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Bauland, Tauberland und Hohenlohe
Eine Landschaft löst sich auf

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Geopunkte

IPBesucherzentrum Eberstadter Höhlenwelten in Buchen-Eberstadt (Infopunkt) Daueraustellung zur Entstehungsgeschichte der Muschelkalk-Landschaft

1 Ingelfingen Muschelkalkmuseum mit Fossilien-Ausstellung Hinweis: Eintrittsgebühr

2 Haßmersheim Neckarprallhang im Wellenkalk, Unterer Muschelkalk (Jena-Formation)

3 Werbach Steinbruch der Fa. SHB (aktiver Abbau) mit großem Muschelkalkprofil durch den Mittleren Muschelkalk. Hinweis: von außen einsehbar

4 Lauda-Königshofen Gipsbruch (aufgelassen) am Kirchberg mit Evaporitgesteinen (u.a. Schlangengips) der Heilbronn-Formation

5 Bad Mergentheim Mineralquellen mit Mineralwasser aus der Heilbronn-Formation

6 Krensheim Quaderkalksteine der Meißner-Formation in mehreren aufgelassenen Steinbrüche rund um den Ort

7 Neckarzimmern Burgruine Hornberg mit Grenze Muschelkalk/Keuper in Böschung

8 Schwäbisch Hall Geolehrpfad vom Mittleren Muschelkalk bis zum Mittleren Keuper vom Stadtzentrum auf den Einkorn (510 m NHN)

9 Osterburken Trichterdoline mit Egelsee infolge Verkarstung der Gesteine des Mittleren Muschelkalks

10 Buchen-Hettingen Hettinger Dolinenfeld mit unterschiedlichen Dolinenformen und Bachschwinden

11 Buchen-Hettingen Morrequelle als zeitweise sehr stark schüttende Karstquelle

12 Buchen-Eberstadt Eberstadter Tropfsteinhöhle im Unteren Muschelkalk und Geolehrpfad

13 Dörzbach an der Jagst Kapelle St. Wendel am Stein auf Kalksinterterasse

14 Grünsfeld Durch mittelalterliche Bodenanschwemmungen verschüttete St.Achatius-Kapelle

Im Nordosten von Baden-Württemberg sind zwischen Kraichgau, Odenwald, Frankenhöhe und Schwäbisch-Fränkischem Wald außergewöhnliche Phänomene zu beobachten: unruhige Geländeformen mit Eintiefungen und teils frischen Einbrüchen der Erdoberfläche, stark schüttende Quellen, trockengefallene Täler und Flussschwinden. In dieser Region löst das im Kalkgestein des Muschelkalks zirkulierende Grundwasser entlang von Klüften und Spalten den Kalk auf und vergrößert so die Hohlräume im Untergrund. Die Eberstadter Tropfsteinwelten im Bauland stehen exemplarisch für die intensiven Lösungsprozesse mit Höhlenbildungen im Untergrund. Tauber, Jagst und Kocher sowie deren Nebenflüsse haben sich tief in die Gäulandschaften von Bauland, Tauberland, Hohenloher Ebene, Haller Ebene und Kocher-Jagst-Ebenen eingeschnitten. Die Region stellt darüber hinaus mit mehr als 2000 Erdfällen und zahlreichen Trockentälern das größte Muschelkalk-Karstgebiet Deutschlands dar.

Im äußersten Norden Baden-Württembergs liegen als nördlicher Teilbereich der Neckar- und Tauber-Gäuplatten die Gäulandschaften (Exkurs 4) von Bauland und Tauberland und des sich südlich anschließenden flachwelligen Hügellands der Kocher-Jagst-Ebenen, der Hohenloher und Haller Ebene. Diese Landschaften werden zum größten Teil aus Gesteinen des Muschelkalks und des Unterkeupers (Exkurs 5 und 6) aufgebaut.

Das Bauland wird naturräumlich gesehen im Südwesten vom Neckar begrenzt, im Nordwesten vom Odenwald, im Nordosten vom Tauberland mit dem Taubertal und im Südosten von der Jagst mit den sich anschließenden Kocher-Jagst-Ebenen. Das im Nordosten der Region gelegene Tauberland wird nordwestlich vom Sandstein-Spessart, im Norden und Osten von den Mainfränkischen Platten und im Süden von der Hohenloher Ebene abgegrenzt. Im Süden der Region bilden die Kocher-Jagst-Ebenen und die Hohenloher Ebene die Fortsetzung der Muschelkalk-Landschaft, die weiter südlich schließlich vom Keuperbergland mit dem Fränkisch-Schwäbischen Wald abgelöst werden.

