Читать книгу Die drei Lichter der kleinen Veronika - Manfred Kyber - Страница 5

1. Im Garten der Geister

Оглавление

Es war ein Garten der Geister, in dem die kleine Veronika im Sande saß und spielte. Aber ihr müßt nicht denken, daß dieser Garten ein ganz besonderer Garten war. Das war er gar nicht. Es standen viele grüne Bäume darin, wie sie auch sonst überall zu sehen sind, Kartoffeln, Kohlpflanzen und Radieschen saßen ordentlich nebeneinander in langen Reihen, und Rosen und Lilien leuchteten rot und weiß in der Frühsommersonne. Es war ein großer Garten, und er war ganz umfriedet von einer hohen, halbverfallenen und mit Moos bewachsenen Mauer, eine stille Welt für sich, wie es alle alten Gärten sind. An dem einen Ende lag, unter blühenden Sträuchern verborgen, ein kleines Gartenhaus im Barockstil, in dem Onkel Johannes wohnte, und am anderen Ende stand ein großes graues Gebäude aus sehr alter Zeit, und in ihm war die kleine Veronika zu Hause. Es war dies das Haus der Schatten. Aber davon kann ich erst später erzählen, denn heute lebte die kleine Veronika noch gar nicht recht bewußt darin. Heute lebte die kleine Veronika noch ganz und gar im Garten der Geister, und wenn es auch nur ein ganz gewöhnlicher Garten war, wie ich euch sagte – die kleine Veronika sah ihn mit den inneren Augen, die sie noch aus dem Himmel mitgebracht hatte, und für solche Augen ist jeder Garten ein Garten der Geister, und die ganze Welt ist ein Meer von Leben und Licht. Wir alle haben die Erde einmal so gesehen, als wir kleine Kinder waren, aber dann kam die große Dämmerung, die himmlischen Augen schliefen ein, und nun haben wir das alles vergessen. Aber ich will euch an das erinnern, was ihr vergessen habt, wie ich mich selbst erinnert habe aus Dunkel und Dämmerung.

Schau ins Leben und ins Licht, kleine Veronika, ehe die himmlischen Augen eingeschlafen sind. Dann hast du etwas, woran du dich erinnern kannst, wenn die Dämmerung gekommen ist und es dunkel um dich wird. Denn es wird dunkel um jeden, damit er schmerzvoll bewußt wird und sich selber findet in der Dunkelheit – sich selbst und Gott. Aber das ist ein langer Weg, kleine Veronika. Es ist schwer, daß wir alle ihn gehen müssen.

Die Kinderschaufel und der kleine Blecheimer, auf dem ein froher roter Hase gemalt war, lagen untätig vor einem umgegrabenen Beet, in das die kleine Veronika sehr sonderbare Dinge pflanzen wollte. Aber nun saß sie still und staunte mit weiten Augen in den Garten. Noch waren ja ihre Augen die himmlischen Augen, und der ganz gewöhnliche Garten war ein Garten der Geister. Was gab es hier alles zu schauen und zu hören!

»Möchtest du dir nicht mein Landhaus betrachten, Veronika?« fragte ein großer Käfer, der vor ihr saß, und machte eine empfehlende Bewegung mit dem Fühler.

»Siehe, wie weiß unsere Blüten sind«, sagten die Liliengeister, »so rein und weiß ist das himmlische Hemd, das du einmal trugst.«

»Hast du bemerkt, wie geschickt sich schon meine Kinder zusammenrollen können?« fragte die Igelmutter, die mit ihrer Familie in einem behaglichen Loch der moosbewachsenen Mauer saß.

»Schau, wie rot unsere Kelche sind«, sagten die Rosenseelen, »so rein und so rot ist der Kelch des Grales, nach dem du einmal die Arme ausgestreckt hast. Du denkst jetzt nicht mehr daran, aber du wirst wieder daran denken, wenn die Dämmerung über dich gekommen ist, kleine Veronika.«

»Findest du nicht, daß meine Kleinen wunderbar fliegen können?« fragte die Amsel und streckte den gelben Schnabel mit einer gewissen Herausforderung vor, »wie geschickt sie wieder auf dem Nestrand landen! Dabei haben sie noch nicht einmal sehr lange geübt, nein, das kann man eigentlich nicht sagen. Hast du schon jemals eine solche Geschicklichkeit gesehen?«

Die Kohlblätter rauschten und die Falter gaukelten darüber hin.

»Du bist wie wir, kleine Veronika, du bist eine Raupe und wirst ein Falter werden. Du wirst dich verpuppen, wenn die Dämmerung kommt.«

Die Radieschen stießen sich mit den Blättern an und lachten. Sie hatten sich irgendeine Geschichte erzählt, die komisch war. Aber Veronika hatte die Geschichte nicht gehört, und das war auch gut gewesen, denn es war gewiß keine Geschichte für kleine Kinder. Radieschen sind überhaupt sehr vorlaut und etwas bissig.

Man konnte ja auch gar nicht alles hören und sehen im Garten der Geister, es waren viel zu viele Stimmen und Bilder, und alles war in Licht und Leben getaucht, das sich ständig bewegte. Der kleinen Veronika schien es, als drehe sich alles im Kreise um sie herum. Aber es war ein bunter und lustiger Reigen, und es lohnte sich schon, hineinzugucken.

Ach, kleine Veronika, wüßtest du, wie bald die Dämmerung kommt, du würdest dich nicht satt sehen und hören können, und dir wäre, als müßtest du alle Bilder und alle Stimmen im Garten der Geister tief in die Seele atmen, daß sie immer darin bleiben. Nachher ist alles so dunkel, wenn die himmlischen Augen sich schließen.

Wie klar und wie durchsichtig war jetzt alles anzuschauen, als ob die Sonne die Erde durchlichte und als wäre alles aus feinerem Stoffe gewoben. Der ganze Garten war voller Gestalten. In der Luft tanzten sie, und wenn man in die Bäume hineinguckte, dann sah man die Elfen darin stehen und mit den

Händen winken. Es rauschte und raunte aus allen Ecken, und sogar die bunten Kieselsteine bewegten sich, als wären es Murmeln, die mit sich selber spielten. Und mitten in all das leuchtende Leben warf plötzlich mit leisem Lachen die Quellnixe ihre silbernen Wasserkugeln, daß sie in feinem Sprühregen in der zitternden Luft zerstoben. Sie konnte das ganz einfach machen, wenn sie bloß mit der Hand spritzte. Man muß es nur einmal gesehen haben, es sieht wirklich wunderhübsch aus.

»Willst du mit meinen blanken Bällen spielen, Veronika?« rief die Quellnixe, »willst du Diamanten auf deinem Kleid, wie die Königstochter im Märchen? Das kannst du alles haben, das Märchen ist hier, wir sind ja im Garten der Geister!«

Veronika fing einen der blanken Bälle auf, aber er zerging ihr in der Hand. Das kam, weil der Garten der Geister am Haus der Schatten lag, darum müssen hier die silbernen Märchenbälle zerspringen, weil sie zu nah an der Dämmerung sind. Das aber wußte die kleine Veronika noch nicht.

Doch jetzt bemerkte sie, wie es an ihren nackten Beinen juckte. Ein feiner Fühler strich darüber hin, gleichsam, um an etwas zu erinnern.

