werden versucht. Jenes Bedürfnis hingegen sucht in dem Bild, das lebendig und frei in seinem ganzen Ausdruck bleiben muss, einen Sinn, der ihm Wert gibt.

Nun, so sehr ich auch suchte, es gelang mir nicht, diesen Sinn in den sechs Personen zu entdecken. Und ich glaubte daher, dass es sich nicht lohnen würde, sie lebendig werden zu lassen.

Ich dachte bei mir: "Ich habe meine Leser schon so sehr mit Hunderten von Novellen gepeinigt, warum sollte ich sie auch noch mit der Erzählung der traurigen Schicksale dieser sechs Unglücklichen heimsuchen?"

Und indem ich das dachte, entfernte ich sie von mir, oder besser, ich tat, was ich konnte, um sie von mir zu entfernen.

Aber man gibt einer Gestalt nicht ungestraft Leben.

Als Geschöpfe meines Geistes lebten diese sechs bereits ihr eigenes Leben und nicht mehr das meine, ein Leben, das ihnen zu verweigern ich nicht mehr die Macht hatte.

Während ich nun bei meinem festen Willen blieb, sie aus meinem Geiste zu verjagen, lebten sie bereits völlig losgelöst von jedem erzählerischen Beistand auf eigene Faust weiter, Gestalten eines Romanes, die wie durch ein Wunder aus den Seiten des Buches herausgetreten waren. Sie suchten sich bestimmte Augenblicke meines Tagesablaufs aus, um in der Einsamkeit meines Arbeitszimmers wieder vor mir aufzutauchen, kamen, bald der eine, bald der andere, auch zwei auf einmal, um mich in Versuchung zu führen, mir diese oder jene Szene vorzuschlagen, die darzustellen oder zu beschreiben wäre, über die Wirkungen zu sprechen, die man da herausholen könnte, über das neuartige Interesse, das eine bestimmte, ungewöhnliche Situation erwecken könnte, und so weiter.

Für einen Augenblick ließ ich mich erweichen. Und jedesmal genügte mein Eingehen, das bisschen Mich-überrumpeln-lassen, dass sie daraus neues Leben gewannen, einen Zuwachs an Evidenz und daher auch an überzeugender Wirkung auf mich. Und so wurde es mir allmählich immer schwerer, mich wieder von ihnen zu befreien, wie es ihnen immer leichter wurde, mich wieder in Versuchung zu führen. Schließlich war daraus eine richtige Obsession geworden - bis mir plötzlich klar wurde, wie ich davon loskommen könnte.

Warum eigentlich - sagte ich mir - schildere ich nicht diesen ganz neuen Fall eines Autors, der sich weigert, einige seiner Gestalten, die in seiner Phantasie lebendig geboren wurden, leben zu lassen, und den Fall dieser Personen, die, da ihnen nun einmal Leben eingeflößt ist, sich nicht damit abfinden, von der Welt der Kunst ausgeschlossen zu bleiben? Sie haben sich bereits von mir gelöst; sie leben auf eigene Faust; sie haben Stimme und Bewegung erlangt; sie sind also schon von selbst, in diesem Kampf, den sie mit mir um ihr Leben haben führen müssen, Bühnenfiguren geworden, Figuren, die sich allein bewegen und reden können; sie betrachten sich bereits selbst als solche und haben gelernt, sich gegen mich zu wehren, sie werden sich auch gegen andere zu wehren wissen. Lassen wir sie also dahin gehen, wohin Bühnenfiguren zu gehen pflegen, wenn sie lebendig werden wollen: auf eine Bühne. Und wir werden sehen, was dabei herauskommt.

