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ОглавлениеKapitel 1
Ich bin dann mal weg
03. Mai 2019, Berufsschule Haldensleben
»Echt, Mann. Ich schiebe inzwischen einen krassen Hass auf die Alte. Wenn die so weitermacht, leg ich sie tatsächlich eines Tages um«, knurrte Paul Zielinski. Er hockte mit seiner selbstgedrehten Kippe lässig auf einem hüfthohen Sandsteinmäuerchen, welches das Gelände des Schulzentrums zur Zufahrtsstraße abgrenzte.
Sein Gegenüber Leon Brettschneider war indes noch voll und ganz mit dem Drehen seiner Zigarette beschäftigt. Er hob nach dem Zukleben des Papers kurz das Kinn und brummte zustimmend, während er angeekelt versuchte, die bitteren Tabakkrümel in seinem Mund auszuspucken.
Fertige Zigaretten konnten sich diese beiden jungen Kerle von ihrem bescheidenen Ausbildungssalär des ersten Lehrjahrs nicht leisten. Am Ende des Geldes auf dem Konto waren jeden Monat noch zahllose Verbindlichkeiten und Wünsche übrig.
»Nee, jetzt mal im Ernst. Die macht mir jeden Tag das Leben zur Hölle, und zwar wegen nix und wieder nix. Wahrscheinlich steckt sie mitten in den Wechseljahren und lässt ihren Frust an mir aus. Wenn bei den Weibern unter der Bettdecke nicht mehr viel läuft, werden sie zickig, sagt mein Vater immer.«
Mitschüler Leon, der in einem anderen Gärtnereibetrieb arbeitete und sich dort pudelwohl fühlte, hakte interessiert nach.
»Womit genau ärgert dich deine Ausbildungsleiterin denn?«
Paul schnippte seine aufgerauchte Kippe weg, obwohl er ganz genau wusste, dass sowas strengstens verboten war. Die Berufsbildenden Schulen Haldensleben legten großen Wert auf ein makelloses Image, warben auf ihrer Webseite stolz mit ›modernem Lernen in altehrwürdigen Mauern‹.
Tatsächlich konnte sich dieses Schulgelände sehen lassen. Man hatte den historischen Gebäuden eines alten Zisterzienserinnenklosters zweckmäßige, aber durchaus sehr ansehnliche Komplexe hinzugefügt. Sie gruppierten sich harmonisch um einen großzügigen, mit hellen Steinfliesen gepflasterten Platz, der von jungen Laubbäumen gesäumt war.
Doch für das Schöne in seiner unmittelbaren Umgebung hatte Paul grundsätzlich keinen Blick. Er lebte überwiegend in virtuellen Welten, tobte sich dort nächtelang aus.
»Ach, das Ganze lässt sich schwer beschreiben. Es sind eigentlich unzählige kleine Gemeinheiten. Sobald ich auf diese ätzende Tante treffe, gibt es Sticheleien, Kritik oder scheele Blicke. Was immer ich mache, ist schon von vornherein verkehrt oder unzureichend. Die kann mich nicht ausstehen, das ist offensichtlich.
Weißt du, nach der Schule hatte ich erst einmal gar keinen Bock auf Ausbildung, wusste auch nicht recht, was ich werden wollte. Genaugenommen hätte ich am liebsten überhaupt keine Lehre gemacht, sondern neue PC-Games durchgespielt und Kommentare auf YouTube eingestellt. Wenn man irgendwann zu den Besten gehört und gute Sponsoren findet, lässt sich damit ein Riesenhaufen Kohle verdienen. Das weißt du ja bestimmt.
Du kannst gerne mal unter SkinnyAssPaul nachschauen, es gibt schon jede Menge Abonnenten, die ganz heiß auf aktuelle Videos von mir sind. Das Gamer-Business wäre sicher gut gelaufen und voll mein Ding gewesen, Mann. Und wenn man das schon perfekt beherrscht und sich in der Szene auskennt, wieso sollte man dazu noch was anderes lernen wollen?
Reine Zeitverschwendung, sag ich dir.
Aber nö, mein spießiger Vater bestand stur darauf, dass ich erst mal eine abgeschlossene Ausbildung in der Tasche haben müsste, bevor ich meine brotlosen Flausen durchziehe, wie er das Zocken nennt. Also überlegte ich halt widerwillig, was für mich überhaupt infrage kommen könnte. Sonst hätte mir Mister Unwissend wahrscheinlich sofort den Geldhahn zugedreht oder mir das Internet gekappt, was er schon mal getan hatte. Und womit hätte ich mir anschließend Games runterladen sollen, hä?
Okay, also musste irgendein Ausbildungsjob her.
Onkel Olli meinte dann, ich solle halt Gärtner lernen. Da wäre ich wenigstens nicht den ganzen Tag nur zwischen vier Wänden eingesperrt, sondern hätte viel im Freien zu tun. Mit Menschen müsste ich mich dabei relativ wenig abgeben, und Pflanzen würden schließlich schön brav die Fresse halten und mir nicht andauernd auf den Zeiger gehen.
Dieses Argument hatte mich schwerstens beeindruckt. Ich bin nun mal ein Einzelgänger, ertrage es nicht, wenn dauernd wer um mich rumschwirrt. Also bewarb ich mich, weil mir nichts Besseres einfiel, beim Gartencenter Findeisen in Wernigerode – und da stellte man mich prompt als Zierpflanzengärtner ein.
Wenn ich allerdings geahnt hätte, dass ich dort schon am Tag eins auf eine dermaßen nervige Schlampe treffe, hätte mich mein alter Herr kreuzweise am Arsch lecken können, und zwar mitsamt dieser verfickten Ausbildung«, zog Paul schnoddrig vom Leder.
Leon grinste insgeheim in sich hinein. Dieser Zielinski war der Inbegriff eines Gamers, jedenfalls soweit er, der er nicht zu jener eingeschworenen Szene zählte, das beurteilen konnte. Er taxierte ihn unauffällig aus den Augenwinkeln. SkinnyAssPaul … dieses Pseudonym war bestimmt mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Neben ihm saß ja ein fettleibiger Kerl mit hängenden Schultern, unreiner Haut, gelblichen Zähnen und fettigem Haar.
Der Aufdruck seines einstmals schwarzen Band-T-Shirts war vom vielen Waschen kaum mehr erkennbar. Das Ding stammte offenbar noch aus den Anfangszeiten der Metalband Whitesnake. Es spannte ihm über den speckigen Hüften, war mittlerweile mindestens um zwei Nummern zu klein geworden.
Das einzig Neuwertige an Paul Zielinski waren seine sündhaft teuren Sneakers. Leon hatte ein Faible dafür, sah auf den ersten Blick, dass es sich um Sammlerstücke handelte. Die hatte er sich wohl von seinen üppigen YouTube-Einnahmen geleistet.
»Na ja … du musst eigentlich bloß durchhalten und so tun, als würdest du mitspielen, auch wenn dir nicht danach ist. Das erste Lehrjahr haben wir fast geschafft. Zwei Jahre noch, die sitzt du doch auf der linken Backe ab. Danach bist du frei, weil volljährig, und anschließend kannst du tun oder lassen, was immer du möchtest. Auch Spiele kommentieren«, meinte Leon achselzuckend.
Diese pragmatische Antwort schien Paul nicht zu gefallen. Er sah Leon verächtlich an, ächzte missbilligend.
»Auf gar keinen Fall, du spinnst wohl. So lange tue ich mir das garantiert nicht mehr an. Ich bin doch längst am Überlegen, wie ich meinen baldigen Abgang möglichst spektakulär in Szene setzen könnte. Ganz ungeschoren soll mir diese Schönhoff nämlich keinesfalls davonkommen, never ever.
Hey, kennst du eigentlich den Ego-Shooter ›Battlefield 5‹? Wie gerne würde ich auch körperlich in diesem Game rumlaufen und dort plötzlich auf die Gärtnerfotze treffen. Es wäre mir ein echtes Vergnügen, sie durch die Gegend zu jagen und am Ende grausam zu killen. Ich würde natürlich aufpassen müssen, dass mir hierbei kein Mitspieler mit einem ›Medi-Pack‹ in die Quere kommt und sie damit womöglich wieder heilt. Na ja, obwohl … dann könnte ich ihr gleich nochmal mit Schmackes die Birne wegblasen. Und anschließend ab auf den Komposthaufen mit ihr.«
Sein Nebenmann schien leicht verunsichert zu sein. Das amüsierte ihn. Er tätschelte dem Weichei mitleidig die Schulter.
»Keine Sorge, ich werde sie schon nicht kaltmachen. Aber der nette Gedanke, Dünger aus den Überresten der blöden Kuh herzustellen, ist einfach verführerisch. Unsere Begonien würden sich bestimmt freuen. Wie steht es denn mit dir, hast du in deiner Fantasie noch nie jemanden genüsslich getötet?«
»Nein«, gestand Leon wahrheitsgemäß.
Inzwischen war auch sein Glimmstängel bis zum Filter aufgeraucht. Er drückte die Kippe mit größter Sorgfalt am Mäuerchen aus und versenkte sie in seiner Jackentasche, um sie später in einer Mülltonne zu entsorgen.
Paul beobachtete ihn kopfschüttelnd dabei. Wie konnte man nur so einen kranken Ordnungsfimmel haben.