»Hättest du jetzt nicht Zeit, dir mein Landhaus zu betrachten?« fragte der Käfer, und es war vernehmlich ein Ton von Unwillen in seiner schwachen Stimme. »Ich bin gewiß geduldig, aber so etwas ist mir noch nicht vorgekommen, daß jemand einfach dasitzt und ins Leere starrt, wenn man ihn auffordert, ein Landhaus zu besichtigen. Glaubst du, daß es ein gewöhnliches Landhaus ist? Das wirst du nicht mehr denken, wenn du es erst gesehen hast.«

»Bitte entschuldige«, sagte Veronika, »aber es gibt hier so viel zu hören und zu sehen. Mir ist ganz wirr im Kopf davon, und doch ist das alles wunderschön.«

»Ja, gewiß ist es ganz schön, sagte der Käfer, »aber es kann doch nicht irgendwie mit meinem Landhaus verglichen werden. Komm nur endlich mit, es ist ganz nahe von hier, nur einige hundert Schritte.«

»Einige hundert Schritte ist gar nicht so nahe«, meinte Veronika, »da brauchst du doch sicher eine ganze Weile, um hinzukrabbeln. Ich mache das freilich schneller.«

»Nach meinen Beinen einige hundert Schritte«, sagte der Käfer, »nach meinen Beinen gemessen. Ich messe alles nur nach meinen Beinen, das tut ein jeder, der etwas auf sich hält. Die eigenen Beine sind eben das, worauf man sich am ehesten verlassen kann.«

»Gerade darum dachte ich an meine Beine und nicht an deine«, sagte Veronika, »und ich muß überhaupt erst einmal Mutzeputz fragen, ob ich mir dein Landhaus ansehen darf. Ich tue nichts ohne Mutzeputz.«

Der Kater Mutzeputz war die Vertrauensperson der kleinen Veronika und immer in ihrer Nähe. Er strich auf samtenen Pfoten zwischen Rosen und Lilien umher, begutachtete den Kohl und beaufsichtigte die Radieschen – in jeder Hinsicht sah er nach, ob alles in Ordnung war. Dazwischen spielte er mit Kieselsteinen. Wenn sie sehr rund waren, konnte er nicht daran vorübergehen. Denn das erheiterte ihn.

»Mutzeputz!« rief Veronika, »bitte, komm doch einmal her.«

Der Kater Mutzeputz kam sonst niemals, wenn man ihn rief. Man muß das den Leuten nicht einbilden, dachte er. Nur wenn Veronika nach ihm verlangte, erschien er unverzüglich. Denn sie bat ihn immer höflich, und außerdem war er der Überzeugung, daß sie ihn benötige und ohne seinen Rat nichts unternehmen könne. Er fühlte eine Verantwortung für sie, und das war auch wirklich in vielem zutreffend. Noch nie hat man es zu bereuen gehabt, wenn man sich auf jemand wie den Kater Mutzeputz verließ.

Mit seinen schönen gleitenden Bewegungen strich Mutzeputz an den Füßen der kleinen Veronika, und die Sonne warf blitzende Lichter über sein weiches Fell. Er war grau getigert, und dazu hatte er eine feierliche weiße Weste und weiße Handschuhe an den Vorderpfoten. Immer wieder aufs neue wurde Veronika davon durchdrungen, welch ein außergewöhnlicher und großartiger Herr der Kater Mutzeputz war, und ihre Hände streichelten ihn zärtlich.

»Du hast ja nette Bekanntschaften, Veronika«, schrie die Amsel aus ihrem Nest und klappte aufgeregt mit dem Schnabel, »pfui – das hätte ich nicht von dir gedacht, daß du solch eine Person bist!«

»Halte den Schnabel!« sagte Mutzeputz.

»Mutzeputz«, sagte Veronika, »der Käfer hier möchte mir gerne sein Landhaus zeigen. Glaubst du, daß ich es mir ansehen darf?«

Mutzeputz blickte geringschätzig auf den Käfer herab.

»Es ist ein harmloses und ganz belangloses Geschöpf«, meinte er, »ich glaube zwar nicht, daß es sich lohnt, sein Landhaus zu besichtigen. Aber wenn es dich zerstreut, so magst du es ruhig tun. Ich habe eben auch keine Zeit, dich zu beschäftigen, denn ich muß sehen, ob alles in Ordnung ist.«

Der Kater Mutzeputz verschwand unter den Radieschen. Er hob eines mit der Kralle heraus und beschnupperte es, um zu prüfen, ob sich alles hier richtig entwickle.

Der Käfer war etwas zur Seite gegangen, als Mutzeputz erschien. Jetzt näherte er sich wieder.

»Ich hatte mich ein wenig zurückgezogen«, erklärte er, »ich liebe es nicht besonders, Mutzeputz zu begegnen.«

»Mutzeputz tut dir nichts«, sagte Veronika beleidigt.

»Nein, nein, gewiß nicht«, meinte der Käfer, »ich will auch nichts gegen Mutzeputz sagen, weil er dir nahesteht und deine Vertrauensperson ist. Aber er hat so leicht einmal etwas Spielerisches an sich, und ich schätze es nicht, auch nur zum Spaß hin und her geschoben zu werden. Wer liebt das übrigens? Außerdem habe ich sehr gebrechliche Beine.«

»Ja, sie sind gebrechlich«, sagte Veronika, »ich verstehe das.«

»Möchtest du dir nun mein Landhaus betrachten?« fragte der Käfer.

»Ja«, sagte Veronika, »Mutzeputz erlaubt es.«

»Hier unten an diesem Baumstamm ist es«, erklärte der Käfer, »es ist ein sehr schönes Landhaus. Ein wenig leicht gebaut ist es allerdings, aber es ist ja auch nur für den Sommer. Nicht wahr, es ist dir nicht zu weit gewesen? Ich sagte es schon, der Weg ist nicht sehr anstrengend.«

Die kleine Veronika brauchte nur einen Schritt zu gehen, dann war sie schon da. »Aber da ist doch gar kein Weg«, lachte sie, »das ist ja bloß nebenan.«

»Tu nicht so großartig«, sagte der Käfer, »ich bin einige hundert Schritte gewandert, du brauchst also nicht zu übertreiben. Hier ist der Eingang«, erläuterte er, »dann kommt ein kleiner Vorraum, bloß so, dann mein Speisezimmer, in dem ich auch meine Vorräte verwahre, und hier an der Seite liegt mein Schlafgemach. Dieses ist besonders sorgfältig gebaut, und das Bett darin ist aus dem allerbesten Moos hergestellt, du wirst so leicht nicht etwas Ähnliches sehen. Dies kunstreiche Loch in der Decke ist dazu da, um die Sonne hindurchzulassen. Ich pflege mich nachmittags gerne auszuruhen, und ich liebe es überaus, wenn mir die Sonne dabei auf den Rücken scheint. Das erfolgt durch dieses Loch, ohne daß mich irgend jemand dabei sehen oder stören kann. Es ist eine außergewöhnliche Einrichtung, und soviel ich weiß, ist es das erste Mal, daß ein Landhaus damit ausgestattet wurde. Du hast so etwas gewiß nicht zu Hause?«

»Nein«, sagte Veronika, »wenn ich im Bett liege, kann mir die Sonne nicht auf den Rücken scheinen. Aber das ist einerlei, denn ich liege auch nicht auf dem Magen.«

»Du wirst mir doch nicht weismachen wollen, daß du auf dem Rücken liegst? Wenn man das tut, zappelt man mit den Beinen und kann nicht mehr aufstehen. Besieh dir lieber einmal das Schlafzimmer genauer und gehe richtig hinein. Aber sei vorsichtig und wirf mir die hohle Eichel nicht um, die darin steht. Ich fange den Tau in ihr auf und wasche mir damit des Morgens Gesicht und Fühler.«

»Ich kann ganz gut mit meinen Augen hineingucken«, sagte Veronika, »aber durch den Eingang kann ich nicht kriechen, das ist doch alles viel zu klein für mich.«

»Tu nicht so dick«, meinte der Käfer, »man sollte meinen, dir wäre die Welt viel zu klein, aber die Welt ist recht groß, kleine Veronika.«

»Ja, gewiß, das ist sie«, sagte Veronika.

