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3.

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Detective Inspector Morven Boyd hätte an einen verfrühten makabren Aprilscherz geglaubt, wäre die Leiche im Laden von Harrington’s Fine Jewellery nicht echt gewesen. Gwyn Harrington, die Inhaberin, lag erdrosselt in ihrem Büro. Der Ehemann, der sie gestern Abend gefunden hatte, hockte weinend auf einem Stuhl und hatte die behandschuhten Hände vors Gesicht geschlagen. Seit Morven und ihr Team eingetroffen waren, weinte er fast ununterbrochen, weshalb sie darauf verzichtet hatte, ihn zu befragen. Kaum hatte er sich mal für fünf Minuten beruhigt, ging das Schluchzen wieder los. Sie konnte ihn aber auch nicht nach Hause schicken, obwohl nicht nur ihr sein Jammern mittlerweile gewaltig auf die Nerven ging. Solange nicht feststand, ob er etwas mit dem Mord an seiner Frau zu tun hatte, hätte er zu Hause Beweise beseitigen können. Da er aber offensichtlich entschlossen war, noch endlos weiterzuheulen, und ein Beruhigungsmittel des Notarztes abgelehnt hatte, reichte es ihr.

Sie trat zu ihm. »Sir, mein aufrichtiges Beileid zu Ihrem Verlust«, versicherte sie erneut. »Ich weiß, wie schlimm die Situation für Sie sein muss. Aber fühlen Sie sich trotzdem in der Lage, mir ein paar Fragen zu beantworten?«

Er nickte und nahm die Hände vom Gesicht. »Fragen Sie«, schluchzte er und wischte sich die Tränen mit dem Ärmel seiner Jacke aus dem Gesicht. Seine Augen waren mittlerweile blutunterlaufen und geschwollen.

Morven zückte ihren Notizblock und einen Stift. »Wann genau haben Sie Ihre Frau gefunden?«

Er schüttelte den Kopf. »Weiß nicht. Muss so um halb zehn gewesen sein. Gwyn schließt den Laden immer um acht. Dann ist sie ungefähr um halb neun zu Hause. Heute – eh, gestern – hat sie gesagt, dass es später werden könnte, weil ein Kunde kurz vor Schluss noch was abholen wollte. Aber Abholen dauert doch nicht so lange.«

Täuschte Morven sich oder hörte sie tatsächlich Eifersucht in Ken Harringtons Stimme? »Kam das öfter vor?«, wollte sie wissen.

»Nein. Darum war ich ja so – beunruhigt, als sie auf meine Anrufe nicht geantwortet hat.«

Diesmal war die Eifersucht klar herauszuhören. Und die kurze Pause vor »beunruhigt« – bestimmt hatte er ein anderes Wort gebrauchen wollen, das seinen wahren Gefühlen näherkam: misstrauisch.

»Und dann?«, hakte Morven nach.

»Als sie um neun noch nicht da war, bin ich hergefahren. Im Verkaufsraum war alles dunkel, aber an der Vordertür war das Gitter nicht runtergelassen.« Er machte eine fahrige Geste zur Tür hin. »Als ich die Klinke runterdrückte, war die Tür nicht abgeschlossen. Ich bin rein, habe nach Gwyn gerufen, aber sie antwortete nicht. Ich bin hier ins Büro, habe das Licht eingeschaltet – und da lag sie! Tot!« Er deutete auf den Paravent des Tatortteams, hinter dem die Leiche lag, und fing wieder an zu weinen. »Ich habe noch ihren Puls gefühlt, aber sie war tot!«, heulte er.

Morven blickte sich um. Sie konnte keine Kampfspuren erkennen mit Ausnahme von Abriebspuren auf dem Fußboden, wo Gwyn Harrington vermutlich mit den Füßen gestrampelt hatte in dem Versuch, die Schlin­ge um ihren Hals zu lockern. Falls dabei etwas umgefallen war, hatte der Täter es wieder an seinen Platz gestellt. Aber würde eine Juwelierin, die Schmuck im Wert von zig Tausenden Pfund im Geschäft hatte, sich relativ spät am Abend allein mit einem Kunden treffen? Die mangelnden Kampfspuren deuteten darauf hin, dass sie ihren Mörder gekannt und ihm genug vertraut hatte, um ihm den Rücken zuzudrehen, denn sie war von hinten erdrosselt worden. Vermutlich mit einem Strick, aber der fehlte.