So habe ich's gemacht. Und es ist natürlich herausgekommen, was herauskommen musste: ein Gemisch von Tragischem und Komischem, von Phantastischem und Realistischem, in einer wirklich neuen und höchst verwickelten humoristischen Situation. Ein Drama, das von sich aus, mit Hilfe seiner atmenden, sprechenden, sich bewegenden Gestalten, die es in sich selber tragen und erleiden, um jeden Preis die Möglichkeit finden will, aufgeführt zu werden; und die Komödie des vergeblichen Versuches dieser improvisierten szenischen Verwirklichung. Zunächst die Überraschung dieser armen Schauspieler einer Truppe, die am Tage auf einer leeren Bühne, ohne Kulissen und Dekorationen, gerade ein Stück probieren; Überraschung und Ungläubigkeit, als sie vor sich diese sechs Bühnenfiguren auftauchen sehen, die sich als Personen auf der Suche nach einem Autor vorstellen; dann, gleich darauf, bei der plötzlichen Ohnmacht der schwarzverschleierten Mutter, ihr instinktives Interesse an dem Drama, das sie bei ihr und den anderen Mitgliedern dieser merkwürdigen Familie erahnen, einem dunklen, vieldeutigen Drama, das so unvermutet über die leere und auf seinen Empfang nicht vorbereitete Bühne hereinstürzt; und allmählich das wachsende Interesse am Hervorbrechen der widerstreitenden Leidenschaften, bald beim Vater, bald bei der Stieftochter, dann beim Sohn und schließlich bei jener armen Mutter. Leidenschaften, die, wie gesagt, mit einer tragischen, zerstörerischen Wut sich gegenseitig zu überwältigen versuchen.

Und da ist auch der zunächst vermisste höhere Sinn in diesen sechs Personen, die ihn jetzt, nachdem sie von sich aus auf die Bühne gegangen sind, in sich selbst finden können, in der Erregung des verzweifelten Kampfes, den jeder gegen jeden führt und alle gegen den Direktor und die Schauspieler, die sie nicht verstehen.

Ohne es zu wollen, ohne es zu wissen, drückt jeder von ihnen im Aufruhr des Gemütes, um sich gegen die Anschuldigungen des anderen zu verteidigen, als sein tiefes Leid und seinen Kummer das aus, was so viele Jahre meinen Geist gequält hat: die Täuschung über die Möglichkeit des gegenseitigen Verstehens, die durch die leere Abstraktion der Worte unweigerlich hervorgerufen wird, die vielfältige Persönlichkeit eines jeden, entsprechend all den Möglichkeiten des Seins, die sich in jedem einzelnen von uns finden; und schließlich der tragische, immanente Konflikt zwischen dem Leben, das sich unaufhörlich bewegt und verwandelt und der Form, die es unwandelbar fixiert.

Vor allem zwei dieser sechs Personen, der Vater und die Stieftochter, sprechen von diesem schrecklichen, unwiderruflichen Festgelegtsein ihrer Form, in der beide für immer unabänderlich das Wesentliche ihres Seins ausgedrückt sehen, das für den einen Strafe, für die andere Rache bedeutet, und sie verteidigen sie gegen das affektierte Getue, die unbewusste Oberflächlichkeit der Schauspieler und versuchen, sie dem primitiven Direktor aufzudrängen, der sie ändern und den sogenannten Bedürfnissen des Theaters anpassen möchte.

Dem Anschein nach sind nicht alle sechs Personen auf der gleichen Ebene der Gestaltung, aber nicht, weil es unter ihnen Figuren ersten und zweiten Grades, das heißt "Protagonisten" und "Statisten" gäbe - das wäre dann bloß die elementare perspektivische Struktur, wie sie für jedes Drama und jede Erzählung notwendig ist - oder weil etwa nicht alle ihrem Zweck entsprechend vollständig ausgeführt wären. Alle sechs befinden sich im gleichen Zustand der künstlerischen Verwirklichung und alle sechs auf der gleichen Ebene der Realität, nämlich der phantastischen des Stückes. Aber der Vater, die, Stieftochter und auch der Sohn sind als Geist dargestellt, die Mutter als Natur. Der Junge, der nur zuschaut und schließlich eine Geste auszuführen hat, und das kleine, völlig passive Mädchen sind bloß "Anwesende". Diese Tatsache schafft zwischen ihnen eine ganz neue Perspektive. Ich hatte unbewusst den Eindruck, dass ich einige künstlerisch stärker ausgeführt erscheinen lassen müsste, andere weniger, andere nur flüchtig skizziert als Elemente eines Geschehens, das erzählt oder aufgeführt wird: Die Lebendigsten, die wirklich vollkommen Durchgeführten, der Vater und die Stieftochter, treten natürlich mehr nach vorn und führen und schleppen das beinahe tote Gewicht der anderen mit sich: zum einen den Sohn, der sich sperrt, zum anderen die Mutter, wie ein resignierendes Opfer zwischen diesen zwei kleinen Kreaturen, die kaum Konsistenz haben, es sei denn in ihrer Erscheinung, und die an die Hand genommen werden müssen.

