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Möglichkeiten der Systematisierung

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Auf verschiedene Weise lässt sich das Thema „Fotografie als Methode“ systematisieren:

Die vielleicht offensichtlichste Systematisierung unterscheidet die Arbeit mit Fotos oder über Fotos, sowie mit dem Fotografieren oder über das Fotografieren. Die Varianten „mit“ erscheinen der Idee, Fotografie als Methode zu betrachten durchaus näher, aber gehen bisweilen mit dem „über“ einher. Auch über die Fotografie oder das Fotografieren zu arbeiten bedeutet ferner nicht zwangsläufig, vor allem etwas über die Natur der Fotografie/ des Fotografierens erfahren zu wollen, sondern beispielsweise über die Analyse einer Fotografie oder einer fotografischen Praktik etwas über ihre Bedeutung in Kultur und Gesellschaft herauszufinden, damit also etwas über die menschliche Lebensgestaltung zu erschließen – letztlich handelt es sich also bisweilen auch hier eben doch um ein „mit“.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, das fotografische Material zu betrachten. Oft wird hier von nur drei Kategorien ausgegangen, “researcher-found visual material”, “researcher-created visual data” und “respondent-generated visual data” (vgl. Spencer 2011), allerdings möchte ich hier ein etwas differenzierteres System vorstellen, das den verschiedenen Facetten gerechter wird und zudem auch die nicht-(rein)-wissenschaftlichen Methoden besser aufgreift:

 Bestehende Fotografien ohne Fokus auf die Quelle: Hierbei handelt es sich beispielsweise um historische Fotografien, um Bilder aus Zeitschriften oder um Werbefotografien. Neben der naturwissenschaftlichen Analyse oder der Betrachtung als Beweis geht es hier häufig darum, mit Hilfe der bestehenden Fotografien etwas über Traditionen, Normen und Werte in Gesellschaften herauszufinden (vgl. Pauwels 2015: 17).

Besonders bietet sich dies bei historischer Forschung an, weil hier andere Methoden wie Interviews oft nicht mehr möglich sind. Aber auch rezente Kulturen lassen sich auf diese Weise analysieren (vgl. Jerrentrup 2010). Oft geht es um ein größeres, für die Fragestellung als repräsentativ geltendes Sample, dem man mit Hilfe von Kategorisierungen, zum Beispiel durch Inhaltsanalysen begegnen kann.

 Bestehende Fotografien mit Fokus auf die Quelle: Bei Fotografien, die einen (kunst-)historisch bedeutsamen Status erlangt haben, werden meist vertiefte Einzelbetrachtungen vorgenommen. Der Fotograf, seine Biographie etc. spielen hier i.d.R. eine wichtige Rolle und die Bildanalyse dient oft dazu, etwas über ihn beziehungsweise über seine ursprüngliche Motivation für das Werk herauszufinden.

Werbung kann ein Mittelding zwischen bestehenden Fotos ohne und mit Fokus auf die Quelle darstellen: Dass Werbung als solche geschaltet wird, also der Einsatz der Fotos als solche, ist für die Analyse von besonderer Bedeutung, so dass dem intendierten Verwendungszweck eine wichtige Bedeutung zukommt – die konkrete Quelle jedoch, welcher Fotograf sie aufgenommen hat, ist dabei oftmals nicht entscheidend.

 Bestehendes privates Material: Bilder aus der Vergangenheit von Informanden oder aus privaten Fotoalben zählen zu dieser Kategorie, die Überschneidungen zum „öffentlichen“ Material zeigt – etwa wenn man eine große Menge alter Fotoalben, die ursprünglich als privat gedacht waren, in einem öffentlichen Archiv oder auf dem Flohmarkt findet und die betreffenden Personen oder deren Nachfahren nicht mehr ausfindig macht, da man die Fotografien eher als repräsentativ begreift. Bestehendes privates Material im engeren Sinne (vgl. Figueroa 2008) dient oft als Basis für Interviews und kann etwa in der Therapie zum Einsatz kommen.

 Initiierte Fotografie: In der Forschung, in der Organisation von Gruppen, in der Therapie u.a. findet dieses Vorgehen statt, wenn die Teilnehmer dazu aufgefordert werden, selber Fotos zu erstellen. Die Vorgaben zum Fotografieren können mehr oder weniger eng sein, aber auch die Vertrautheit mit dem Medium beziehungsweise das fotografische Vorwissen der Teilnehmer kann recht unterschiedlich sein. Soziale Erwünschtheit spielt hier häufig bewusst oder unbewusst eine größere Rolle.

