Читать книгу Agent Marcel Rope - Das dunkle Geheimnis des Wiesbüttmoores - Marcel Kircher - Страница 4

Montag, 24. August 2015, 22 Uhr 30, Ortszeit. Wiesbüttmoor in Deutschland.

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Das junge Pärchen Michael Stein und Celine Kamper lief zankend über die Spazierwege im Naturschutzgebiet. Die beiden wollten sich eigentlich die Natur im Sonnenuntergang anschauen und erhofften in der Dämmerung ein paar Tiere beobachten zu können, doch auf dem Rückweg fiel die Taschenlampe aus und orientierungslos irrten die beiden über die verschlungenen Pfade.

„Ich habe dir doch gesagt, als wir losgefahren sind: Pack frische Batterien für die Taschenlampe ein. Aber nein, der feine Herr meint, wenn die ausfällt haben wir ja noch unsere Smartphones. Doof nur, dass sich deren Akku auch rasch zu Ende geneigt hat. Wir hätten die Bilder ja auch noch nach unserem Ausflug im Netz hochladen können.“, zeterte Celine lautstark.

Michael reichte es. „Jetzt sei still. Dein Gemecker hilft jetzt auch nicht weiter. Wir müssen sehen, dass wir wieder auf den richtigen Weg zurückkommen. Mensch, das ist jetzt auch verdammt dunkel hier. Warte.“

Michael hielt an und seine noch leise vor sich hin schimpfende Freundin stoppte und schmiegte sich eng an ihn.

„Was ist?“, fragte sie ängstlich.

Angestrengt starrte Michael in die Dunkelheit. Trotz der langen Zeit, die die Beiden unterwegs waren gewöhnten sich die Augen nur schwer an die Lichtverhältnisse. Der Himmel war wolkenverhangen, sodass nicht einmal der Mond durchbrechen konnte. Er hatte ein Rascheln im Gebüsch vernommen und versuchte den Urheber des Geräusches ausfindig zu machen. Kein Erfolg. Zu vernehmen war das raschen der sanften Brise, die durch die Bäume wehte und das Zirpen der Grillen.

„Ich dachte, da war etwas. Aber ich bin mir sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wenn wir den Weg weitergehen, müssten wir auf den Kiesweg kommen, den wir auf dem Hinweg entlang gelaufen sind und dann sind wir fast in der Nähe des Parkplatzes.“

„Ich hoffe du hast Recht“, erwiderte Celine. Ihr Ärger war mittlerweile der Furcht gewichen. Man hörte viele Geschichten über nächtlichen Spuk im Moor, auch das Wiesbüttmoor hatte bei Einheimischen die eine oder andere Legende hervorgebracht. In Gasthäusern aufgeschnappt klang so etwas nach Hirngespinst, dachte sie, aber wenn man dann vor Ort ist und kein Licht einem etwas Helligkeit spendet, dann ist es echt gruselig.

„Komm“, sagte Michael mit fester Stimme. „Wir haben es fast geschafft.“

Die beiden liefen wieder los. Der lockere Kies unter den Schuhsohlen gab einem das Gefühl nicht ganz alleine zu sein. Plötzlich hielt Michael wieder an. Ein erneutes Rascheln im Gebüsch.

„Verdammt! Hier ist etwas“, flüsterte er erschrocken.

„Bestimmt irgendein Tier“, versuchte Celine sich Mut einzureden. „Ein Fuchs, ein Reh oder irgendwas.“

„Oder ein Wildschwein …“

„MICHAEL!“

Sie schrie seinen Namen laut aus. Auch Celine Kamper hatte an ein Wildschwein gedacht, aber den Gedanken nicht laut ausgesprochen. Einem ausgewachsenen Eber oder einer Bache mit ihren Frischlingen in der Dunkelheit zu begegnen war kein Vergnügen.

„Tut mir leid. Wir müssen aber mit allem rechnen.“

Sie blieben stehen, atmeten so flach wie möglich. Es raschelte wieder. In der schwachen Dunkelheit war eine Silhouette zu erkennen.