Und wirklich! Jeder einzelne musste in dem Stadium der Erschaffung erscheinen, das er in dem Augenblick in der Phantasie des Autors erreicht hatte, als dieser sie von sich fortjagen wollte.

Wenn ich jetzt darüber nachdenke, dann erscheint es mir wie ein Wunder, dass ich diese Notwendigkeit intuitiv erfasst und unbewusst die Lösung in einer neuen Perspektive gefunden und auf welche Art ich die erreicht habe, Tatsache ist, dass das Stück wirklich in einer spontanen Erleuchtung der Phantasie konzipiert wurde, als wunderbarerweise alle Elemente des Geistes in einem göttlichen Einklang übereinstimmten und tätig waren. Keinem kühl berechnenden menschlichen Gehirn, und wenn es sich noch so sehr bemüht hätte, wäre es je gelungen, alle Notwendigkeiten der Form dieses Stückes ganz zu erkennen und zu befriedigen. Deshalb dürfen die Gründe, die ich nun anführen werde, um seine Bedeutung zu erklären nicht als vorgefasste Absichten verstanden werden, mit denen ich an das Werk heranging und die ich jetzt verteidigen wollte, sondern nur als Entdeckungen die ich selbst später, bei ruhiger Überlegung, habe machen können.

Ich habe sechs Personen, die einen Autor suchen, darstellen wollen. Es gelingt nicht das Drama aufzuführen, eben weil der Autor fehlt, den sie suchen; und statt dessen wird das Drama dieses vergeblichen Versuchs aufgeführt, mit allem, was es an Tragischem enthält, weil diese sechs Personen abgewiesen worden sind.

Aber kann man eine Person darstellen, wenn man sie abweist? Es ist doch klar, dass man sie um sie darzustellen im Gegenteil in die Phantasie aufnehmen und ihr daher auch Ausdruck verleihen muss. Und so habe ich diese sechs Personen wirklich aufgenommen und gestaltet. Ich habe sie jedoch als Abgewiesene aufgenommen und gestaltet: auf der Suche nach einem anderen Autor.

Man muss nun verstehen, was ich bei ihnen abgewiesen habe; offensichtlich nicht sie selbst, wohl aber ihr Drama, das sie ohne Zweifel am meisten interessiert. Aber mich interessierte es aus den bereits genannten Gründen überhaupt nicht.

Und was ist für eine Bühnengestalt das eigene Drama?

Jedes Phantasiegebilde, jedes Geschöpf der Kunst muss sein Drama haben, um zu existieren, das heißt ein Drama, dessen handelnde Person es ist und durch das es zur handelnden Person wird. Das Drama ist der Seinsgrund der Person; es ist ihre Lebensfunktion, die sie braucht, um existieren zu können.

Ich habe also von diesen Sechs das Sein aufgenommen und den Seinsgrund abgelehnt; ich habe den Organismus genommen und ihm anstelle seiner eigenen Funktion eine andere, umfassendere gegeben, in die jene eigene gerade noch als tatsächliche Gegebenheit mit eingegangen ist, Eine schreckliche und verzweifelte Situation besonders für die beiden - den Vater und die Stieftochter - denen mehr als den anderen daran liegt, zu leben und die mehr als die anderen das Bewusstsein haben, Bühnengestalten zu sein, das heißt also, unbedingt ein Drama zu brauchen, und zwar das eigene, weil es das einzige ist, das sie sich für sich selbst vorstellen können, das sie nun aber abgelehnt sehen; eine "unmögliche" Situation, aus der sie meinen, um jeden Preis ausbrechen zu müssen, denn es handele sich für sie um Leben oder Tod. Wohl habe ich ihnen als Seinsgrund, als Funktion, eine andere Situation gegeben, eben jene "unmögliche", das Drama "auf der Suche nach einem Autor zu sein und abgelehnt zu werden". Aber dass diese Situation bereits ein Seinsgrund ist, dass sie für sie, die ja schon ein eigenes Leben hatten, zur eigentlichen, notwendigen und für ihre Existenz ausreichenden Funktion geworden ist, das können sie nicht einmal ahnen, Wenn es ihnen irgend jemand sagte, würden sie es nicht glauben, weil es nicht möglich ist, zu glauben, dass der einzige Grund unseres Lebens in einer Tortur besteht, die uns ungerecht und unerklärlich erscheint.

