Читать книгу gesucht gefunden - Madlen Schaffhauser - Страница 6
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ОглавлениеVor bereits zwei Wochen kam Frau Kyssen in mein Büro, um sich meine Dienste zu sichern. Nur leider bin ich mit meinen Nachforschungen nicht weit gekommen. Weder Tina noch ich haben eine Spur von diesem Ian Kyssen verfolgen können.
Nachdem er in drei verschiedenen Erziehungsanstalten war, die in der ganzen Ostschweiz verstreut sind, in ein weiteres Kinderheim im Kanton Luzern kam, in dem er anscheinend mit fünfzehn aufgenommen wurde, verlieren wir seinen Weg. Und obwohl mir sein letzter Aufenthaltsort bekannt ist, kennt niemand von den Angestellten im Kinderheim Schorenstein einen Ian Kyssen. Auch auf den Listen der eingetragenen Kinder wurde kein solcher Name gefunden.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass Ian nicht gefunden werden möchte und eine falsche Fährte gelegt hat, um solche wie mich, die nach ihm suchen, zu verwirren. Entweder wurde absichtlich ein falsches Heim angegeben oder aber er hat seinen Namen geändert. Aber an dem Tag, an dem Ian im Schorenstein hätte aufgenommen werden sollen, kam kein einziger Neuling in das besagte Kinderheim.
Weder das Suchen auf Facebook oder Twitter, als auch alles googeln, half uns nicht weiter. Erneut gehe ich alle Informationen durch, die ich über diesen Jungen, der bald seinen dreissigsten Geburtstag feiert, gesammelt habe ohne etwas Neues zu entdecken.
Ich stemme den Kopf in meine Hände und überlege angestrengt, was ich weiter unternehmen könnte, um den Sohn von Emma Kyssen aufzuspüren. Bin ich vielleicht an dem Punkt angelangt, wo ich die Suche beenden sollte? Ian möchte nicht gefunden werden, daran zweifle ich nicht mehr. Aber wenn ich an den Gesichtsausdruck und an die verzweifelten Augen seiner Mutter denke, kann ich nicht einfach aufgeben und alles in den Aktenordner legen, ohne doch noch alles in meiner Macht stehende unternommen zu haben, um meiner Kundin zu helfen.
Ein Klopfen unterbricht meine verzweifelten Gedanken. Ich hebe den Kopf und erkenne Tina in der Tür, die ein gewinnendes Lächeln auf dem Gesicht trägt.
„Du hast einen Gast.“ verkündet sie mir fröhlich. „Hast du Zeit?“
„Wer ist es denn?“ Hoffentlich nicht Frau Kyssen, füge ich im Stillen hinzu.
„Herr Kampmann möchte dich sehen.“
„Ich komme gleich.“
Nachdem meine Schwester das Büro verlassen hat, erhebe ich mich aus meinem Stuhl, streife meinen Rock glatt und werfe einen Blick in den Handspiegel, den ich aus der obersten Schublade genommen habe und fahre mit meinen Fingern kurz durch die Haare, die während meinem quälendem Grübeln etwas durcheinander geraten sind.
Schon wenige Sekunden später stehe ich vor meinem ehemaligen Kunden und strecke ihm meine Hand entgegen.
„Guten Tag Herr Kampmann. Schön Sie zu sehen.“
„Die Freude ist ganz meinerseits.“
„Wollen wir in mein Büro gehen?“
„Gerne.“
Wir gehen nebeneinander in mein Arbeitszimmer.
„Nehmen Sie bitte Platz.“ und deute auf den runden Holztisch, der in der linken Ecke meines Büros steht. „Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Einen Kaffee, Wasser, Orangensaft?“
„Kaffee klingt gut.“
Ich mache einen Schritt in den Flur heraus und bitte Tina um zwei Kaffees. Danach setze ich mich Herr Kampmann gegenüber hin und noch bevor ich ihn fragen kann, was seinen Besuch zu bedeuten hat, kommt er mir zuvor.
„Ich möchte mich persönlich recht herzlich bei Ihnen bedanken, dass Sie mir geholfen haben, meine Nichte zu finden und dass Sie sie dazu gebracht haben, mich zu treffen. Susi und ich sind nachher zum Mittagessen verabredet. Das wird bereits unser drittes Beisammensein.“ Die Augen des etwas älteren Mannes leuchten vor Glückseligkeit auf, als er von seiner Nichte spricht und mir von seinen ersten beiden Treffen berichtet.