»Sie geht sogar bis an die große Mauer, wo so viel Moos daran ist«, erklärte der Käfer, »aber so weit bist du wohl noch niemals gewesen?«

»Ich bin schon viel weiter gewesen«, sagte Veronika, »und es gibt auch hinter der Mauer noch eine ganze Menge von Dingen – das ist wieder eine andere Welt.«

»Das sind Vermutungen«, sagte der Käfer, »man kann sich nur auf das verlassen, was man sicher weiß. Die Baumelfen erzählen freilich davon, daß es hier im Garten eine große Brücke gäbe, die in eine andere Welt führt. Ich habe jedoch eine solche Brücke nicht gesehen. Ich nehme an, daß sie bei der Quelle sein wird, die durch den Garten fließt. Aber ich vermeide das Wasser und lebe überhaupt vorsichtig und zurückgezogen. Es gibt Gefahren und allerlei Käferkummer in dieser Welt.«

Der Käfer seufzte und strich sich sorgenvoll mit dem Fühler über den Kopf.

»Ich kann mir das denken«, meinte Veronika voller Teilnahme, denn der Käfer kam ihr trotz seiner etwas großartigen Sprechweise ziemlich hilflos vor, »du denkst, daß dich, zum Beispiel, die Amsel fressen könnte, die mich eben erst angeredet hat?«

»Ja, an solche schrecklichen Dinge dachte ich dabei«, sagte der Käfer, »aber sprich nicht von der Amsel. Sie ist ein scheußliches Geschöpf. Ich wußte nicht, daß du solche üblen Bekanntschaften hast. Ich glaube kaum, daß ich dir sonst mein Landhaus gezeigt hätte.«

»Ich kenne die Amsel nur ganz flüchtig«, entschuldigte sich Veronika, »sie hat mich auch bloß geschimpft, weil ich mit Mutzeputz befreundet bin, und jetzt schimpfst du mich, weil ich die Amsel kenne. Was denkt ihr euch eigentlich alle dabei?«

»Ich sage nichts gegen Mutzeputz«, meinte der Käfer, »aber die Amsel ist eine ganz gefährliche Person. Frage nur einmal die Regenwürmer danach, sie sind ganz der gleichen Meinung, und das sind doch gewiß Leute, die Erfahrung haben.«

»Regenwürmer gibt es hier auch?« fragte Veronika und sah sich um. »Regenwürmer sind mir ein bißchen eklig, sie sind so lang und nackt. Ich glaube, sie haben überhaupt gar nichts an.«

»Es sind angenehme und stille Nachbarn«, sagte der Käfer, »ich wollte, es wären alle so. Leider ist das nicht der Fall. Man sollte es nicht glauben, man hat kaum in seinem eigenen Landhaus die nötige Ruhe. Über die Geister, die das Wachsen der Pflanzen besorgen, will ich nichts Abfälliges äußern. Sie sind zwar sehr unruhig und stets in geschäftiger Tätigkeit – übertrieben meiner Ansicht nach –-, aber man muß anerkennen, daß sie lautlos und mit vieler Rücksicht auf die anderen arbeiten. Nur einmal ist mir eine Wurzel gerade durch meinen Vorraum gewachsen, und wir haben uns schließlich dahin geeinigt, daß sie sich ein bißchen erweiterte und ich sie als Hängematte benutzte. Wenn man aber tiefer in die Erde hinabschaut, kann man sich wirklich sehr ärgern. Ich vertrage Ärger gar nicht, ich bekomme gleich Kopfschmerzen davon. Da unten sitzen die eigentlichen Ruhestörer. Es sind schwarze und weiße Männchen, so ähnlich gestaltet wie du, nur sehr viel häßlicher. Du glaubst nicht, wie diese Männchen sich zanken, ich höre es des Nachts oft bis in mein Schlafzimmer hinauf. Es ist eine abscheuliche Gesellschaft, du solltest das bloß einmal sehen!«

»Das möchte ich gerne sehen«, meinte Veronika, »ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mir das zeigen wolltest. Es sieht gewiß sehr possierlich aus, wenn die kleinen Männchen sich zanken. Und warum zanken sie sich denn? Man kann sich doch nicht fortwährend zanken! Ich zanke mich auch einmal mit dem kleinen Peter, wenn wir spielen, aber wir versöhnen uns dann gleich wieder. Peter ist der Sohn vom Gärtner, du weißt das doch, sein Vater macht ja den ganzen Garten hier fertig.«

»Das ist Unsinn«, sagte der Käfer, »diesen Garten macht niemand fertig. Hier wächst alles ganz von selbst und war überhaupt immer da.«

»Du weißt also nicht, warum die Männchen sich zanken?« fragte Veronika. Es erschien ihr zwecklos, dem Käfer zu erklären, wer der Gärtner war.

»Ich habe das einmal gehört, aber ich habe es wieder vergessen«, sagte der Käfer, "ich bekomme immer Kopfschmerzen, wenn ich daran denke. Du wirst auch bloß Kopfschmerzen bekommen, also laß es lieber bleiben und kümmere dich nicht darum.«

»Ich kriege niemals Kopfschmerzen«, meinte Veronika, »Kopfschmerzen kriegen nur die Großen, und dann sind sie eklig und man darf sie nichts fragen. Mir macht das auch gar nichts aus, wenn die Männchen sich zanken. Was geht das mich an? Mir ist es einerlei. Ich will es bloß einmal sehen, weil es ulkig sein muß.«

»Du wirst schon Kopfschmerzen bekommen, wenn du größer wirst«, sagte der Käfer, »und es geht uns alle an, wenn sich die Männchen so zanken, das hat mir die Baumelfe gesagt, denn die weiß es ganz genau. Von ihrer Wohnung kannst du nämlich an den Wurzeln vorbei gerade zu den Männchen hinuntergucken.«

»Das ist fein«, meinte Veronika, »dann will ich die Baumelfe bitten, daß ich mir die Geschichte einmal ordentlich ansehen darf. Glaubst du, daß die Elfe im Baum es mir erlauben wird? Es ist doch gewiß eine gute Bekannte von dir, wenn ihr so nahe Nachbarn seid?«

»Wir sind nicht eigentlich gute Bekannte«, sagte der Käfer, »es wäre dies gegen die schuldige Achtung, wenn ich mich so ausdrücken wollte. Ich stehe sozusagen unter dem Schutze der Baumelfe, mußt du wissen. Sie erlaubt es nicht, daß die Amsel kommt und mich auffrißt, und sie gibt überhaupt acht, daß mir keine Kümmernisse zustoßen. Darum bleibe ich auch stets in der Nähe meines Landhauses, es gibt so viele Gefahren und allerlei Käferkummer auf dieser Welt. Aber ich glaube wohl, daß du zur Baumelfe hineingehen könntest, sie ist wirklich sehr gefällig. Du brauchst nur einfach durch die Rinde hindurchzurutschen. Da drinnen sitzt sie – siehst du?«

»Komm, kleine Veronika«, rief die Elfe und guckte aus ihrem Baum hinaus. Sie war ein wunderhübsches Geschöpf und sah aus wie ein junges, sehr feingliedriges Mädchen, das ein wenig klein geblieben ist.

