Читать книгу Schlaf, Kindlein, schlaf... - Mark G. Hauser - Страница 5
3
ОглавлениеSandra saß einfach da und starrte ins Feuer. Sie nahm einen Schluck Rotwein aus dem Glas in ihrer rechten Hand und lächelte. Davon hatte sie immer geträumt: ein schönes Haus mit einem offenem Kamin, finanzielle Unabhängigkeit und einen liebenden Ehemann. Sie dachte an die harte Arbeit, die sie dafür investiert hatte, an die unzähligen Überstunden, die sie als Bedienung in vielen verschiedenen Cafés und Bars gearbeitet hatte, und das alles nur, um ihre Pläne in die Tat umzusetzen. In einem der Cafés hatte sie auch ihren Mann kennengelernt. Er fragte nach ihrer Telefonnummer, doch sie wollte sie ihm nicht geben. Schließlich gab es viele, die sie danach fragten, vor allem als sie in Bars hinter der Theke stand. Doch dieser Mann war anders. Er blieb hartnäckig, ohne aufdringlich zu sein. Immer wieder kam er in das Café und fragte sie, bis sie schließlich einwilligte. Es war die richtige Entscheidung gewesen. Sie waren ein paar Mal zusammen aus und verbrachten viel Zeit miteinander. Es passte einfach. Schon nach kurzer Zeit hielt er um ihre Hand an und dieses Mal zögerte sie nicht. Sie liebte ihn mehr als alles andere. Er half ihr sogar ihren großen Traum, ein Jahr in Indien zu leben, zu verwirklichen. Er selbst befand sich zu dieser Zeit beruflich im Umbruch und hatte somit viel zu tun und zu lernen. Von daher hätte er sowieso kaum Zeit für sie, hatte er damals mit einem leichten Schmunzeln gesagt. Vor Dankbarkeit war sie ihm um den Hals gefallen. Ja, sie liebte ihn wirklich aus tiefstem Herzen. Sie telefonierten beinahe jeden Tag und als sie vor knapp vier Wochen zurück kam, hatte er seine Beförderung bereits in der Tasche. Nun genoss sie einfach das Leben. Viele Ziele hatte sie nicht mehr, die sie noch erreichen wollte, sie war einfach zufrieden. Und nun hatte sie vor kurzem Lydia kennen gelernt, eine junge attraktive Frau Ende zwanzig, der es verwehrt geblieben war, ihren großen Traum in die Wirklichkeit umzusetzen. Der gestrige Abend mit ihr war einfach großartig verlaufen. Sie hatten geredet und gelacht und waren bis spät in die Nacht unterwegs gewesen. Mit der linken Hand begann Sandra mit dem Anhänger an ihrem Goldkettchen zu spielen. Lydia tat ihr leid. Auch sie kannte das schreckliche Gefühl von Kopfschmerzen. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, welche Qual ein Leben mit einer dauerhaften Belastung wie dieser war. Aber vielleicht kann ich ihr helfen, dachte sich Sandra. Vielleicht hilft ihr diese besondere Entspannung. Und vielleicht hilft Lydia danach auch mir.
Christoph Berger öffnete die Türen des neuangebauten Wintergartens und ging die Treppe hinunter in den Garten. Sein Gärtner Ulrich stand gerade auf der Leiter und verpasste den einzelnen Bäumen ihren Frühjahrsschnitt. Christoph mochte den Frühling. Er spürte, wie die Sonne auf sein doch schon etwas lichter werdendes Haupt schien und begutachtete in Ruhe die zahlreichen Pflanzen und Hecken, die ebenfalls die Sonne genossen. Er spazierte schließlich zu Ulrich hinüber, der akribisch Ast für Ast abschnitt, damit die Bäume auch so wuchsen, wie sie es sollten. „Herrlicher Tag heute, was Ulrich? Wie sieht es dieses Jahr aus, werden wir gut ernten können?“ Ulrich verdrehte kurz die Augen, was sein Chef zum Glück nicht sehen konnte. „Heuer sieht es nicht schlecht aus“, rief Ulrich hinunter, wohlwissend, dass Christoph sowieso keine Ahnung von Pflanzen oder der Gartenarbeit hatte. Also rief Ulrich einfach, was sein Chef hören wollte. Die Bäume hatten seit einigen Jahren schon kaum noch Früchte getragen. Aber Christoph war zufrieden. „Ausgezeichnet, hoffen wir das Beste!“ Frohen Mutes schlenderte er weiter durch die riesige Anlage, bis er schließlich den Gartenteich ganz am Ende erreicht hatte. Er setzte sich auf die neue Bank, die er Ulrich im letzten Frühjahr hatte aufstellen lassen, am Rand des Teiches und betrachtete die zahlreichen Fische, die in dem ruhigen Wasser gemütlich umher schwammen. Nach einer kurzen Weile stand er wieder auf und ging zu dem kleinen Geräteschuppen, der ein paar Meter entfernt stand. Er schob die Türen auseinander und nahm aus dem obersten Regal einen kleinen Eimer mit Fischfutter, ging zurück zum Teich und streute eine Hand voll Futter ins Wasser. Sofort kamen die Fische angeschwommen, um sich an der kleinen Mahlzeit zu laben. Christoph genoss diese freien Tage. Keine Geschäftsreisen, keine Meetings, keine Verwaltungsarbeit. Er mochte seine Arbeit und war auch sehr stolz, dass seine kleine Firma einen solch raschen Aufstieg erlebt hatte, was nicht zuletzt auch Cynthia zu verdanken war. Dennoch war er es, der die Firma bei den meisten Veranstaltungen vertrat und sie nach außen repräsentierte. So gut ihm die Arbeit aber auch gefiel, so sehr freute er sich über seine freien Tage. Plötzlich hörte er hinter sich seine kleine Tochter Marlena rufen. So schnell sie konnte, kam sie auf ihn zugerannt. Christoph konnte kaum glauben, dass sein kleines Mädchen schon acht Jahre alt war. Er ging ein wenig in die Knie, breitete seine Arme aus und hob die Kleine hoch. „Jana hat uns einen Kuchen gebacken, Papa. Wir sollen schnell kommen, solange er noch warm ist.“ Zusammen liefen sie zurück zum Haus, wo die übrigen Familienmitglieder bereits bei Kaffee und Kuchen auf sie warteten.