 Selbst aufgenommene Fotografien: Natürlich kann auch ein Forscher, Lehrender, Therapeut, Werbetreibender etc. auch selber, ggf. unterstützt durch einen Profi, Fotografien aufnehmen, um mit ihnen neue Situationen herbeizuführen. Dabei kann die genaue Zielsetzung vor, während oder nach der Aufnahme definiert werden.

In jedem Fall gilt, dass visuelle Medien keinen objektiven Prozessen folgen, sondern i.d.R. an Personen, wie auch an kulturelle Kontexte gebunden sind (vgl. Parvez 2011: 687): Folgt man diesem Gedankengang und berücksichtigt die sich damit ergebende Prägung des entstehenden Bildmaterials, bedeutet dies, dass streng genommen keine Art fotografischen Materials mehr oder weniger angemessen ist in der Weise, wie sie Aussagen über die Realität trifft. Ferner impliziert diese Überlegung, dass es kaum möglich sein dürfte, ein Foto angemessen zu interpretieren, solange man diese Aspekte – persönliche und situative, wie auch den kulturellen Rahmen – nicht einschätzen kann, selbst wenn das Foto etwas augenscheinlich Bekanntes zeigt. Allerdings ist es möglich, persönliche und situative Aspekte in den Hintergrund treten zu lassen, wenn man gewisse Muster ausmachen kann, Bilder also als typisch definieren kann, da sie für eine größere Menge nach bestimmten Kriterien ähnlicher Fotografien stehen.

Nicht immer steht aber das Bildmaterial – die Fotografien – im Vordergrund, es kann auch der Prozess des Bilderstellens sein – was eine Systematisierung, die vom Material ausgeht, verkennt. Folgende Momente im fotografischen Prozess lassen sich unterscheiden:

 Planung: Geht es um Inszenierungen, die zum Beispiel im Kontext mit Identität stehen oder die eine bestimmte Aussage transportieren sollen, ist die Planung von besonderer Bedeutung – das Bild entsteht oft schon vor dem eigentlichen Fotografieren im Kopf. So unterschiedliche Aspekte wie das Erlangen von Zugang zu Situationen, was durch die Kamera erleichtert werden kann, da sie dem Betreffenden eine bestimmte Rolle zuschreibt, bis zum Trainieren und Ausleben von Kreativität spielen in der „vorfotografischen“ Phase eine wichtige Rolle.

 Fotografieren: Planen und Fotografieren gehen bisweilen nahtlos ineinander über oder vermischen sich. Beim eigentlichen Fotografieren liegt der Fokus zum Beispiel auf dem Erleben von Flow, Achtsamkeit, Konzentration, aber auch das gemeinsame Erschaffen kann bei Team-Shootings eine Rolle spielen. Dem Fotografieren schließt sich oft noch das Bearbeiten an, das zu jedem späteren Zeitpunkt stattfinden oder wiederaufgegriffen werden kann.

 Bearbeiten: Die Bildbearbeitung ist zwar kein zwingender Schritt, findet aber im digitalen Zeitalter, welches entsprechende Prozesse deutlich erleichtert hat, häufig statt – sei es während der Fotografie, wie es Apps wie „BeautyPlus“ ermöglichen, oder beliebig lange nach dem Fotografieren.

 Sammeln, Kategorisieren, Interpretieren: Hier befinden wir uns zeitlich nach dem Fotografieren und betrachten Bilder, die mehr oder minder öffentlich bestimmt sind und sich räumlich und zeitlich mehr oder weniger von ihrer Quelle entfernt haben. Es kann sich um Einzelfotografien oder ganze Foto-Archive handeln.

 Rekontextualisieren: Eine gewisse Rekontextualisierung findet fast immer bei der Rezeption von Fotografien, beim Betrachten, Sortieren und Interpretieren statt. Im engeren Sinne meint dieser Aspekt die Einbindung des Fotos in neue (Präsentations-/Rezeptions-)Kontexte und damit auch neue Aufgaben, die die Bilder übernehmen. Die Fotografie des sterbenden Aids-Aktivisten David Kirby wird zur Benetton-Werbung, ein Bild aus einem alten Familienfotoalbum erscheint in einem Buch über die Geschichte der Mode, eine Bild, das im Rahmen einer Feldforschung entstanden ist, wird zum Lehrmittel in einem Buch über Partizipation.