Etwas anderes fehlte auch: Einbruchspuren. Und wie es aussah, war auch nichts gestohlen worden. Sowohl der Tresor als auch der kleinere Safe im Büro waren unberührt. Zumindest gab es keine sichtbaren Spuren, dass jemand sich gewaltsam daran zu schaffen gemacht hätte. Aber das wollte nichts heißen.

»Mr Harrington, kennen Sie die Kombination zum Safe und zum Tresor?«

Harrington schüttelte den Kopf. »Das Geschäft gehört meiner Frau. Ich arbeite in einer Bank.«

War das ein Grund, dem Ehemann nicht die Kombinationen zu nennen, damit er in einem Notfall Zugriff auf den Inhalt hatte? Oder gab es einen anderen Grund für Gwyn Harrington, die Nummern für sich zu behalten?

»Ma’am!« Detective Sergeant Nathan Durie deutete auf den Computerbildschirm, vor dem er saß.

Sie ging zu ihm und blickte auf den Schirm. »Der Terminkalender der Toten, Ma’am. Wie Sie sehen, ist für gestern Abend kein Termin notiert. Der Letzte war gestern Nachmittag um drei für ein Paar, das Trauringe aussuchen wollte. Und sehen Sie hier.« Durie deutete auf den seitlich neben dem Computer stehenden Bildschirm, der offensichtlich zum Überwachungsequipment des Ladens gehörte. »Gemäß dem Timecode sind die Kameras um acht Uhr zwei ausgeschaltet worden. Der letzte Kunde hat das Geschäft um sieben Uhr siebzehn verlassen. Danach ist keiner mehr gekommen.«

Was bedeutete, dass der Täter nach acht Uhr zwei das Geschäft betreten haben musste.

»Ich habe noch etwas gefunden.« Durie hielt Morven sein Smartphone hin, mit dem er offensichtlich eine polizeiliche Abfrage zu den Harringtons gemacht hatte.

Morven zog die Augenbrauen hoch und warf einen Blick auf Harrington. Also hatte sie vorhin richtig gelegen mit der Eifersucht, die sie in seiner Stimme gehört zu haben glaubte. Seine Frau hatte mehrfach die Polizei gerufen wegen häuslicher Gewalt. In der Akte, die Durie aufgerufen hatte, war auch eine Drohung von Harrington dokumentiert, die den Mord in einem ganz anderen Licht erscheinen ließ.

»Mr Harrington.« Morven nahm Duries Smartphone und hielt es ihm hin. »Sie sind schon mehrfach wegen Gewalt gegen Ihre Frau aufgefallen. Beim letzten Mal, als die Kollegen Sie aus dem Haus entfernen mussten, haben Sie vor Zeugen gedroht, Ihre Frau ›kaltzumachen‹, sie ›abzustechen‹ und«, sie blickte ihn scharf an, »ihr ›die Lebensluft abzuschnüren‹.« Sie warf einen Blick auf die Leiche. »Haben Sie die Drohung gestern Abend in die Tat umgesetzt?«

Der Mann starrte sie sekundenlang mit halb offenem Mund an. »Sind Sie komplett verrückt geworden?« Er sprang auf und ballte die Fäuste. »Ich habe Gwyn geliebt!«

Morven legte vorsorglich die Hand an die Waffe. »Ja, so sehr, dass Sie sie mehrfach geschlagen, bedroht und einmal so übel zugerichtet haben, dass sie ins Krankenhaus musste. Wenn das Liebe ist, möchte ich nicht wissen, wie Sie Menschen behandeln, die Sie hassen.«

»Sie sind ja verrückt!«, schnauzte er.

»Das wird sich zeigen. Sie sind jedenfalls vorläufig festgenommen wegen des Verdachts, Ihre Frau getötet zu haben.«

Weiter kam Morven nicht. Harrington rannte zur Tür – und wurde nach wenigen Schritten von zwei Kolleginnen abgefangen, zu Boden gerungen und mit Handschellen fixiert.

»Unschuldige laufen in der Regel nicht weg«, meinte Morven und wandte sich an die Kolleginnen. »Ziehen Sie ihm die Handschuhe aus. Die müssen wir auf Spuren untersuchen. Und jemand soll nach einem Strick, Seil oder ähnlichem Ding suchen, mit der die Tote erdrosselt worden ist. Falls sich hier im Geschäft nichts findet, suchen wir auch in den Abfallbehältern der Umgebung. Und ich besorge einen Durchsuchungsbeschluss für Mr Harringtons Auto.« Allerdings glaubte sie nicht daran, dass er so dumm gewesen war, das Mordinstrument in seinen Wagen zu legen. Oder vielleicht doch, wenn er davon ausgegangen war, dass die Polizei ihm seine Story glaubte. Morven war jedenfalls zuversichtlich, Gwyn Harringtons Tod sehr bald aufgeklärt zu haben.