Als Teilgebiet der Hohenloher Ebene ragt die Haller Ebene rund um Schwäbisch Hall mit einer südlichen Ausbuchtung weit in das Keuperbergland hinein.

Einen guten Einstieg in die Welt des Muschelkalks bietet das Muschelkalkmuseum des Hobbypaläontologen Hans Hagdorn in Ingelfingen. Auf über 300 m2. Ausstellungsfläche wird den Besuchern die Lebenswelt zur Zeit des Muschelkalks anschaulich anhand von typischen Gesteinen und Fossilien sowie Lehrmaterial nähergebracht.

Das im zentralen Norden von Baden-Württemberg liegende Bauland hat nichts mit der Ausweisung besonders vieler Neubaugebiete oder Ähnlichem zu tun, sondern leitet sich von „Ponland“ ab. Es handelt sich dabei um eine Landschaft, in der früher besonders Bohnen (mittelhochdeutsch: pône) angebaut wurden. Die heutige Besonderheit des Baulandes stellt der großflächige Anbau der Getreidesorte Dinkel und deren Weiterverarbeitung zu Grünkern, dem „Badischen Reis“, dar. Der Anbau dieser an Klima und Boden anspruchslosen Pflanzen gibt uns bereits einen Hinweis auf die Kargheit der aus dem Muschelkalkgestein hervorgegangenen Böden. Zudem wird das Bauland aufgrund seines rauen Klimas und der eintönig wirkenden Landschaft manchmal spöttisch als „Badisch Sibirien“ bezeichnet.


Die Welt zur Zeit des Muschelkalks erleben, kann man im Muschelkalkmuseum Hagdorn in Ingelfingen. Die Erdgeschichte des Kochertals und der weiteren Umgebung wird anhand zahlreicher Exponate wie Fossilien, Gesteine und Lehrtafeln erläutert. Besonders schön ist beispielsweise diese Gesteinsplatte aus der Trochitenkalk-Formation mit filigran herausgearbeiteten Seelilien, die aus dem Raum Crailsheim stammt.


Bei Niedrigwasser des Neckars fällt bei Haßmersheim eine der Ufersteilwand vorgelagerte Felsbank trocken. Dann kann man dort die durch die Wellenbewegung des Muschelkalkmeeres wellige Schichtflächenausbildung der Schichten studieren, weshalb die Kalk- und Mergelsteine der heutigen Jena-Formation früher als Wellenkalk bezeichnet wurden.

Im Bereich der Neckar-Tauber-Gäuplatten werden für die Abfolge der Muschelkalkschichten oft neben den alten Formationsnamen neue benutzt. In der ältesten Einheit, dem Unteren Muschelkalk, betrifft dies unter anderem die Jena-Formation, benannt nach der in Thüringen klassifizierten Schichtabfolge. Das gesamte Schichtpaket der Formation wurde früher aufgrund der auffällig welligen Ausprägung einer Schichteinheit, dem Wellenkalk, Wellenkalk-Formation genannt. Am Neckarprallhang bei Haßmersheim hat sich der Fluss besonders eindrucksvoll eingeschnitten und so eine mehrere Meter hohe senkrecht geneigte Felsböschung aus Wellenkalk geschaffen. Bei Niedrigwasser taucht eine vorgelagerte Felsbank am linken Neckarufer auf, auf deren Oberfläche sogenannte Rippeln zu sehen sind. Diese sind durch die Wellenbewegung des Meeres entstanden. Eine Besonderheit in den unteren Schichten der Jena-Formation ist die Buchen-Subformation, die nur im Bauland und im Kraichgau vorkommt. Anders als im restlichen Baden-Württemberg sind die Schichten hier nicht kalkig, sondern mergelig beziehungsweise dolomitisch ausgeprägt. Die Buchen-Subformation, deren Namen auf die nahe der Odenwald-Stadt Buchen erstmals beschriebene Ammoniten-Gattung Beneckeia buchi zurückgeführt wird, ist dort in den umgebenden Aufschlüssen häufig zu finden.