Ich kann daher nicht sehen, auf welcher Grundlage man gegen mich den Vorwurf erhoben hat, dass die Person des Vaters nicht so sei, wie sie hätte sein müssen, weil sie manchmal aus ihrer Eigenschaft und Stellung als Bühnenfigur herausträte, in die Tätigkeit des Autors eingriffe und sie selbst übernähme. Da ich auch Leute verstehe, die mich nicht verstehen, weiß ich: dieser Vorwurf kommt daher, dass jene Bühnenfigur eine geistige Bedrängnis als ihre eigene zum Ausdruck bringt, von der es bekannt ist, dass sie die meine ist. Das ist ganz natürlich und bedeutet absolut nichts. Abgesehen davon, dass diese geistige Not in der Figur des Vaters auf Ursachen beruht und aus Gründen durchlitten und durchlebt wird, die mit der Tragödie meiner persönlichen Erfahrung nichts zu tun haben (was allein schon die Haltlosigkeit dieser Kritik beweisen würde), möchte ich klarstellen, dass die immanente Qual meines Geistes, die ich legitim in eine Bühnenfigur projizieren kann, vorausgesetzt, dass sie organisch zu ihr gehört, eines ist; ein anderes aber die Tätigkeit meines Geistes, die sich in der Gestaltung dieses Werkes entfaltet, und die es vermocht hat, das Drama dieser sechs Personen auf der Suche nach dem Autor zu schaffen. Wenn der Vater an dieser Tätigkeit teilhätte, wenn er das Drama, diese Bühnenfiguren zu sein, ohne einen Autor zu haben, mitschaffen würde, dann, ja,- und nur dann - wäre es gerechtfertigt, zu sagen, dass er mitunter der Autor selbst sei und dass er deshalb nicht der ist, der er sein müsste. Aber der Vater erleidet dieses "Bühnenfigur, die den Autor sucht"-Sein und erschafft es nicht, erleidet es wie ein unerklärbares Verhängnis und wie eine Situation, gegen die er mit allen Kräften zu rebellieren und die er in Ordnung zu bringen versucht. Er ist also genau "Bühnenfigur, die den Autor sucht" und nichts weiter, auch wenn er die Qual meines Geistes als seine eigene zum Ausdruck bringt. Nähme er an der Tätigkeit des Autors teil, würde er sich dieses Verhängnis sehr wohl erklären können. Er sähe sich nämlich aufgenommen, wenn auch als abgewiesene Bühnenfigur, aber doch immerhin aufgenommen in den Mutterboden der Phantasie eines Dichters, und er hätte keinen Grund mehr, diese Verzweiflung durchzumachen, weil er den nicht findet, der sein Leben als Bühnenfigur bestätigt und gestaltet. Ich will damit sagen, dass er sehr gern den Seinsgrund, den ihm der Autor gibt, akzeptieren und ohne Bedauern auf seinen eigenen verzichten, ja, den Direktor mit seinen Schauspielern zum Teufel jagen würde, an die er sich doch um Hilfe gewandt hat, als ob es seine einzige Rettung sei.

Für eine Person, die Mutter, ist es wirklich bedeutungslos, ob sie Leben hat,m wenn man Leben haben als Selbstzweck betrachtet. Sie hat nicht den geringsten Zweifel, dass sie schon lebendig ist, noch ist ihr je in den Sinn gekommen, sich zu fragen, wie und warum, auf welche Weise sie es ist. Ihr ist auch nicht bewusst, dass sie eine Bühnengestalt ist: daher ist sie niemals, auch nicht für einen Augenblick, von ihrer "Rolle" getrennt. Sie weiß nicht, dass sie eine "Rolle" hat.