***

Glen öffnete die Eingangstür zur Agentur, und Shade rannte ihm erwartungsvoll voraus. Der Hund blieb vor dem Schreibtisch der Empfangssekretärin stehen und wedelte mit dem Schwanz.

Bell Robertson nickte ihm lächelnd zu. »Guten Tag, Mr Kincaid.« Sie stand von ihrem Platz auf und ging in die Knie. »Hi, Shade!«, säuselte sie. »Ja, wo ist denn mein süßer Hund?« Gesprochen in einer Fistelstimme, die bestimmt nicht nur Glen in den Ohren schmerzte. Außerdem war Shade nicht ihr Hund, sondern seiner.

Er fand die sinnfreie Ausdrucksweise, mit der manche Erwachsenen mit Hunden sprachen, ebenso lächerlich, wie wenn sie die Babysprache imitierten. Aber Shade gefiel sie. Oder ihm gefielen die Leckerli, die Bell immer für ihn parat hatte, und er ignorierte deshalb ihr Gesäusel. Er trabte zu ihr, ließ sich umarmen, die Ohren wuscheln, einen Kuss auf die Stirn drücken, nahm gleich darauf drei Hundekuchen in Empfang und forderte hechelnd mehr.

»Fresssack«, beschied ihm Glen. »Sie verwöhnen ihn viel zu sehr, Ms Robertson.«

Die Tür zu Carsons Büro wurde schwungvoll geöffnet, und der Vorraum wurde spürbar kälter; zumindest fühlte es sich für Glen so an. Seine Schwägerin Blair erstarrte bei seinem Anblick mitten im Schritt. Ihr eben noch lächelndes Gesicht wurde eisig. Wenn Blicke töten könnten, wäre Glen in diesem Moment tot umgefallen, durchbohrt von Dolchen aus Eis, die aus Blairs Augen schossen. Shades Nackenfell richtete sich auf. Er zog die Lefzen hoch und grollte tief in der Kehle.

»Wie wäre es, wenn du deinen Köter mal erziehst?«, zischte Blair. »Oder noch besser: Lass ihn einschläfern.« Hoch erhobenen Hauptes marschierte sie an ihm vorbei.

»Ich wünsche dir auch einen guten Tag, Blair«, schickte Glen ihr hinterher. Obwohl er sich beherrschen musste, um nicht heftig auf ihren Anwurf zu antworten, würde er ihr doch niemals den Triumph gönnen, ihn aus der Fassung gebracht zu haben.

»Blair!« Carsons Stimme hätte vorwurfsvoller nicht klingen können.

Doch seine Schwester zeigte ihm, vielmehr Glen, lediglich den Stinkefinger, ohne sich umzudrehen.

Carson schüttelte den Kopf und bat Glen mit einer Kopfbewegung in sein Büro. Shade folgte dieser Aufforderung als Erster, denn Carson hatte nicht nur ebenfalls Leckerli für ihn, sondern immer auch eine Wasserschüssel für Besucherhunde bereitstehen. Glen setzte sich unaufgefordert vor Carsons Schreibtisch und schnalzte missbilligend mit der Zunge, als Shade an der Schublade mit den Leckerli schnüffelte. Shade ließ die Ohren hängen und legte sich seufzend neben ihn.

Carson lächelte flüchtig und setzte sich ebenfalls, ehe er Glen ernst ansah. »Ich wünschte, du würdest Blair endlich die Wahrheit sagen. Oder mich das tun lassen.«

»Nein.«

Carson seufzte und schüttelte den Kopf. »Aber warum denn nicht, um alles in der Welt? Soll sie ewig glauben, dass du an Davinas Tod schuld bist, und dich hassen bis zum Jüngsten Gericht?«

»Damit kann ich leben.«

Carson seufzte erneut und sah ihm eindringlich in die Augen. »Ich weiß aber nicht, ob ich das auf Dauer kann.«

»Wirst du wohl müssen«, meinte Glen, zuckte mit den Schultern und wechselte das Thema. »Ich kann einen vollen Erfolg für uns vermelden.« Er holte den Vertrag und das Gutachten aus der Aktentasche und reichte beides Carson zusammen mit Ian Craigs Scheck. »Das Collier ist laut Gutachten echt und mindestens die anderthalb Millionen Pfund wert, für die wir es versichern. Liebhaber würden garantiert noch mehr zahlen, wenn es versteigert wird. Allein schon wegen der mit ihm verbundenen Gruselgeschichte.«

Carson zog die Augenbrauen hoch. »Gruselgeschichte?«

Glen berichtete ihm, was Craig über Lady Ira de Monncrefes mysteriöses Verschwinden erzählt hatte.