Vom Wanderweg, der dicht am Kalksteinbruch bei Werbach vorbeiführt, schaut man tief hinunter in einen großen Ausschnitt der Schichtabfolge des Unteren und Mittleren Muschelkalks. Dieses „Muschelkalk-Fenster“ reicht von der Jena-Formation an der Tiefsohle über die Karlstadt- und Heilbronn-Formation bis zur Diemel-Formation am oberen Rand. Auch wenn die Schichtabfolge auf den ersten Blick recht monoton wirkt, kann man bei genauerem Hinsehen Kalkstein-Schichten, Kalkmergel-, Mergel- und Dolomit-Schichten sowie bereits ausgelaugte Gips-Schichten unterscheiden.

Die Grenze zwischen dem Unteren und Mittleren Muschelkalk ist im Abbau befindlichen Steinbruch der Fa. SHB Schotterwerke Hohenlohe-Bauland bei Werbach spektakulär aufgeschlossen. Nur wenige Meter oberhalb der Grenze zum darunterliegenden Buntsandstein sind in den unteren Abbauwänden die Schichtglieder der Jena-Formation, unter anderem mit dem charakteristischen Wellenkalk, und der Buchen-Subformation aufgeschlossen. Der Mittlere Muschelkalk beginnt mit Kalk-, Kalkmergel- und Dolomitschichten der Karlstadt-Formation (früher: Geislingen-Formation), gefolgt von bereits stark ausgelaugten Gesteinen der Heilbronn-Formation, der früheren Salinar-Formation. Diese ehemals evaporitreichen Schichten bestehen hier nur noch aus Gipsresten und dolomitischen oder tonig-schluffigen Auslaugungsgesteinen. Im oberen Steinbruchbereich, dessen Schichten als nicht abbauwürdiger Abraum beseitigt werden müssen, stehen mergelige Dolomitgesteine der Diemel-Formation, der früheren Oberen Dolomit-Formation, an.


Während des Mittleren Muschelkalks wurden im Meeresbecken durch starkes Eindampfen des Meerwassers salzreiche Gesteine aus Steinsalz und Gips abgelagert. Die Gesteine sind in der Heilbronn-Formation zu einer Gruppe zusammengefasst. Gut zugängliche und nicht verrutschte Böschungen in der Heilbronn-Formation sind selten. Im alten Gipsbruch am Kirchberg bei Lauda-Königshofen ist eine Steilwand erhalten, die neben völlig zu Ton ausgelaugten Schichten noch einzelne Gipslagen aufweist.

Einblicke in die bemerkenswerte Heilbronn-Formation mit ihren Evaporitgesteinen erhält man beispielsweise auch im alten Gipsbruch am Kirchberg bei Lauda-Königshofen. Der frühere Bruch, der in den Oberen Sulfatschichten der Heilbronn-Formation betrieben wurde, weist neben völlig zu Ton ausgelaugten Schichten noch einzelne Gipslagen auf. Die manchmal wirr erscheinende Schichtung im Gips wird als Schlangengips bezeichnet.

Die nur wenige Kilometer tauberaufwärts liegende Kurstadt Bad Mergentheim verdankt ihren Kur- und Bäderbetrieb den Mineral- und Heilwässern, die in den Gesteinen des Mittleren Muschelkalks zumindest einen gewissen Anteil ihrer Mineralisation erfahren haben. Bei der Versickerung von Niederschlagwasser wird das Wasser bei der Auslaugung der Heilbronn-Formation besonders mit Natrium-, Kalzium-, Chlorid-, Hydrogenkarbonat- und Sulfat-Ionen angereichert. In dem Porengrundwasserleiter des Oberen Buntsandsteins wird das Grundwasser nach der Passage durch die Klüfte der Muschelkalkschichten in den Porenräumen der Sandsteine gestaut. Die vier Heilquellen der Kurstadt beziehen ihr Wasser aus diesem Grundwasservorrat. Im Trinktempel im Kurpark strömt das gesunde Wasser der drei Trinkquellen Wilhelms-, Karls- und Albertquelle aus polierten Brunnentischen, während in der benachbarten Solymar-Therme im stark solehaltigen Wasser der Paulsquelle gebadet werden kann.


