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Die Zisterzienser und der Kapitalismus

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Ursprünglich galt für die Mönche, in Armut und Einsamkeit zu leben und Gott zu dienen. Doch schnell wurden die Zisterzienser reich und berühmt.


Erfolg spielt in einem Kloster überhaupt keine Rolle. Verzicht ist großer Bestandteil des Mönchseins – das Führen eines einfachen Lebens, um gleichzeitig dem Herrn zu dienen, gehört zum Alltag. So auch beim Zisterzienser-Orden, dessen Gründung am Ende des 11. Jahrhunderts erfolgte. Zunächst bewohnten die Brüder das Benediktiner-Kloster Molesme, wo es streng zuging – absolute Askese, harte Arbeit, einfachstes Essen und unbequeme Betten. Irgendwann kam es aus diesen Gründen zur Meuterei, wobei die Mönche dem Prior Prügel verabreichten. Jener zog daraufhin inklusive Abt und 20 Getreuen in eine abgeschiedene Gegend, um fromm und in Ruhe weiterleben zu können. Bald fanden sie einen geeigneten Ort – den Wald von Cîteaux, wo im Jahre 1098 das Mutterkloster des Zisterzienser-Ordens entstand.


Warum die Mönche so reich wurden


Die einfachen Hütten der Zisterzienser entwickelten sich allmählich zum Stammhaus des ersten Konzerns. Und mit dem Errichten ihrer Holzkirche ahnten sie noch gar nicht, dass sie im Begriff waren, den mächtigsten Orden des Mittelalters zu begründen. Die in weißen Kutten gehüllten Mönche breiteten sich zügig aus und entwickelten Strategien, um Techniken effektiver einzusetzen und optimierten ihre Organisation sowie das Management.


Etwa 50 Jahre nach der Gründung gab es 300 Klöster, die europaweit verstreut gelegen waren. In ihnen lebten zur damaligen Zeit knapp 12.000 Zisterzienser-Mönche. Eine Verdopplung fand weitere 100 Jahre später statt.


Schon um 1200 waren die Brüder reich und berühmt, was sie ihren Marketingkenntnissen zu verdanken hatten. Zu jener Zeit setzten sie maßgeblich Trends, indem sie mit ihrer Agrarwirtschaft die Landschaft veränderten – und das von Deutschland bis Spanien, von Skandinavien über England bis hin zu Italien.


Innovatives Denken und Handeln


Die Mönche wollten unabhängig sein, was zur Zeit des Feudalismus eine Revolution darstellte. Dennoch modernisierten die Mönche die komplette Landwirtschaft, wobei sie bessere Pflüge verwendeten, welche schlussendlich eine höhere Produktivität zuließen. Aber auch in anderen Bereichen entwickelten sich die Zisterzienser zu wahren Experten – sie waren hervorragende Fischzüchter und sogar anerkannte Weinbauern. Weiterhin erfanden sie zukunftsweisende Techniken für Wassermühlen, mit deren Hilfe sie ihr Getreide selbst mahlten.


Das Betreiben der Landwirtschaft und der Werkstätten diente den Zisterziensern zur Selbstversorgung. Aus Hügeln gewannen sie Eisenerz, welches man für die lebenswichtigen Schmieden benötigte. Hergestellt wurde nicht nur für den Eigenbedarf, sondern gefertigte Werkzeuge wurden auch verkauft – schließlich war der Besitz von Geldmitteln nötig.


Um ihre Waren nicht wie übliche Händler und Verkäufer auf dem Markt anbieten zu müssen, errichteten die Mönche eigene Verkaufsstellen. Diese Methode war neu – und das brachte den Zisterziensern Erfolg ein, denn Kunden schätzten und vertrauten den Mönchen mehr als herumziehenden Markthändlern.


Wer die Macher waren


Diese außerordentlichen Leistungen waren vor allem Bernhard von Clairvaux zu verdanken, einem PR-Genie bezüglich Christentum, der sich um Marketing und Vertrieb kümmerte. Der zweite Mann im Bunde war der Abt Stephen Harding, welcher als Topmanager alle Entscheidungen traf und die Fäden in der Hand hielt.


Wirtschaftsforscher betiteln die Zisterzienser aus heutiger Sicht nicht als reine Kapitalisten, dennoch waren die Mönche deren Vorboten und hatten mit Sicherheit dazu beigetragen, Maßstäbe für eine effiziente Wirtschaftlichkeit zu schaffen – Parallelen sind durchaus erkennbar.


Der Erfolg bleibt bestehen


Auch heute noch geht es mit den vielseitigen Geschäftsbereichen voran. Selbst die Beziehung zum Papst wird aufrecht gehalten.


Im Jahr 2008 erschien ein Album des Zisterzienser-Stifts Heiligenkreuz aus Wien, wobei im Juli, nach nur wenigen Wochen, etwa 200.000 CDs verkauft wurden. In Österreich selbst erlangte das Album "Chant – Music For Paradise" die Spitzenposition in den Charts. Und in Deutschland wie auch in England war das Werk in den Top Ten platziert.



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