Читать книгу Der Mephisto-Club - Maria Anne Anders - Страница 5
Der Sprinter oder warum man sich nicht von seinen Eltern nach Hause begleiten lassen sollte
ОглавлениеGerade als ich mich mit Karim auf den Heimweg machen will, kommen auch meine Eltern aus der Schule. Karim winkt ihnen zu. Oh, Mann. Er ist manchmal wirklich dämlich. Heute Nachmittag war die Straße zu vereist, um mit dem Fahrrad zu fahren, und meine Eltern sind ebenfalls zu Fuß hier. Jetzt müssen wir den gesamten Weg nach Hause mit meinen Eltern zusammen zurücklegen. Ich war schon froh, dass sie nicht darauf bestanden haben, mich für den Heimweg einzusammeln. Andererseits ist es gut, dass sie nicht mehr Auto fahren. Nach der Menge an Kinderpunsch, die sie getrunken haben, sind sie beide nicht mehr so ganz nüchtern.
Als wir am Vorgarten der Villa der von Sterrenbergs vorbeikommen, in dem ein knallrotes Rentier mitsamt Schlitten steht, beginnt mein Vater zu singen. Rudolph, the red-nosed reindeer, Lalala la lala. Er tänzelt dabei über die Straße, mit einer Schrittfolge, die wie eine Mischung aus Walzer und Stepptanz aussieht, würde ich sagen. Meine Mutter kichert. Und ich würde am liebsten im Boden versinken.
„Echt süß, deine Eltern“, sagt Karim und streckt seine behandschuhten Daumen nach oben.
Wir drehen uns beide gleichzeitig um, als wir ein Motorgeräusch hören. Ein Sprinter biegt um die Ecke. Ich erkenne noch, dass der Oberst hinter dem Steuer sitzt. Nanu, seit wann fährt er einen Sprinter?
„Vorsicht, Herr Branner!“, schreit Karim. Da wird auch mir klar, dass mein Vater mit großen Walzerschritten vor den Sprinter taumelt. Meine Mutter kreischt und rennt mit ausgestreckten Armen auf meinen Vater zu, wahrscheinlich um ihn zur Seite zu stoßen. Oh Mist. Meine Eltern dürfen jetzt nicht überfahren werden, vier Tage vor Weihnachten.
Ich dachte immer, dass Bremsen bei einer Vollbremsung quietschen würden, aber alles, was ich höre, ist ein Plopp, als der Sprinter zum Stehen kommt.
„Eins-a-Landung“, ruft Karim und reckt schon wieder die Daumen nach oben.
Meine Eltern liegen auf der Straße. Meine Mutter hat meinen Vater zu Boden gerissen. Vollkommen unnötig, wie sich herausstellt, denn der Oberst hat wirklich ein prima Reaktionsvermögen. Vermutlich war er einer der wenigen Weihnachtsbasarbesucher, die tatsächlich nur Kinderpunsch in ihrer Tasse hatten. Allerdings scheint sein Kopf auf die doppelte Größe angeschwollen zu sein, während er Karim und mich durch die Windschutzscheibe anstarrt. Ich habe noch nie zuvor jemanden gesehen, der gleichzeitig blass ist und eine feuerrote Nase hat. Rudolph the red-nosed reindeer, denke ich und muss kichern. Der Oberst reißt die Sprintertür auf.
„Bist du betrunken?“, schreit er in meine Richtung. Aber dann wandert sein Blick von mir zu meinen Eltern, die sich inzwischen aufgerappelt haben.
„Ist Ihnen etwas passiert?“
„Mein Arm“, stöhnt meine Mutter.
„Mein Fuß“, jammert mein Vater und humpelt auf uns zu.
„Was war denn überhaupt los? Alles ging so schnell“, will der Rektor wissen.
„Jan“, stößt meine Mutter hervor. „Der Junge wäre Ihnen fast vor das Auto gelaufen.“
„So? Ich habe ihn gar nicht gesehen.“ Der Oberst kratzt sich die Glatze.
„Sie hätten ihn bestimmt überfahren“, sagt meine Mutter. „Mein Mann ist in letzter Sekunde auf die Straße gehechtet, um ihn wegzustoßen.“
„Ah, deshalb“, murmelt der Oberst und nickt.
