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Im Zeichen des Opals

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Tief in den Abruzzen lebte ein stolzer Bauer auf kargem Land. Er hatte zwei Söhne, schön von Gestalt, die einander glichen, wie ein Ei dem anderen. In ihrem Innern aber waren sie grundverschieden und das war gut so, denn so kamen sie sich nie ins Gehege.

Der Sanfte hütete die Schafe und des Abends bestellte er noch den Garten. Der Wilde jagte tagelang in den undurchdringlichen Wäldern und machte Besorgungen in der entfernt gelegenen Stadt. So lebten sie in Eintracht, bis der Vater immer schwächer wurde und sein letztes Stündlein nahte.

Das trockene, steinige Land hatte ihm nie vergönnt, Reichtümer zu horten. Alles, was er über den notwendigen Hausrat hinaus besaß, waren zwei Kleinodien: Der Opal war ein Vermächtnis seiner Frau, die lange vor ihm gegangen war. Der Rubin ein Andenken an seine Mutter. Beide Edelsteine waren etwa so groß, wie ein Daumennagel, in Silber gefasst und mit einer silbernen Kette versehen.

Eines Abends nun, als der sanfte Sohn nach getaner Arbeit ins Haus trat, saß der Vater mit dem Schatzkästlein am Tisch und empfing ihn:

„Oh Du mein frommer Sohn, ich weiß nicht, wie lange ich noch unter Euch weilen werde. So nimm‘ Du den Edelstein, den Deine Mutter selig einst hinterließ und lebe nach seinem Gesetz.“

„Welches Gesetz soll das sein?“ fragte der Sohn erstaunt.

„Siehe, der Opal ist so weiß, wie die Milch Deiner Schafe, gleichzeitig schimmern alle Farben des Regenbogens auf ihm. Die Weisheit ist wie ein Opal. Sie entspricht der Unschuld, auf der sich die gesamte Palette unseres Daseins spiegelt.“

Der Sohn kniete nieder und ließ sich von seinem Vater segnen. Der legte ihm feierlich die Kette um den Hals und mahnte ihn, in allen Bereichen des Lebens aufrichtig zu bleiben. Danach aßen sie gemeinsam eine Suppe, die der Vater aus den Früchten des Gartens gekocht hatte.

Zu später Stunde erschien der ungestüme Jäger in seines Vaters Haus und zeigte stolz, was er erlegt hatte. Der Vater nickte anerkennend und sprach: „Mein Sohn, ich weiß nicht, ob ich noch hier sitzen werde, wenn Du Dein nächstes Wildbret nach Hause bringst. So nimm‘ denn diesen Rubin und trage ihn auf Deiner Brust. Er stammt von meiner Mutter und entspricht der Leidenschaft, die in Deiner Seele brennt. Denke immer daran, Deine Liebe so rein zu halten, wie diesen Edelstein. Wenn bloße Besitzgier oder Machthunger die Ziele Deiner Inbrunst werden, wird Dein Leben bald dem Fegefeuer gleichen.“

Da kniete der feurige Jüngling nieder, gelobte Wachsamkeit bei all seinem Tun und nahm demütig den funkelnden Rubin, sowie seines Vaters Segen in Empfang. So war die Weitergabe der Kleinodien geregelt und nach drei Tagen schloss der Alte für immer die Augen.

Nachdem die Söhne ihn begraben hatten, blieben sie drei Monde zuhause und ordneten den übrigen Nachlass. Allein wollten sie in der abgelegenen Bergeinsamkeit jedoch nicht bleiben und so beschlossen, sie, fort zu wandern, um ihr Glück woanders zu suchen. Brüderlich teilten sie die Vorräte und was man sonst zum Reisen braucht, verbarrikadierten die Fensterläden, verschlossen die Türe und versteckten den Schlüssel an einem geheimen Platz. Das Vaterhaus sollte ihnen beiden als Zufluchtsort bestehen bleiben.

Der Hirte nahm seinen Stab, der Jäger sein Gewehr und gemeinsam trieben sie die Schafe zum Markt. Als die Herde verkauft war, kehrten die Brüder zum Abschied in einem Wirtshaus ein, teilten den Erlös und trennten sich nach einer herzlichen Umarmung frohgemut. Dabei vereinbarten sie, nach einem Jahr ins Vaterhaus zurück zu kehren, um einander zu berichten, wie es ihnen ergangen sei.

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