Das ist bei ihr völlig organisch. Tatsächlich bringt ihre Rolle als Mutter an sich, in ihrer "Natürlichkeit", keine geistigen Regungen mit sich; und sie lebt auch nicht als Geist: sie lebt in einer Kontinuität des Gefühls, die nie unterbrochen wird, und darum kann sie sich ihres Lebens, das heißt also ihres Seins als Bühnengestalt nicht bewusst werden. Aber nichtsdestoweniger sucht auch sie, auf ihre Weise und für ihre Zwecke, einen Autor. In einem bestimmten Augenblick scheint es ihr sehr recht zu sein, dass sie vor den Direktor gebracht worden ist. Vielleicht weil auch sie hofft, durch ihn Leben zu erhalten? Nein, weil sie hofft, dass der Direktor sie eine Szene mit dem Sohn spielen lässt, in die sie so viel von ihrem eigenen Leben hineinlegen würde. Aber es ist eine Szene, die nicht existiert, die niemals stattfinden konnte noch jemals stattfinden könnte. So völlig unbewusst ist sie sich ihres Daseins als Bühnenfigur, das heißt des Lebens, das sie haben kann, genau festgelegt und in jedem Augenblick, in jeder Geste und in jedem Wort vorherbestimmt.

Sie kommt mit den anderen Personen auf die Bühne, ohne jedoch zu verstehen, wozu die anderen sie hier bringen wollen. Offenbar denkt sie, dass die Begierde, Leben zu erlangen, von der ihr Mann und die Tochter besessen sind und weswegen ja auch sie sich auf einer Bühne wiederfindet, nichts anderes sei als eine der üblichen unverständlichen Überspanntheiten jenes gepeinigten und andere peinigenden Mannes und - furchtbar, furchtbar - ein neues gefährliches Aufbegehren ihrer armen, auf Abwege geratenen Tochter. Sie ist völlig passiv. Die Ereignisse ihres Lebens und die Bedeutung, die diese in ihren Augen angenommen haben, selbst ihr Charakter, das sind alles Dinge, die von den anderen vorgebracht werden und denen sie nur ein einziges Mal widerspricht, weil der mütterliche Instinkt erwacht und revoltiert: um klarzustellen, dass sie weder den Sohn noch den Mann im Stich lassen wollte, denn ihr sei ja der Sohn fortgenommen worden und ihr Mann hätte sie gezwungen wegzugehen. Aber da stellt sie nur Tatsachen richtig: sonst weiß sie und erklärt sie nichts.

Sie ist eben Natur. Eine in der Gestalt einer Mutter fixierte Natur.

Diese Gestalt hat mir eine Befriedigung ganz neuer Art verschafft, die nicht verschwiegen werden darf. Fast alle meine Kritiker haben, anstatt sie, wie üblich, für "unmenschlich" zu erklären - was der eigentümliche und unverbesserliche Charakter aller meiner Geschöpfe, ohne Unterschied, zu sein scheint - die Güte gehabt, "mit wirklicher Genugtuung" zu bemerken, dass aus meiner Phantasie endlich einmal eine überaus menschliche Gestalt hervorgegangen sei. Das Lob erkläre ich mir auf folgende Weise: da meine arme Mutter völlig an ihr natürliches Verhalten als Mutter gefesselt ist ohne die Möglichkeit freier geistiger Regungen, sozusagen ein Klumpen Fleisch, der in allen seinen Funktionen, nämlich Kinder gebären, sie stillen, pflegen und lieben, sein Leben vollständig erfüllt und daher nicht das geringste Bedürfnis hat, das Gehirn in Tätigkeit zu setzen, verwirklicht sie in sich den wahren und vollkommenen "menschlichen Typus". Sicher ist es so, denn nichts scheint in einem menschlichen Organismus überflüssiger zu sein als der Geist.