„Es freut mich, dass Sie zueinander gefunden haben.“
„Das verdanke ich nur Ihnen.“
„Es gibt nichts schöneres, als jemandem wie Ihnen helfen zu können.“
„Dann möchte ich Sie mal nicht länger aufhalten. Sie haben doch bestimmt allerhand zu tun.“
Wir erheben uns aus den Stühlen und gehe zur Tür. Noch im selben Moment, als ich ihm die Hand zum Abschied entgegenstrecke, kommt mir eine Idee.
„Da fällt mir gerade etwas ein, Herr Kampmann. Sie waren doch Institutionsleiter in einem Kinderheim?“
„Ja, das war ich. Aber das ist mittlerweile schon einige Jahre her.“
„Welches Heim war es schon wieder?“
„Im Finkenheim.“
„Das war im Kanton Luzern, nicht wahr?“
„Ja, warum fragen Sie mich das?“ verwirrt blickt er mich an.
„Na ja. Ich bin gerade an einem Fall, bei dem sich alle Spuren im Sand verlieren.“
„Dann möchte diese Person nicht gefunden werden und Sie sollten es dabei belassen.“
„Da haben Sie ganz bestimmt recht. Aber wenn Sie seine Mutter gesehen hätten, würden selbst Sie versuchen ihn zu finden. Denken Sie doch nur mal über Ihre eigene Geschichte nach?“
Einen kurzen Augenblick herrscht absolute Stille. Und als er beginnt zu sprechen, weiss ich, dass er einen Entschluss gefasst hat.
„Was möchten Sie wissen?“
„Setzten wir uns doch wieder hin.“ Ich weise auf die Stühle neben uns. „Möchten Sie noch einen Kaffee oder etwas anderes?“
„Wasser ist gut.“
Nachdem ich zwei Gläser mit durchsichtiger Flüssigkeit gefüllt habe, hole ich meinen Notizblock und nehme auf meinem Stuhl Platz. „Hatten Sie Kontakt zu anderen Kinderheimen?“
„Ja. Der fast tägliche Austausch war unvermeidlich. Schwebt Ihnen ein bestimmtes vor?“
Ich erzähle dem ehemaligen Institutionsleiter von der Suche nach Ian Kyssen. Aber ich verrate ihm nur so viel, wie er auch wirklich wissen muss, um mir helfen zu können. Der gesundheitliche Zustand meiner Kundin erwähne ich mit keinem Wort.
„Ian Kyssen. Ian Kyssen“ wiederholt Kampmann nachdenklich, als ich mit meine Schilderung beende.
„Sagt Ihnen der Name etwas?“ Voller Hoffnung blicke ich ihn über den Tisch hinweg an.
Er sagt lange Zeit nichts, sondern sieht mich nur an. Ich habe keine Ahnung, wie ich sein Verhalten deuten soll, aber mein Gefühl sagt mir ganz deutlich, dass er irgendwas weiss, was mir weiterhelfen kann.
„Hmm, wo soll ich beginnen?“ Er tippt mit seinem Zeigefinger auf seinen Mund. „Als Institutionsleiter hat man eine gewisse Schweigepflicht, auch nachdem man schon lange pensioniert ist.“ Wieder verharrt er stillschweigend und aufrecht sitzend auf seinem Stuhl, um mich mit seinen gläsernen, alternden Augen zu mustern.
Ich rühre mich nicht von der Stelle, obwohl ich kaum erwarten kann, was er mir zu sagen hat. Nun gibt es keinen Zweifel mehr, dass er etwas weiss, was mich weiterbringen wird.
Mit einem Räuspern fährt er weiter. „Ich bin mir im Klaren darüber, wie gewissenhaft Sie Ihre Arbeit machen und ich weiss, dass Sie Informationen, die Sie erfahren, nur für Ihre Suche nach Personen benützen und nicht um jemanden damit zu schaden.“
„Da können Sie sich hundertprozentig sicher sein.“
Er holt abermals tief Luft. „Ich kann mich noch glasklar an Ian Kyssen erinnern, als wäre es erst gestern gewesen.“
Ich kann mein Glück kaum glauben und starre mein Gegenüber mit grossen Augen an, als er weitererzählt.