Carson nickte. »Gruselig in der Tat. Wie sieht es mit der Sicherheit für das Collier aus?«

»Solider, in die Wand gemauerter Safe, hinter einer Standuhr verborgen. Man muss schon detektivisches Gespür aufwenden und an ungewöhnlichen Stellen nach einem Safe suchen, um die winzigen Spuren auf dem Boden zu bemerken, mit der die Uhr zur Seite gerollt werden kann. Und Mr Craig versichert, dass er der Einzige ist, der die Kombination kennt, die aus elf Zeichen – Zahlen, Buchstaben und Sonderzeichen – besteht und angeblich nicht so leicht zu erraten ist.« Er nickte. »Das Collier ist darin mindestens so sicher wie in einem Bankschließfach.«

Carson seufzte erleichtert. »Beruhigend. Anderthalb Millionen Pfund auszahlen zu müssen, würde uns zwar nicht ruinieren, aber doch ein empfindliches Loch in die Kasse reißen. Zumindest für dieses Jahr.«

Das war auch Glen bewusst. »Das Collier wird wohl nicht lange dort bleiben. Mr Craig will es versteigern lassen. Zumindest hat er die Möglichkeit angedacht. Und er möchte gern heute noch die Police haben, weil er morgen beruflich verreisen muss.«

Carson stand auf, nahm den Vertrag, ging ins Vorzimmer und beauftragte Bell Robertson, unverzüglich die Police dafür zu schreiben. Anschließend kehrte er zu Glen zurück und setzte sich wieder. »Und wie geht es dir so, alter Freund?«

Glen hörte einen gewissen Unterton in Carsons Stimme, der seine inneren Alarmglocken schrillen ließ. »Warum fragst du so scheinheilig? Was hast du vor?«

Carson machte ein unschuldiges Gesicht. »Scheinheilig? Also bitte! Darf ich mich nicht nach deinem Befinden erkundigen? Schließlich bist du mein bester Freund.«

Glen nickte. »Und das letzte Mal, als du das in demselben Ton getan hast, hast du mich scheinheilig zu einem gemütlichen Fernsehabend eingeladen, um uns ›mal wieder einen tollen Männerabend zu machen‹ – und rein zufällig tauchte dann deine attraktive Nachbarin auf, die angeblich Hilfe brauchte, weil sie eine schwere Kiste nicht in den Keller bekam und du ebenfalls ganz zufällig dringend aufs Klo musstest, weshalb nur ich als Helfer übrig bleib.« Er schüttelte den Kopf. »Dein Manöver, mich zu verkuppeln, war mehr als deutlich. Und du erinnerst dich noch bestimmt, wie das ausgegangen ist.«

Carson errötete. »Tut mir wirklich leid. Ich konnte nicht ahnen, dass Billie so eine gefühlsblinde Idiotin ist. Den Eindruck hat sie auf mich nie gemacht.«

Vermutlich, weil sie noch nie mit einem »Krüppel« zu tun gehabt hatte, als den sie Glen ungeschminkt bezeichnet und taktlos gefragt hatte, wie es sich denn als solcher lebe und ob die »hässlichen Narben« in seinem Gesicht nicht durch eine Schönheits-OP getilgt werden könnten, damit sein Gesicht wieder »halbwegs gut« aussehe. – »Gefühlsblind« in der Tat! Glen hatte ihr kommentarlos die Kiste in den Keller getragen, sich höflich verabschiedet und ihr Angebot, mal gemeinsam essen zu gehen, ignoriert.

Carson machte ein reuiges Gesicht. »Aber diesmal …«

»Nein!« Glen hob abwehrend beide Hände. »Lass es! Ich bin durchaus in der Lage, mir selbst jemanden zu suchen, wenn ich das will.«

Carson nickte nachdrücklich. »Genau das ist das Problem: wenn du willst. Du willst aber offensichtlich nicht.«

»Was mein gutes Recht ist.« Er blickte seinen Schwager ernst und, wie er hoffte, warnend an. »Carson, wenn du mein Freund bleiben willst, dann unterlass bitte alle Verkupplungsversuche.«

Carson seufzte. »Es ist für mich nur schwer zu ertragen, wie du dich isolierst.«

»Ich isoliere mich nicht. Ich gehe mehrmals die Woche zum Sporttraining, arbeite in einem Job, in dem ich mit Menschen zu tun habe, besuche regelmäßig meinen Pub und die Heimspiele der ›Hearts‹. Meines Wissens sieht Isolation anders aus.«