»Da kann ich doch nicht hinein«, meinte Veronika.

»Ich will mich nun in meinem Schlafzimmer auf den Magen legen und mich etwas ausruhen«, sagte der Käfer, »und zwar so, daß mir die Sonne durch das kunstvolle Loch auf den Rücken scheint. Es ist eine außergewöhnliche Einrichtung, du kannst sie dir ja später noch einmal betrachten. Guten Tag und auf Wiedersehen!«

»Du kannst schon in den Baum zu mir hereinkommen, kleine Veronika«, meinte die Baumelfe, »bloß nicht ganz so, wie du jetzt bist. Du mußt dich noch ein bißchen verändern und aus deinem Körper hinausschlüpfen.«

»Das scheint mir unbequem zu sein, ich habe das auch noch niemals versucht. Mein Körper ist doch nicht nur ein Kleid, das ich einfach wegtun kann. Worin soll ich denn dann spazierengehen? Genügt es nicht, daß ich in deine Wurzeln und zu den Männchen hinuntergucke, so wie ich mir das Landhaus des Käfers angeschaut habe? Das ging doch auch sehr fein, und ich hätte auch noch viel mehr gesehen, wenn der Käfer nicht so viel geschwatzt hätte. Und dabei sagte er doch, daß er Kopfschmerzen habe.«

»Der Käfer ist etwas umständlich«, sagte die Elfe im Baum und lachte, »kleine Leute mit vielen Beinen sind das meistens. Aber so wie du in die Wohnung des Käfers geguckt hast, kannst du hier bei mir nicht hineinsehen. Du hast zwar noch die himmlischen Augen, kleine Veronika, und kannst vieles damit erkennen, was in der Höhe und auf der Erde ist. Aber um in die Tiefen zu schauen, muß man wieder andere Augen bekommen, und das dauert lange und es tut sehr weh. Schlüpfe schon lieber herein zu mir, denn das kannst du noch ganz gut machen. Die Dämmerung ist ja noch nicht über dich gekommen, kleine Veronika. Du brauchst auch gar keine Angst zu haben. Dein Erdenleib ist doch nichts weiter als ein Kleid, und darin steckt ein feineres Kleid, und in dem feineren Kleid steckst du selbst. Das grobe Erdenkleid kannst du ruhig ein bißchen für sich allein sitzenlassen, wo es eben ist, und im feineren Kleide bist du wie ich und alle die Elfen und Nixen im Wasser, in der Luft und im Feuer. Du mußt dir nur einen Ruck geben, so ähnlich wie vor dem Einschlafen, denn das ist ja beinahe das gleiche, und dann geht es ganz von selbst.«

Da gab sich Veronika einen Ruck, und mit einem Male war sie draußen und war so leicht wie eine Feder, wenn der Wind mit ihr spielt, und so durchsichtig, daß sie durch sich selbst hindurchgucken konnte. Ihr Erdenleib aber saß daneben und sah ein bißchen dumm aus, wie es ihr selber vorkam. Im nächsten Augenblick war sie schon mittendrin im Baum, und die Elfe hatte sie bei den Händen gefaßt und zeigte ihr alle die Wunder, die darin waren.

Es gab hier eine ganze Menge zu sehen, viel mehr als in dem Landhaus des Käfers, und Veronika kam aus dem Staunen nicht heraus. In tausend feinen Adern stiegen und sanken die Säfte, von den Wurzeln bis hoch hinauf in die Krone und weit in die Äste und Blätter, die sich leise im Winde bewegten. Und das Schöne dabei war, daß man selber gleichsam darin war, man sank und stieg wie in einer lebendigen Schaukel.

»Ich kann das alles eigentlich jetzt viel besser verstehen, wo ich drin bin, als vorher, wo ich nur von außen mit den Augen hineingucken konnte«, sagte Veronika. »Mir kommt es überhaupt vor, als wenn ich klüger geworden wäre, seit ich nicht mehr in meinem Erdenleib stecke. Ich glaube, man wird ein bißchen dumm durch ihn und jedenfalls sehr viel schwerer, denn es ist wirklich fein, wie leicht ich jetzt geworden bin.«

»Ja«, meinte die Elfe, »ihr werdet schon ziemlich dumm durch eure Erdenleiber. Es sind ja auch gar zu unbequeme Kleider, und ich könnte mich nicht darin bewegen. Das Schlimme dabei ist, daß ihr immer dümmer werdet, je größer der Erdenleib wird und je mehr ihr mit ihm zusammenwächst. Ich kann es euch ja nur nachempfinden, denn selber durchgemacht habe ich es nicht.«

»Kommen wir denn auf die Erde, um dumm zu werden?« fragte Veronika, »das erscheint mir doch etwas komisch, weißt du.«

»Das ist es nicht«, sagte die Elfe, »ihr werdet bloß dumm, weil es dunkel wird, und dann sollt ihr das Licht suchen, um wieder klug zu werden. Denn wenn ihr das Licht aus dem Dunkel gefunden habt, dann seid ihr ein ganzes Stück klüger geworden. Das Licht zu suchen, ist eben die Aufgabe der Menschen, die Gott ihnen gegeben, und sie müssen es suchen und finden für sich, für die Tiere, Pflanzen und Steine, für die Elfen und Männchen und für alles, was mit ihnen lebt. Das ist aber eine recht schwierige Geschichte, ich kann es dir auch nicht so erklären.«

»Es kommt mir sehr umständlich vor«, meinte Veronika, »konnte der liebe Gott das nicht ein bißchen bequemer und einfacher einrichten? Ihm kann es doch einerlei sein. Er kann doch alles machen, wie er will. Ich will ihn einmal danach fragen, wenn ich ihm begegne. Aber es ist wohl nicht leicht, ihn zu sprechen? Man kann sich ja denken, daß er viel zu tun hat.«

»Ach, kleine Veronika«, sagte die Elfe und seufzte, »wenn du Gott suchst, wirst du viele schwere Wege wandern müssen, und wenn du ihn endlich gefunden hast, wirst du ihn nicht mehr fragen, was du heute fragst. Gott suchen und Gott finden ist mehr als eine Kinderfrage. Wäre es das nicht, wir wären vielleicht schon alle erlöst.«

»Bist du denn verzaubert?« fragte Veronika, »das ist ja wie im Märchen bei Schneewittchen.«

»Im Märchen ist alles so wirklich, wie sonst auf der Erde«, sagte die Elfe, »oh, wenn die Menschen das doch endlich begreifen wollten!«

»Schneewittchen schläft im gläsernen Sarge«, sagte Veronika leise, und ihre Augen wurden ernst und tief.