„Scheiße“, flüsterte Celine, „da ist noch Jemand.“

„Aber wer?“

Michael löste sich von Celines Umklammerung. „Warte, ich sehe mir das Ganze etwas näher an. Vielleicht ist es ein Förster, der uns hier raushelfen kann.“

„Ich hoffe du hast Recht. Aber, wenn er uns sieht, warum kommt er dann nicht näher?“, fragte Celine ängstlich.

„Ich denke, weil er vor uns etwa genau so viel Angst hat, wie wir? Nur wir sind zu Zweit und er ist alleine. Ich hätte auch keine Lust mich jemandem, der in Überzahl ist zu stellen.“

Michael ging ein paar Schritte nach vorn.

„Hallo!“, schrie er. „Hallo! Wir haben uns verirrt! Können Sie uns hier heraushelfen?“

Es kam keine Reaktion. Michael ging noch näher.

„Keine Angst, wer auch immer Sie sind. Wir tun Ihnen nichts. Wir haben uns nur verirrt.“

Michael war fast an der Stelle, wo er die Gestalt wahrgenommen hatte.

„Bitte, zeigen Sie sich. Wir haben Sie doch klar gesehen. Sie müssen uns doch nur sagen, wo wir lang gehen müssen, um aus diesem gruseligen Wald zu gelangen.“

Es raschelte erneut. Dieses Mal etwas tiefer im Gebüsch. Michael ging näher heran. Celine schrie auf, doch er hörte nicht auf sie. Er wollte wissen, wer oder was da war.

„Hallo?“, rief er nochmals. Er ging noch ein wenig näher. Ein verhängnisvoller Fehler. Aus dem Hinterhalt nährte sich etwas. Michael hörte das Knacken der Zweige, doch da war es zu spät. Ein dumpfer Schlag traf seinen Kopf. Tausend Sterne explodierten vor seinen Augen, doch für Ohnmacht hatte er keine Zeit. Sein Körper war voller Adrenalin, sodass ihn der Schlag nicht umhaute. Er ergriff die Flucht. Dann hörte er wieder eine sausende Bewegung des Schlaggegenstandes. Sie hatte ihn verfehlt. Michael stolperte durch das Unterholz, ihm auf den Fersen die mysteriöse Gestalt.

„LAUF!“, rief er Celine zu, die dieser Aufforderung Folge leistete und ihre Beine in die Hand nahm und den Weg zurück rannte. Michael beschleunigte sein Tempo, um seiner Freundin zu folgen. Er wollte um jeden Preis den Verfolger abschütteln. An einer Weggablung rannte Celine nach links, während Michael auf dem geraden Weg blieb. Er hoffte, dass das Ungetüm mit dieser Taktik verwirrt wurde und immer noch Michael verfolgte. Die schnellen Schritte hinter ihm verrieten, dass er noch immer verfolgt wurde. Schwer atmend erhöhte er wieder das Tempo. Er achtete nicht auf den Weg und trat falsch auf einen Stein, sodass er umknickte und stürzte. Schnell versuchte er wieder aufzustehen, doch es ging nicht. Er konnte mit dem linken Fuß nicht auftreten, zu groß waren die Schmerzen. Panisch drehte er sich auf den Rücken und tastete die Umgebung ab, in der Hoffnung etwas zu finden, was geeignet war, um das unbekannte Wesen abzuwehren. Er griff sich ein paar Steine und einen etwas kräftigeren Zweig, als sein Verfolger sich vor ihm aufbaute. Ein Dauerläufer schien dieser nicht zu sein. Er blickte in rubinrote Augen, die zu leuchten schienen. Mehr konnte er nicht entdecken, keine Fratze, keinen Mund, keine Nase. Michael spannte die Muskeln an und machte sich bereit, denn das Wesen schien erneut einen Angriff vorzubereiten. Ein Zischen in der Luft war zu hören und der Schlag nährte sich. Instinktiv rollte sich Michael zur Seite, doch er hatte kein Glück. Der Schlag traf seinen linken Oberschenkel. Ein betäubender Schmerz durchfuhr seinen Körper. Verzweifelt schleuderte er die Steine in die Richtung wo der Schlag herkam. Keine Reaktion. Entweder war das Wesen schmerzunempfindlich oder er hatte einfach nicht getroffen. Verzweifelt kroch er den Boden entlang. Er hoffte, dass Fortuna ihm treu ergeben war und er lebend aus dieser Situation rauskam. Ein Knurren und Brummen verriet ihm, dass sein Gegner wohl nicht aufgesteckt hatte. Der nächste Schlag ging genau in das Kreuz und raubte ihm für einen Moment die Luft zum Atmen. Zwei kräftige Hände packten nach ihm und hoben ihn vom Boden hoch. Ein Schlag gegen die Schläfe und alles um Michael wurde schwarz.