„Und ich bin hinterher. Sicher ist sicher.“
„Du musst wirklich besser aufpassen, wenn du auf die Straße läufst“, sagt mein Vater zu mir.
„Aber …“
„Hast du Glühwein getrunken?“, unterbricht mich der Oberst.
„Das kann ich mir nicht vorstellen“, springt meine Mutter mir bei. „Oder denken Sie, an Ihrer Schule …“ Sie lässt das Ende des Satzes offen. Kluger Schachzug.
Der Oberst schüttelt den Kopf.
„Natürlich nicht.“ Er streckt die Hand aus und wuschelt mir durch die Haare. „Einen richtigen Hans-Guck-in-die-Luft haben Sie da.“
„Jan-Guck-in-die-Luft“, sagt Karim und lacht. Auch du mein Freund, Karim. Mieser Verräter.
„Na, ist ja noch mal alles gutgegangen“, sagt der Oberst.
„Ich glaube nicht“, jammert meine Mutter. „Mein Ellbogen tut höllisch weh. Oh, entschuldigen Sie den Ausdruck; ich meine, tut verdammt weh.“
„Und mein Fuß“, ergänzt mein Vater und stöhnt schon wieder.
„Ist Ihnen übel? Schwarz vor Augen?“
„Ein bisschen vielleicht“, haucht meine Mutter. Sie sieht auch wirklich sehr blass aus.
Der Oberst geht entschlossen zu seinem Sprinter zurück und öffnet die hintere Tür.
„Dann alle mal einsteigen“, sagt er. „Wir fahren ins Krankenhaus. Karim, Jan, helft mir mal, die Weihnachtspakete nach hinten zu schaffen.“
Es ist fast ein Uhr in der Nacht, als der Oberst uns endlich zu Hause absetzt. Im Krankenhaus war die Hölle los. Man glaubt gar nicht, wie viele Leute kurz vor Weihnachten noch auf die Idee kommen, sich die Knochen zu brechen.
Immerhin hat sich die Warterei gelohnt. Meine Mutter hat einen dreifachen Bruch am Ellbogen und mein Vater einen gebrochenen Knöchel. Beide tragen Schienen, müssen aber nicht operiert werden. Sie sollen nach Weihnachten zur Kontrolle kommen, ob auch alles gut zusammenwächst. Bis dahin müssen sie sich viel Ruhe gönnen, behauptet meine Mutter.
Der Oberst hält mich am Jackenärmel zurück, als ich meinen Eltern ins Haus folgen will.
„Tut es dir nicht leid, was deine Eltern deinetwegen durchmachen müssen?“
„Äh, doch“, sage ich, und habe auf einmal tatsächlich ein schlechtes Gewissen. Vielleicht sollte ich dem Oberst die Wahrheit sagen, dass es nämlich mein Vater war, der auf die Straße getänzelt ist.
„Und weißt du, was das Schlimmste ist?“, will der Oberst wissen.
„Der dreifach gebrochene Ellenbogen?“
„Die armen Waisenkinder in Afrika bekommen wegen dir keine Weihnachtsgeschenke. Jedenfalls nicht rechtzeitig.“ Der Oberst macht eine Handbewegung zum hinteren Teil des Sprinters, in dem geschätzt hundert Weihnachtspakete lagern. Na ja, vielleicht auch einige weniger.
„Können Sie nicht einfach morgen früh zur Post fahren?“
„Wie stellst du dir das vor?“ Er schaut auf seine Armbanduhr. „Ich habe gerade noch genug Zeit zum Packen. In fünf Stunden fliege ich mit meinem Bruder nach Florida.“
Weihnachten in Florida? Das hätte ich dem alten Oberst gar nicht zugetraut.
„Dann bringe ich morgen die Pakete zur Post“, sage ich kurzentschlossen.
„Du?“ Der Oberst schaut wieder auf seine Uhr. „Ich wollte die Pakete bei der Hauptpostfiliale aufgeben. Damit sie rechtzeitig zu Weihnachten ankommen.“
„Ich kümmere mich darum, versprochen.“
„Du hast doch gar keinen Führerschein.“
„Pawlowka“, fällt mir ein. „Ich meine Paula Jacubowsky. Sie ist die Nachbarin von Karim. Und sie hat einen Führerschein. Sie hilft uns bestimmt.“ Ich habe keine Ahnung, warum ich das sage.