„Er war damals kaum dreizehn Jahre alt, als er zu uns stiess. Ich muss gestehen, dass Ian kein einfacher Knabe war. Er versuchte alle durch seine Unverfrorenheit zum Narren zu halten, was er auch bei vielen schaffte. Aber jemand glaubte vom ersten Tag, als er durch unser Tor schritt, an ihn und gab nie auf, ihn auf den rechten Weg zu bringen.“
„Waren Sie das?“
„Nein. Denn ich hatte mit den Kindern im Allgemeinen nicht viel zu tun. Es war einer seiner Lehrer. Er galt als streng und unnachgiebiger Pädagoge. Unter seiner Oberfläche verbarg sich jedoch eine einfühlsame Seele, die es schaffte, die hohe Mauer, die Ian zum Selbstschutz errichtet hatte, zu durchbrechen. Viele haben sich in Ian getäuscht. Wenn ich ehrlich bin, auch ich.“
„Warum wurde bei den Behörden ein falsches Kinderheim angegeben?“
„Weil er nicht gefunden werden möchte.“
„Meinen Sie ich mache das Richtige, wenn ich ihn trotzdem aufsuchen werde?“
„Obwohl er nie über seine Eltern gesprochen hat, kann ich mir beileibe nicht vorstellen, dass er sie wirklich nie mehr sehen möchte.“
„Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für Ihre Hilfe, Herr Kampmann.“
„Da wäre noch was, das Sie vielleicht wissen sollten.“
„Ja?“
„Ian Kyssen lebt nicht mehr.“
Erschüttert sehe ich von meinen Notizen auf, die ich in aller Eile mitgeschrieben habe. „Wann? Warum? Was ist passiert?“ Die Fragen rutschen mir nur so aus dem Mund.
„Er ist nicht wirklich gestorben, aber Ian Kyssen existiert nicht mehr, denn er hat in seinem dreizehnten Lebensjahr seinen Namen geändert. Er heisst nun Oliver Falk.“
Meine Bestürzung, über die Wendung meines neusten Falles, hat sich noch immer nicht gelegt, als ich unterwegs in die Zentralschweiz bin. Mit einem mulmigen Gefühl fahre ich über die Autobahn und komme immer näher an mein Ziel.
Wie soll ich dem momentan begehrtesten Fussballer der Welt erklären, dass mich seine Mutter beauftragt hat ihn zu finden, weil sie sich bei ihm entschuldigen möchte? Ich habe keinen Plan, wie ich ihn dazu bringen kann, dass er mich anhört und das entmutigt mich immer mehr, mit jedem Kilometer den ich fahre.
Bis zum heutigen Tag hatte ich keinen so komplizierten Fall, wie es dieser werden wird. Auch hatte ich bis jetzt mit keiner Berühmtheit zu tun. Aber diese Angelegenheit sprengt deutlich den Rahmen. Nur ein kurzes Gespräch mit einer Mutter, die verzweifelt versucht ein letztes Mal ihren Sohn zu sehen, bevor der Krebs sie von dieser Erde holt, hat dies alles ausgelöst.
Langsam lenke ich mein Auto auf den Besucherparkplatz der Fussballarena von Weggis, die Thermoplan-Arena. Es ist bereits nach fünf Uhr, als ich aus dem Auto steige und auf das grosse Fussballstadion zugehe.
Wie ich gleich feststellen werde, bin ich gerade zur rechten Zeit gekommen, um den Fussballern beim Spielen zuzusehen.
Kaum bin ich auf der Zuschauertribüne, entdecke ich den gut aussehenden, muskulösen Oliver Falk, wie er über den Rasen sprintet und den Ball mühelos an sich reisst.
Er sieht in Wirklichkeit noch viel besser aus, als auf den Bildschirmen oder in den Zeitungen, in denen er ständig zu sehen oder abgebildet ist.
Oliver Falk strahlt eine Kraft von Entschlossenheit aus, die niemand daran zweifeln lässt, dass er sein Ziel erreichen wird, das er sich gesetzt hat.
Mit einer für mich aussergewöhnlichen Faszination verfolge ich das Trainingsspiel und lasse den Mann, den ich bereits seit bald drei Wochen suche, nicht mehr aus den Augen.
Als der Trainer das Spiel mit dem Schlusspfiff beendet, gehe ich so locker wie möglich bis zur Abschrankung, die die Tribüne vom Spielfeld trennt.
Alle ausser Oliver, der noch ein paar Runden joggt, gehen in Richtung Umkleidekabinen, um sich unter die Duschen zu stellen. Die Reporter rufen ihnen zu, woraufhin der eine oder andere stehen bleibt und ein kurzes Interview gibt.