Nicht immer geht es bei der Fotografie als Methode um Menschenfotografie, aber in diesem Buch wird der Fokus so gesetzt, dass häufig zumindest Bezug zum Menschen besteht. André Rouillé und Bernard Marbot (1986) folgend kann man Fotografien nach der Rolle des Fotografierten beziehungsweise der Beziehung zwischen Fotograf und Fotografiertem unterteilen:

 Subjekt: Als Subjekt wird dem Fotografierten Individualität zugestanden und Respekt gezollt (vgl. Jäger 1995: 148); und der Fotografierte hat selbst Mitspracherecht bei der Aufnahme und beim Gebrauch selbiger, so zum Beispiel typisch für die private Fotografie, aber auch für die charakteristisch für partizipative Methoden.

 Objekt: Werden Menschen als Objekte fotografiert, geht es meist nicht (in erster Linie) um deren Interesse, sondern die Fotografien können beispielsweise als Beweismitteln in der Medizin, Forensigraphie, Anthropometrie, Ethnographie etc. dienen, oder als Werbematerial zum Einsatz kommen – die äußere Erscheinung der Betreffenden steht also im Vordergrund.

 Element: Hierunter fallen den Autoren zufolge Fotografien, auf denen die Fotografierten als Beiwerk dienen und letztlich austauschbar sind, wie etwa, wenn sie als Maßstab gedacht sind, beispielsweise neben einem Gebäude.

Andererseits kann man die Unterteilung in „Subjekt“ und „Objekt“ auch eher nach dem Miteinander im Fotoprozess oder dem Zweck der entstehenden Bilder gliedern: So spricht man landläufig auch dann von „Objektifizierung“ wenn eine Person sich selbst so inszeniert, dass sie als Objekt wahrgenommen wird, beispielsweise im pornographischen Bereich – und das sogar, wenn die Fotos als Selbstportraits, also unter voller Kontrolle des gezeigten Individuums entstanden sind. Natürlich kann sich die Verwendung von Fotografien im Laufe der Zeit auch ändern, ein Bild, das als private Fotografie aufgenommen wurde – der Fotografierte als Subjekt – später unter einem ganz anderen Gesichtspunkt betrachtet werden.

Ferner kann man natürlich auch eine Unterscheidung entsprechend des genutzten Mediums vornehmen, das – durchaus methodisch relevant – unterschiedliche Situationen, Ästhetiken, Emotionen etc. hervorbringen kann. Daraus folgt, dass es sich also je nach Ziel mal mehr, mal weniger anbietet. Kameras gibt es in ganz unterschiedlichen Variationen beziehungsweise basierend auf verschiedenen Funktionsweisen. Diese Funktionsweisen eignen sich Menschen unterschiedlich und kreativ an, jedoch zeigen sich bestimmte Tendenzen in der Nutzung, welche auch einem Wandel unterliegen können. Die folgenden Begriffe beziehen sich auf unterschiedliche Ebenen und betonen verschiedene Aspekte der jeweiligen Kameraart:

 Analoge Fotografie: Bei diesem Begriff handelt es sich um ein Retronym, eine nachträgliche Bezeichnung zur Abgrenzung. Was aufgenommen wird, spielt also zunächst keine Rolle – was grundsätzlich fotografierbar ist, lässt sich sowohl analog wie auch digital festhalten. Natürlich stellt sich hier die Frage, ob beziehungsweise inwiefern es sich beim dem Begriffspaar „analog“ und „digital“ um einen graduellen oder einen fundamentalen Unterschied handelt.

Betrachten wir die Seite des Fotografierenden: Der Prozess hat sich in mancher Weise gewandelt, allein durch die simultane oder nur sehr knapp zeitversetzte Kontrollierbarkeit des Ergebnisses, die der Monitor der Digitalkamera erlaubt. Andererseits sind aber auch viele Aspekte ähnlich geblieben, so etwa die Suche nach dem Motiv und dem passenden Moment, die Entscheidung über gestalterische Mittel etc. Der graduelle Unterschied, dass digital einfach häufiger abgedrückt werden kann, mag aber auch zu einem für den Fotografen fundamentalen Unterschied führen: Er könnte sich angesichts größerer Chancen eines guten Fotos befreit sehen oder aber völlig „verzetteln“.