Die Elfe faßte Veronikas Hand.

»Wir alle schlafen im gläsernen Sarge«, sagte sie, »denke daran, denke immer daran, wenn du einmal größer wirst, kleine Veronika. Ja, hilf uns erlösen, dich und uns alle. Aber das ist so sehr schwer, kleine Veronika. Du kannst das heute noch nicht verstehen.«

»Warum nicht?« fragte Veronika, »bin ich nicht klüger geworden, seit ich aus meinem Erdenleibe herausgerutscht bin?«

»Vielleicht«, meinte die Elfe, »aber noch nicht klug genug. Um zu erlösen, mußt du ja selbst in den gläsernen Sarg hinein und tief ins Dunkel, bis du das Licht findest. Aber es müssen alle Menschen das tun – die anderen Geschöpfe warten so sehr darauf.«

»Ich hätte das einfacher eingerichtet, wenn ich der liebe Gott wäre«, meinte Veronika nachdenklich.

»Glaubst du, daß es dann ebenso gut geworden wäre?« fragte die Elfe.

»Das läßt sich natürlich nicht sagen«, meinte Veronika, »ich kann das alles überhaupt noch nicht so recht übersehen. Bloß daß wir und Schneewittchen aus dem gläsernen Sarge hinaus müssen, scheint mir sehr nötig. Ich werde später mehr darüber nachdenken. Eben kommt es mir ein wenig schwierig vor. Aber willst du mir nicht die Männchen zeigen, die sich zanken? Es würde mir großen Spaß machen.«

»Komm«, sagte die Elfe, »du mußt einmal hier durch die Wurzeln hindurchgucken. Die kleinen Männchen sitzen tief unter den Wurzeln in der Erde. Kannst du sie sehen? Es sind bloß ein Paar. Man kann ja von hier aus nicht alles überschauen, was unten in der Erde vor sich geht.«

»Richtig, da sind sie! Ach, sehen die komisch aus!« rief Veronika und beugte sich tief hinab, »das eine ist schwarz und das andre ist weiß, und beide sind sie so klein wie Mäuse. Jetzt fährt das schwarze Männchen auf das weiße los und will ihm einen Stein entreißen. Das ist ein hübscher Stein – und, guck, das weiße Männchen hat einen Hammer in der Hand, von dem sprühen Funken. Ach, das sieht fein aus! Aber das schwarze Männchen ärgert sich schrecklich, und nun zanken sie sich. Sage einmal, was wollen denn die mit dem Stein machen?«

»Ja, siehst du, Veronika«, sagte die Elfe, »das weiße Männchen behaut die Steine und macht, daß sie eine schöne Form bekommen, und die Funken will es gern in den Stein hinein haben, damit er durchlichtet wird. Es gibt doch auch klare Steine, weißt du, und so soll die ganze Erde durchlichtet werden. Aber die schwarzen Männchen mögen das nicht leiden.« »Warum denn nicht?« fragte Veronika, »das würde doch wunderhübsch aussehen.«

»Gewiß«, sagte die Elfe, »und alle würden dann ganz licht und durchsichtig werden, die Menschen, die Tiere, die Pflanzen, und nicht nur die Steine.«

»Das sollte man aber doch machen«, meinte Veronika, »ich denke mir das reizend, wenn man in jeden hineingucken kann, was drin ist.«

»Wenn du größer wirst, kleine Veronika«, sagte die Elfe, »dann wirst du es schon bemerken, wie wenig die Menschen es haben wollen, daß man in sie hineinschauen kann. Und du wirst es auch verstehen, denn es sind sehr häßliche und schreckliche Dinge, welche die Menschen in sich verwahren, und die schwarzen Männchen mögen es schon gar nicht dulden, daß man in sie hineingucken könnte, denn was darin zu sehen ist, das ist wirklich abscheulich. Und darum wollen sie, daß alles auf der Erde so schwarz und so dunkel wird, wie sie selbst es sind.«

»Ich finde, das sollte man sich nicht gefallen lassen«, meinte Veronika, »das sind doch bloß Mäuse auf zwei Beinen, was haben denn die viel zu sagen? Die schubst man beiseite, das ist ganz einfach.«

»Das können wir beide nicht«, sagte die Elfe, »ich nicht und du auch nicht, Veronika. Wenigstens heute noch nicht. Und sieh einmal, wenn du auch ein schwarzes Männchen beiseite schubst, und das wirst du später manches Mal tun – es sind eben doch sehr viele, und hinter ihnen stehen ganz große und starke Gestalten. Wenn du die sehen könntest, würdest du nicht mehr von Mäusen reden.«

»Ach, die zeige mir bitte einmal«, rief Veronika und klatschte vergnügt in die Hände, »es gibt ja eine Menge bei dir zu sehen. Zu dir muß ich recht oft in den Baum hineinkommen!«

»Wer weiß, wann du wiederkommst, kleine Veronika«, sagte die Elfe, »vielleicht kommt bald die Dämmerung über dich, und du wirst mich und das alles für eine ganze Weile vergessen. Doch die großen Gestalten darf ich dir nicht zeigen, du würdest dich so sehr erschrecken, daß du nicht mehr in dein irdisches Kleid zurückschlüpfen wolltest. Das aber mußt du tun, denn deine Wanderung hat ja erst begonnen.«

»Muß ich denn wandern?« fragte Veronika, »ich gehe doch bloß im Garten spazieren, wie heute.«

»Du wirst viele Wanderungen machen, und es wird kein Spaziergang sein, kleine Veronika.«

»Ach, meinst du?« sagte Veronika, »und stehen hinter den weißen Männchen auch so große Gestalten und sind sie auch so schrecklich? Huh, wie sich die Männchen zanken! Aber jetzt hat das weiße Männchen doch den Stein behalten, das freut mich riesig, er soll ihn nur recht schön klar und durchsichtig machen.«

»Ja, auch hinter den weißen Männchen stehen große Geister, doch die sind nicht schrecklich. Sie sind wunderbar schön, aber so schön, daß du auch sie noch nicht ertragen könntest. Warte nur, kleine Veronika, bis du einmal die Augen der Tiefe haben wirst, dann kannst du die einen und die anderen schauen.«

»Dann möchte ich bald die Augen der Tiefe haben«, sagte Veronika sehnsuchtsvoll.

»Ach, kleine Veronika, wünsche das nicht. Die Augen der Tiefe reifen durch Tränen, und die Tränen kommen noch früh genug.«

An den Baumstamm klopfte es leise. Draußen stand ein Luftgeist, der sah aus, als wäre er aus lauter bunten Farben gewoben, und an den Schultern hatte er Falterflügel.

»Oh, ist der hübsch«, rief Veronika.

»Ich soll die kleine Veronika abholen und sie noch einmal zur silbernen Brücke führen«, sagte er leise.