Verzweifelt rannte Celine durch den Wald. Michael war nicht mehr hinter ihr. Sie hoffte wieder auf den Hauptweg zu kommen, um im Ort Hilfe zu holen. Doch wer würde ihr glauben? Ihre Seiten stachen und sie verlangsamte etwas, um sich zu erholen. Der Mond hatte mittlerweile die Wolkendecke durchbrochen und hüllte die Wege in schwaches diffuses Licht. Celine versuchte sich zu orientieren. In ihrer Verzweiflung versuchte sie ihr Handy zu starten. Fünf Prozent Akku zeigte ihr das Display an. Nicht gerade viel, aber ein Hoffnungsschimmer. Das Starten des Navigationssystems beraubte dem Gerät weitere zwei Prozent. Bitte zeige mir kurz vor ich bin, dachte sie bei sich. Die Karte lud sich schnell auf. Sie sah ihren Punkt und den ungefähren Ort des Parkplatzes. Im Wissen den Weg zu kennen schaltete sie ihr Handy wieder ab und rannte den eingeprägten Weg entlang. Aus der Ferne erklang ein schmerzerfüllter Schrei. Verdammt, dachte sie bei sich. Ihr Lauf beschleunigte sich und keine zwei Minuten später erreichte sie den großen See, auf dessen dunkler Wasseroberfläche sich der abnehmende Halbmond spiegelte. Ein flüchtiger Blick nach links und rechts, dann wollte sie die Straße zum Parkplatz überqueren, auf dem sie ihr Auto stehen hatten. Sie lief gerade los, als ein Reifenquietschen sie aufschrecken ließ. Erschrocken sprang Celine nach hinten und das gerade rechtzeitig. Der Wagen kam kurz hinter der Stelle zum Stehen, wo sie noch vorher die Straße betreten hatte. Sie erkannte, dass es sich um einen Förster handeln musste und stand vorsichtig auf. Ein hünenhafter Mann in seinen grünen Forstbeamtenklamotten trat aus dem Licht der Scheinwerfer hervor.

„Ist alles in Ordnung bei Ihnen, junge Dame?“

Celine klopfte sich den Dreck von ihrer Hose und ihren Händen.

„Alles okay soweit“, entgegnete sie. „Es tut mir leid, ich habe Ihr Fahrzeug einfach nicht gesehen.“

Der Förster schüttelte den Kopf.

„Sie hatten wirklich Glück im Unglück. Einfach im Dunklen auf die Straße zu rennen. Sie hätten sich ernsthaft etwas tun können.“

Verlegen strich sie sich durch ihr langes blondes Haar.

„Es tut mir wirklich sehr leid. Aber, ich muss Ihnen etwas erklären.“

„Na dann bin ich gespannt.“ Der Forstmann lehnte sich an den Radkasten seines Jeeps und Celine erzählte ihm die ganze Geschichte. Sie rechnete damit, dass der Beamte des Staatforstes sie für verrückt erklären müsste, doch als zu Ende berichtet hatte, waren keine Zweifel in seinem Gesicht, sondern Anspannung.

„Steigen Sie ein“, befahl er kurz und knapp.

Ohne ein Wort zu erwidern stieg sie ein. Der Förster startete den Motor und sie fuhren los.