Bei der Auslaugung der salzreichen Gesteine der Heilbronn-Formation wird das Grundwasser mit den gelösten Salzen angereichert. Der Kurbetrieb von Bad Mergentheim gründet auf diesem stark salzhaltigen Wasser. Im Trinktempel im Kurpark können die Besucher das Wasser aus drei verschiedenen Quellen kosten.


Die Kalkgesteine des Obersten Muschelkalks weisen eine besondere Ausbildung auf: die Quaderkalkfazies. Rechtwinklig verlaufende Kluftflächen und Schichtfugen lassen den Gesteinsverband der porösen Schillkalksteine leicht in Quader zerbrechen. Rund um Krensheim existieren einige Steinbrüche, in denen die begehrten mainfränkischen Werksteine gewonnen werden.


Unmittelbar in der Nähe von Burg Hornberg bei Neckarzimmern ist in einer Böschung die Grenze zwischen Muschelkalk und Keuper freigelegt. Zum Obersten Muschelkalk gehören die dickbankige Kalkmergelbank und eine darüberlagernde etwa 10 cm mächtige Dolomitlage. Der Unterste Keuper beginnt mit dem Grenz-Bonebed, in dem häufig Wirbeltierfragmente vorkommen, und setzt sich bis zu den Baumwurzeln mit gelblichen und graugrünlichen Mergellagen fort.

Die obere Formation des Oberen Muschelkalks stellt die Meißner-Formation, die frühere Obere Hauptmuschelkalk-Formation, dar. Diese ist im Tauberland nicht in ihrer typischen Tonmergel- und Kalkfazies vertreten, sondern in Form von quaderförmig abspaltenden und oft porösen Schillkalksteinen. Man findet sie in einem ehemals von der Meeresströmung begünstigten Gebiet nördlich der Gammesfelder Barre, einer ehemaligen untermeerischen Schwelle bei Gammesfeld südwestlich von Rothenburg ob der Tauber. Hier wurden auf einer etwa 30 km breiten Zunge im fränkisch-badischen Grenzgebiet massenhaft Riffschutt und Muschelschalen zusammengetragen, die gesteinsbildend sind. Die Schillbänke wurden 2 bis 3 m mächtig und durch spätere Tektonik regelmäßig durch senkrecht aufeinander stehende Klüfte in gleichmäßige Kluftkörper zerlegt. Die Blöcke ließen sich deshalb ohne Sprengungen und größeren technischen Aufwand in kubikmetergroßen Blöcken aus den Steinbrüchen gewinnen. Dadurch waren sie sehr begehrt. Noch heute gehören diese Gesteine aus dem Oberen Muschelkalk zu den wichtigsten sedimentären Werksteinen Deutschlands. Auch wenn das größte Abbaugebiet zwischen Rothenburg ob der Tauber und Ochsenfurt jenseits der Landesgrenze zu Unterfranken gehört, besitzen auch die zahlreichen Steinbrüche bei Krensheim und Umgebung im Main-Tauber-Kreis ihren Anteil am Erfolg des Vertriebs der mainfränkischen Kalkquader. In mehreren aufgelassenen Steinbrüchen rund um Krensheim kann man die Quaderkalke heute noch näher betrachten.

Den oberen Abschluss der Muschelkalke findet man gut aufgeschlossen am Neckar an der Burgruine Hornberg bei Neckarzimmern. Die Meißner-Formation besteht hier aus „normalen“ Kalk- und Mergelbänken, auf die eine Dolomitlage folgt. Das sogenannte Grenz-Bonebed weist Wirbeltierreste auf und gehört bereits der nächstfolgenden Zeiteinheit, dem Unterkeuper, an.

Im südlichsten Zipfel der Haller Ebene ragt die Kocherbucht mit ihren Muschelkalksteinen weit nach Süden in das umliegende Keuperbergland hinein. Auf dem Schwäbisch Haller Geopfad können auf 7 km Wegstrecke die Gesteine vom Mittleren Muschelkalk im Stadtzentrum gelegen bis hin zum Mittleren Keuper auf dem Einkorn (510 m NHN) am Rand des nahen Schwäbisch-Fränkischen Waldes erwandert werden. Entsprechende Informationstafeln zur Geologie finden sich am Wegesrand.