„Meinst du, sie kann einen Sprinter fahren?“
„Bestimmt“, behaupte ich. Allerdings nur, weil ich die Frage gar nicht richtig gehört habe. Mich beschäftigt immer noch die Frage, wie um alles auf der Welt ich Pawlowka davon überzeugen soll, dass sie den Pakettransport übernimmt.
„In Ordnung“, sagt der Oberst. „Paula ist ein zuverlässiges Mädchen. Ich lasse den Sprinter bei mir im Hof stehen. Weißt du, wo das ist?“
„Klaro.“ Natürlich weiß ich, wo der Oberst wohnt. Früher war das das beliebteste Haus für unsere Klingelpartys.
„Gut. Also, der Schlüssel steckt. Und wenn ihr die Pakete zur Post gebracht habt, stellt ihr den Wagen wieder bei mir ab. Den Schlüssel werft ihr in den Briefkasten.“
„Darauf können Sie sich verlassen“, sage ich, weil er wirklich sehr besorgt wirkt und auch erschöpft (was kein Wunder ist, wenn man mehrere Stunden mit meinen überdrehten Eltern im selben Wartebereich eines Krankenhauses verbracht hat).
„Und dass Paula auf den Sprinter aufpasst. Er gehört meinem Bruder.“
„Machen Sie sich keine Sorgen“, sage ich. „Ich übernehme persönlich die Verantwortung.“
Ich bin mir nicht sicher, ob ihn der letzte Satz wirklich beruhigt.
„Wenigstens willst du alles wieder gutmachen“, seufzt er, bevor er in den Sprinter einsteigt.
Irgendwie hat Frau Dalmann ja recht damit, dass die Weihnachtspaketaktion nicht die Situation eines ganzen Landes plötzlich verbessern wird. Darüber denke ich nach, als ich in der Nacht noch einige Zeit wachliege. Aber dann stelle ich mir vor, dass es Kinder gibt, die sich auf genau diese Weihnachtsgeschenke freuen. Und ich bin mitverantwortlich dafür, wenn diese Kinder kein einziges Paket unter ihrem Weihnachtsbaum finden.
Soweit darf es nicht kommen.
Am Morgen stehe ich gegen neun Uhr vor Karims Haustür. Am liebsten wollte ich schon früher zu ihm, aber wie sich herausgestellt hat, kann meine Mutter mit nur einem Arm so gut wie nichts alleine machen. Ich musste ihr sogar das Frühstücksbrot schmieren. Und anschließend den Küchentisch abräumen, wozu mein Vater mit seinem gebrochenen Fuß auch nicht in der Lage ist. Und wo ich schon einmal dabei war, durfte ich gleich noch staubsaugen. Nur gut, dass Tante Constanze vorzeitig kommen wird, um den beiden zu helfen. Am Telefon hat sie bereits angekündigt, dass sie die Weihnachtsdekoration in unserem Haus aufmotzen wird (so hat sie es ausgedrückt).
Warum kann Weihnachten nicht einfach ausfallen?
„Bist du verrückt?“ Karim schreitet den schmalen Raum zwischen seinem Bett und dem Schreibtisch ab, hin und her, immer wieder. Ich beobachte ihn vom Schreibtischstuhl aus, nachdem ich ihm von meinem Gespräch mit dem Oberst erzählt habe.
„Die Pawlowka hat bestimmt keine Zeit, uns zu helfen“, sagt er. „Wahrscheinlich muss sie im Bioladen die Zutaten für das Weihnachtsessen bestellen. Oder sie ist beim Wohltätigkeitsbrunch der katholischen Jugend. Oder, was weiß ich, beim Monatstreffen der Voll-engagierten-Leute-die-nichts-von-langweiligen-Typen-wie-uns-wissen-wollen.“
So wie er sie hinstellt, ist er nun doch beleidigt wegen Pawlowkas gestriger Ansprache. Na ja, ich muss auch noch verdauen, dass sie uns als die uninteressantesten Jungs der Schule betitelt hat.
„Aber irgendwie müssen wir die Geschenke zur Post bringen.“
„Das ist dann wohl nicht mein Problem.“ Karim bleibt stehen und verschränkt die Arme vor der Brust.