„Wo fahren sie mit mir hin, Herr? Entschuldigung, wie war noch Ihr Name?“

„Maierhofer“, entgegnete er knapp. „Für Förmlichkeiten haben wir keine Zeit. Mein Haus ist um die Ecke und dort werde ich Jemand anrufen, der solchen Phänomenen nicht verschlossen ist.“

„Das heißt, Sie glauben mir?“

Sie bogen auf einen Feldweg ein und er beschleunigte den Jeep auf ein zügiges Tempo. Celine glaubte ein Nicken wahrgenommen zu haben, doch sie blieb hartnäckig.

„Sie glauben mir, Herr Maierhofer?“

„Ja. Mein Großvater hatte mir von ähnlichen Vorkommnissen erzählt. Mein Vater meinte, er solle aufhören mich mit solchen Spukgeschichten zu ängstigen, doch ich weiß nicht, es hatte etwas Wahres. Als ich meine Laufbahn begann und hier als Forstwart eingesetzt wurde, habe ich mich mit der Geschichte befasst und es gab vor 222 Jahren einen Vorfall. Und die Geschichte wiederholte sich danach regelmäßig in den Sommermonaten, zuletzt vor 37 Jahren. Ich erzähle Ihnen gerne mehr darüber, aber wir müssen dafür sorgen, dass Ihrem Freund geholfen wird.“

Celine nickte. „Einverstanden.“

Sie erreichten den Parkplatz vor dem Forsthaus. In der Aufregung hatten beide vergessen sich anzuschnallen, das machte aber nichts. Es sparte Zeit. Herr Maierhofer schloss die Tür zu seinem Forsthaus auf. Zwei Rauhaardackel kamen schwanzwedelnd und freudig bellend auf ihr Herrchen und seinen Gast zu. Mit kurzen und klaren Anweisungen machte der Förster seinen Hunden klar, dass jetzt keine Zeit zum Spielen war. Er ging zum Sekretär im Flur und wählte auf dem Telefon eine Nummer. Nach zweimaligem Klingeln hatte er Erfolg.

„Grüß dich, Armin. Du, ich habe keine Zeit für eine großartige Plauderei. Ich brauche deine Hilfe. Die Vorfälle von früher wiederholen sich. Schick mir bitte Hilfe. Es gab wieder ein Entführungsopfer im Wiesbüttmoor.“

Dieser Armin am anderen Ende der Leitung hatte verstanden. Celine vernahm über die Hörmuschel eine klare und sonore Stimme, die Maierhofer versicherte, dass er umgehend zwei Kollegen in die Gegend schicken würde, die sich darum kümmern. Förster Maierhofer bedankte sich und legte auf, mit dem Versprechen sich bald wieder zu melden, um entspannt plaudern zu können.

„Jetzt können wir erst einmal nur warten“, meinte er.

„Welche Vorfälle meinten sie denn?“, fragte Celine neugierig.

Maierhofer war kreideweiß im Gesicht. „Es gibt Gerüchte, um ein Moormonster, das alle 37 Jahre aus den Tiefen des Moores aufsteigt, um sich unvorsichtige Wanderer zu schnappen. Es soll sich dabei, um einen unvorsichtigen Waldarbeiter handeln, der vor 222 Jahren im Moor versank, man aber seine Leiche niemals fand. Einige Legenden berichten darüber, dass das Monster seine Opfer nur erschrecken würde. Andere sagen, dass es seine Opfer jagt, Schmerzen zufügt und an Neumond diese auf einen Opferalter am Judenbörnchen legt und dort verspeist.“

„Das ist doch totaler Humbug“, entgegnete Celine blass. „Dieser Grusel im Moor muss doch natürlichem Ursprungs sein und nichts Paranormales.“

„Finden Sie?“, entgegnete Maierhofer ruhig. „Jede Legende hat ein gewisses Körnchen Wahrheit, junge Frau.“ Er stand auf, trat an einen altmodischen Herd, schaltete ihn ein, füllte einen Wasserkocher mit Wasser und setzte ihn auf.

„Darf ich Ihnen eine Tasse Tee anbieten zur Beruhigung? Viel tun können wir jetzt sowieso nichts mehr.“

Celine nickte. „Das würde mir in der Tat gut tun.“


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