Blick vom Einkorn (510 m NHN) bei Schwäbisch Hall auf die Morphologie der Kocherbucht, die mit ihren Muschelkalkschichten weit in das umgebende Keuperbergland hineinragt. Wo fruchtbarer Lössboden sich wie ein schützender Mantel über die Muschelkalkgesteine gelegt hat, wird Landwirtschaft betrieben. An der freien Oberfläche liegend und der Erosion ausgesetzt, weisen die Muschelkalkschichten tief verkarstete Flächen mit unruhigem Geländerelief auf, die lediglich als Grün- oder Weideland dienen können.

Auch auf manchen Hochflächen der zentralen Gäulandschaft konnten Unterkeuper-Schichten bisher vor der vollständigen Erosion bewahrt bleiben. Höhe und Verbreitung der Überdeckung von Unterkeuper und auch von eiszeitlichem Löss spielen eine ganz entscheidende Rolle für die Verwitterung und chemische Zersetzung der darunter lagernden Muschelkalkgesteine. Bei ausreichender Überdeckung ist der Muschelkalk als reiner Kluftgrundwasserleiter ohne außergewöhnliche Lösungsprozesse ausgebildet. Durch das Eintiefen der Täler in die Schichten des Oberen Muschelkalks beginnt die Verkarstung dieser Schichten durch Kohlensäureverwitterung der im abströmenden Wasser enthaltenen Kohlensäure. Bei Einsetzen der Auslaugung der salzhaltigen Gesteine des Mittleren Muschelkalks durch Grundwasserzutritt erhöht sich die Geschwindigkeit der Verkarstung enorm. Nach vollständiger Auslaugung des Mittleren Muschelkalks werden auch noch die zumeist kalk- und mergelhaltigen Gesteine des Unteren Muschelkalks in die Verkarstung miteinbezogen.


Fast kreisrund ist die mit Wasser gefüllte Trichterdoline des Egelsees bei Osterburken ausgebildet. Trotz geringmächtiger Auflage von Unterkeuper- und Lösslehmschichten konnte die unterirdisch fortschreitende Verkarstung der Kalksteine des Mittleren und Oberen Muschelkalkes den Einsturz der darüberliegenden Schichten herbeiführen. Die nachgesackten Schichten sind so dicht und wasserundurchlässig, dass sie das Niederschlagwasser stauen können.


Mitten in Hettingen entspringt die Morre, die quasi als Höhlenfluss aus den zu „Kanälen“ erweiterten Klüften aus dem Muschelkalk an die Erdoberfläche tritt. Für Karstquellen äußerst typisch liegt die Gewässersohle bei niederschlagsarmer Witterung oft lange trocken, während die Quellschüttung bei feuchteren Perioden schnell zunimmt

Bei Osterburken wurde der Mittlere Muschelkalk lokal soweit ausgelaugt, dass ein größerer Hohlraum entstand und die überlagernden verkarsteten Schichten des Oberen Muschelkalks mit einer Restauflage von Unterkeuper zusammenbrachen. Die trichterförmige Einbruchsform bezeichnet man als Trichterdoline, die sich im vorliegenden Fall durch jüngere abdichtende Lösslehmsedimente mit Niederschlagwasser gefüllt und so den kreisrunden Egelsee gebildet hat. Im Bauland und Tauberland sind sogar großflächige Dolinenfelder weit verbreitet. Eines davon ist das Hettinger Dolinenfeld bei Buchen, wo sich Dolinen unterschiedlichster Form und Größe befinden. Auch hier sind viele Dolinen durch Einbruch des Oberen Muschelkalks infolge Subrosion entstanden. Subrosion bezeichnet die unterirdische Auslaugung der Gesteine des Mittleren Muschelkalks und deren Verfrachtung in gelöster Form. Durch die chemische Lösung des Kalkgesteins, ausgelöst durch abströmendes Wasser, wurden hier weitere Dolinenformen geschaffen, die man in diesem Fall als Erosionsdoline bezeichnet. Viele der Erosionsdolinen besitzen Schlucklöcher, auch Ponore, Bachschwinden oder Flussschwinden genannt. Im Bereich dieser Schlucklöcher werden temporär fließende Wasserrinnen oder auch dauerhaft fließende Bachläufe durch große Klüfte im Untergrund „verschluckt“. Aufgrund dieser Gegebenheiten existieren im Bauland und Tauberland mehrere trockene Täler ohne Bachlauf, die Trockentäler. Durch das Verschwinden der Bachläufe fielen die Täler irgendwann trocken oder sie wurden von den Fließgewässern nur noch temporär bei Hochwässern benutzt. Das Grundwasser wird durch das entlang der Kluftsysteme fließende Wasser „kanalisiert“. Daher besitzen Karstquellen bei hohem Wasserandrang meist sehr hohe Schüttungen. Hingegen fallen sie während längeren Trockenperioden schnell trocken. Eine typische Karstquelle ist beispielsweise die Morre-Quelle im Muschelkalkfelsen in der Ortsmitte von Hettingen.

