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Moral:

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Ähnlich wie Religion lässt sich auch der Ursprung und Hintergrund von Moral analysieren. Zum ersten Mal richtig ausführlich - und ohne religiöse Nebenabsichten - ist das bereits Friedrich Nietzsche in seinen Büchern "Jenseits von Gut und Böse" und "Zur Genealogie der Moral" gelungen. Auf den ersten Blick wertet eine Gesellschaft immer das als moralisch, als gut, "was der Allgemeinheit nützt". Dringen wir hier aber tiefer ein, müssen wir uns a.) fragen, was denn die "Allgemeinheit" überhaupt konkret ist, und b.) warum wir uns - nachdem wir uns von den Religionslehren (hier Christentum und Nächstenliebe) befreit haben, überhaupt noch danach orientieren sollen, was andere Menschen, sei es nun die Allgemeinheit oder nur ein einsames Individuum, denken. Schließlich kann uns dieses einzelne Individuum, sowie die Allgemeinheit, völlig egal sein.

Unter Allgemeinheit verstehen wir die Masse, in einer Demokratie die Mehrheit, die entscheiden darf. Diese Mehrheit legt fest, was gut und böse ist, einerseits in Gesetzen, anderseits in Moralvorstellungen, die über Erziehung und Ausbildung seit dem frühsten Kindesalter in den

Kopf manipuliert wird. Aber woher bekommt die Masse ihre Ideen, wer liefert die Kriterien, die

Argumente mit denen Entscheidungen diskutiert und gefunden werden können? - Nicht die Masse selber, sondern die relativ kleine Elite der Informationssammler und Verbreiter, eben unsere Medien. Die Medien sind die Priester unserer Zeit. Was die Medien verbreiten, wird von der Masse (nicht von allen Menschen, sondern "nur" von der Mehrheit) als "Wahrheit" übernommen. Die Medien schaffen also aktuelle Moralvorstellungen. Sie entscheiden, was "gut" und "böse" ist, z.B. wann ein Krieg gerechtfertigt ist. Kein Politiker kann sich heute noch ohne sicheren Karriereverlust gegen die Medien stellen. Wer die Medien kontrolliert, kontrolliert also die Massen, die Allgemeinheit, und damit die Moralvorstellungen der Gegenwart und Zukunft. Wenn Sie allgemeinen Moralvorstellungen (oder vielleicht auch nur einer individuellen Auswahl von Moralvorstellungen) folgen, folgen Sie keinem "höheren Ideal", sondern tatsächlich nur den Vorgaben der kleinen Elite, die die Medien kontrolliert.

Haben Sie sich aber zunächst von Religion, in den meisten Fällen also dem Christentum und seinen Verpflichtungen befreit, stellen Sie also Ihre eigenen Interessen über alles andere, und nicht die Allgemeinheit, Mehrheit, Vaterland, Familie etc., können Ihnen auch die Wertmaßstäbe der Allgemeinheit völlig egal sein, unabhängig davon, ob diese nun wirklich von der Allgemeinheit, nur der Mehrheit oder einer winzigen Elite vorgeschrieben werden, m.a.W. Ihr Gehirn kann frei von mentalen Schranken operieren. Um Sanktionen zu vermeiden, müssen lediglich Ihre Handlungen Ihrem Umfeld angepasst werden, oder besser, den Eindruck vermitteln angepasst zu sein. Können Sie in Ihrem Umfeld nicht gewünscht handeln, wechseln Sie das Umfeld.

Haben Sie dieses Stadium der intellektuellen Freiheit erreicht, sieht Sie Nietzsche als "Übermenschen". Nietzsches "Übermensch" hat nichts mit rassistischer Überlegenheit (im Sinne der Nazis) zu tun (wie oft fälschlicherweise unterstellt), sondern beschreibt lediglich jemanden, der sich von allen gesellschaftlichen und moralischen Zwängen befreit hat, und so isoliert "über" den "Herdenmenschen" steht, die sich in die Konventionen flüchten, dort Sicherheit suchen, aber nur ein langweiliges, mittelmäßiges, also typisch deutsches Leben fristen.

Wie sollen Sie also entscheiden? - Nach was sollen Sie sich richten? - Es gibt keine Musterlösung. Sie müssen hier Ihre eigene Entscheidung treffen. Niemand kann Ihnen helfen. Sie sind für sich selbst verantwortlich.

Vor Nietzsche konnten Sie noch auf die Hilfestellung von Philosophen hoffen, denen die Befreiung zum Übermenschen selber noch nicht vollständig gelungen war, z.B. Kierkegaards Flucht in die Religion nach einem Ausflug in die Freiheit und Kant mit seinen idealistischen Moralvorgaben (Kategorischer Imperativ):

Für den beamteten Philosophen Kant war es z.B. wichtig "seine Pflicht zu tun". Je schwerer ihm das fällt desto besser. Wenn Sie ohne zu überlegen einem Bettler Geld geben, handeln Sie nicht automatisch moralisch. Nur, wenn Sie mit sich kämpfen müssen, eigentlich das Geld für sich behalten möchten, es dann aber doch in den Bettelhut werfen, erst dann haben Sie im Sinne von Kant moralisch richtig gehandelt... Hurra! - Pflicht ist es, gewissen moralischen Vorgaben, den kategorischen Imperativen zu folgen. Diese lassen sich bestimmen, in dem wir uns fragen, welche Konsequenzen unsere Entscheidung haben würde, "wenn das alle so machen würden". Wir dürfen also nicht stehlen. Wenn alle voneinander stehlen würden, würde die Gesellschaft zusammenbrechen. Daher dürfen wir auch nicht lügen. Wenn wir alle lügen würden, könnten wir niemanden mehr vertrauen, und die Gesellschaft würde in Chaos ausbrechen ...Recht nett, aber ist es nicht in Ausnahmefällen gerechtfertigt zu lügen, z.B. um sich vor Gestapo- oder Stasi-ähnlichen Machtinstrumenten zu schützen? - Ist es ok zu stehlen, wenn Sie am Verhungern sind? - Und: Wer darf entscheiden, wann die Regeln gebrochen werden dürfen? - Kant ist zwar geeignet, preußische Untertan-Disziplin beliebt zu machen, nicht aber, um goldene Regeln für Entscheidungen zu liefern.

Nach Ablage von Religion und Moral sind Sie auf sich selber gestellt. Martin Heidegger wusste 1927: Das Leben hat keinen besonderen objektiven Sinn. Jeder muss für sich selbst herausfinden und probieren was passt. Allerdings muss er dabei aufpassen, sein Leben nicht nach den Vorstellungen anderer auszurichten, sondern seinen eigenen Weg finden. Dieser eigene Weg führt zu einem authentischen Leben. Vorsicht! - Denn auch Philosophen sind nicht perfekt. Während der Nazi-Zeit hat Heidegger sein Interesse an einem authentischen Leben (damals) politisch sehr korrekt gegen Hölderlin und Heimat getauscht (dazu später mehr).

Auf nie mehr Wiedersehen Chef

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