Ich schenke den Fragen der Journalisten kein Gehör, sondern konzentriere mich voll und ganz auf meine Zielperson. Fasziniert sehe ich ihm zu, wie er mit einer Leichtigkeit über den Rasen rennt, als würde er schweben. Nur der Schweiss, der ihm über den Rücken läuft und sein rot, weisses Trikot nass werden lässt, verrät dass die sportliche Aktivität nicht ohne Mühe an ihm vorbeigeht. Geduldig warte ich, bis Oliver Falk in meine Nähe kommt und gerade als er in den Katakomben, die zu den Umkleidekabinen führen, verschwinden möchte, rufe ich laut und mit starker Stimme seinen Namen. Dabei winke ich ihm mit heftigen Bewegungen zu, damit er mich bemerkt. Nach dem dritten Mal dreht er sich endlich zu mir. Er sieht mich argwöhnisch an und geht ungerührt weiter.
Ich versuche die Reporter und Fotografen, die um mich stehen, zu ignorieren und all die anderen Menschen, die sich hier befinden, auszublenden.
„Oliver Falk!“ rufe ich abermals lauthals. „Könnte ich kurz mit Ihnen sprechen? Bitte!“
Doch er macht keine Anstalten, mir zuhören zu wollen und weg ist er. Deprimiert nehme ich auf dem nächsten freien Stuhl Platz. Mein Blick schweift über das Spielfeld, wobei ich angestrengt überlege, wie ich den weltberühmten Fussballspieler dazu bringen kann, dass er mir einige Minuten seiner Zeit schenkt.
Plötzlich erscheint ein Schatten neben mir und eine tiefe Stimme spricht mich anklagend an. „Sie sind keine Reporterin und auch keine Fotografin.“ Das ist keine Frage, sondern eine Feststellung. „Sind Sie ein Fan von Oliver?“
Erschrocken sehe ich auf und sehe einen Mann neben mir stehen, den ich vorhin auf der Seite des Spielfeldes schon gesehen habe. Irgendwie kommt er mir bekannt vor, nur kann ich ihn momentan nicht zuordnen. Auch wenn ich mich noch so sehr bemühe, die hinterste Ecke meines Gehirns zu durchkämmen, fällt mir nicht ein, mit wem ich es hier zu tun habe.
„Darf ich fragen, wer Sie sind?“
„Ich bin sein Manager. Und Sie?.“
Jens Gudet. Mit einem Mal fällt mir der Groschen, woher ich diesen Mann kenne. Er weicht kaum von Olivers Seite und verteidigt den Fussballer, wo er nur kann.
„Ich habe etwas Privates mit ihm zu besprechen.“ sage ich schlicht.
„Und das wäre?“
„Darüber kann ich nur mit Herr Falk sprechen. Können Sie ihm bitte mitteilen, dass ich auf ihn warte? Es ist wirklich sehr wichtig.“
„Es tut mir leid, aber ich kann Sie nicht zu ihm lassen.“
So komme ich nicht weiter. Ich fingere in meiner Handtasche herum und nehme eine von meinen Visitenkarten hervor. „Könnten Sie ihm wenigstens diese hier geben?“ und strecke ihm die Karte hin.
„Personensuchdienst, Verena Rapone.“ liest Olivers Manager leise vor, so dass es niemand hören kann und verengt dabei seine Augen. „Was soll das bedeuten?“
„Ich kann Ihnen leider nicht mehr verraten. Geben Sie ihm die Karte? Er soll mich anrufen. Es ist wichtig.“ beteuere ich ein zweites Mal. „Ich werde noch bis Morgen Mittag im Hotel Seesicht sein.“
„Ich werde es ihm ausrichten. Aber ich kann Ihnen nichts versprechen.“
„Danke.“
Der hochgewachsene Mann, Mitte vierzig, nickt mir kurz zu und geht ebenfalls auf den Tunnel zu, in dem Oliver zuvor verschwand.
Enttäuscht erhebe ich mich und verlasse die Hotelbar. Es ist bereits nach zehn Uhr und dunkel draussen, als ich mich entschliesse auf mein Zimmer zu gehen und mir einräumen muss, dass er nicht daran interessiert ist, zu wissen, was ich ihm zu sagen habe und dass er nicht kommen wird.
In meinem Zimmer mache ich es mir auf meinem Doppelbett bequem und nehme die Unterlagen, die ich über Oliver Falk gesammelt habe, zur Hand, um sie zum wiederholten Mal durchzulesen, obwohl ich alle Details auswendig weiss.