Carson schüttelte den Kopf. »Komm mir nicht mit solchen Spitzfindigkeiten, denn du weißt genau, was ich meine. Ja, du gehst raus, aber du bist innerlich nicht beteiligt.« Er beugte sich ein Stück vor. »Glen, Vina ist seit gut fünf Jahren tot. Sie fehlt mir auch unendlich. Aber ich habe deshalb nicht aufgehört zu leben.«

Weil sie seine Schwester gewesen war und nicht die Frau, die er über alles geliebt hatte. Die zweite Hälfte seiner Seele, welche ihm gewaltsam herausgerissen worden war und eine Leere hinterlassen hatte, die durch nichts gefüllt werden konnte.

Auch Glen beugte sich ein Stück vor. »Carson, es geht mir gut. Zugegeben, mit Davina an meiner Seite ginge es mir noch sehr viel besser, aber ich habe mein Leben im Griff und bin zufrieden. Und ich empfinde deine Verkupplungsversuche als höchst unwillkommene Einmischung. Also lass sie bleiben. Ein für alle Mal!«

Bell Robertsons Eintreten enthob Carson einer Antwort. Sie brachte die ausgefertigte Police, legte sie Carson zur Unterschrift hin und verließ sein Büro. Carson unterschrieb, heftete ein Exemplar in eine Versicherungsmappe und reichte sie Glen.

Er nahm sie und stand auf. »Falls du keinen Sonderauftrag für mich hast, werde ich mir die Collins-Sache noch mal ansehen, nachdem ich Mr Craig die Police gebracht habe. Irgendwas an dem angeblichen Unfall, vielmehr an dem von Mrs Collins geschilderten Hergang, stimmt nicht mit dem Ergebnis des Gutachtens überein.«

Carson nickte. »Tu das.« Er zog eine Schreibtischschublade auf. Shade sprang auf, lief zu ihm und wedelte mit dem Schwanz. Carson schüttelte den Kopf. »Etwas diskreter bitte, Shade, sonst weiß dein Herrchen doch sofort, dass ich dich heimlich verwöhne.«

»Von wegen heimlich«, brummte Glen, schüttelte den Kopf und lächelte. »Komm, Shade, wir haben zu tun.« Er wandte sich zur Tür.

»Glen.«

Er blickte Carson über die Schulter hinweg an.

»Ich werde das Thema nie wieder anschneiden. Und du hast Recht: Es war eine Einmischung, für die ich dich um Entschuldigung bitte.«

»Okay«, nahm Glen sie an und verließ das Büro.

Carson meinte es gut, keine Frage. Trotzdem nervte gerade das, weil es Glen das Gefühl gab, hilfsbedürftig zu sein und nicht allein zurechtzukommen. Er schüttelte die düsteren Gedanken ab und konzentrierte sich auf seine Aufgabe.

Als er eine halbe Stunde später zum zweiten Mal an diesem Tag Forthwater Manor betrat, standen zwei gepackte Trolleys in der Eingangshalle.

»Danke für die schnelle Lieferung, Mr Kincaid.« Ian Craig nahm die Versicherungsmappe entgegen, schlug sie auf und überflog den Inhalt.

»Wohin geht die Reise, wenn ich fragen darf?« Das interessierte Glen zwar nicht, aber diese Art von Small Talk erwartete man in der Regel zur Überbrückung von Pausen, die sonst ein unangenehmes Schweigen verursacht hätten.

»Cambridge. Ich muss zu einem Seminar an der Universität. Gastvortrag.« Er lächelte flüchtig. »Manchmal buchen mich Firmen oder Universitäten für Vorträge.« Er klappte die Mappe zu. »Alles wie besprochen«, lautete sein Urteil. »Danke.«

»Gern geschehen.« Glen nickte ihm zu. »Gute Fahrt.«

»Danke.« Craig begleitete ihn zur Tür und ließ ihn hinaus. »Wiedersehen.«

Bevor Glen darauf antworten konnte, hatte Craig schon die Tür geschlossen, als könnte er es kaum abwarten, ihn los zu sein. Eine Reaktion, der er seit dem Unfall oft begegnete. Glen ließ Shade, der im Vorgarten gestöbert hatte, in den Wagen, stieg ein und fuhr nach Clovenstone, um Mrs Collins wegen ihres Autounfalls noch einmal auf den Zahn zu fühlen.

Das Collier der Lady Ira

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