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Großvater wurde zu Grabe getragen
ОглавлениеOpa der alte Nazi!
Nie hatte er aufgehört an Hitler zu glauben! Das hatte ihn unbeliebt gemacht. Mike hatte ihn trotz alledem gerngehabt. Für ihn war Opa nur ein ehrlicher, anständiger alter Mann gewesen. Er hatte eine Weile im Gefängnis gesessen, aber wie sooft hatte Opa einen Ausweg gefunden. Er war ein Fuchs gewesen was das betraf. Nachkriegsdeutschland brauchte Leute wie ihn, raffinierte geschickt handelnde Typen. Opa stammte von irgendwelchen rumänischen Adeligen ab und hatte sich irgendwo eine Zulassung als Anwalt erschlichen. Wie er das wieder hingebracht hatte wusste Niemand so recht, aber eine Ausbildung geschweige denn ein Studium zum Anwalt hatte er nicht gemacht, oder vielleicht doch? Egal, er war ein guter Rechtsverdreher und nach dem Krieg fehlte es allerorts an tüchtigen Anwälten. Opa haute die Verbrecher reihenweise raus aus dem Schlamassel, was ihm einen zweifelhaften Ruf, eine Menge zwielichtiger Freunde und jede Menge Kohle einbrachte!
Ein weiterer kluger Schachzug war sein Verzicht auf irgendwelche „Scheißländereien!“ so Opa im Originaltext, die ihm in Rumänien zugestanden hätten. Zum Ausgleich dafür sackte er einige Brachgebiete in der Hallertau ein. Dann kamen der Hopfen und Opa wurde so richtig reich. Und er haute diesen Reichtum so richtig auf den Kopf!
Als erster in der Gegend um Taufkirchen hatte er sich eine nagelneuen VW Käfer gekauft:
„Den hat der Adolf entwickelt!“ behauptete Opa stolz!
Und mit diesem Wagen des Volkes bretterte er zusammen mit Oma an den Wochenenden nach München, um dort sämtliche Verkehrsregeln zu brechen, bis ihn die Polizei endlich stoppen konnte, da hatte er schon eine Kette von Vergehen am Hals. Da half ihm nicht mal seine Erfahrung als Anwalt und die dreiste Behauptung Oma hätte ihn zu dieser Fahrweise angestiftet.
Mike musste mit seinem Papa zusammen, den Opa in München aus dem Knast holen! Mike war zutiefst beeindruckt von den Gebäuden des Polizeipräsidiums, was in Zukunft noch schwerwiegende Folgen haben sollte!
Opa geiferte und schimpfte auf der gesamten Heimfahrt! Nach einem Stopp an einer Tankstelle, die gerade nur so aus dem Boden gestampft wurden und wo sich Opa offenbar so ein, zwei Bierchen besorgt hatte, wurde es noch schlimmer. Er wetterte über alle möglichen und letztendlich kam es über seinen Sohn, der ihn gerade aus dem Gefängnis befreit hatte. Denn das hatte Mikes Vater mehr oder weniger getan, das war Mike klar. Nichtsnutzig und Lahmarschig war er und so weiter. Hier lernte Mike die Verhältnismäßigkeit zwischen den Menschen kennen, denn er erlebte zumeist einen sehr führsorglichen und rücksichtsvollen Vater. Opa war alles andere als das.
Opa verachtete seinen eigenen, braven Sohn, weshalb auch immer. Opa war der Meinung, dass der biedere Verwaltungsangestellte nur auf sein Erbe spechtete, anstatt selbst etwas auf die Beine zu stellen:
„Aber ich werd‘ dir nix hinterlassen, hahaha, des wär ja g‘lacht, wenn i des ned schaff ois zu vajubeln, do werst schaun!“ So Opas Dauertenor zum Thema Erbe!
Eine saftige Strafe erhielt er schon mal für seine Verkehrsdelikte und Opa bemühte sich weiter ganz ordentlich beim Geldverschwenden. Das führte zu einem Schlaganfall während des Taufkirchner Volksfestes, wo wir Kinder den Vorteil des Haufen Geldes zu spüren bekamen, da Opa, um in Ruhe saufen zu können, Autoscooterchips und alle anderen Schaustellerangebote nach Lust und Laune spendierte. Von da an war aber Schluss mit dem Spuk und Opa konnte nicht mehr. Er wurde zum wenig sprechenden Pflegefall und es war immer noch jede Menge Geld vorhanden, dass Papa geschickt verwaltete. Unter anderem war da auch ein Haus in München Schwabing, von dem aber überhaupt Niemand was gewusst geschweige denn geahnt hatte!