»Das ist aber nett von dir«, meinte Veronika, »ich freue mich sehr darauf, eine silberne Brücke möchte ich zu gerne sehen!«

»Ich glaube, deine Dämmerung ist nun nahe gekommen, Veronika«, sagte die Elfe. »Steige hinauf in die Krone, dann gibt dir der Luftgeist die Hand, und du fliegst mit ihm zur silbernen Brücke.«

»Kommst du nicht mit?« fragte Veronika, »ich würde mich sehr freuen, wenn du mitkämst. Wir haben uns so schön unterhalten.«

»Nein, ich kann nicht mit dir gehen«, sagte die Elfe, »ich bin an den Baum gebunden und muß in ihm bleiben, bis er abstirbt oder gefällt wird. Das kommt auch einmal.«

»Oh«, meinte Veronika bedauernd, »tut das sehr weh?«

»Es tut schon weh«, sagte die Elfe, »aber nicht so, wie du es dir denkst. Es ist so, als ob man auszieht aus einem Haus, das man gern hatte, in ein anderes, nicht so, wie wenn du dich in den Finger schneidest. Solchen Schmerz fühlen wir nicht, und wir sterben auch nicht so wie Menschen und Tiere, denn die sind ja anders mit ihrem Erdenleib verwachsen, und es ist ein größerer Abschnitt für sie, wenn sie ihn verlassen und über die silberne Brücke gehen. Wir aber sind halb hier und halb dort zu Hause, bis wir alle einmal die gleiche Heimat finden. Doch das wird erst sein, wenn Schneewittchen erwacht ist.«

»Ich kann das nicht ganz verstehen«, meinte Veronika, »ich bin noch nie gestorben und noch niemals von einem Haus in ein anderes gezogen.«

»Du hast beides schon viele Male getan«, sagte der Luftgeist von oben, »du hast es nur wieder vergessen. Die Dämmerung ist dazwischengekommen, und nun kommt sie bald wieder, kleine Veronika. Aber zuerst wollen wir noch zur silbernen Brücke fliegen.«

Da hob die Elfe Veronika auf und trug sie hoch in die Krone des Baumes, wo der Luftgeist auf sie wartete.

»Lebe wohl, kleine Veronika«, sagte sie, »vergiß mich nicht. Aber ich weiß ja, daß du mich vergessen wirst, wenn die Dämmerung kommt. So will ich dir lieber sagen: erinnere dich wieder einmal meiner, und dann denke daran, daß Schneewittchen im gläsernen Sarge schläft wie wir alle und daß wir alle erlöst sein wollen.«

»Ja, daran will ich denken«, versprach Veronika, »lebe wohl und auf Wiedersehen. Ich komme bald!«

»Du wirst nicht so bald kommen, und wenn du wieder durch den Garten der Geister wanderst, wird viel geschehen sein, Veronika«, rief die Elfe ihr nach und winkte ihr mit der Hand zum Abschied.

Oben in den grünen Zweigen saß die Amsel und machte einen erheblichen Lärm.

»Du brauchst nicht so zu schreien«, sagte Veronika, »über dich habe ich mich geärgert, denn du hast geschimpft, weil ich mit Mutzeputz befreundet bin. Dabei ist Mutzeputz viel klüger als du, und ich tue nichts, ohne Mutzeputz zu fragen. Überhaupt will ich dir sagen, daß du keine Ursache hast, auf andere zu schimpfen, denn der Käfer hat noch viel schlimmer über dich gesprochen als du über Mutzeputz. Der Käfer sagte, du seiest ein scheußliches Geschöpf, und die Regenwürmer sind auch derselben Meinung. Der Käfer sagte, er hätte mir nicht sein Landhaus gezeigt, wenn er gewußt hätte, daß ich dich kenne. Siehst du, so steht es mit dir, und du hast kein Recht, über Mutzeputz zu schimpfen. Mutzeputz hat auch stets seine pünktlichen Mahlzeiten und hat es nicht nötig, dich aufzuessen. Dich schon gar nicht!«

Veronika war es ordentlich eine Erleichterung, daß sie sich das vom Herzen reden konnte. Denn sie konnte es durchaus nicht vertragen, wenn jemand Mutzeputz nicht die schuldige Achtung erwies. Die Amsel aber saß da und sperrte den Schnabel auf über eine solche unerhörte Frechheit. So etwas hatte ihr wahrhaftig noch niemand gesagt, und das Schlimmste dabei war – es ließ sich auch nichts dagegen einwenden.

»Du hast schon recht, Veronika«, sagte der Luftgeist, »aber, sieh einmal, Mutzeputz hat recht, und die Amsel, die Käfer und die Regenwürmer auch. Das sind die Kräfte, die sie vernichten, weil sie in die Dämmerung hinabsteigen mußten, und das wird erst anders werden, wenn Schneewittchen wieder erwacht ist, und dazu kannst du einiges tun, und alle anderen Menschen können es wie du. Das sind große Geheimnisse des Werdens und Vergehens, Veronika, nur sind sie heute noch ein bißchen zu schwer für dich. Aber, nicht wahr, du kannst es verstehen, daß es dir auch nicht recht wäre, wenn man dich aufessen wollte – natürlich nicht dich, sondern deinen Erdenleib?«

»Ja«, meinte Veronika, »ich selbst bin nicht gegessen worden und kann darüber nichts sagen, ich denke es mir aber sehr eklig.«

»Siehst du«, sagte der Luftgeist, »und nun stelle dir einmal vor, es würde jemand kommen und die aufessen, die du lieb hast – und solche hast du doch auch, nicht wahr?«

»Natürlich«, sagte Veronika eifrig, »Mutzeputz und Mama, Onkel Johannes, Tante Mariechen, den kleinen Peter und meine Puppen, nein, die darf niemand essen, das wäre ja schrecklich. Auch Karoline soll nicht gegessen werden. Karoline ist die Köchin, weißt du. Sie spricht sehr laut, aber Mutzeputz schätzt sie sehr. Es ist eigentlich sonderbar, daß Mutzeputz sie schätzt, denn er mag es sonst nicht leiden, wenn man laut mit ihm spricht. Wir sprechen meist nur mit Gedanken zusammen. Papa kann man nicht mehr aufessen. Papa ist im Himmel. Mama sagt, der liebe Gott habe ihn irgendwie sehr nötig gehabt, und wir müssen uns so behelfen.«

»Liebst du Mutzeputz am meisten, Veronika«, fragte der Luftgeist, »weil du ihn ganz zuerst genannt hast?«

»Ich liebe alle«, sagte Veronika, »aber ich dachte zuerst an Mutzeputz, weil ich ihn immer nach allem frage. Die anderen kann man gar nicht so fragen, weil sie nicht alles verstehen, was man meint. Am ehesten noch Onkel Johannes. Es kann auch sein, daß Onkel Johannes ebenso klug ist wie Mutzeputz, aber ich glaube das eigentlich nicht. Jedenfalls sind sie beide sehr befreundet, und Onkel Johannes hat große Achtung vor Mutzeputz.«

»Das ist recht von Onkel Johannes«, meinte der Luftgeist, »aber nun wollen wir zusammen zur silbernen Brücke fliegen.«

»Wie kann ich das?« fragte Veronika zaghaft, »da müßte ich auch so schöne Flügel haben wie du.«

»Du hast ja schon welche, merkst du es nicht, daß sie dir an den Schultern gewachsen sind? Bei uns geht das schnell im Garten der Geister.«

Wahrhaftig – Veronika fühlte, wie sich leise federnde Falterschwingen an ihren Schultern bewegten, und schwerelos glitt sie mit dem Luftgeist von der Krone des Baumes in die weite, durchsonnte Sommerluft.