Viel mehr, als mich auf meine Akte zu konzentrieren, überlege ich mir, wie ich ihn dazu bringen kann, mich anzuhören. Es muss doch irgendeinen Weg geben, um ihn genug neugierig zu machen, so dass er Kontakt zu mir aufnimmt?
Nach langem grübeln, nehme ich ein Stück Papier in die Hand und kritzle ein paar Stichworte darauf. Nur so viel, dass er erahnen kann, über was ich mit ihm reden möchte, aber dass es für einen Aussenstehenden keinen Sinn ergibt.
Bis morgen Mittag werde ich in der Hotellobby auf ihn warten. Falls er bis zu jenem Zeitpunkt nicht erscheint, werde ich noch einen einzigen Versuch starten, um ihn zu einem Gespräch zu bewegen. Andernfalls muss ich mich geschlagen geben.
Jetzt werde ich mich erst einmal unter die Dusche begeben und danach ein paar Stunden Schlaf gönnen.
Ich sitze nun schon seit über zwei Stunden in der Lobby und warte wahrscheinlich vergeblich auf den gut aussehenden, schwarzhaarigen Fussballer, den ich ständig vor meinen Augen sehe, wie er über das Spielfeld sprintet. Er ist wirklich unverschämt attraktiv, was mich etwas aus der Bahn zu werfen droht.
Ich höre wie die Schiebetür des Hoteleingangs aufgeht und drehe automatisch meinen Kopf dahin, um im nächsten Augenblick deprimiert den Blick abzuwenden und lustlos in der Zeitschrift, die ich in meinen Händen halte, weiterzublättern.
Obwohl ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben habe, dass er noch erscheinen wird, ist mir schon seit dem frühen Morgengrauen bewusst, dass er meiner Bitte nicht nachkommen wird.
Ich entscheide mich noch eine halbe Stunde zu bleiben, danach werde ich im Restaurant nebenan eine Kleinigkeit zu mir nehmen. Wenn er sich bis dann nicht zeigt, werde ich nach ihm suchen gehen.
Jedes Mal, wenn die Tür aufgeht, drehe ich mich zu ihr um, aber nicht der Mann, den ich gerne sehen würde, tritt ein.
Die halbe Stunde und mein Essen sind vorüber. Ich packe meine Sachen und verlasse das Hotel, in dem ich übernachtet habe, um mit einer grossen Entschlossenheit abermals zur Fussballarena zu fahren. Nur habe ich nicht damit gerechnet, niemanden hier anzutreffen.
Wieder steige ich in mein Auto und suche die Adresse von ihm heraus, gebe sie ins Navigationsgerät ein und mache mich auf den Weg.
Mein TomTom führt mich über die Hauptstrasse in eine der nächsten Nachbargemeinden. Nach etlichem abbiegen, halte ich vor einem eisernen Tor, das ein riesiges Anwesen dahinter erahnen lässt. Ich steige aus und trete an die Einfahrt, um einen Blick auf sein zu Hause zu erhaschen. In dem Moment, in dem ich meine Hand um die Eisenstäbe lege, kommt ein stämmiger Mann auf mich zu und brüllt mich mit kräftiger, angsteinflössender Stimme an.
„Was tun Sie hier? Verschwinden Sie auf der Stelle!“ und kommt näher.
„Entschuldigen Sie. Ich wollte nicht unhöflich sein. Ist er da? Ich muss unbedingt mit Herr Falk sprechen. Es ist äusserst wichtig.“
„Er möchte niemanden sehen. Und für Stalkerinnen hat er sowieso keine Zeit.“
„Ich bin keine Stalkerin. Hier.“ Ich strecke ihm eine Visitenkarte hin.
„Das hat überhaupt nichts zu bedeuten. So eine Karte kann jedermann machen.“ Der Bodyguard gibt die Karte durch die Eisenstäbe zurück und betrachtet mich mit einer grimmigen Miene. „Wenn Sie nicht in einer Minute verschwunden sind, werde ich die Polizei rufen.“
Mir wird schnell klar, dass es keinen Sinn macht, mit diesem Mann weiter zu diskutieren. „Okay, Sie haben gewonnen. Aber bevor ich gehe, geben Sie ihm bitte diesen Umschlag. Ich nehme den Briefumschlag heraus, den ich letzte Nacht vorbereitet habe und reiche es ihm.
Der Leibwächter auf der anderen Seite des Tors nimmt es widerwillig an sich. „Und jetzt machen Sie, dass Sie wegkommen.“
„Versprechen Sie mir, dass Sie es ihm geben.“
„Werde ich.“