Heftiger wird meist der Bezug der Fotografien zur Wirklichkeit diskutiert und damit rückt der Rezipient in den Fokus: Für ihn ist ohne zusätzliche Erklärung meist nicht oder kaum erkenntlich, ob es sich um ein digital oder analog entstandenes Foto handelt, phänomenologisch kann er es nicht unterscheiden – selbst ein ausschließlich am PC entstandenes Bild, also gar keine Fotografie, kann er unter Umständen nicht als solches einordnen. „Die Konsequenzen daraus muten verheerend an: Sind nun alle Bilder, denen wir bis jetzt die Fähigkeit zusprachen, uns Informationen über das Reale oder die Welt zu liefern, leer geworden?“ (Schröter 2004: 336). Allerdings zeigen der Common Sense und das alltägliche Bilderverhalten, dass dies offenbar (vorerst) nicht der Fall ist.

Dennoch ist es auch typisch, zumindest bei heutzutage aufgenommenen, analogen Fotografien, dies besonders zu vermerken, um die Interpretation des Rezipienten zu leiten: Offensichtlich nimmt man eine Fotografie anders wahr, wenn man weiß, mit welcher Technik sie aufgenommen wurde. Unter den heutigen Analogkameras gibt es auch solche, die bewusst besonders „rohe“, schnappschussartige Bildlooks produzieren und z.T. mit Spezialoptiken ausgestattet sind wie etwa Modelle der Firmen Holga und Lomography. Dieser analoge Look wird allerdings auch in der digitalen Bildbearbeitung repliziert, so etwa bei Instagram-Filtern, in der App Hipstamatic oder bei den Nik Analog Efex.

 Sofortbildfotografie: Sofortbilder, auch aus der analogen Zeit stammend, wurden aufgrund ihrer ästhetischen Begrenzungen und ihrer fehlenden Reproduzierbarkeit nie zur ernsthaften Konkurrenz für das herkömmliche Positiv-Negativ-Verfahren (vgl. Schrey 2015: 10). So blieben sie vor allem Domäne der Hobbyfotografen.

Allerdings zählen Sofortbildkameras heute zu den meist verkauften Kameras, die sich vor allem bei Jugendlichen großer Beliebtheit erfreuen: Sie kreieren nicht (nur) Dateien, sondern real existierende Objekte und besitzen damit stets eine fundamental andere Daseinskategorie als rein virtuelle Daten. Als solche Objekte sprechen sie auch stärker die Sinne an – man riecht die Chemikalie, fühlt die Oberfläche des Bildes und seines Rahmens. In dem Wissen, dass es sich um Unikate handelt, sind sie auch besonders auratisch. Die Entwicklung des Bildes vor den eigenen Augen bringt eine besondere zeitliche Dimension mit sich: Man kann dem Bild beim Entwicklungsprozess zusehen, vor den eigenen Augen spielt sich ein kleiner Film ab, in dem das Bild langsam Form gewinnt. Seine Entstehung aus dem Nichts, dem Weißen heraus, trägt schon fast metaphysische Züge.

 Digitale Fotografie: Der Begriff „digital“ erscheint in seiner technischen Bedeutung erstmals 1938 in einer Patentschrift (vgl. Schröter 2004: 10). Als Erfindungsjahr des ersten Bildsensors, das Herzstück der digitalen Kamera, gilt das Jahr 1969 (vgl. Eberle 2016: 13). Doch erst ab der Jahrtausendwende drangen handliche, leicht zu bedienende und günstige Digitalkameras auf den Markt. Digitale Fotografien liegen zunächst nicht physisch vor, bilden also virtuellen Besitz. Dies erlaubt die Handhabung einer sehr viel größeren Datenmenge und macht die Bildbearbeitung auch für den Amateur einfach möglich.

 Fotografie mit Kompakt- und Bridge-Kameras: Ob digital oder analog, Kompakt- und Bridgekameras zeichnen sich durch eine leichte Bedienbarkeit und geringeres Gewicht aus, was sie methodisch interessant machen kann. Allerdings schränken sie den Gestaltungsspielraum stärker ein.

 Fotografie mit Systemkameras: Die Arbeit mit Systemkameras, welche sich durch die Möglichkeit, verschiedene Objektive nutzen zu können, auszeichnen, bietet hingegen mehr gestalterische Möglichkeiten, erfordert aber auch meist höhere finanzielle Investitionen und mehr Wissen, um die Technik angemessen nutzen zu können.

Viele Fotografen, die mit Systemkameras arbeiten, bleiben einer Marke treu und definieren sich ein Stück weit über sie, hierfür halten Marken auch bestimmte Images bereit. Mit einer (größeren) Systemkamera fällt man als Fotograf stärker auf und wird oft eher als Profi wahrgenommen, was ebenfalls methodisch zu berücksichtigen ist.

