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Kapitel 1

Wieder und wieder wanderten seine Gedanken zum bevorstehenden Spiel und zu den beiden Frauen, die ihn demütigen, erniedrigen, strafen und jeder noch so bizarren Marter aussetzen würden, die ihnen in den Sinn kamen. Zwei dominante Damen, die bereit waren, sich seiner Geringfügigkeit anzunehmen, ihm ihre Zeit und ganze Aufmerksamkeit zu schenken. Jede Sekunde der Session würden sie ihr Handeln voll und ganz auf sein unterwürfiges Wesen ausrichten.

Unwillkürlich fragte er sich, ob eine Session mit gleich zwei Tops für den Anfang nicht schlicht eine Hausnummer zu groß für ihn war.

Sicher, ging es ihm durch den Kopf, während er an seine Frau dachte, wir haben diesen Faible zum BDSM zwar jeder für sich schon lange gespürt, aber bislang nur miteinander ausgetestet, ein Grinsen huschte über seine Lippen. Ganz in Gedanken ließ er das seitdem vergangene Jahr des Erprobens Revue passieren, in dem ihre Sessions mit der Zeit immer exzessiver geworden waren.

Ja, es hatte schon einige Gespräche mit Gleichgesinnten gegeben, aber nie hatten sie sich von diesen in ihre Karten blicken lassen oder gar irgendwelche Details ihres aktiven Spiels nach außen getragen. Bislang hatte niemand zu sehen bekommen, wie demütigend es für ihn war, mit zu Boden geneigtem Haupt, vor seiner Herrin zu knien, oder die tiefgründige Dankbarkeit und den daraus resultierenden Stolz zu verstehen, den er empfand, wenn er eine der ihm gestellten Aufgaben zu ihrer Zufriedenheit gemeistert hatte.

Den ganzen Tag über hatte er im ›Home Office‹ gearbeitet, aber im Hinblick auf die Session, um vierzehn Uhr Feierabend gemacht, womit ihm noch ein Zeitfenster von sechs Stunden verblieb, ehe es nach Planung seiner Lady, wie er seine Frau in der Situation nannte, und der Mademoiselle losgehen sollte. Bis dahin musste er all die ihm gestellten Aufgaben erledigt haben.

Im Kopf ging er die Liste durch, die er sich notiert hatte und entschied sich dazu, im Badezimmer anzufangen und zunächst das WC und das Waschbecken zu putzen und polieren, gefolgt von Badewanne und Duschzelle.

Kaum war er damit fertig, wandte er sich staubsaugend der unteren Etage zu. Besonders gründlich widmete er sich dabei dem großen Wohnzimmer. Hier hatte sich seine Frau schon häufiger den Spaß erlaubt und ihn etwas unmittelbar vom Fußboden essen lassen. Wie einem Haustier hatte sie ihm ›Sesam-Fischlis‹ zugeworfen, damit er diese mit dem Mund auffing oder sie sich im Fall der Fälle vom Fußboden aufklauben musste, was ihm in Folge jedes Mal einen Hieb mit der Gerte eingebracht hatte.

»Das werden wir aber wirklich üben müssen!«, hatte Alexandra, seine Lady, bei jedem seiner Fehlversuche ausgesprochen und dabei gehässig gelacht, ehe sie ein weiteres dieser kleinen Gebäckstücke mit den Worten »Na, komm‘, hol es dir! Hol‘ dir dein Fresschen!«, zugeworfen hatte. Kaum, dass er es mit den Lippen aufgenommen hatte, folgte kommentierend: »Ja, das ist ein feines Leckerchen, nicht wahr? Ein feines Leckerchen!« Dabei hatte sie ihrer Stimme einen Beiklang hinzugefügt, als würde sie mit einem kleinen, zu dressierenden Haustier sprechen, nur um ihm gleich sanft den Kopf zu tätscheln.

Als er den Tisch eindecken, Gläser und Wasser bereitstellen wollte, musste er mit Entsetzen feststellen, dass sämtliche Getränkekisten nur leere Flaschen enthielten. Es gab weder ›Medium‹ noch ›Stilles Wasser‹ ...

Nichts ...


Als er sich mit seinem Wagen auf den Weg zum nächsten Supermarkt machte, verspürte er wieder das unangenehme Gefühl, dass ihm die Zeit davonlief. Denn die Besorgung, die im Grunde schnell und unkompliziert zu erledigen war, gestaltete sich ausgerechnet heute als besonders schwierig. Bereits vor dem Parkplatz hatte sich ein Stau gebildet.

»Als wenn ich es nicht geahnt hätte!«, brummte er vor sich hin. Mit den Fingern trommelte er auf das Lenkrad zu „Amongst Stars“ von der Band Amorphis. Dieser feine Unterschied zwischen der einfühlsamen, weiblichen Stimme von Annecke van Giersbergen und der rauen, härteren männlichen Stimme von Tomi Joutsen, die aus seinen Lautsprechern dröhnte, vermittelte ihm ein wenig Gelassenheit. Er sang den Text mit, der ihn berührte, »Follow the thread of gold … « Währenddessen fuhr er seinem Vordermann ziemlich dicht an die Stoßstange heran. »Jedes Mal, wenn’s schnell gehen soll!«