„Du hast doch die Feuerzangenbowle gekauft“, erinnere ich ihn. „Nur deswegen ist mein Vater vor den Sprinter getanzt.“
„Das sah aber auch zu komisch aus.“ Karim lacht. „Und deine Mutter, wie sie hinterhergehechtet ist.“
„Lass uns lieber überlegen, wie wir die Pakete zur Post bekommen.“
„War ja nur Spaß, mein Freund.“ Karim lässt sich aufs Bett fallen und schnappt sich sein Smartphone vom Nachttisch. „Lass mal schauen, wo diese Hauptpost überhaupt ist.“
„In Rastatt?.“
„Also, ich find hier keine Hauptpost in Rastatt.“
„Vielleicht in der Umgebung?“
„Es gibt eine Hauptpost in Wiesbaden. Ist das nicht in Bayern?“
„Quatsch. Zeig mal her.“ Ich rolle mit dem Schreibtischstuhl zum Bett, und Karim gibt mir sein Smartphone. „In Rastatt gibt es sieben Postfilialen.“
„Mann, so weit war ich auch schon“, sagt er. „Aber welche ist die Hauptpost?“
„Wir können anrufen und fragen.“ Ich tippe auf dem Display die Nummer der ersten Postfiliale an, die ich finde, und stelle den Lautsprecher an. Der Anruf wird fast sofort entgegengenommen.
„Poschtamt Raschtatt, Schröder“, sagt eine Männerstimme mit eindeutig badischem Dialekt.
„Äh, guten Tag, Herr Schröder“, stammle ich. In solchen Momenten schäme ich mich immer ein bisschen dafür, dass ich in Hannover geboren bin und deshalb das S-t nicht richtig aussprechen kann.
„Bin ich hier beim Hauptpostamt?“, bringe ich hervor (und es klingt jetzt doch fast nach Hauptposchtamt).
„Woher soll i wisse, wo du bisch?“ Herr Schröder scheint ein echter Witzbold zu sein.
„Sind Sie beim Hauptpostamt?“, versuche ich es anders.
„Warum Hauptposchtamt?“
„Kann ich bei Ihnen Pakete nach Uganda verschicken, die noch bis Weihnachten ankommen?“
„Hör mal, Bürschle“, grummelt Schröder, „I lass mi net verarsche.“ Der Telefonlautsprecher knackt.
Schröder von der Poscht hat einfach aufgelegt. Verdammter Mist.
Karim haut sich auf die Schenkel und lacht.
„Das hast du toll gemacht“, sagt er.
„Warum nimmt mich eigentlich nie jemand ernst?“ Meine Eltern werden sogar von unserem Rektor ernst genommen, wenn sie betrunken über die Straße tanzen.
„Wir haben ja noch sechs Postfilialen, die wir durchtelefonieren können“, sagt Karim. „Lass mich mal machen.“
Er schnappt sich das Smartphone und tippt eine weitere Nummer an.
Als ich schon denke, dass niemand mehr drangehen wird, meldet sich eine Frauenstimme.
„Sabine Beck, Tabakshop im Kaufmarkt.“ Sie klingt, als wäre sie ziemlich außer Atem. Aber auf jeden Fall wirkt sie netter als Herr Schröder. Allerdings nützt uns das auch nichts, wenn sie gar nicht bei der Post arbeitet, sondern im Kaufmarkt.
„Guten Tag, Frau Beck“, sagt Karim und runzelt die Stirn. „Ich dachte, ich rufe bei der Postfiliale an?“
„Post machen wir hier auch.“
„Ach so, prima. Ich habe ihre Nummer aus dem Internet. Es klingt vielleicht etwas merkwürdig, aber ich suche nach einer Postfiliale, über die ich möglichst schnell Weihnachtspakete verschicken kann.“
„Verstehe“, sagt die Dame. „Zu Weihnachten bekommen wir sehr viele Pakete. Ich würde sagen, alle Pakete, die wir heute noch bekommen, kommen ganz bestimmt bis Heilig Abend an.“
„Das ist ja prima.“ Diesen säuselnden Tonfall hat Karim sonst nur, wenn er mit meiner Mutter redet. „Gilt das auch für Pakete, die ich ins Ausland schicken möchte?“
„Oh, ein Paket ins Ausland. Wohin genau?“
„Uganda.“
Einen Moment ist es still. Vielleicht beginnt Sabine Beck vom Tabakshop jetzt auch an der Ernsthaftigkeit des Anrufs zu zweifeln.