Die Erkenntnis, dass Opa dort heimlich mit irgendwelchen Webern gepudert hat, brachte Oma um! Oma war Österreicherin gewesen und Opa hatte sie schon immer beschissen, dass aber sehr diskret, so dass Oma es gut wegstecken konnte. Opa fungierte in den beiden Weltkriegen als Offizier zur Erhaltung der Moral der Soldaten. Die Bordellbesuche, die er damals organisiert hatte, waren legendär beim Militär.
Ab der Beisetzung von Oma trieb Mikes Vater seine Versetzung nach München voran. So war es klar definiert, dass sie eines Tages umziehen würden in die große Stadt. Mike gefiel es zwar in Taufkirchen, aber einen Umzug nach München hätte er nichts einzuwenden gehabt.
Dort waren all diese großartigen Gebäude und auch sonst war alles besser in München, so Mikes Vater und außerdem war es gar net so weit weg vo Taufkircha!
Mike war eh nicht sonderlich beliebt bei den anderen Schülern, im Abschlussjahr der damals noch als Mittelschule bezeichneten Bildungsstätte!
Einige Problemschüler aus der Stadt waren in diesem Jahr zu ihnen gestoßen. Die gaben zumeist den Ton an, sie kamen aus dem großartigen München, hatten Kohle und jede Menge Arroganz und sie wussten alles über die aktuelle Musik und die neuesten Trends!
„Don‚t press in pockets!“, klang es rund um das Volksfest in dem Jahr, in dem Mike seine spätere Berufung zum ersten Mal unter Beweis stellte. Mit einer Tüte Pommes bewaffnet, ging Mike mit seinem Kumpel Erich auf die Piste, vorbei an den duftenden Mandelständen, an den klebrigen Zuckerwattemaschinen, wo es auch lecker Eis gab, bis hin zum Autoscooter, wo die Coolen abhingen!
Zu denen gehörten Mike und Erich nicht, sie waren mehr die Art Schiffschaukelbremser, so nannte sie jedenfalls Eugen Kox, einer der Bonzensöhne, die im Taufkirchener Internat untergekommen waren.
Die beiden Ausgegrenzten holten sich nochmal lecker Eiscreme und stellten sich dann vor die Geisterbahn, denn auch hierher verirrte sich hin und wieder eines der heißen, kurzberockten und richtig scharfen Volksfestmäuschen. Leider meist in Begleitung!
Aber man konnte zumindest in den Ausschnitt glotzen!
„Basst‘s bloß auf daß eich nix rauskugelt!“
Rief ihnen Mandy entgegen, eine aus ihrer Klasse, die mit ihrem Macker aus der Geisterbahn kam und sorgte für rote Ohren bei Mike und Erich.
Sie mussten jetzt eh nach Hause!
Mikes Vater war streng mit ihm, aber nicht so unfair, wie der von seinem Vater behandelt worden war. Bei Opa waren immer die andere schuld gewesen, er machte nie etwas verkehrt.
Mike stand nach Ende des Schuljahrs vor dem Abschluss der Mittelschule und hatte somit bildungstechnisch mit seinem Vater gleichgezogen, aber Mike wollte mehr! Sie sprachen miteinander über die Zukunft Mikes und sein Vater versuchte Mike in Richtung Maschinenbau zu dirigieren. Mike überzeugte dieser Werdegang nicht, er verfolgte andere Ziele, höhere!
Die Sommerferien waren schon bald zu Ende!
In der Taufkirchener Tageszeitung prangte auf Seite eins ein Bild von randalierenden Jugendlichen. Sein Vater fragte Mike, ob er da auch mitmachen würde, dann Gnade ihm Gott, aber Mike konnte seinen Vater beruhigen, Randale waren nicht sein Ding. Mike schaute sich das Bild sehr genau an, er kannte keinen einzigen auf dem schlechten, unscharfen Foto, trotzdem wurde behauptet, dass es sich da um junge Leute aus Taufkirchen handelte. Mike prägte sich die Gesichter so gut es ging ein!