Aber die Kritik hat sich mit ihrem Lob nur die Mutter vom Hals schaffen wollen, ohne sich zu bemühen, in den Kern der poetischen Bedeutung einzudringen, die die Gestalt in dem Stück hat. Eine überaus menschliche Gestalt, ja, denn sie ist ohne Geist, das heißt, ihr ist nicht bewusst, was sie ist, oder es liegt ihr nichts daran, sich darüber klar zu werden. Aber die Tatsache, nicht zu wissen, dass sie eine Bühnengestalt ist, befreit sie nicht davon, eine zu sein. Das ist ihr Drama in meinem Stück. Und sein lebendigster Ausdruck ist jener Aufschrei, als der Direktor ihr zu bedenken gibt, dass ja alles schon längst vorbei sei und daher nicht mehr Anlass zu neuen Tränen geben könne. "Nein, es geschieht jetzt, es geschieht immer. Meine Qual ist nicht gespielt, Herr Direktor! Ich bin lebendig und gegenwärtig, immer, in jedem Augenblick meiner Qual, die sich lebendig und gegenwärtig immer erneuert." Das fühlt sie, fühlt es unbewusst und daher wie etwas Unerklärbares: Aber sie fühlt es mit so großem Entsetzen, dass ihr nicht einmal der Gedanke kommt, es sei etwas, das sie sich selbst oder den anderen erklären könnte. Sie fühlt es und damit hat sich's. Sie fühlt es als Schmerz, und dieser Schmerz schreit unmittelbar. So spiegelt sich auch in ihr das Gefesseltsein ihres Lebens an eine Form, das, auf andere Weise, den Vater und die Stieftochter peinigt. Diese als Geist; sie als Natur: Der Geist revoltiert dagegen oder versucht, so gut er kann, sich ihrer zu bedienen. Die Natur, wenn sie nicht von den Sinnen gereizt ist, weint.

Der immanente Konflikt zwischen der lebendigen Bewegung und der Form 2 ist die unvermeidliche Voraussetzung nicht nur der geistigen Ordnung, sondern auch der natürlichen. Das Leben, das sich, um sein zu können, in unserer körperlichen Form fixiert hat, tötet seine Form allmählich. Das Leid dieser erstarrten Natur ist das unwiderrufliche, unaufhörliche Altern unseres Körpers. Das Leid der Mutter ist in derselben Weise passiv und ewig. Gezeigt durch drei Gesichter, verdeutlicht in drei verschiedenen und gleichzeitigen Dramen, findet so dieser immanente Konflikt in dem Stück seinen vollendeten Ausdruck. Und noch mehr. Die Mutter drückt auch die besondere Bedeutung der künstlerischen Form aus, einer Form, die ihr Leben nicht einschließt und es nicht tötet und die vom Leben nicht verbraucht wird: in jenem Schrei vor dem Direktor. Wenn der Vater und die Stieftochter hunderttausendmal hintereinander ihre Szene wieder anfangen würden, immer an der bestimmten Stelle, in dem Augenblick, in dem das Leben des Kunstwerks in diesem Schrei ausgedrückt werden muss, immer wieder würde er ertönen: unverändert und unveränderbar in seiner Form, aber nicht wie eine mechanische Wiederholung, nicht wie eine durch äußere Zwänge notwendig bewirkte Wiederkehr, sondern vielmehr jedesmal lebendig und wie neu, plötzlich so herausgestoßen für immer, lebendig einbalsamiert in seiner unverweslichen Form. Genauso werden wir stets beim Aufschlagen des Buches Francesca lebendig finden, wie sie Dante ihre süße Sünde beichtet. Und wenn wir hunderttausendmal nacheinander diese Stelle lesen, wird Francesca hunderttausendmal nacheinander ihre Worte wiederholen, niemals mechanisch, sie wird sie jedesmal zum ersten Male sagen, mit so lebendiger und unerwarteter Leidenschaftlichkeit, dass Dante jedesmal davon wie betäubt sein wird. Alles was lebt, hat Form durch die Tatsache, dass es lebt, und eben deshalb muss es sterben; mit Ausnahme des Kunstwerks, das genau darum ewig lebt, weil es Form ist.

