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PROLOG

Wenn man wie ich vor hat, einen Teil seines Lebens niederzuschreiben, fragt man sich unweigerlich; Warum? Möglicherweise um Dinge aufzuarbeiten, die viele schmerzliche, aber auch positive Ereignisse beinhalten. Das Schwerste beginnt, wenn der Autor einer Autobiographie, den es drängt, die unbedingte Wahrheit über sich aufzuschreiben, plötzlich unmittelbar vor seiner Aufgabe steht und die Riesenlast seiner Erinnerungen begreift, die er aus seinem Inneren hervorbringen und festhalten muss. Je schmerzlicher diese Erinnerungen sind, desto schwindelerregender kommt einem der Abgrund vor, mit dessen Ergründung ich mich selbst beauftrage. Also verwandelt sich meine anfängliche Kühnheit in einen Rückzug, eine wilde Flucht. Der Schiffbrüchige denkt nur noch an festes Land, nicht daran, wie er es erreicht. Und die Geschichte, meine Geschichte, die mir fast schon als außerordentlich erschienen war, weil man mich darin bestätigt hatte, wird äußerst banal. Das „Ich“ verwandelt sich in ein „Wir“, und das „Wir“ wird zur instinktiven Verteidigung eingesetzt, da es Angst vor dem „Ich“ hat.

Oft höre ich meine Mitmenschen Episoden aus ihrem Leben erzählen. Wie unbeschwert manche Leute aufgewachsen sind. Da ist Rede von Urlaubserinnerungen am Meer oder ein Ausflug in die Berge. Bei solchen Erinnerungen bin ich meistens der Zuhörer. Doch nach jahrelangem Schweigen erdrückt mich die Last. Sie nimmt mir an manchen Tagen die Luft zum Atmen, die Last meines Lebens. Und tief im Innern meiner Seele schreit es. Niemand wird dieses Schreien hören. Wo auf dieser Welt gibt es jemanden um darüber zu reden oder zu schreiben?

Warum ich und nicht die anderen!? Doch die Kälte der Gesellschaft lässt mich frieren. Und wiederum, warum sollten meine Worte überhaupt jemanden interessieren. In mir regt sich seit mehreren Tagen immer stärker ein Gefühl des Mitteilens. Allerdings erschreckt mich dieses Gefühl. Wo kommt es her? Warum auf einmal dieser Drang!?

Oft genug überkommen mich Zweifel ob es richtig ist alles niederzuschreiben. Jahrelang war alles im Inneren meines Herzens eingeschlossen. Wozu sich öffnen, warum sich quälen mit all diesen Dingen? Fragen nichts als Fragen. Jemand sagte zu mir: “Du wirst nie al­lein sein, wenn Du einen Ratschlag brauchst. Wenn Du Deine Ge­schichte geschrieben hast, wirst Du Dich besser fühlen.“ Das mag sein. Hilft mir das wirklich bei meiner Suche nach mir selbst? Suchen wir nicht alle nach etwas wie Wärme, Nähe und Zugehörigkeit? Oder sollten solche doch so wichtigen Dinge dem Materialismus zum Opfer fallen?

Um des besseren Verstehens willen möchte ich ein Beispiel nennen. Möglicherweise ist für viele Menschen Weihnachten ein Fest der Lie­be, Harmonie und des Zusammenseins. Ist es nicht ein Fest wie dieses, was uns daran erinnern soll, dass man all das braucht, was sich Liebe und Zuneigung, Wärme und Herzlichkeit nennt? Doch warum nur ein­mal im Jahr daran denken, dass es Menschen gibt, die man liebt und die einem das Gefühl geben ein Herz zu haben? Ernsthaft!? Ein arm­seliges Aushängeschild für die ach so menschliche Menschheit! Ich bin wohl deshalb kein Fan von diesen Feiertagen.

Auch auf meiner Reise in meine eigene Vergangenheit wurde mir vor Augen gehalten, dass es immer mehr zu sehen gibt, als es den An­schein hat. So als würde man die ganze Menschheit zuerst nur zu Weihnachten sehen und dann mit einem Mal sieht man, wie kalt die Welt den Rest des Jahres ist.

Der Puppenmacher

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