Um sie herum flogen Schmetterlinge.

»Nun bist du wie wir, Veronika«, sagten sie.

Tief unter ihnen lag der Garten mit Kohl und Radieschen, mit Blumen, Käfern und Regenwürmern, und die Quellnixe warf ihre blanken Bälle in die blaue Luft, daß sie im Sonnenlicht zersprangen wie tausend blitzende Diamanten.

»Warum fliegst du so hoch über den Garten hinweg, Veronika?« rief die Igelmutter, »du mußt erst einmal sehen, wie hübsch sich meine Kinder zusammenrollen können.«

»Oh, die niedlichen kleinen Kugeln, mit lauter Stacheln daran!« rief sie entzückt.

»Was fällt dir ein, von Kugeln zu reden?« ärgerte sich die Igelmutter, »das sind keine Kugeln, das sind meine Kinder. Was würdest du sagen, wenn ich deine Kinder Kugeln nennen wollte? Was sind das überhaupt für Ausdrücke!«

»Hier wird einem aber leicht etwas übelgenommen«, sagte Veronika, »erst schimpft die Amsel, dann der Käfer und nun der Igel. Dabei habe ich doch gesagt, daß die Kinder reizend sind.«

»Je tiefer im Garten der Erde, um so mehr wird alles mißverstanden, das kommt von der Dämmerung, Veronika, und am meisten mißverstehen und schimpfen die Menschen«, meinte der Luftgeist. »Veronika hat das gar nicht so gemeint«, rief er nach unten, »und außerdem ist eine Kugel die vollendetste aller Formen.«

»So? Ist das auch wahr?« fragte die Igelmutter geschmeichelt, »und wohin fliegt ihr so eilig?«

»Über die Quelle hinüber zur silbernen Brücke«, rief der Luftgeist.

»Da will ich auch hin«, meinte die Igelmutter, »aber wie soll ich mit den Kleinen über das Wasser? Ich suche schon lange nach einem passenden Übergang.«

»Am andern Ende des Gartens ist eine kleine Brücke«, sagte der Luftgeist, »die führt über die Quelle hinüber.«

»Immer diese Umwege!« knurrte die Igelmutter, »nein, das ist mir heute zu umständlich, dann bleiben wir lieber hier. Es ist auch hier recht sonnig und angenehm.«

»Ja, man muß Umwege machen, bis man zur silbernen Brücke kommt«, sagte der Luftgeist, »auch du wirst noch manchen Umweg machen müssen, kleine Veronika. Aber für den Igel ist es überhaupt noch zu früh, er hat noch hier zu tun. Auch ist er noch zu empfindlich und leicht beleidigt.«

»Wenn die silberne Brücke jenseits der Quelle liegt, dann ist sie ja da, wo Onkel Johannes wohnt?« fragte Veronika. »Am Ende hat sie Onkel Johannes selber gebaut? Dann hätte er mir freilich auch etwas davon sagen können.«

»Onkel Johannes hat wohl schon manche Brücke gebaut, die zu der silbernen Brücke führen sollte, aber die silberne Brücke selber kann er nicht bauen. Ich glaube eher, er hat sich seine Wohnung dort eingerichtet, weil er die silberne Brücke daneben entdeckt hat«, sagte der Luftgeist. »Schau, Veronika, da ist sie!«

Auf silbernen Pfeilern erhob sich die silberne Brücke aus dem Garten der Geister. Sie stieg in weitem Bogen in die klare Luft hinauf und verlor sich schimmernd im Sonnenlicht, in einem Glanz, den die Augen nicht mehr ertragen konnten. So etwas Schönes glaubte Veronika noch nie gesehen zu haben, und doch war es ihr, als wäre sie hier zu Hause und wäre schon oft über die silberne Brücke gegangen. Aber wann war das gewesen – wann? Sie konnte sich nicht mehr darauf besinnen. Da, wo die Brücke begann, waren die Erde und die Steine klar wie aus Glas, und es blühten um sie durchlichtete Lilien und Rosen und tausend andere Blumen, die Veronika nicht alle kannte. Lautlos und ohne Schwere schwebten Gestalten von Menschen und Tieren über die Brücke, und auch sie waren durchdrungen von jenem Licht, das Blumen und Steine erhellte. Auf der Mitte der Brücke aber, gerade dort, wo sie sich im Glanz verlor, standen lauter weißgekleidete Engel mit silbernen Schwingen. Veronika war ganz still geworden und fühlte nichts als das Licht in sich, und ihr war es, als müsse sie vor allen anderen einen Engel besonders anschauen, vielleicht, weil er auch die Augen gerade auf sie gerichtet hatte.

»Sieh dir die silberne Brücke an, kleine Veronika, du kamst von ihr und du gehst wieder zu ihr«, sagte der weißgekleidete Engel, »aber erst kommt die Dämmerung.«

Da schien es der kleinen Veronika, als ob eine große Angst vor der Dämmerung sie ergriffe, obwohl sie nicht so recht wußte, was das eigentlich war.

»Hab keine Furcht, kleine Veronika«, sagte der Engel, »die Dämmerung kommt, und der Glanz der silbernen Brücke wird erlöschen, und auch den Garten der Geister wirst du nicht mehr so sehen, wie du ihn heute sahst, zum letzten Mal. Es wird sehr dunkel, wenn die Dämmerung kommt. Aber ich werde mit dir gehen, und ich werde dir deine drei Lichter anzünden, kleine Veronika, und werde über dir wachen.«

Ein großer, grauer Schleier fiel über die silberne Brücke und über alles, was auf ihr war, so daß Veronika nichts mehr davon sehen konnte. Es war eine tiefe Stille und Traurigkeit um sie. Nur von fern redete es mit leisen Stimmen.

»Siehe, wie weiß unsere Blüten sind«, sagten die Liliengeister, »so rein und so weiß ist das himmlische Hemd, das du einmal wieder tragen wirst.«

»Schau, wie rot unsere Kelche sind«, sagten die Rosenseelen, »so rein und so rot ist der Kelch des Grales, nach dem du einmal wieder die Arme ausstrecken wirst.«

Der graue Schleier wurde dunkler und lag nun auch über dem Garten der Geister, so daß Veronika nicht mehr so deutlich sehen konnte wie vorher.

Der Luftgeist streckte ihr die Hand hin.

»Lebe wohl, Veronika«, sagte er.

»Gehst du auch fort von mir?« fragte Veronika, »gehe nicht fort, ich fürchte mich, allein zu bleiben.«

»Du wirst nicht allein bleiben«, sagte der Luftgeist, und es war, als ob seine leuchtenden Farben verblaßten, »dein Engel wird über dir wachen, und dann hast du doch Mutzeputz und die anderen, die du um Rat fragen kannst.«

»Ich hätte noch gerne jemand wie dich oder die Elfe im Baum«, sagte Veronika.