Es brauchte eine geschlagene Viertelstunde, bis er endlich eine freie Parkbucht sein Eigen nennen konnte. Leicht angefressen, über die verlorene Zeit, kletterte er aus dem Wagen, warf die Tür schwungvoll zu und löste die Zentralverriegelung aus. Er warf einen zufälligen Blick in den Außenspiegel und musste unwillkürlich grinsen. während er einen zufälligen Blick in den Außenspiegel warf. Unwillkürlich musste er grinsen. Seine Nullachtfünfzehn Erscheinung mit dunkelblauer Jeans, einem versteckt schwarzen T-Shirt unter einem einfachen Pullover ließ nichts erahnen, was ihn heute erwarten würde. Die provinziell, biederen unter ihnen würden dem Herzinfarkt nahe sein, wenn sie nur ein Teil davon erahnen würden. Mit einem geheimnisvollen und frechen Grinsen öffnet er beschwingt die Kofferraumklappe. Dabei blickte er auf die beiden leeren Wasserkästen in seinen Händen, die er dem Kofferraum entnommen hatte, murmelte er ihnen verschwörerisch zu: »Egal, ob es hier jemand bemerkt … Ich bin das haarscharfe Bild eines gehorsamen Unterwürfigen, … und ich werde von zwei attraktiven, heißen, megageilen vollen Wasserkisten erwartet, denen es lustvoll danach verlangt, dass ich Hand an sie lege!«

Mit diesen Worten begann er zügigen Schrittes, quer über den Parkplatz zu eilen. Stets dem ein oder anderen Auto, sowie den völlig überladenen Einkaufswagen ausweichend.

Zwei Minuten später endete dieser Slalomlauf vor einem der beiden Pfandautomaten. Ausgerechnet dem, der offensichtlich bereits den Feierabend eingeläutet oder endgültig den Geist aufgegeben hatte, wollte er die leeren Kisten übergeben. Jemand hatte in auffälligen roten Blockbuchstaben den Hinweis ›Außer Betrieb!‹ auf der Pappe eines Weinkartons vermerkt und an dessen Front gepinnt.

Nichts ist widerlicher, als wenn das Pech in Strähnen kommt, grummelte er in sich hinein. In dieser Sekunde fühlte er sich wie ein zerkautes Ende eines Endchen Bindfadens. Ich bin ein Sandkorn in der Wüste des Glücks. Weshalb ausgerechnet heute?

Ein Seitenblick zeigte ihm, dass dessen Kollege noch im Dienst war, aber aktuell bereits von sieben anstehenden Kunden in Beschlag genommen wurde.

Auch das noch! Anstehen! Er war genervt. Was Alexandra wohl mit mir anstellen wird, wenn ich meine Aufgaben nicht pünktlich und ordnungsgemäß erledige? Ein erregter Schauer lief über durch seinen Körper, bei den Bilderfetzen, die aufkamen. Er hatte den Gedanken gerade zu Ende gebracht und wollte sich an die Schlange anhängen, als ihm eine ältere Dame und deren Gatte mit einigen großen Tüten zuvorkam. ›Mist!‹ fluchte er in sich hinein. Es nutzt nichts … Das entwickelt sich hier zu einer echten Leergut-Session. Da muss ich durch!

Er wusste, dass es keinen Sinn machte, sich über die ihm gestellten Aufgaben zu ärgern. »Jeder liebt es, seinen eigenen Weg zu gehen«, grummelte er während des Anstellens halblaut vor sich hin, »seine Zeit und die Art der Hingabe zu wählen!«

»Wie bitte, junger Mann?« Die alte Dame schaute irritiert zu ihm auf.

»Jane Austin«, grinste er.

»Sie sehen mir aber gar nicht weiblich aus«, bemerkte ihr Mann mit einem musternden, schrägen Seitenblick.

Den Seitenblick der Ehefrau brachte ihn zum Grinsen, obwohl sie beide den Zusammenhang ihrer eingeschränkten, bürgerlichen Welt sicher nie erahnen konnten.

»Wenn Sie wüssten, wie schnell sich das ändern kann, guter Mann«, brummte er beiläufig, indessen er seinen Platz einnahm und wartend über seine heimlichen Fantasien und Neigungen nachdachte.


Durch das unerwartete Erfordernis des Getränke-Einkaufs war ihm die Zeit davon und aus dem Ruder gelaufen. Er musste sich jetzt wirklich sputen, wollte er rechtzeitig mit all den ihm übertragenen Aufgaben fertig sein.

Hastig begann er damit, Stühle in ein anderes Zimmer zu tragen und den Esszimmertisch, der für die Spielsachen der Mademoiselle vorgesehen war, vor den Küchenblock zu stellen. Den Tisch aus dem Salon, der Alexandras Utensilien vorbehalten war, platzierte er an der gegenüberliegenden Wand.

Und jetzt schnell noch den Thron platzieren, murmelte er unhörbar in sich hinein, damit sich die beiden Damen standesgemäß niederlassen können.

Dazu drapierte er auf einem selbstgebauten, mit schwarzem Panne-Samt überzogenen Podest, einen, von zwei Standleuchten flankierten, schwarzen Ledersessel, als Krönung.

Den Abschluss bildeten zwei Ösen, die er links und rechts der abgerundeten Vorderseite des Untergestells montierte.

Er legte eine Lackdecke über den Chaiselongue-Teil des Sofas – der Bereich des gemütlichen Sitzmöbels, den seine Herrin häufig dazu nutzte, ihm den Allerwertesten mittels Gerte in den schillerndsten Farben von Halbedelsteinen zu verzieren. Eine Maßnahme, die seiner objektiv empfundenen Lust zwar förderlich war. Jedoch in klarem Widerspruch zur ausgestrahlten, subjektiv determinierten Gemütlichkeit stand, die sich der Designer von der riesigen Wohnlandschaft versprochen hatte.

»Wow!«, entfuhr es ihm zufrieden, indessen er sein Werk betrachtete. »Geschafft!« Er warf einen prüfenden Blick auf die Wanduhr. »Es wird Zeit mich vorzubereiten und zu duschen und rasieren.« Und da er nicht wusste, wie weit Alexandra in der Session zu gehen bereit war, plante er direkt noch einen obligatorischen Einlauf ein.


Bianca

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