Leider traf er gleich am ersten Schultag auf Mandy und Yu!
Mandy tuschelte mit Yu und der kam gleich unverfroren auf Mike zu:
„Wohl zu tief in den Ausschnitt geguckt, he?!“
Mike wurde rundum ausgelacht, ja so waren sie die coolen, Yu hieß eigentlich Eugen und aus Manuela war Mandy geworden! Wenn man cool sein wollte brauchte man einen englischen Namen, den hatte Mike ja eigentlich schon, aber cool war noch lange nicht, die Typen aus München waren da einfach im Vorteil. Mandy roch so süß, als sie nah und provozierend grinsend an Mike vorbei ging. Mike war hin und weg. Hatte er vielleicht sogar Chancen?
Mike schüttelte sich selbst diese Frage beantwortend, Mandy aus dem Kopf. Bestärkt wurde er zudem noch von Kumpel Erich, der zu ihm trat:
„De macht die hie, de is a Numma z‚groß!“
Das wusste auch Mike selbst, Susanne war da schon eher was. Sie hatte eine Zahnspange, war brünett und schön brav!
Daran wollte sich Mike zukünftig orientieren. Zudem war Susi klug, sie schrieb gute, sogar sehr gute Noten und sie war immer sehr nett und zuvorkommend zu Mike. Ein paar Tage würde es noch das Taufkirchener Volksfest geben, da nahm sich Mike fest vor mit Susi dorthin auszugehen. Nur wie das anstellen? Meistens wenn er direkt vor ihr stand brachte er nichts mehr viel heraus. Mit fast siebzehn war es an der Zeit mit Mädchen gesehen zu werden, sonst stand man im Verdacht schwul zu sein und dass war Mike noch zu wieder, als die Möglichkeit von Susi abgeblitzt zu werden.
Der erste Schultag verlief ereignislos und langweilig!
Das Internat war der Hauptgrund dafür, dass sie eine gemischte Mittelschule hatten in Taufkirchen, so war es den Münchener Bonzen möglich ihre Bangerten Mädels oder Jungs dorthin abzuschieben, wenn sie nicht mehr wussten was mit ihnen anfangen. So sprach Mikes Vater über die aktuellen Zustände und er war hell auf begeistert darüber, dass alsbald ein neuer Ministerpräsident in Bayern an die Macht kommen würde, der nach Mikes Vaters Meinung, den Saustall mal so richtig aufräumen würde.
Mike verstand nicht welchen Saustall er meinte, aber der Enthusiasmus seines Vaters steckte ihn an, auch Mike würde dieses Jahr aufräumen, mit seinen Ängsten und mit seiner Schüchternheit, er würde es allen zeigen. Mandy und die Schnösel aus der Stadt, die kochten auch alle nur mit Wasser, das war Mike schon längst aufgegangen. Gleich morgen würde er sich die Susi schnappen!
Das war dann doch nicht so leicht, wie er sich das gedacht hatte. Schon zu Beginn dieses Schultags kam es zu einer erneuten Auseinandersetzung mit Yu und Mandy. sie hatte es auf Mike abgesehen, sie wollte ihm eins ausschmieren und hatte deshalb Yu gesteckt, dass Mike sie begrabscht hatte. Yu sprach Mike darauf an und forderte ihn auf, dass ja sein zu lassen, sonst!?
Mike fiel aus allen Wolken ob der Behauptung von Mandy, aber er fürchtete sich nicht. Er war eben so groß wie Yu und glaubte ihm auch kräftemäßig ebenbürtig zu sein. Wie er sich da getäuscht hatte, sollte er schon am Nachmittag erfahren. Mike behauptete jedenfalls vor Yu, dass Mandy gelogen hätte!