Leon war zwar im Innersten völlig anders als Zielinski gestrickt, umgab sich aber trotzdem oft und gerne mit Typen seines Kalibers. Der Kontakt zu zwielichtigen Gestalten wertete sein langweiliges Dasein ein wenig auf, es verlieh ihm Würze. Er brauchte den Nervenkitzel, auch wenn er von Paul und anderen Kumpels, mit denen er in seiner Freizeit abhing, meist nicht für voll genommen wurde. Er galt als klassischer Mitläufer, der sich im Schutz einer vermeintlich starken Gruppe wohlfühlte.
Seine Eltern hatten ihm einen falschen Vornamen gegeben. Er war überhaupt kein mutiger Löwe, eher schon wie eine wehrlose Antilope. Leon wollte jedoch kein Opfer mehr sein, so wie früher in der Grundschule. Deshalb verbarg er sein wahres Wesen nach außen hin, kaschierte es mit aufgesetzter Coolness.
Eigentlich hasste er selbergedrehte Zigaretten wie die Pest. Daheim dampfte er ausschließlich elektronisch.
Die Pause war nun zu Ende, und die ungleichen Gärtner-Azubis kehrten murrend in den Klassenraum zurück.
*
06. Mai 2019, Revierkommissariat Wernigerode
Die zierliche Brünette vor Ronny Weichelts Schreibtisch wirkte hibbelig. Sie gehörte offenbar zu jenen Menschen, welche, wenn sie meinten, unbedingt etwas loswerden zu müssen, schnell ungeduldig wurden. Er nahm den Blick vom Computermonitor.
»Na, dann schießen Sie mal los, Frau Bilcher. Wer wird vermisst und seit wann genau?«
»Meine Chefin Lara Schönhoff. Zuletzt haben wir sie vergangenen Montag an ihrem Arbeitsplatz gesehen. Wir arbeiten beim Gärtnereibetrieb Findeisen. Sie hat seither weder Urlaub eingetragen, noch ist sie krankgemeldet. Bei ihr daheim macht niemand auf. Ich erreiche sie nicht übers Festnetz und auch nicht über die Handynummer. Ihre Mails beantwortet sie ebenfalls nicht.«
PHM Weichelt machte sich Notizen, wirkte erstaunt.
»Sie sind also ihre Arbeitskollegin. Aber hat diese Frau Schönhoff gar keine Angehörigen, denen sie fehlt? Es kommt zwar gelegentlich schon mal vor, dass Kollegen, Nachbarn oder Freunde das Verschwinden einer Person melden. Zuerst fällt es jedoch üblicherweise den Familienangehörigen auf, wenn ein Mensch tagelang ohne ersichtlichen Grund abgängig ist. Haben Sie im privaten Umfeld Ihrer Chefin bereits Nachforschungen angestellt?«
»Lara hat kein privates Umfeld mehr. Sie lebt allein.«
»Also keinen Partner und keine Kinder?«
»Nein. Nur einen Exmann. Und diesen arroganten Vollidioten rufe ich bestimmt nicht an. Außerdem dürfte er wohl kaum wissen, wo sie ist. Die beiden haben sich nicht im Guten getrennt.«
»Verstehe. Sonstige Verwandtschaft?«
»Die gibt es wohl, aber dazu kenne ich leider keine Namen. Lara hat mir ab und zu wilde Geschichten erzählt. Sie ist mit allen heillos zerstritten, und das seit Jahren. Ich weiß von einer jüngeren Schwester, von Onkels und Tanten. Ihre Mutter lebt auch noch, in Bremen, glaube ich. Doch die ist dement.«
Der Polizeiobermeister kratzte sich seufzend am Hinterkopf.
»Nicht sehr ergiebig, was? Schön, dann geben Sie mir bitte die Personalien. Mal sehen, was wir herausfinden. Geburtsdatum?«
Einige Minuten lang fragte Weichelt alles an Personalien ab, was er wissen musste. Dann wurde es auf einmal anstrengend.
»Also, das alte Passfoto aus den Unterlagen Ihres Personalbüros reichen Sie mir bitte nach, wie besprochen. Aber wir müssten natürlich auch wissen, wie sie heutzutage aussieht. Könnten Sie mir bitte eine möglichst genaue Personenbeschreibung geben?«
»Ja natürlich, also … durchschnittlich, würde ich sagen.«
»Durchschnittlich … was bitte wäre denn durchschnittlich? Diese vage Beschreibung kann ich wohl kaum in die Vermisstenanzeige eintragen. Sie haben mit Ihrer Kollegin jahrelang beim Findeisen zusammengearbeitet, da müsste das doch etwas genauer gehen«, grinste der Beamte süffisant.
Die Frau dachte angestrengt nach, zuckte die Achseln.
»Es ist aber so, wie ich sagte. Lara, die eigentlich Larissa heißt, ist weder groß noch klein, nicht besonders dick, aber auch nicht schlank. Ihr Gesicht … wie soll ich es Ihnen am besten klarmachen … hat absolut nichts Außergewöhnliches oder Attraktives an sich. Lara ist weder nennenswert hübsch noch auffallend hässlich. Gewöhnlich halt.
Ihre Haarfarbe wäre fast noch schwieriger zu beschreiben. Ein stumpfes Asch-Hellbraun vielleicht, oder meinetwegen auch dunkelblond. Was weiß denn ich, irgendeine undefinierbare Straßenköter-Farbe. Sie trägt ihr Haar … «
»Nein, lassen Sie mich bitte raten. Halblang, also auch durchschnittlich? Nicht lockig und nicht glatt?«, stöhnte Weichelt und änderte nebenbei den Vornamen der Vermissten im System von Lara auf Larissa.
»Genau«, nickte die Gärtnerin.
»Augenfarbe?«
»Keinen blassen Schimmer, sorry.«
»Nochmals zum Mitschreiben. Es handelt sich somit um eine mittelgroße Person, weiblich, die vom Gesicht her unscheinbar aussieht und bräunliches, halblanges Haar hat.«
»Jetzt haben Sie es endlich kapiert. Das ist Larissa Schönhoff«, entgegnete sie überheblich.
Der Polizist überging die Unverschämtheit einfach, blieb sachlich. Das war definitiv der schnellste Weg, diese nervige Frau vor seinem Schreibtisch wieder loszuwerden.
»Beim Hereinkommen hatten Sie den Verdacht geäußert, dass Ihre Kollegin sogar ermordet worden sein könnte. Wie kommen Sie darauf, gibt es konkrete Hinweise auf Feinde oder Motive?«
Ihr selbstbewusstes Lächeln erstarb. Sie betrachtete ihre Fingernägel, deren braunschwarze Trauerränder ihren Beruf verrieten. Vermutlich war sie direkt von der Arbeit hergekommen.
Gegen das tägliche Wühlen in feuchter Erde sind Wasser und Seife wahrscheinlich machtlos, sinnierte Weichelt.
»Feinde … wenn Sie damit Leute meinen, die Lara nicht ausstehen können, sie womöglich sogar hassen, müsste ich Ihnen eine Liste anfertigen. Eigentlich mochte sie niemand leiden, im Betrieb schon gar nicht – niemand außer mir. Privat ist sie auch überall angeeckt, was mich aber keineswegs wundert.
Ich bin scheinbar die Einzige, die sich jemals die Mühe gemacht hat, hinter ihre beinharte Fassade zu schauen, um den wirklichen Menschen dahinter zu erkennen. Und der ist gar nicht so übel.
Larissa hat eine ausgesprochen schwierige Kindheit durchlitten, mir einiges Schlimme anvertraut, nachdem wir uns angefreundet hatten. Es ist deshalb meines Erachtens kein Wunder, dass sie mit der Zeit so unnahbar geworden ist, von jedem Menschen erstmal nur Schlechtes denkt und ihn dementsprechend behandelt.
Außerdem entwickelte sie im Laufe der Zeit einen krankhaften Ehrgeiz, wurde immer ärger zur sturen Perfektionistin. Die überzogen hohen Ansprüche, die sie an sich selbst stellt, überträgt sie leider auch auf andere Leute.
Damit macht sie besonders unseren Azubis das Leben schwer. Kein Berichtsheft ist ihr akkurat genug geführt. Die Jungs und Mädels arbeiten ihr entweder zu lahmarschig – oder zu ungenau. Selbst an deren T-Shirts kritisiert sie herum, dabei geht es sie gar nichts an, was einer unter der Latzhose trägt.«
»Na schön, dann fahnden wir nach einem menschlichen Ekelpaket, so wie Sie Ihre Kollegin darstellen. Aber ich muss Sie das jetzt nochmal fragen: Gab es konkrete Hinweise, dass ihr jemand ans Leder wollte, hat sie irgendwas darüber erzählt?«
»Von einer Morddrohung weiß ich nichts. Aber ihrem Exmann Gerald würde ich einiges Üble zutrauen. Er hatte bereits vor ihr bei Findeisen gearbeitet. Der Chef stellte Lara damals bloß ihm zuliebe ein. Als die Ehe nach ein paar Jahren in die Brüche ging, schied Gerald aus und machte sich als Landschaftsgärtner selbständig, während sie uns weiterhin erhalten blieb. Dummerweise macht er uns seitdem Konkurrenz. Gerald hat zwar einen miesen Charakter, ist jedoch ein super kreativer Gärtner. Er fehlt bei uns an allen Ecken und Enden.
Wir waren vor knapp zwei Jahren dennoch froh über sein Ausscheiden, weil die beiden Streithammel sich sonst höchstwahrscheinlich bald gegenseitig umgebracht hätten. Und wer möchte schon irgendwann eine Leiche, der eine Hacke im Kopf steckt, im Gewächshaus finden? Der ›Rosenkrieg‹ war bei denen buchstäblich zu nehmen.«
Weichelt beendete seine Notizen, nahm den Blick vom Monitor und wandte sich ihr zu.