»Auch das wirst du haben, wenn du ins Haus der Schatten gehen wirst«, sagte der Luftgeist und lächelte freundlich, »im Hause der Schatten lebt ein kleines Geschöpf, das nahe mit uns verwandt ist. Es heißt Magister Mützchen, und es wird dich betreuen, so gutes das kann nach seinen Kräften.«

»Magister Mützchen?« wiederholte Veronika, »was ist das für ein komischer Name!«

»Möchtest du dir nicht vielleicht noch einmal mein Landhaus betrachten?« fragte eine kleine, schwache Käferstimme, sehr, sehr ferne und kaum noch vernehmbar.

Dann wurde es dunkel im Garten der Geister. Die himmlischen Augen hatten sich geschlossen.

»Veronika!« rief es. Das war die Stimme der Mutter.

»Ja, Mama, ich komme!«

Und mit einem Ruck, der ein wenig schmerzhaft war, glitt die kleine Veronika in ihren Erdenleib zurück.

Die Mutter stand vor ihr und sah sie an.

»Hast du geschlafen, Veronika?« fragte sie freundlich.

»Nein, Mama, ich habe nicht geschlafen, ich war sehr wach, und ich war bei einem Käfer und bei der Baumelfe, und nachher hat mir der Luftgeist die silberne Brücke gezeigt.«

»Du hast geträumt, Veronika.«

»O nein, das war alles sehr wirklich«, sagte Veronika, und es kränkte sie, daß die Erwachsenen immer wieder nicht begreifen konnten, was doch viel wirklicher war als alles auf der Erde.

Aber als sie sich selbst genauer auf alles besinnen wollte, konnte sie es nicht mehr. Nur eine Ahnung war da, doch man konnte sie nicht mehr deutlich machen.

Die große Dämmerung hatte begonnen.

»Komm, Veronika«, sagte die Mutter, »nimm deine Schaufel und deinen Blecheimer, du kannst dein schönes Gartenbeet morgen weitergraben. Jetzt wollen wir nach Hause gehen. Wo ist denn Mutzeputz?«

Als Mutzeputz seinen Namen hörte, sprang er in großen Sätzen an Veronika und ihrer Mutter vorbei, lief ihnen voraus und hüpfte über die Treppenstufen auf die Veranda, um dort zu warten. Er wollte es Veronikas Mutter durchaus nicht zugestehen, daß er gekommen war, bloß weil sie ihn rief. Man muß schon selbständig bleiben, wenn man der Kater Mutzeputz ist, nicht wahr?

»Wie dunkel ist der Garten geworden, und er war doch so hell«, dachte Veronika, »ich sehe gar nichts mehr ordentlich.«

Es war aber doch nicht ganz so schlimm, und die kleine Veronika konnte noch manches sehen. Unten an den Treppenstufen stand ein sehr kleines Geschöpf mit dünnen Beinen, in einem grauen Kleide und mit einem spitzen, roten Hut auf dem Kopf. Es war nicht größer als zwei Handlängen und dabei sehr beweglich und überaus komisch. Wie sonderbar, daß die Mutter es nicht bemerkte! Sie sagte jedenfalls nichts.

Veronika lachte, und mit einem Male kam ihr auch die Erinnerung an das, was ihr der Luftgeist zum Abschied gesagt hatte.

»Bist du Magister Mützchen?« fragte sie.

»Zu dienen, Mützchen – Magister Mützchen, zu dienen«, sagte das kleine Geschöpf und verneigte sich unaufhörlich.

Dabei nahm es den roten Hut vom Kopf und hielt ihn sich vor den Magen. Dazwischen schnitt es Fratzen, die wirklich sehenswert waren. Es kam auch die Treppe mit hinauf.

»Falle nicht, kleine Veronika«, sagte es und nahm Veronika bei der Hand.

Veronika empfand eine große Ruhe dabei. Es war ihr, als habe sie einen guten Kameraden gefunden.

»Fällt man denn hier so leicht?« fragte sie, und diesmal redete sie laut und nicht nur in Gedanken.

»Über diese Stufen sind schon viele gefallen, kleine Veronika«, sagte Magister Mützchen, »ach, so viele! Es ist ja das Haus der Schatten, in das du gehst, und es hat viele Stufen und viele Schwellen.«

»Mit wem redest du denn, Veronika?« fragte die Mutter.

»Ach, bloß so«, sagte Veronika.

Dann gingen sie alle in das Haus der Schatten hinein.

In dieser Nacht konnte die kleine Veronika lange nicht einschlafen. Sie lag mit offenen Augen im Bett und guckte auf Mutzeputz, der zu ihren Füßen schlief, und auf Magister Mützchen, der am Bettpfosten turnte und unglaubliche Gesichter machte. Es war doch bewunderungswürdig, wie er das konnte.

»Sei nur leise«, sagte Veronika, »damit die Mutter nicht aufwacht.«

»Die wacht nicht auf«, meinte Magister Mützchen, »sie schläft ganz fest, und mich würde sie doch nicht bemerken. Aber ich werde jetzt keinen Unsinn mehr machen, es kommt noch jemand zu dir.«

Mit einem Male wurde es sehr hell im Zimmer, und Veronika sah, wie der Engel von der silbernen Brücke an ihrem Bett stand. Veronika erkannte ihn gleich, und es kam ein großer und froher Friede über sie.

»Wie schön, daß du kommst«, sagte sie, »ich war ein bißchen ängstlich geworden. Mir ist, als ob ich heute viel erlebt habe und als ob etwas Besonderes geschehen sei.«

»Das ist wahr, Veronika«, sagte der Engel und sah die kleine Veronika an. Es war viel Liebe in seinen Augen. »Heute hast du für eine lange Zeit zum letzten Male den Garten der Geister und die silberne Brücke geschaut, und deine himmlischen Augen haben sich geschlossen. Nur im Haus der Schatten werden sie noch sehen. Die große Dämmerung ist gekommen und nun beginnt deine Wanderung. Aber du mußt keine Angst haben, wenn es dunkel ist, ich will dir deine drei Lichter anzünden und über dir und ihnen Wache halten.«

»Ach, bitte, wache auch über Mutzeputz und Magister Mützchen und alle anderen auch«, bat Veronika.

»Ja«, sagte der Engel, »ich will auch über Mutzeputz und Mützchen wachen. Auch über die anderen, wenn sie über sich wachen lassen wollen. Das wollen ja nicht alle Menschen, so wie du es dir denkst.«

Still und feierlich stellte der Engel einen großen, seltsamen Leuchter mit drei Armen vor Veronika hin. Auf der Spitze jedes Armes brannte eine kleine Flamme, eine blaue und eine rote an den Seiten und eine goldene, ein wenig erhöht, in der Mitte.

»Nun brennen deine drei Lichter in der Dämmerung«, sagte der Engel, »Segen auf deinen Weg, kleine Veronika.«

Veronika schaute mit weiten Augen in die leuchtenden Flammen und auf den Engel. Sie sah noch, daß Magister Mützchen andachtsvoll in einer Ecke hockte, und sie hörte Mutzeputz leise schnurren. Dann kam eine unendliche Müdigkeit über sie, und sie schlief ein.

Aber der Engel an ihrem Bett blieb stehen und hielt seine Hand über die drei Lichter der kleinen Veronika.

Die drei Lichter der kleinen Veronika

Подняться наверх