Susanne hatte das mitgekriegt, sie sah ab da Mike nicht mehr an. Das stank Mike gewaltig, in einer der Pausen sprach er Susi an:
„Du glaubst doch nicht etwa was Mandy da behauptet?“
Nur allmählich antwortete Susi:
„Stimmt es denn nicht?“
„Nein, ganz und gar nicht!“
„Dann ist es gut!“
„Glaubst du mir?“
Susi atmet tief durch:
„Ja, ich glaube dir!“
„Gehst du ääh?“
„Was?“
„Gehst du mit mir ääh?“
„Waas?“
Diese Scheiß Schüchternheit:
“Gehst du mit mir zum Fest heut Nachmittag?“
Mike wurde ordentlich durchgeschüttelt.
„Ja!“
Jetzt wars passiert, Mike hatte ein Rendezvous. Der Schultag verlief wieder mal öde, nur die Blicke die Yu ihm zuwarf waren nicht sehr verheißungsvoll. Das waren schon die Blicke, die er von Susanne immer von einem Lächeln begleitet, versprachen mehr. Irgendwie schien es hatte Mike Eindruck bei ihr hinterlassen.
...Aber diesen Nachmittag sollte Mike noch lange zu grübeln haben, sowohl im Guten wie im Schlechten. Denn es geschah so Einiges, das hatte es in sich.
Susi hatte sich zurechtgemacht! Sogar die Spange war nicht in ihrem Mund. Es war, als ob sie auf diesen Tag nur gewartet hatte, um endlich zu aufzublühen.
Mike erkannte sie nicht gleich, das war peinlich, aber schnell wieder vergessen, denn der Rummel wollte entdeckt werden. Sie waren wie zwei kleine Kinder. Mike kaufte die Leckereien dazu, Zuckerwatte schmeckte erst zu zweit so richtig süß. Die Gerüche, die Musik und das Karussell, das alles bekam zusammen mit Susanne eine ganz andere Dimension. Und da war immerzu der Geruch des Mädchens mit dabei, Susi hatte ihr verführerischstes Parfüm aufgelegt und Mike wurde davon geradezu betäubt. Alles war herrlich und wunderschön bis zu dem Moment, als man auf die Coolen traf. Die hörten laut Reggae Musik und hatten, so die Gerüchte, bestimmt heimlich gekifft. Yu jedenfalls hatte da noch eine Rechnung offen und Mike rannte ihm ins offene Messer.
„Was haben wir denn da für zwei Hübsche?“
Yu rempelte Mike an, der wollte alles, bloß keinen Streit.
„Das ist ja die Susi, wow, total scharf!“
Yu wollte unbedingt Krawall und er wusste genau wie er das anstellen musste. Er hatte selbst oft genug auf der Wiesn sein Fett abbekommen. Er versuchte Susi zu umarmen, die wich ihm aus:
„Lass dass sein!!!“
Mike hörte sich selbst, aus der Ferne sprechen.
„WAS!? Spricht es oder quietscht da die Windel?“
Das war gemein, aber es war genau das, was die Coolen hören wollten. Sie lachten und traten näher, wissend, dass sich da was zusammenbraute. Mike wurde zum zweiten Mal an diesem Tag von seinen Gefühlen hin und her gerissen. Er zitterte am ganzen Leib:
„Ich möchte mich nicht mit dir streiten, komm wir gehen!“
Susi am Arm nehmend wollte Mike weg, aber Yu packte das Mädchen auch, sie gab sogar einen Wehlaut von sich:
„Du kannst gehen, sie bleibt!“
„Was soll das bedeuten?“
Yu gab keine Antwort und schubste Mike nur weg.
Mike fühlte sich jetzt zu diesem Zweikampf gezwungen:
“Susi komm bitte zu mir!“
Susi stand die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben. Yu lachte laut auf, seine Freunde hatten die Szenerie mittlerweile umzingelt und warteten auf die Action!
Mike versuchte Yus Griff von Susis Arm zu lösen, da kam es über ihn!
Damit hatte Mike nicht gerechnet, oder besser nicht rechnen können. Er hatte keine Angst davor gehabt körperlich unterlegen zu sein, aber was den Unterschied in dieser Auseinandersetzung machte, war nicht Kraft, sondern Skrupel! Denn sowas kannte Yu nicht, nach unzähligen Kämpfen auf der Schwanthaler Höhe, hatte er diese und irgendwelche anderen Hemmungen abgelegt. Und so fiel Yu über Mike her, der es nicht schaffte sich zur Wehr zu setzen.
Schnell war er von Yu zu Boden geschlagen worden!