»Dann werden wir wohl als erstes bei Gerald Schönhoff nachfragen müssen. Vielen Dank, dass Sie hergekommen sind, Frau Bilcher. Wir melden uns, sobald es etwas Neues gibt. Oder falls weitere Fragen auftauchen sollten.«
Jeanette Bilcher machte indes keine Anstalten, zu gehen.
»Ja … und wie lange kann sowas dauern? Es ist so viel Arbeit liegengeblieben, dass ich mich schier zerteilen könnte. Der Azubi hängt mangels Aufgabenzuteilung nur faul herum und daddelt auf dem Smartphone. Der kann halt noch nicht alles, benötigt für jeden Dreck Anleitung und Aufsicht.
Wir brauchen die Lara dringend. Solange kein Mensch weiß, ob, beziehungsweise wann sie zurück in den Betrieb kommt, wird natürlich niemand Neues eingestellt. Diesen Dauerstress packe ich nicht mehr lange«, jammerte die Brünette.
»Das kann ich Ihnen nicht beantworten, schon gar nicht jetzt gleich. Wir müssen uns erstmal ein eigenes Bild machen, herausfinden, ob sie wirklich vermisst wird. Womöglich hatte sie einen Unfall und liegt im Krankenhaus. Oder jemand aus der Familie weiß eben doch, wo Lara sich momentan aufhält. Wir werden das alles nachprüfen«, beschied ihr der Polizist.
Sie trollte sich augenrollend, und Weichelt sah allmählich klar, was der wahre Grund für ihr Auftauchen gewesen sein mochte. Bilchers zur Schau gestellte Sorge um die wenig nette Kollegin hielt sich in Wirklichkeit in engen Grenzen. Vermutlich durfte sie einfach nicht freinehmen, solange die Schönhoff unentschuldigt fehlte, weil sie sie vertreten musste.
Unglaublich, diese verlogene Augenwischerei. Dass die meisten Leute sich aber auch edelmütiger darstellen müssen als sie es tatsächlich sind, dachte der Beamte angewidert.
Das war das Allererste gewesen, woran er sich im Polizeidienst hatte gewöhnen müssen. Man wurde während der Erfüllung seiner Pflichten unablässig angelogen.
*
08. Mai 2019, Kanareninsel La Palma, Playa de Nogales
Der Fußweg zu diesem einsamen, von Felsen und Klippen eingerahmten Strandabschnitt im Ostteil der Insel war vergleichsweise beschwerlich gewesen.
Um hierher zu gelangen, musste man in der Ortschaft Puntallana parken und fünfzehn Minuten einem Pfad durch die Wildnis folgen. Der atemberaubende Blick aufs azurblaue Meer, der sich Urlauberin Marit jetzt beim Hinabsteigen einer Steintreppe darbot, entschädigte sie doppelt und dreifach dafür. Ihre nette Pensionswirtin hatte Recht behalten, das Panorama war einzigartig.
Marit hatte auf dem Hinflug viel über La Palma gelesen.
Diese Insel war wegen ihrer Steilküsten bislang vom Massentourismus verschont geblieben und wurde in erster Linie von Naturfreunden, Surfprofis und Individualisten besucht. Sie galt mit ihren ausgedehnten Lorbeer- und Kieferwäldern als waldreichste der sieben kanarischen Inseln und war, genau wie der Rest dieses Archipels, vulkanischen Ursprungs. Die zerstörerische Naturgewalt hatte sich in diesem Fall auch schöpferisch betätigt.
Nur an einigen wenigen Stellen schien es überhaupt möglich zu sein, im Atlantik schwimmen zu gehen. Sandstrände waren Mangelware. Dieser Umstand hatte die Insel vor den sonnenhungrigen Urlauberhorden bewahrt. Hier gab es keinen quirligen Teutonengrill und keine lauten Strandbars.
Umso schöner, dass sie nun einen der Sandstrände gefunden hatte, auch wenn er nicht besonders breit war. Außer einer Handvoll junger Surfer und einem schwer verliebten Pärchen, das sich auf seiner überbreiten Strandmatte sonnte, war niemand da.
Herrlich … auf besoffene, grölende Ballermann-Touristen mit Eimern voller Alkohol konnte sie wirklich verzichten.
Während sie sich ein Plätzchen zum Chillen auf dem feuchten schwarzen Sand suchte, musste sie unwillkürlich an Bernd denken, der jetzt im verregneten Wernigerode Dienst schob. Selber schuld, sie hatte ihn mehrmals gefragt, ob er mitkommen wolle. Aber nee, der Herr hatte angeblich Wichtigeres zu tun, vieles zu regeln. Jedenfalls hatte er ihr seine Absage mit haargenau diesen Worten verkauft und sie damit, wenn auch wahrscheinlich unabsichtlich, vor den Kopf gestoßen.
Nach allem, was kurz zuvor gewesen ist … wieso klebt Bernd ständig in der problembehafteten Vergangenheit fest, anstatt nach vorne zu schauen?
Was könnte denn wichtiger als ein gemeinsamer, wohlverdienter Urlaub sein … Marit kannte leider die Antwort.
Die Exfrau in spe und seine Kinder aus erster Ehe. Verflucht noch mal. Wehe, du warst verheiratet und hast Kinder in die Welt gesetzt. Dann hast du nie wieder deine Ruhe, wirst emotional an der langen Leine festgehalten und darfst dich finanziell bis auf die Unterhosen ausziehen lassen.
Bernd sollte Familie und Ex-Partnerin langsam mal ein paar Grenzen setzen, anstatt sich dauernd herumschubsen zu lassen. So taff wie er sonst ist, hier lässt er sich zu viel gefallen, dachte sie ironisch.
Sie stellte ihren Rucksack ab und setzte sich, so weit wie möglich von dem händchenhaltenden Paar entfernt, auf ihr Handtuch und starrte in die Wellen, beobachtete angetan, wie sie sich aufbäumten, schäumend brachen und gegen die Felsen tosten.
Ihr Blick blieb bald an einem gut gebauten Mann hängen, der mit seinem kunterbunten Surfboard am Meeressaum stand und sich anschickte, sich todesmutig in die hohen Wellengebirge zu stürzen. Seine Begleiter feuerten ihn an, waren ebenfalls voll bei der Sache.
Marit beobachtete, wie die Wassertropfen auf seinen braungebrannten Schultern im Sonnenschein funkelten, so als wären es Diamanten. Die dunkle Haut bildete einen faszinierenden Kontrast zum weißblonden Haar, das er nackenlang trug. Die Oberarme waren aufwändig mit Maori-Tattoos verziert.
Wie alt mochte er sein? Fünfundzwanzig vielleicht? Der Optik nach stammte er nicht von hier, eher schon aus Dänemark oder Schweden. Allerdings schien seine Bräune derart gleichmäßig zu sein, dass ein Wohnsitz auf der Insel nahelag. All das schoss der deutschen Kriminalpolizistin, bei der genaue Beobachtung samt nachfolgender Analyse des Gesehenen zum normalen Alltagsablauf gehörte, binnen Sekunden durch den Kopf.
Mit einer geradezu graziösen Bewegung legte sich der ansehnliche Nordmann auf das Board, beförderte es mit kräftigen Zügen seiner muskulösen Arme aufs Meer hinaus.
Wusste der Geier, wie er es hinkriegte, sich auf dem schwankenden Brett gekonnt aufzurichten und dabei nicht einmal unbeholfen auszusehen. Der mutmaßliche Skandinavier surfte also bestimmt schon sein halbes Leben, ihm schienen selbst haushohe Wellen keine Angst mehr einzujagen.
Nun kam so ein Mega-Brecher auf ihn zu, drohte ihn und sein Board zu verschlingen. Einen Moment verlor Marit ihn aus den Augen, dann sah sie ihn anmutig im Wellentunnel dahingleiten. Ein wunderschöner Anblick, der Marit vollkommen fesselte. Das glänzende Wasser war fast durchsichtig, wirkte wie flüssiges blaugrünes Glas. Gischt schäumte weiß.
Dann war der Augenblick urplötzlich vorüber, die Welle fiel in sich zusammen, und der attraktive Surfer kam wenig später nass, aber glücklich, in Strandnähe wieder zum Vorschein.
Zwei symmetrische Reihen blendend weißer Zähne zeugten davon, dass er aus purer Lebensfreude mit der Sonne um die Wette strahlte. Sie beneidete ihn ein bisschen.
Vermutlich steckte er voller Adrenalin. Marit bezweifelte, dass ihr der Surfsport denselben Spaß bereiten könnte, auch wenn sie sportlich und absolut kein ängstlicher Mensch war. Seine Kumpels gaben ihm High Five, gönnten ihm den Erfolg.
Er sah plötzlich in ihre Richtung, lächelte immer noch. Ob es ihn störte, dass sie ihn so unverhohlen anschaute?
Sie hielt den rechten Daumen nach oben, tat dann so, als würde sie ihm lautlos Beifall klatschen.
Diese Geste schien ihn zu freuen. Er steuerte direkt auf sie zu. Während er in ihre Richtung schlenderte und immer näherkam, registrierte sie, dass sie sich bezüglich seines Alters anscheinend getäuscht hatte. In sein markantes Gesicht hatten sich um Augen und Mundpartie doch schon unzählige Lachfältchen eingegraben. Jetzt schätzte sie ihn eher auf Dreißig oder noch älter, doch das machte ihn für sie gleich noch interessanter.