Die Geburt eines Geschöpfes der menschlichen Phantasie - Geburt als Schritt über die Schwelle zwischen dem Nichts und der Ewigkeit - kann sich auch plötzlich ereignen, wenn eine Notwendigkeit sie erzeugt. Braucht man in einem Drama, das man sich vorstellt, eine Figur, die etwas Bestimmtes, Notwendiges tun oder sagen soll, schon ist sie geboren, und es ist genau die, die es sein sollte. So kommt Madame Pace inmitten der sechs Personen zur Welt, und es scheint ein Wunder zu sein, viel mehr ein Trick auf dieser realistisch gestalteten Bühne. Aber es ist kein Trick. Die Geburt ist wirklich, die neue Gestalt ist lebendig, nicht weil sie schon lebendig war, sondern weil sie in einem glücklichen Moment geboren wurde, genauso wie es ihrer Natur als Bühnenfigur entspricht, sozusagen "zwangsläufig". Es ist also ein Bruch entstanden, ein plötzlicher Wechsel der Wirklichkeitsebene der Szene, weil eine Gestalt auf diese Weise nur in der Phantasie des Dichters geboren werden kann, sicher nicht auf den Brettern einer Bühne. Ohne dass es jemand bemerkt hat, habe ich plötzlich die Szene gewechselt: ich habe sie in diesem Augenblick wieder in meine Phantasie aufgenommen, ohne sie doch dem Blick der Zuschauer zu entziehen. Ich habe ihnen nämlich auf der Bühne meine Phantasie im Augenblick des Schaffens vorgeführt, in der Ausdrucksform dieser Bühne selbst. Der plötzliche und unkontrollierbare Wechsel einer Erscheinung von einer Ebene der Wirklichkeit auf eine andere zählt zu den Wundern der Art, wie sie ein Heiliger vollbringt, der seine Statue sich bewegen lässt, die in diesem Augenblick sicher nicht mehr aus Holz oder aus Stein ist; aber es ist kein willkürliches Wunder. Diese Bühne existiert, schon weil sie die phantastische Wirklichkeit der sechs Personen aufnimmt, nicht für sich selbst als etwas Festes und Unveränderliches, so wie nichts in diesem Stück als etwas Festgelegtes und Vorgefasstes existiert: alles wird gemacht, alles bewegt sich, alles ist improvisierter Versuch. Auch die Wirklichkeitsebene des Ortes, an dem sich dieses ungeformte Leben, das sich nach seiner Form sehnt, ändert und immer wieder ändert, verlagert sich dadurch in organischer Weise. Als ich den Einfall hatte, Madame Pace mir nichts dir nichts auf dieser Bühne entstehen zu lassen, fühlte ich, dass ich es tun konnte, und ich tat es. Hätte ich gemerkt, dass diese Geburt mir die Wirklichkeitsebene der Szene im Handumdrehen lautlos und sozusagen aus Versehen verschieben und verändern würde, dann hätte ich es, paralysiert durch ihre scheinbare Unlogik, sicher nicht getan. Und ich hätte der Schönheit meines Werkes in verhängnisvoller Weise geschadet. Davor hat mich die Leidenschaft meines Geistes bewahrt, denn entgegen einem trügerischen, logischen Anschein wird diese phantastische Geburt von einer wirklichen Notwendigkeit getragen, die in geheimnisvoller organischer Wechselbeziehung mit dem ganzen Leben des Werkes steht.

Wenn mir nun jemand sagt, es habe nicht die Bedeutung, die es haben könnte, weil sein Ausdruck nicht gestaltet, sondern chaotisch sei, weil es in die Fehler der Romantik verfiele, dann kann ich nur lächeln.