Im Jahr 1971 legten Sprengarbeiten in einem Steinbruch des Unteren Muschelkalks nahe des Buchener Stadtteils Eberstadt eine begehbare Kluft frei. Schnell war klar, dass es sich hierbei um ein ausgedehntes Höhlensystem als Folge der Verkarstung handeln muss. Die Decke der Höhle besteht aus den harten und tragfähigen Schaumkalkbänken, welche sie vor dem Einstürzen und Verschütten bewahrte. Seit 1973 sind fast 600 m des großen Höhlengangs als Schauhöhle zur Eberstadter Tropfsteinhöhle ausgebaut. Verschiedene Tropfsteinformationen verdeutlichen, dass der im Wasser gelöste Kalk bei veränderten Druck- und Temperaturbedingungen wieder als Sinterkalk ausfällt. Aufgrund der Entdeckung weiterer Höhlen, wie die parallel verlaufende und 3000 m lange Höhle „Hohler Stein“ und die erst 2006 entdeckte „Kornäckerhöhle“ als nördliche Fortsetzung der Eberstadter Tropfsteinhöhle wird dort ein ausgedehntes Höhlensystem vermutet, das als Eberstadter Höhlensystem bezeichnet wird. Ein Lehrpfad, der direkt am neuen Besucherzentrum beginnt, vermittelt die Geologie des Baulandes und des näheren Umfelds mit Höhlen und Steinbrüchen.


Hinter der Wallfahrtskapelle St. Wendel am Stein bei Dörzbach erhebt sich über dem Jagstufer eine Steilwand aus Sinterkalk. Kalkreiches Quellwasser wurde aufgrund höherer Temperatur- und geringerer Druckbedingungen beim Austritt aus dem Muschelkalk-Gestein ausgefällt. So bildeten sich steile Terrassenstufen aus Sinterkalk.


Die St. Achatius-Kapelle in Grünsfeld-Hausen liegt nicht etwa in einem Erdloch, sondern wurde durch extreme Anschwemmungen von Bodenmassen infolge intensiver Rodungsprozesse auf den Gäuflächen im Mittelalter und in der Neuzeit mehrfach verschüttet. So kam es, dass die Kapelle immer wieder ausgegraben werden musste. Die umliegenden Häuser wurden mehrere Meter höher auf den jungen Bodenmassen gegründet. Das Beispiel lehrt, dass geologische Prozesse auch in menschlich fassbaren Zeiträumen ablaufen können.

Das Höhlensystem des Fuchslabyrinths und der Schandtauber-Höhle zwischen Schrozberg-Schmalhausen und dem fränkischen Bettenfeld stellt mit einer Gesamtlänge von fast 13 km derzeit das zweitlängste Höhlensystem in Deutschland dar. Obwohl das aus bisher zwei erforschten Etagen bestehende Höhlensystem größtenteils unter Wasser liegt und nicht öffentlich zugänglich ist, soll es aufgrund seiner großen wissenschaftlichen Bedeutung nicht unerwähnt bleiben.