Nun passte er perfekt ins Beuteschema.
»He, du brauchst doch nicht alleine hier am Rand herumzusitzen. Wenn du Lust hast, könntest du dich gerne zu uns gesellen. Der Strand wird nachher bei Flut ohnehin ziemlich schmal, da ist Zusammenrücken angesagt. Wird denen da drüben sicherlich gar nicht gefallen«, grinste er und zeigte auf das junge Pärchen, das gerade mächtig am Fummeln war.
Ein Deutscher, wer hätte das gedacht. Die sind wirklich allgegenwärtig, selbst am entlegensten Strand trifft man Landsleute.
»Falls die Youngsters noch einen Rest Schamgefühl besitzen, gehen sie eh gleich ins Hotel zurück. Die haben heute noch viel vor, möchte ich wetten«, grinste Marit verschmitzt.
Kaum hatte sie die Worte fertig ausgesprochen, rollte der junge Mann auch schon hektisch die Strandmatte zusammen. Das Mädchen rückte ihren, im Eifer des Gefechts verrutschten, Bikini zurecht.
Nur Minuten später stieg das heiß verliebte Pärchen händchenhaltend die Steintreppe hinauf und verschwand endgültig aus dem Blickfeld.
»Beneidenswert«, seufzte der Surfer. Marit schloss daraus, dass er im Augenblick solo war, so schwer dieser Schluss angesichts seines Aussehens auch fallen mochte. Oder er wollte ihr diesen Eindruck absichtlich, aus taktischen Gründen, vermitteln – beispielsweise, weil er sie attraktiv fand. Einem Draufgänger wie ihm mussten die Frauen eigentlich scharenweise zu Füßen liegen.
Egal. Sie befand sich in Urlaub, ergo in einer Ausnahmesituation, und da konnte man die Aufmerksamkeit eines tollen Mannes schon mal ungetrübt genießen. Sie war de facto immer noch solo, weil Bernd ewig brauchte, Julia endgültig den Laufpass zu geben. Außerdem … was auf La Palma geschah, würde auf La Palma bleiben. Scheißegal, wie viele Mädels der Typ womöglich gerade in der Mache hatte.
Sie nickte, wenn auch leicht zeitverzögert, und stand behände auf, um ihm zu den vier anderen Jungs zu folgen.
Er musterte sie neugierig von der Seite.
»Verrätst du mir bitte noch deinen Vornamen? Ich muss dich meinen Freunden ja irgendwie vorstellen«, sagte seine angenehme Stimme auf dem Weg dahin.
»Marit aus Wernigerode, ich mache hier Urlaub. Und mit wem habe ich das Vergnügen?«
»Björn aus Barlovento.«
»Soso, du wohnst hier auf der Insel. Aber woher stammst du ursprünglich? Skandinavien?«
»Das glauben viele. Ich bin aber auf Teneriffa geboren, ergo ein waschechter Spanier. Meine Eltern sind in den Achtzigerjahren von Kiel auf die Kanaren ausgewandert und haben ein altes Haus hergerichtet. Dort durfte ich behütet, aber doch frei aufwachsen.
Vor einer Weile habe ich mir mein eigenes Apartment gekauft. Die Immobilienkrise machte es möglich. Bis vor kurzem waren die Objekte auf der Insel traumhaft günstig zu haben.«
»Ah so, deswegen hast du auf dem Surfbrett einiges drauf. Du bist damit großgeworden. Ähnlich wie deutsche Kinder, die allerdings bei der Wohnortwahl ihrer Eltern nicht dasselbe Glück hatten, mit dem Skateboard«, lachte Marit.
»Genaugenommen habe ich mit dem Surfen erst vor ein paar Jahren angefangen, bin wohl ein Naturtalent. Mangels zahlungskräftiger Kundschaft gibt es auf dieser wunderbaren Insel nämlich noch keine einzige Surfschule. Eigentlich ist sowas kaum zu glauben, oder? Ich gedenke das aber demnächst zu ändern, werde Klasse statt Masse anbieten. Verstehst du das Konzept? Wenige, jedoch wohlhabende Kunden, die eine exklusive Rundumbetreuung genießen sollen«, plauderte der Weißkopfspanier.
Der Rest dieses relaxten Strandnachmittags gestaltete sich wunderschön. Björn und seine Jungs entpuppten sich als intelligente, lebensfrohe Zeitgenossen, integrierten die fremde Urlauberin in ihre Gespräche, so als würde sie dazugehören. Einer von ihnen klimperte gekonnt Guantanamera auf seiner Gitarre, während die herabsinkende Sonne orangegoldene Lichtreflexe auf die Wellenkämme zauberte. Die Zeit war wie im Flug vergangen.
»Wenn wir Puntallana noch halbwegs bei Tageslicht erreichen wollen, müssten wir jetzt allmählich aufbrechen. Die Sonne geht hier, ganz in der Nähe des Äquators, erheblich schneller unter als in Deutschland. Ich begleite dich gerne noch bis zu deinem Auto – oder wohin immer du möchtest«, erbot sich Björn kavalierhaft.
Marit hatte längst registriert, dass er sich für sie interessierte und versuchte, den Abschied hinauszuzögern. Das schmeichelte ihr, und auch sie wollte seine Gesellschaft noch ein wenig länger genießen. So gönnten sie sich im Dorf noch einen Mojito, bevor Björn sie zum Abschied einfach fest in die Arme schloss.
»Ich würde dich gerne wiedersehen«, gestand er unumwunden.
»Dito. Wie wäre es gleich morgen?«, hörte sie sich sagen.
»Wow, mit dir kann man echt was anfangen. Du bist herrlich unkompliziert und direkt. Sowas schätze ich sehr. Solche Frauen sind rar, und das nicht nur hier auf der kleinen Insel. Dabei ist das Leben so kurz, jeder Tag könnte der letzte sein. Man muss jeden einzelnen genießen, so gut es geht.
Falls du auch mal aufs Brett steigen willst, empfiehlt sich der Strand Playa Nueva bei Porto Naos. Der ist besser für Anfänger geeignet, weil die Wellen an diesem Spot nicht gar so hoch werden. Die ersten Stunden entscheiden schließlich darüber, ob du diesem Sport jemals etwas abgewinnen kannst. Schluckst du nur Wasser, hat der Spaß schnell ein Loch.
Wenn du möchtest, hole ich dich morgen früh bei deiner Pension ab und wir fahren zusammen dahin. Man ist von Santa Cruz aus zwar gut eine Stunde unterwegs, aber du würdest auch viel von der wunderbaren Landschaft zu sehen bekommen.
Ich würde mich auf alle Fälle tierisch freuen, dir deine ersten Surfstunden geben zu dürfen. Völlig kostenlos, das versteht sich natürlich von selbst.«
Sie zögerte keine zwei Sekunden. Dann gab sie ihm bereitwillig die Adresse ihrer Ferienpension am Rande von Santa Cruz und umarmte ihn ein weiteres Mal.
Erst nach dem Zubettgehen kam ihr Bernd in den Sinn, aber ohne, dass der Gedanke an ihn großartig Emotionen weckte. Es fiel ihr schwer, dieses Phänomen einzuordnen, auch weil sie so lange um sein Herz gekämpft hatte.
Es war schon kurios. Zurzeit bestand erstmals die Chance, mit ihrem Chef die ersehnte Liebesbeziehung zu beginnen. Er hatte bis zu ihrer Rückkehr ins Revier zwei Wochen Zeit, seine Angelegenheiten einigermaßen zu ordnen, den Weg für die neue Liebe freizumachen. So hatten sie es nach ihrer allerersten gemeinsamen Nacht, unmittelbar vor ihrem Abflug, vereinbart.
Dennoch … ihr Fast-Freund aus Elend schien gerade mindestens so weit entfernt zu sein wie der Mond. Sein in ihrem Gehirn abgespeichertes Bild wurde bereits nach einem Nachmittag von Björns strahlendem Lächeln überlagert. Das gab ihr zu denken. Wie mochte das erst morgen aussehen, wenn sie einen kompletten Tag mit ihm verbrachte?
Um das zu erahnen, brauchte es wenig Fantasie. Sie ertappte sich dabei, wie sie sich ihre ersten Surfversuche in den schönsten Farben ausmalte. Wie er sie an den Hüften hielt und sie die deutlich hervortretenden Adern auf seinen Muskeln betrachtete.
Habe ich ein schlechtes Gewissen? Seltsamerweise nein. Erstens ist heute absolut nichts passiert, wofür ich mich schämen müsste. Zweitens ist Bernd ja selber schuld, dass er nicht mitgeflogen ist. Drittens habe ich es bitter nötig, ein bisschen Abstand von Wernigerode und meinem aufreibenden Job zu bekommen. Was wäre dazu besser geeignet als ein so harmloser wie wohltuender Urlaubsflirt? So attraktiv dieser Kerl ist, es wird nichts geschehen, was ich nicht selber haben will.
Marit lag noch lange wach, ließ den supertollen Nachmittag Revue passieren. Für sie fing der Urlaub jetzt erst so richtig an. Sie schlief wegen der ungewohnt hohen Nachttemperaturen bei weit geöffnetem Fenster. Plötzlich nahm sie La Palma mit allen Sinnen wahr. Sie schmeckte einen Hauch von Meersalz auf ihren Lippen, spürte den lauen Wind auf der nackten Haut, der die zarten Gardinen bauschte.
Ein seltsames Wohlgefühl überrollte sie wie eine Welle.