 Handyfotografie: Auch hierbei handelt es sich um digitale Fotografie, allerdings zeichnet sich das Handy noch durch einige Besonderheiten aus. Es ist stets präsent, was das Fotografieren auch in Situationen erlaubt, in denen man es nicht antizipiert hat, und das Handyfotografieren ist für viele Menschen sehr viel stärker Bestandteil des Alltags als das Fotografieren mit einer anderen Kameraart. Eben damit ergibt sich eine neue soziale Situation.

Außerdem legt das Handy ganz bestimmte Ästhetiken nahe, alleine schon durch die handytypische weitwinklige Brennweite. Apps ermöglichen schnelle und einfache Bearbeitungen und lassen den User verschiedene Gags in die Bilder einbauen. Hier mischen sich oftmals auch Stand- und Bewegtbilder. Handyfotos sind außerdem häufig darauf ausgelegt, umgehend in den sozialen Netzwerken geteilt zu werden – diese Verwendung impliziert ebenfalls bestimmte Themen und Ästhetiken. Besonders typisch für die Handyfotografie ist das inhaltliche Genre „Selfie“, eine Art Selbstporträt, die im Gegensatz zu anderen Selbstinszenierungen beim Handy direkt während des Fotografierens kontrollierbar ist.

Hinzu treten noch spezielle Arten, beispielsweise die Fotografie mit selbstgebastelten Lochkameras, Überwachungskameras oder Drohnen.

Ihre Entstehungsart verraten Fotografien allerdings meist nicht: Ein Bild kann wie eine antike Fotografie wirken, in Wahrheit aber neuerlich inszeniert und digital so bearbeitet worden sein, dass es besonders alt wirkt, beispielsweise um dem Vintage-Trend zu entsprechen, wofür gerade auch die Handyfotografie zahlreiche Apps wie Retro Cam oder die an das Cross-Processing erinnernden Instagram-Filter bietet.

Für den Umgang mit einer Fotografie spielt es aber durchaus eine wichtige Rolle, welche Materialität vorliegt, etwa ob es als Postkarte erscheint, als Werbeplakat oder gerahmt in einer Kunstgalerie (vgl. Jäger 2009: 10). Viele der im Folgenden vorgestellten, weit gefassten Methoden können zwar mit verschiedenen Kameratypen umgesetzt werden, allerdings implizieren diese Typen auch Unterschiedliches – sie bewirken unterschiedliche Assoziationen, unterschiedliche Machtgefüge und können für ganz verschiedene Gefühle gegenüber der Kamera von verspielt bis hin zu ehrfürchtig oder verängstigt sorgen. Daher sollten auch der Kameratyp selbst, sowie die davon gegebenenfalls unabhängige Erscheinungsweise der Fotografien in die Überlegungen miteinbezogen werden. Hinzu tritt noch die Bearbeitung, zum Teil in der (digitalen) Kamera oder im Handy stattfindend, zum Teil am PC, in der Dunkelkammer oder erst am haptischen Bild selbst.

Eine weitere Möglichkeit, ein System zu schaffen, besteht darin, einige für verschiedene Disziplinen typische Methoden zu listen, also vom jeweiligen Fach auszugehen. Allerdings ergeben sich hier doch sehr viele Überschneidungen: Die Analyse von Fotografien kann (zwar unter einem anderen Vorzeichen) sowohl für den Kunsthistoriker, wie auch für den Kriminologen und den Soziologen eine sinnvolle Methode darstellen. Interviews zu Fotografien bieten sich sowohl in der Werbewirkungs-forschung, wie auch in der fotogestützten Therapie an.

Und schließlich kann man, wie oben gezeigt, natürlich noch die Ziele der Methoden in den Fokus nehmen – ob es sich beispielsweise um Methoden zum Beweis, zur wissenschaftlichen Erkenntnis, zur Persuasion oder zur Therapie handelt. Dabei bewegen wir uns also auf ganz unterschiedlichen Ebenen des Methodenverständnisses. Diese Systematisierung wurde im Folgenden gewählt, keineswegs erschöpfend und trennscharf, immer wieder redundant und hier und da verschachtelt, aber für mein Empfinden sinnvoller als andere Systematiken, wenn es darum geht, die Breite der Einsatzmöglichkeiten zu illustrieren. Eine Methode soll der Zielerreichung dienen, daher sollte gerade dieses Ziel, das zugleich die Intention darstellt, Ausgangspunkt der Betrachtung sein.

Fotografie als Methode

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