Ich verstehe, warum man diesen Einwand gegen mich erhoben hat. Weil in meinem Stück die Darstellung des Dramas, in das die sechs Personen verwickelt sind, wild durcheinander geraten zu sein scheint und nie geordnet weitergeht: es gibt keine logische Entwicklung, es gibt keine Verkettung der Geschehnisse. Das ist nur zu wahr. Ich hätte für "das Drama, in das die sechs Personen verwickelt sind", gar keine unordentlichere, überspanntere, willkürlichere und kompliziertere, das heißt also romantischere Art der Darstellung finden können, auch wenn ich sie mit der Laterne gesucht hätte. Es ist nur zu wahr, aber ich habe ja nicht dieses Drama dargestellt, sondern ein anderes - und ich werde nicht wiederholen, welches! - in dem, unter anderen schönen Dingen, die jeder nach seinem Geschmack dort finden kann, gerade eine diskrete Satire auf die romantischen Verfahren steckt; eben in meinen Gestalten, die so eifrig dabei, sind, sich gegenseitig zu übertrumpfen in den Rollen, die jede von ihnen in einem gewissen Drama hat, während ich sie als Figuren eines anderen Stückes vorstelle, das sie nicht kennen und von dem sie nichts ahnen, so dass ihre leidenschaftliche Erregung, typisch für die Verfahren romantischer Kunst, auf humoristische Art verwendet wird, indem sie völlig in der Luft hängen. Und das Drama der Personen, nicht so aufgeführt, wie es sich in meiner Phantasie gestaltet hätte, wenn es angenommen worden wäre, sondern auf diese Weise, als abgelehntes Drama, konnte in meinem Werk nur aus "Situation" bestehen und in einer gewissen Entwicklung, und es konnte nur durch Andeutungen herauskommen, in wildem Durcheinander und regellos, in heftigen Verkürzungen, auf chaotische Weise unaufhörlich unterbrechen, abgelenkt, voller Widersprüche und sogar von einer seiner Gestalten abgelehnt, von zwei anderen nicht einmal gelebt.

Es ist tatsächlich eine Gestalt unter ihnen (nämlich diejenige, die das Drama "ablehnt", das sie zur Gestalt macht, der Sohn), die ihre ganze Bedeutung und ihren Wert daher bezieht, dass sie eine Gestalt nicht aus dem "Stück, das gemacht werden soll" ist, - denn als solche erscheint sie fast gar nicht - sondern aus der Darstellung, die ich davon gegeben habe. Der Sohn ist also der einzige, der nur als "Person, die den Autor sucht" lebt, so sehr, dass der Autor, den er sucht, gar kein dramatischer Autor ist. Auch das konnte nicht anders sein. Das Verhalten der Person ist in meiner Konzeption ebenso organisch, wie es logisch ist, dass sie in der Situation größere Konfusion und Verwirrung und ein weiteres Motiv romantischen Widerstreits herbeiführt.

Aber gerade dieses organische und natürliche Chaos musste ich darstellen, und ein Chaos darstellen bedeutet keineswegs, chaotisch - also romantisch - darstellen. Dass meine Darstellung im übrigen alles andere als konfus ist, sondern im Gegenteil sehr klar, einfach und geordnet, das beweist die Offensichtlichkeit, mit der in den Augen des Publikums der ganzen Welt die Handlung, die Charaktere, die phantastischen und realistischen, dramatischen und komischen Ebenen des Werkes herauskommen und dass für den, der schärfer blickt, auch die ungewohnten Werte, die darin enthalten sind, ans Licht treten.

Groß ist die Verwirrung der Sprachen bei den Menschen, wenn derartige Kritik Worte findet, um sich auszudrücken. Die Verwirrung ist ebenso groß wie das innere Gesetz der Ordnung vollkommen ist, das ich in allem befolgt habe und das mein Werk klassisch und typisch macht und jedes Wort verbietet, wenn es zur Katastrophe kommt. Wenn dann vor allem klar geworden ist, dass Leben nicht durch Tricks entsteht und dass das Drama der Sechs Personen nicht aufgeführt werden kann, da der Autor fehlt, der ihm seinen geistigen Wert verleihen könnte, und wenn nun von dem Sohn, angestiftet durch die vulgäre Neugier des Direktors, der erfahren möchte, wie das Geschehen sich wirklich zugetragen hat, dieses Geschehen rekapituliert wird, in der materiellen Abfolge seiner Momente bar jeden Sinngehaltes und daher auch ohne dass es dazu der menschlichen Stimme bedürfte 3 - dann bricht mit dem Knall einer mechanischen Waffe auf der Bühne brutal und sinnlos alles zusammen und zerstört und vernichtet den unfruchtbaren Versuch der Personen und der Schauspieler, der offensichtlich nicht vom Dichter unterstützt wurde.

Der Dichter hat unterdessen, ohne ihr Wissen, während er die ganze Zeit über sozusagen aus der Ferne zuschaute, nur darauf gewartet, aus und über diesen Versuch sein Werk zu schaffen.

Luigi Pirandello

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