Marit Schmidbauer aus Wernigerode fühlte sich so lebendig wie selten zuvor.
*
Drei Tage später …
Die hoffnungslos verliebte Kriminalbeamtin war todsicher, auf La Palma die schönsten Tage ihres bisherigen Lebens genossen zu haben. Sehr intensive, unbeschwerte Tage.
Björn König hatte sich als belesener, weltoffener Zeitgenosse entpuppt, der zwar um seinen hohen Attraktivitätsfaktor wusste, diesen aber keineswegs in oberflächlicher Weise einsetzte.
Vielmehr hatte er seiner neuen Freundin Marit das angenehme Gefühl vermittelt, die einzige Frau auf Erden zu sein, für welche er überhaupt Augen hatte.
Letzteres beruhte allerdings auf Gegenseitigkeit.
Gleich würde er sie wieder abholen, zum letzten Mal. Ihr Koffer stand gepackt neben dem Bett. Sie gedachte ihren Aufenthalt in der Ferienpension vorzeitig zu beenden, und das obwohl sie per Vorkasse bezahlt hatte und mit keiner Rückerstattung rechnen durfte. Es war ihr egal, so wie alles andere, sofern es nichts mit dem Surfer, mit ihrer neuen Liebe zu tun hatte. Björn würde sie und ihre Siebensachen noch heute zu seiner kleinen Wohnung in Barlovento befördern. Aus ihrem einsamen Erholungstrip war unversehens ein Liebesurlaub geworden.
Die Schmetterlingsschar in ihrem Bauch lief Gefahr, sich beim wilden Flattern total zu verausgaben. Kein Wunder, diese armen Dinger waren viel zu lange in einem undurchdringlichen Kokon weggesperrt gewesen. Abgesehen von der ersten zarten Liebe als Teenie, die eine Ewigkeit zurücklag, hatten sie ihre Gefühle niemals mehr derart gnadenlos überrollt.
Normalerweise hatte Marit bei ihrer Partnersuche immer nach ›Matches‹ bei Gewohnheiten und Vorlieben gesucht, ähnlich wie es komplizierte Algorithmen in den Systemen der Partnerschafts-portale machten. Die berechneten nur die Wahrscheinlichkeit, ob eine Beziehung funktionieren könnte – oder nicht. Auch sie hatte, sachlich wie ein Computer, ihren scharfen Verstand und nicht das Herz entscheiden lassen. Oder höchstens in zweiter Linie.
Diesmal war alles völlig anders gekommen. Nach Liebe konnte man offenbar in Wahrheit gar nicht gezielt suchen. Das Verlieben passierte einfach, beinahe wie ein Unfall, und dies völlig unabhängig davon, ob die Umstände gerade passten. Amor kannte da gar nichts, der schoss seine Pfeile ungefragt aus dem Hinterhalt ab. Oft war der Zeitpunkt alles andere als ideal.
Sie drehte sich eitel vor dem bodenlangen Spiegel, der auf der Innenseite der Zimmertür angebracht war, um die eigene Achse, erkannte sich darin selbst kaum wieder. Was ein paar Tage in der Sonne ausrichten konnten …
Björn hatte Recht behalten, Marit bräunte unglaublich schnell. Ihre ebenmäßige getönte Haut leuchtete bereits jetzt, nach wenigen Sonnenstunden, in einem goldenen Farbton, der gut zu den vereinzelten Goldreflexen in ihrem braunen langen Haar kombinierte. Sie strahlte von innen heraus.
Ihre Seelen-Wehwehchen, die sie seit Monaten gepflegt hatte, schienen sich binnen kürzester Zeit in Wohlgefallen aufgelöst zu haben. Genauso wie Bernd, Wernigerode und ganz Deutschland noch dazu.
Bernds WhatsApp-Nachrichten beantwortete sie nur halbherzig, zeigte sich äußerst kurz angebunden. Meist schickte sie ihm kommentarlos Landschafts- oder Strandfotos zurück. Aber auch das nur widerwillig und häufig mit stundenlanger Verspätung.
Sie wollte ihren Wernigeröder Freund und Kollegen, was ihre gemeinsame Beziehungskiste anging, weder in Sicherheit wiegen noch ihn vorsätzlich anschwindeln oder gar vor den Kopf stoßen. Das hatte er keineswegs verdient, daher war diese Gratwanderung vorübergehend notwendig. Nach ihrer Rückkehr würde sie sofort Farbe bekennen müssen.
Das war ein späteres Problem. Davon wollte sie sich den restlichen Urlaub keinesfalls verderben lassen.
Gestern hatte Björn sie geradeheraus etwas gefragt. Ohne Vorwarnung, ohne Bedenkzeit. Ob sie zu ihm auf die Insel umziehen und ihm helfen wolle, sein Surfer-Business aufzuziehen. Sie sei genau die passende Frau für ihn persönlich – und außerdem fürs Büro, die Internetwerbung, Kundenbetreuung und Akquise. Dafür brauche er jemand Zuverlässigen, jemanden, dem er absolut vertrauen könne. Ergo sie.
Marit war eine bodenständige fünfunddreißigjährige Beamtin, hatte den Leichtsinn der Jugend längst hinter sich gelassen, Verliebtheit hin oder her. So hatte sie Björn innig geküsst, ihm dann verklickert, dass sie zunächst einmal zurück nach Hause müsse, um einiges zu regeln. Hals über Kopf könne sie als Beamtin im Polizeidienst beim besten Willen nicht verschwinden. Sie wolle sich erstmal für ein Jahr beurlauben lassen, wobei die Genehmigung durchaus mehrere Wochen in Anspruch nehmen könne, hatte sie ihm erklärt. Aber so bald wie irgend möglich werde sie wieder hierherkommen und der gemeinsamen Sache eine Chance einräumen. Marit freute sich unbändig auf ihn und die neue berufliche Herausforderung. Daraus machte sie keinen Hehl.
Björn hatte sich voller Begeisterung einverstanden erklärt, seine neue Flamme liebevoll hochgehoben, ihr Gesicht über und über mit Küssen bedeckt und sie rücklings auf den Küchentisch gelegt. Kurz darauf hatte sie die Englein singen hören.
Noch achteinhalb wundervolle Tage, bis sie ihren Billigflieger zurück nach Frankfurt besteigen musste. Aber hieran dachte sie lieber noch nicht allzu intensiv. Sie freute sich unbändig auf die verbleibenden Urlaubstage – und erst recht auf Björn und ihren neuen, abenteuerlichen Lebensabschnitt. Den Koffer mit ihren Siebensachen würde sie ihm gleich als Pfand dalassen.
Jemand klopfte an die Zimmertür. Punkt zwölf, genau wie vereinbart. Björn war der Beste. Ihr Herz vollführte vor Freude mehrere Bocksprünge.
*
20. Mai 2019, Revierkommissariat Wernigerode
Allmählich wurde Hauptkommissar Bernd Mader doch mulmig zumute. Irgendetwas stimmte da nicht. Er hatte seit seinem Eintreffen immer wieder aus dem Fenster geschaut. Schon vor zwei Stunden hatte er seine Kollegin Schmidbauer das Revier über den Nicolaiplatz betreten sehen, doch seither war sie noch nicht in seinem Zimmer aufgetaucht.
Er war ihr unmittelbarer Vorgesetzter. Marit hätte sich deshalb normalerweise als erstes bei ihm aus dem Urlaub zurückmelden müssen, aber längst nicht nur das bereitete ihm Sorge. Er hörte sie glücklich auflachen, mit Kollegen über ihre Ferienerlebnisse reden. Das versetzte ihm einen schmerzhaften Stich mitten ins Herz. Er ahnte längst, nicht zuletzt wegen der merkwürdig unterkühlt formulierten WhatsApp-Posts, dass sich zwischen ihm und Marit was Maßgebliches verändert haben musste.
Aber was, und vor allen Dingen: Wieso, zum Henker?
Nervöse Unruhe befiel ihn, er geriet ins Grübeln.
Er konnte in der Zwischenzeit wohl kaum was falsch gemacht haben, ganz im Gegenteil. Julia hatte ihre restlichen Sachen bei ihm in Elend abgeholt. Sie hatten sich in finanzieller Hinsicht fair geeinigt und waren danach friedlich auseinandergegangen. Eine schmutzige und langwierige Scheidung war damit endgültig vom Tisch. Also hatte er genau das getan, worauf Marit größten Wert gelegt hatte. Weshalb also behandelte sie ihn wie Dreck? Oh ja. Marit war ihm definitiv eine Erklärung schuldig.
Irgendwann hielt er es nicht mehr aus, total ignoriert zu werden, ging Marit suchen und fand sie mit Fred Jablonski, Verena Kant und Thomas Wolters‘ Vorzimmerdame Christa in der Teeküche. Es genügte ein tiefer, prüfender Blick in Marits bernsteinbraune Augen – und Mader wusste mit vernichtender Klarheit, woran er bei ihr war. Das durfte doch nicht wahr sein.
»Ach, hier bist du. Mir war doch so, als hätte ich deine Stimme gehört. Bringst du mir bitte auch eine Tasse Kaffee mit, wenn du dich nachher offiziell zurückmelden wirst?«, plauderte er, scheinbar lässig. In seinem Innersten sah es freilich vollkommen anders aus. Sein Herz stand kurz davor, brüllend Amok zu laufen.
Marit nickte, tat so, als hätte sie den Seitenhieb mit der verspäteten Rückmeldung nicht bemerkt.