„Ich glaube nicht, dass das bis Weihnachten noch klappt“, sagt sie dann. „Warte mal.“ Im Hintergrund hört man, dass sie auf eine Tastatur tippt.
Schließlich meldet sie sich wieder. „Hier steht, dass es mit Premium-Tarif möglich ist, ein Paket innerhalb von fünf Tagen zuzustellen.“
Fünf Tage? Oh, Mist! So viel Zeit haben wir nicht.
„Haben Sie eine Idee, wie man das Paket schneller verschicken könnte? Vielleicht über ein anderes Postamt?“, fragt Karim.
„Tut mir leid. Ich kann mir vorstellen, wie wichtig es für dich ist. Aber du bist leider zu spät.“
„Gibt es wirklich keine Möglichkeit?“
„Deine Freunde freuen sich bestimmt auch noch später über das Geschenk. Meinst du nicht?“
„Vielen Dank. Und schöne Weihnachten“, sagt Karim.
„Schöne Weihnachten“, wünscht auch Sabine Beck.
„Immerhin war sie nett“, murmelt Karim. „Muss wohl an meinem Charme liegen.“
„Das nützt uns jetzt auch nichts.“ Ich lasse mich mit dem Schreibtischstuhl zurückrollen, bis ich gegen den Schrank knalle. „Oh Mann, was machen wir denn jetzt?“
Die einzige Idee, die ich habe, ist, dass wir im Internet nach anderen Paketzustellern suchen. Ich meine, hallo, wir leben im Zeitalter der Post-Globalisierung, wie mein Vater immer sagt. Irgendeine Möglichkeit muss es doch geben, diese Pakete bis Weihnachten nach Afrika zu bringen.
„Satz mit X“, sagt Karim, nachdem wir uns eine Stunde durch Versandbedingungen verschiedener Paketzusteller im Internet gelesen haben. „Das wird nix mehr.“
„Ich hab aber dem Oberst versprochen, dass ich mich um die Pakete kümmere.“
„Du kannst ja mal beim Weihnachtsmann anrufen. Vielleicht fliegt er zufällig nach Uganda.“ Karim streckt mir die Zunge raus.
„Mensch, Karim, du bist genial!“, rufe ich. „Der Bundespräsident kann unsere Pakete mitnehmen.“ Und bevor mich Karim für total durchgedreht hält, ziehe ich mein Smartphone hervor und zeige ihm den Artikel aus der Monalena.
„Da gibt es nur ein Problem. Oder zwei oder drei Probleme“, sagt Karim, nachdem er den Artikel gelesen hat. „Erstens: Der Bundespräsident ist in Berlin und wir sind hier. Zweitens: Selbst wenn wir in Berlin wären, würden wir nicht an den Präsidenten herankommen, um ihm die Sache mit den Paketen zu verklickern. Und drittens gibt es bestimmt Sicherheitsbestimmungen, dass er kein fremdes Gepäck transportieren darf oder so.“
„Mann, Karim, jetzt sei doch nicht so negativ“, gebe ich zurück. „Erstens müssen wir nach Berlin fahren. Und … und über zweitens und drittens machen wir uns Gedanken, wenn wir erst einmal in Berlin sind. Es gibt kein Problem ohne Lösung, sagt mein Vater immer.“
„Dir ist das wirklich ernst? Du willst das unbedingt durchziehen?“
„Auf jeden Fall. Du hast doch Pawlowka gestern gehört: Alle halten uns für die totalen Loser. Wir sind die, die sich angeblich für nichts interessieren. Das ist unsere Chance, ihnen zu beweisen, was wir auf dem Kasten haben.“
Erst als ich es gesagt habe, wird mir klar, dass es ein kluger Schachzug war, Pawlowka ins Spiel zu bringen. Karim hat den Köder jedenfalls geschluckt. Plötzlich ist er Feuer und Flamme für unsere Weihnachtspaketmission.