Weitere Ausfällungsvorgänge des im Wasser gelösten Kalks sind aber auch an der Erdoberfläche zu beobachten. Bei Dörzbach an der Jagst hat sich am Steilufer der Jagst durch die Kalkfällungen bei Grundwasseraustritten in den letzten 5000 Jahren eine 10 m hohe Kalksinterterrasse gebildet. Im Mittelalter wurden große Teile des Felsens als Steinbruch genutzt. Erst die um das Jahr 1500 errichtete Wallfahrtskapelle St. Wendel am Stein zwischen Felswand und Jagst verhinderte wohl glücklicherweise den vollständigen Abbau der Sinterterrasse.

Das zunehmende Eingreifen des Menschen in die Natur und damit auch auf die geologischen Prozesse wird im unmittelbaren Umfeld der St. Achatius-Kapelle bei Grünsfeld-Hausen überaus deutlich. Auf den ersten Blick scheint es, als ob ein über 3 m tiefes Erdloch gegraben worden wäre, um darin die Kapelle zu errichten. Tatsächlich verhält es sich aber anders: Nachdem der Mensch auf den fruchtbaren Gäuflächen bereits im Mittelalter den Wald für den Anbau von Weintrauben gerodet hatte, setzte an den Hängen vor allem nach Unwettern eine verstärkte Bodenerosion ein. Die in der damaligen Talaue des Grünbachs erbaute romanische Kapelle wurde durch katastrophale Hochwasserereignisse mit Unmengen an Bodenanschwemmungen nach und nach verschüttet. Die Fläche rund um die Kapelle musste wiederholt ausgegraben und mit Stützmauern gesichert werden. Der Kapelleneingang liegt heute 3,3 m unterhalb der heutigen Aueoberfläche und weit unterhalb der Gründungssohle der umliegenden viel jüngeren Häuser. Geologische Prozesse, die sich sonst meist über einen Zeitraum von Millionen Jahren abspielen, werden hier zeitlich fassbar.


Einen seiner Höhepunkte erreicht die Verkarstung des Baulandes sicherlich bei Buchen. In der Eberstadter Tropfsteinhöhle, die als eine der schönsten Tropfsteinhöhlen Deutschlands gilt, kann man in einer durch Verkarstung des Kalksteins stark erweiterten Kluft wunderschöne Sintergebilde bewundern. Den schönsten Stalagmit stellt zweifelsohne die „Hochzeitstorte“ dar, die in Phasen verschieden starker Wasserzufuhr in mehreren Etagen entstanden ist.

Exkurs 3: Trias

In Mitteleuropa ist nördlich der Alpen und insbesondere auf der Fläche Baden-Württembergs eine charakteristische Dreiteilung der abgelagerten Schichten zwischen den Erdzeitaltern Perm und Jura zu beobachten. Auf zunächst monotone, zumeist rötlich gefärbte Sandstein-Schichtpakete des Buntsandsteins folgen ebenso eintönige Kalkstein-Serien mit zwischengeschalteten Salzgesteinen des Muschelkalks. Diese werden schließlich von mannigfaltigen Sedimentgesteinen der unterschiedlichsten Ablagerungsbedingungen des Keupers überlagert. Im Jahr 1834 vereinigte der württembergische Bergrat und Geologe Friedrich von Alberti diese drei unterschiedlichen Gesteinsabfolgen zur Trias-Formation. Somit wurde das heute weltweit gültige System Trias, das den Zeitraum von 252 bis 201 Mio. Jahre umfasst, in Baden-Württemberg begründet. Einige Highlights der großen Fossilsammlung, die von Alberti Zeit seines Lebens zusammengetragen hat, sind in dem im Herbst 2016 neukonzipierten Ausstellungsbereich des Museums im Deutschhof in Heilbronn zu bewundern. Schwerpunkte sind dort die Trias und das Salz.

Die Schichtgesteine der Trias entstanden im Ablagerungsraum des Germanischen Beckens, das sich nach der variszischen Gebirgsbildung im zentralen Mitteleuropa bildete und sich im Laufe der Trias flächenmäßig erweiterte. Zeitgleich wurden im sich südlich anschließenden Gebiet der heutigen Alpen Schichten völlig anderer Gesteinszusammensetzung abgelagert. Zur Abgrenzung der beiden unterschiedlichen Ablagerungsräume spricht man im Fall des Germanischen Beckens von der Germanischen Trias und im Fall der Alpen von der Alpidischen Trias.

Blautopf, Kaiserstuhl und Katzenbuckel

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