»Na klar, ich komm in ein paar Minuten rüber. Und zum Wolters muss ich vorher auch noch«, beschied sie ihm emotionslos. Keine erkennbare Wiedersehensfreude, kein Lächeln erhellte ihr hübsches Gesicht. Das konnte ja heiter werden.
Fred und Verena merkten ebenfalls, dass Ärger in der Luft lag. Diese Kollegen hatten längst was vom Techtelmechtel der beiden geahnt, wechselten jetzt irritierte Blicke.
Wer hatte hier wohl wen abserviert?
Die illustre Runde löste sich auf. Mader dackelte wie ein geprügelter Hund zurück in sein Zimmer. Er kam sich reichlich doof vor. Hatte er sich dermaßen in Marit getäuscht – oder gab es eine harmlose Erklärung für ihr schnödes Verhalten?
Das werden wir sehen. Nur Geduld, Bernd. Du darfst nichts übers Knie brechen und keine voreiligen Schlüsse ziehen. Beruhige dich erstmal. Sie wird die Sache aufklären, das muss sie ja eigentlich.
Die Selbstsuggestion zeigte keinerlei Wirkung. Er tigerte entnervt in seinem Zimmer auf und ab, bis sie schließlich mit zwei dampfenden Tassen zur Tür hereinkam. Selbst die anmutige Bewegung, mit der sie ihm immer die Kaffeetasse über den Schreibtisch reichte, hatte sich nach diesem vermaledeiten Urlaub verändert. Auch das aufmunternde Lächeln fehlte gänzlich.
Sie setzte sich ihm gegenüber. Der Schreibtisch stand wie eine Barriere zwischen ihnen. Aber leider nicht nur der.
»So, der Dienst hat mich wieder. Na, wie viele Leichen haben unsere lieben Harzer in der Zwischenzeit produziert?«, fragte sie launig. Ein Ausweichmanöver, zweifellos. Sie wollte offenkundig nicht über Privates reden. Aber so billig würde sie ihm nicht davonkommen.
»Du wirst es ja kaum glauben, die Wernigeröder leben alle noch. Wir kommen momentan sogar zum Aufarbeiten der liegengebliebenen Sachen. Richtig langweilig ist es hier zurzeit, doch das kann auch mal nicht schaden. Wir kriegen unsere Schreibtische frei und können endlich wieder ein bisschen Privatleben genießen.
Apropos genießen … wie war dein Urlaub? Alles so gewesen, wie du es dir erhofft hattest?«
»Oh, es war herrlich, noch viel schöner als ich es mir vorgestellt hatte. Du hast ja die Fotos gesehen«, schwärmte Marit verträumt.
Er verschränkte die Arme, nahm sie ins Visier.
»Und?!«
»Was … und?«
»Das weißt du ganz genau. Aber bitte sehr. Ich hätte gerne gewusst, was in diesem Urlaub vorgefallen ist. Du bist reserviert und abweisend«, brummte er angesäuert. Nun durfte er sich nicht nur eine schallende Ohrfeige für sein Gefühlsleben abholen, sondern musste ihr diese auch noch selber aus der Nase ziehen.
»Ich wollte damit nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, lieber später mit dir über einiges Wichtige reden. Unter anderem darüber, dass ich mich so schnell wie es geht für mindestens ein Jahr beurlauben lassen möchte. Du musst mir glauben, dass ich sowas nicht beabsichtigt hatte, Bernd. Es kam einfach aus dem Nichts.
Ich bin verliebt und werde auf die Insel ziehen, dort mit meinem Freund eine Surfschule eröffnen. Er hat mich gebeten, ihn zu unterstützen. Ich weiß, was ich dir damit antue. Ich kann einfach nicht anders, es tut mir leid. Manchmal schreibt das Leben Geschichten, die man selbst kaum glauben kann«, strahlte sie.
Es tut ihr leid? Geschenkt! Sie hat dich, aus einer Laune heraus, ausrangiert und abgeschoben. Vielleicht war es sogar gut, dass es jetzt zu Anfang und nicht später, nach vielen gemeinsamen Jahren, geschehen ist. Trotzdem. Sie lässt dich wegen einer Urlaubsaffäre fallen wie eine heiße Kartoffel und erwartet dafür auch noch Verständnis. Du musst ihr so richtig die Meinung geigen, suggerierte sein Verstand.
Bernd verzog das Gesicht, schüttelte missbilligend den Kopf.
»Und für einen braungebrannten Hallodri, den du seit wenigen Tagen kennst, willst du daheim alles hinschmeißen, inklusive deines Jobs? Mensch Marit, solch ein himmelschreiender Leichtsinn passt doch überhaupt nicht zu dir!
Okay, der Typ hat dir die Sinne vernebelt. Die wunderschöne Umgebung, die Sonne, die Unbeschwertheit nach all dem Stress … in solchen Situationen kann es leicht vorkommen, dass man ein wenig abhebt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, was das spanische Lebensgefühl mit einem anstellen kann. Aber eine gestandene, lebenserfahrene Frau wie du solltest doch merken, wann es an der Zeit wäre, wieder auf dem Boden der Tatsachen zu landen. Wach auf und denk nach, Marit!«
Sie zog eine beleidigte Grimasse, entgegnete kein Wort.
Er war ohnehin noch nicht fertig mit ihr.
»Ein arbeitsloser Surfer, der von der Selbständigkeit träumt. Du meine Güte, was für ein abgedroschenes Klischee. Ist dir eigentlich schon mal ernsthaft in den Sinn gekommen, dass er dich womöglich als Mittel zum Zweck sieht, im Grunde bloß deine Arbeitskraft und dein Geld abzocken will? Du bist sicherlich nicht die erste und auch nicht die letzte Frau, der er diesen Bären mit der Surfschule aufgebunden hat. Geschichten wie diese sind geradezu typisch«, wetterte Bernd abschätzig.
Er war tatsächlich vollkommen außer sich. Gut, dass Marit sich gegen ein Leben mit ihm, dem elf Jahre älteren Scheidungsopfer und Vater von zwei Kindern, entschieden hatte, zugunsten eines Jüngeren, schien ihm, jedenfalls von ihrer Warte, noch halbwegs verständlich zu sein. Sowas kam vor. Damit musste er irgendwie fertigwerden, auch wenn es irre wehtat.
Aber ein neues Leben mit einem Surflehrer anfangen zu wollen, den sie gerade seit ein paar Tagen kannte, für ihn auszuwandern … so dumm konnte sie doch eigentlich gar nicht sein, oder? Surfer gehörten, genau wie Ski- und Fahrlehrer, zu den berüchtigtsten Flirtprofis dieser Welt. Das sagte ihm seine Lebenserfahrung. Und ausgerechnet sie war einem Exemplar dieser Gattung aufgesessen, stach ihm dafür skrupellos den Dolch des Verrats in die Brust. Ganz schön herb.
Jetzt straffte sie ihren Rücken, ihr Blick wurde trotzig.
»Du kennst ihn nicht und erlaubst dir ein vernichtendes Urteil? Schön, das ist dein Bier. Ich lasse ihn mir wegen deiner Eifersucht keinesfalls madig machen. Er ist anders, das weiß ich. Du kannst oder willst es nicht verstehen, Bernd. Man kann eigene Gefühle schlecht manipulieren oder mit dem Verstand totknüppeln. Und wenn doch, hätte ausschließlich ich das Recht dazu.
Damit ist das Thema für mich beendet, Bernd. Ich muss mich außerdem für nichts rechtfertigen, schon weil du dich nicht etwa wegen mir von Julia getrennt hast. Das hattest du selbst gesagt, schon vergessen? Du warst es, der endlos lange gezögert hat. Vielleicht zu lange.
Wir hatten vor meiner Abreise zwar eine wunderbare gemeinsame Nacht, das will ich gar nicht abstreiten, aber nun ist es eben anders gekommen. Das Schicksal hat mir meinen Weg gezeigt, und der führt nach La Palma.
Bis heute Abend lege ich dir meinen Antrag auf Beurlaubung vor. Ich bitte dich, ihn trotz deiner Enttäuschung möglichst objektiv zu behandeln. Gäbe es jetzt noch was Dienstliches zu besprechen, wo soll ich mich dransetzen? Einige Wochen bin ich ja sicherlich noch in Deutschland präsent.«
Mader hatte momentan eigentlich keine dringliche Aufgabe für sie. Er überlegte krampfhaft, wohin er sie schicken könnte, damit sie erstmal aus dem Revier und aus seinen Augen war.
Plötzlich fiel ihm dazu etwas Passendes ein.
»Da wäre tatsächlich was Aktuelles. Melde dich bitte beim Kollegen Weichelt. Der hat einen obskuren Vermisstenfall hereinbekommen. Eine Gärtnerin ist seit ungefähr drei Wochen spurlos verschwunden. Es wurde von einer Kollegin sogar Mordverdacht geäußert. Da die Frau zwischenzeitlich immer noch nicht aufgetaucht ist, weder tot noch lebendig, müssten wir dieser Sache allmählich doch nachgehen.
Fahr bitte rüber zum Gartencenter Findeisen und befrage dort alle Kollegen einzeln. Gemeldet hat das Verschwinden eine Frau Bilcher. Die wollte mir ohnehin ein Foto der Vermissten vorbeibringen, hat das jedoch scheinbar vergessen. Das könntest du dir mitgeben lassen. Fahr bitte mit dem Jablonski, damit er vor Langeweile nicht andauernd auf dem Dienstcomputer surft. Ich erwische ihn nahezu jedes Mal, wenn ich ins Zimmer komme.«
Marit wirkte erleichtert, atmete durch. Scheinbar war auch sie heilfroh, ihm auf diese Weise aus dem Weg gehen zu können. Sie stand auf, ging zur Tür.
»Klar, mache ich gleich. Und Bernd … es tut mir wirklich leid. Ich mag dich nach wie vor sehr, wünsche mir, dass wir Freunde bleiben. Hoffentlich kannst du mich eines Tages verstehen und mir verzeihen«, sagte sie kleinlaut.
Bernd seufzte tief. Er konnte sie nicht direkt ansehen, schaute zum Fenster hinaus. In der Scheibe spiegelte sich ihre Silhouette.
»Glaubst du, ich wüsste nicht, wie sowas gehen kann? Ich habe mich in meinem Leben schon öfters verliebt. Zuletzt in dich.
Böse bin ich dir nicht. Nur sehr enttäuscht und traurig. Trotzdem wünsche ich dir Glück, obwohl ich denke, dass du es bei ihm auf Dauer nicht finden wirst«, entgegnete er leise.
»Danke. Das war mir sehr wichtig«, flüsterte sie und schloss die Tür hinter sich.
Sowas nennst du also ›die Meinung geigen‹? Du bist ein Schlappschwanz, Bernd. Wie so eine sozialromantische Pädagogen-Wollsocke zeigst du auch noch Verständnis, dass sie dich einfach ersetzt hat, und wünschst ihr Glück. Kein Wunder, dass sie meint, auf deinem Herz herumtrampeln zu dürfen.
Eines muss dir aber klar sein. Sollte sie wieder angeschissen kommen, weil der Surfer sie erwartungsgemäß verarscht hat, darfst du dich keinesfalls wieder auf sie einlassen. Die ist es nicht wert, meckerte sein Gehirn.
Die Enttäuschung saß tief.
*
Später in Wernigerode, Gartencenter Findeisen
Die Kripo rückte gleich mit drei Mann, oder vielmehr zwei Mann und einer Frau, in der Gärtnerei an. Ronny Weichelt hatte es sich nicht nehmen lassen, mitzukommen. Der Vermisstenfall Schönhoff erinnerte ihn unangenehm an die Sache mit einer gewissen Anne Gräbner im Frühjahr. Man hatte die junge Frau tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Ermordet vom Wernigeröder Ex-Revierleiter, dem einstigen Polizeichef höchstpersönlich.
Gut, diesmal kam selbiger keinesfalls als Killer infrage. Er hatte sich aufgehängt, damit selbst gerichtet. Wobei der Tod allerdings erst eingetreten war, nachdem ihm die eigene Gattin ein Messer in die Brust gerammt hatte, um sicherzugehen, dass er auch wirklich tot war. Schier unglaublich, wenn man die Ereignisse des vergangenen Frühlings im Geiste so sachlich-kühl zusammenfasste.
Ihn schauderte bei dieser Erinnerung, auch wenn er nicht unter jenen bedauernswerten Beamten gewesen war, welche Remmler, in dessen Gartenlaube von einem Balken baumelnd, aufgefunden hatten. Marit hatte ihm neulich gebeichtet, dass sie diesen Anblick wohl nie wieder aus dem Kopf bekommen könne.
Dennoch. Er fand es schrecklich, wozu Menschen fähig waren. Insbesondere dann, wenn sie die Gewalt gegen sich selbst richteten. Insofern hoffte er inständig, dass wenigstens die Schönhoff lebend wiederauftauchte. Und das nicht nur, weil die Mordkommission ansonsten mit frischer Arbeit eingedeckt werden würde.
Einen freien Parkplatz zu finden, stellte sich als schwierig heraus. Sonnige Tage luden die Hausfrauen der Umgebung grundsätzlich dazu ein, ihre Balkonkästen neu zu bepflanzen oder Gartenaccessoires zu kaufen. Und heute war solch ein Tag.
Findeisen hielt neben einer ansehnlichen Auswahl an Pflanzen für drinnen und draußen ein riesiges Angebot an trendigen Deko-Artikeln und Werkzeugen bereit.
Trotz der übermächtigen Konkurrenz diverser Filialen namhafter Gartenmarkt-Ketten war es dem Familienunternehmen gelungen, sich mithilfe hoher Qualitätsstandards und tollem Kundenservice in der Harzregion durchzusetzen. Man setzte auf den zeitgemäßen Öko-Trend. Alles das versprachen auch die knallgrünen Werbeplakate, welche den gesamten Außenbereich einrahmten.
Fred Jablonski wurde nach zwei nervigen Parkplatzrunden zwischen sperrigen Blumentrögen, ein- und ausparkenden Autos und vollgepackten Einkaufswagen ungeduldig. Er fluchte, stellte den Wagen kurzerhand auf einem extrabreiten Behindertenparkplatz nahe dem Eingang ab.
Marit wies ihn vergeblich auf das vermeintliche Versehen hin, aber er zog trotzdem die Handbremse an.
»He, wir sind im Einsatz, und das ist ein Dienstwagen. Wir werden vom Steuerzahler finanziert, Zeit ist also Geld. Da kann man die Sonderrechte besten Gewissens ausnutzen. Es ist außerdem nicht meine Schuld, dass vor Geschäften offensichtlich mehr solche Parkplätze vorgehalten werden als es Gehbehinderte in ganz Wernigerode gibt«, rechtfertigte sich Freddie achselzuckend.
Marit grinste kopfschüttelnd, ließ die Begründung aber durchgehen. Von den insgesamt fünf blau markierten Parkbuchten waren schließlich noch vier frei.
Wenige Minuten später standen die drei Polizisten im Office der Geschäftsleitung. Man hatte sie bereits erwartet. Oskar Findeisen persönlich drückte Marit einen Packen Fotokopien und ein Passfoto in die Hand.
Die Kriminalistin betrachtete es, stellte fest, dass man die Vermisste mit diesem Foto wohl kaum finden könnte. Die Frau sah unscheinbar aus, wie Jeanette Bilcher dies bei Ronny auch angegeben hatte. Genauso gewöhnlich wie tausend andere, denen man jeden Tag begegnete, ohne sich ihre Gesichter zu merken.
»Sie müssen bitte entschuldigen, dass Sie diese Unterlagen erst jetzt erhalten. Das ist alles, was wir in der Personalakte über Frau Schönhoff gesammelt hatten. Wissen Sie, ich hatte Frau Bilchers Sorge um die Kollegin erst für überzogen gehalten, gemeint, dass sich alles von selber aufklärt und sie einfach, mit einer nachvollziehbaren Erklärung im Gepäck, wieder hereinschneit. Da wollte ich aus Gründen des Datenschutzes nicht voreilig private Details herausrücken.
Inzwischen mache ich mir jedoch selbst Sorgen. Frau Schönhoff gilt als sehr zuverlässig. Auch wenn sie irgendwo nach einem Unfall im Krankenhaus läge … die würde augenblicklich hier anrufen, sobald sie bei Bewusstsein wäre. So ist sie gestrickt. Sie geht davon aus, unentbehrlich zu sein, verstehen Sie? Es wäre sehr ungewöhnlich, wenn sich ihre Einstellung zu Pflichten plötzlich so sehr verändert hätte.«
»Verständlich, dass Sie sich allmählich doch Gedanken gemacht haben«, nickte Weichelt.
»Wir müssten jetzt Ihre Angestellten befragen. Keine Sorge, wir stören den Betrieb so wenig wie möglich. Wir haben schon bemerkt, dass heute viel los ist. Hat Frau Schönhoff eigentlich einen Spind oder Schreibtisch, den man sich ansehen könnte?«
»Es gibt einen großen Einbauschrank im Sozialraum, wo jeder sein absperrbares Fach für Privates und Wechselkleidung hat. Ich lasse unseren Azubi holen, der kann Sie hinbringen.«
Findeisen griff zum Telefon und trug einer Bürokraft auf, Paul Zielinski zu holen. Dann wühlte er in der obersten Schublade seines Schreibtischs, förderte einen Schlüsselbund zutage.
»Warten Sie … die Schönhoff nutzt Schließfach Nummer drei. Hier ist der Schlüssel zu treuen Händen, damit Sie mir nicht den schönen Schrank ruinieren. Aber bitte nichts anfassen oder herausnehmen, okay? Soviel ich weiß, bräuchten Sie eigentlich einen Durchsuchungsbeschluss. Ich meine aber, in Laras Interesse zu handeln, wenn ich dabei helfe, sie schnell zu finden.«
»Das tun Sie, und wir werden das mit dem Schlüssel auch nicht an die große Glocke hängen«, grinste Fred. Er war schon immer der festen Ansicht, dass Persönlichkeitsrechte und Datenschutz voll für den Arsch waren. Sobald jemand meinte, einen triftigen Grund zu haben, die Rechte anderer Leute mit Füßen zu treten, waren sämtliche Vorschriften obsolet. Das zeigte sich an solchen Kleinigkeiten. Oskar Findeisen wollte in erster Linie die Arbeitskraft seiner Gärtnerin zurückhaben, die er auch in Abwesenheit bezahlen musste. Darum ging es hier eigentlich.
Die Büromaus kam, mit einem missmutig dreinblickenden Jugendlichen im Schlepptau, zurück.
»Das ist Herr Zielinski. Paul, bitte bring die Polizisten zum Sozialraum runter und erzähle ihnen alles Wissenswerte über deine Ausbilderin. Du hattest naturgemäß den engsten Kontakt zu ihr«, kommandierte der Chef.
»Wenn es unbedingt sein muss«, brummte der Teenie.
»Wie bitte?!«
Zielinski zog ein schiefes Gesicht, zuckte mit den Schultern.
»Aber gerne, Chef.«
»Schon besser, Paul. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte alle, mein Typ wird woanders gebraucht«, komplimentierte sie Findeisen höflich, aber bestimmt hinaus.
Auf dem Flur teilten sich die Beamten auf. Marit Schmidbauer folgte Paul. Die anderen beiden wollten jeden greifbaren Mitarbeiter kurz zu Lara Schönhoff befragen und, falls irgendeiner etwas mehr zu erzählen hatte, denjenigen für den nächsten Tag ins Revier zitieren.
Der Sozialraum entpuppte sich als eine Art Wohnzimmer. Neben langen Tischen, einem Kaffee-Vollautomaten der Edelmarke Jura und jenem Einbauschrank, von dem Findeisen gesprochen hatte, gab es darin sogar eine gemütliche Couchecke. Die Umkleide und die Duschen lagen praktischerweise gleich nebenan.
Marit klappte die Kinnlade runter.
»Wow … das ist ja richtig edel. Sowas hätte ich auch gerne im Revier«, staunte die Polizistin. »Aber wären stinknormale Spinde aus Metall nicht praktischer? Ihr arbeitet doch allesamt mit Erde und geht daher nicht gerade mit sauberen Klamotten in die Pause, oder?«
Paul schnaubte verächtlich.
»Das ist doch nicht für uns Fußvolk gedacht! Da drin tummelt sich nur die Affenbande aus dem Büro – und halt die Schönhoff, die sich ihre Hände auch nicht mehr dreckig machen muss. Dafür hat sie schließlich jede Menge schlecht bezahlte Lakaien, so wie mich zum Beispiel.«
Er zeigte auf eine weiß lackierte Metalltür, die man in der ebenfalls weißen Wand leicht übersehen konnte.
»Dort draußen, das ist unser Kabuff. Hier residieren die Arbeiter und Landschaftsgärtner. Nackter Estrich, verbeulte Spinde und eine uralte Sitzbank, das ist alles. Unseren Kaffee dürfen wir teuer aus einem Verkaufsautomaten ziehen. Aber unser Chef lässt seine Besucher immer nur in den schöneren Raum schauen, zum Angeben, wie toll er mit seiner Belegschaft umgeht«, schimpfte der picklige Azubi.
»Okay, dann werfen wir mal einen schnellen Blick ins Fach der Frau Schönhoff. Du hältst dich bitte im Hintergrund«, sagte Marit augenzwinkernd.
Natürlich dachte Paul Zielinski nicht einmal im Traum daran, einen diskreten Abstand herzustellen oder gar wegzusehen. Vielmehr schaute er ihr neugierig über die Schulter. Frau Capos Zeug interessierte ihn brennend. Vielleicht gab es da drin etwas, womit er später ihre Autorität untergraben konnte. Er selbst lagerte ja in seinem Spind auch ein paar Kleinigkeiten, die sein Vater daheim besser nicht im Zimmer finden sollte, wie zum Beispiel eine Bong fürs Cannabisrauchen und ein ultrascharfes Militärmesser, das er sich erst vor ein paar Wochen auf einem illegalen Markt in Tschechien gekauft und außer Landes geschmuggelt hatte.
Der Schlüssel passte, und Pauls Hoffnung auf eine Sensation sollte sich erfüllen. Sowohl er als auch Marit starrten amüsiert auf ein in Pastellfarben gehaltenes Poster, das auf der Innenseite des Türchens klebte. Es zeigte einen blassen, langhaarigen Mann mit Bart, dessen Augen strahlten. Um seinen Kopf hatte der Künstler in Regenbogenfarben eine Art Heiligenschein oder Aura gestaltet. ›Jesus Sananda‹ stand in Schnörkelschrift darunter.
»Was, die Schönhoff ist Esoterikerin? So eine von diesen abgedrehten Spinnern? Ich wusste schon die ganze Zeit, dass sie einen Knall hat, aber gleich so einen großen … ha, ein Astro-TV-Opfer. Wer hätte sowas gedacht. Und ich wusste gar nicht, dass der alte Jesus mit Nachnamen Sananda hieß. Das hat uns die Bibel wohl verschwiegen«, feixte Zielinski. Man konnte ihm ansehen, wie begeistert er über die unerwartete Entdeckung war. Er reckte nun erst recht den Hals, um den Inhalt des Fachs genauer einsehen zu können. Neben einer lila Edelsteindruse lag ein Werkzeug.
»Das da kenne ich. Das ist ihre heilige Gartenschere«, kicherte Paul albern.
»Hä, ihre … was?«
»Die heilige Gartenschere der Larissa Schönhoff«, echote Paul. »Die Story dahinter musste sich schon jeder der Kollegen anhören, erst recht natürlich die Azubis. Diese Schere hatte sie damals zu Beginn ihrer eigenen Ausbildung vom Chef erhalten, vor einer kleinen Ewigkeit muss das gewesen sein. Offenbar war sie derart stolz darauf, dass dieser Typ ihr ihre eigene Blumenknipse in die Hand gedrückt hat, dass sie das uralte Ding seither in Ehren hält und niemanden hinlangen lässt.
Sie meint offenbar, diese Tradition fortsetzen zu müssen. Jeder Azubi kriegt deshalb hier auch so ein Gerät, und nicht gerade das billigste. Wehe dem, der es verlieren oder kaputtmachen würde. Ach, hier ist übrigens meines«, erzählte Zielinski. Er griff in die Brusttasche seiner Latzhose und förderte eine neuwertige Schere der Marke Felco zutage.
»Heilige Gartenschere … du bist vielleicht witzig«, lachte Marit. Sie lachte überhaupt viel öfters, seit sie von La Palma zurück war. Was in erster Linie daran lag, dass ein gewisser Björn sie täglich zweimal über Skype anrief.
»Was denn. Die muss heilig sein. Wenn sie neben Jesus Sananda liegen darf … haben Sie nie den legendären Film von Monty Python gesehen? In ›Life of Brian‹ war es erst eine heilige Sandale und dann eine Korbflasche, der die Gläubigen hinterhergehechelt sind. Der anzubetende Gegenstand ist, wenn man einfältig genug ist, beliebig austauschbar«, gab er schlagfertig zurück.
»Klar kenne ich den Film. Der ist klasse«, gestand Marit.
Paul schien den Plausch mit der unkonventionellen Beamtin zu genießen. Er verhielt sich bereits viel weniger abweisend als zu Beginn. Oder taktierte er aus irgendwelchen Gründen? Je redseliger die Leute wurden, desto mehr Skepsis war angebracht. Man würde es bald sehen, denn die eigentliche Befragung dieses Lehrlings stand noch aus.
Marit schloss das Fach sorgfältig wieder ab.
»Paul, kommen wir mal zur Sache. Du hattest wegen der Ausbildung naturgemäß ständigen Kontakt zu Frau Schönhoff. Ich müsste dir also ein paar Fragen stellen, damit wir sie und ihre Abwesenheit wenigstens ein bisschen besser einschätzen können. Mir ist klar, dass das hier auf der Arbeit schlecht geht, du musst sicher noch etwas tun für deinen Lohn. Könntest du bitte heute, gleich nach der Arbeit, bei uns im Revier vorbeischauen?«
»Nö, ich würde Ihre Fragen lieber gleich an Ort und Stelle beantworten. Zu tun gäbe es eh nichts Wichtiges. Keiner weiß was mit mir anzufangen, wenn die Frau Capo nicht da ist. Die lassen mich die ganze Zeit welke Blättchen abschneiden oder Anzuchttöpfe mit Erde befüllen, und zwar tausende davon. Dabei werden die erst fürs nächste Frühjahr gebraucht. Ich habe längst keinen Bock mehr auf diese langweilige Dreckwühlerei«, grummelte der adipöse Junge, während er mit beiden Daumen die Tastatur auf seinem Smartphone malträtierte. Soweit sie es erkennen konnte, erteilte er gerade Zockern über ein Forum Insider-Tipps, wie man sich bestimmte Items für ein Online-Game freischaltete.
Marit konnte sich schlecht vorstellen, dass er die Blumentöpfchen mit derselben Geschwindigkeit befüllte. Paul schien Prioritäten zu setzen. Wie ein passionierter Gärtner wirkte er jedenfalls keineswegs. Eher wie Einer, der sich wider Willen hier aufhielt. Sie konnte sich sehr gut vorstellen, dass es zwischen ihm und seiner Ausbildungsleiterin öfters Stress gegeben hatte. Mochte möglich sein, aber hatte er deshalb mit ihrem Verschwinden zu tun? Wohl eher nicht.
Paul musste für seine Aussage dann doch ins Revierkommissariat kommen. Jablonski und Weichelt waren mit ihren Befragungen nämlich schon fertig, gesellten sich zu ihnen. Das lag daran, dass scheinbar keiner der Beschäftigten viele Angaben zur Vermissten hatte machen können – oder wollen. Was Marit ziemlich seltsam fand, denn bei ihr im Revier war es schließlich auch üblich, dass man sich näher kannte und gelegentlich über Privates sprach.
Im Falle von Larissa Schönhoff hatte es hingegen fast den Anschein, als wäre nur ein Geist durch den Betrieb geschwebt. Ein unscheinbarer, selbstgerechter, unnahbarer Mensch, für den sich niemand erwärmen konnte.