Читать книгу Zodiac - Gejagter zwischen den Welten V: Gefangen - Mark Savage - Страница 6

Оглавление

2.

Die Blicke der Passagiere wandten sich in offener Neugier dem armen Teufel zu, dessen Körper vollständig in Bandagen gehüllt, einem Bündel Elend gleich, in seinem Sitz kauerte. Judy und der Zargonier forschten ungeniert in den Empfindungen jener Leute herum, wobei das Mädchen oftmals ein Lachen unterdrückte und einen verständnislosen Blick ihres Bruders einhandelte. Zodiacs Emotionen äußerten sich jedoch gänzlich anders, zumal es für ihn eine Ungeheuerlichkeit darstellte, was jene Wesen bei seinem Anblick empfanden. Die einen verspürten Mitleid, was bewies, dass sie über ein ausgeprägteres, reiferes Ego verfügten, als jene, die den scheinbar Verletzten oder Aussätzigen als etwas Abstoßendes werteten. Dem Zargonier erschien es unmöglich, einem so schwer entstellten Geschöpf, das von Leid getragen wurde, Verachtung entgegenbringen zu können. Die Rätsel um die Widersprüchlichkeiten der menschlichen Wesensart mehrten sich und waren für das Fremdwesen nach wie vor Mysterium. Er ahnte, dass es größerer Weisheit als der seinen bedurfte, um die Geheimnisse dieses Planeten und deren Bewohner zu erforschen. Vorerst galt es nach wie vor, den Häschern zu entkommen, wobei Zodiac die nahende und entscheidende Konfrontation voraussah. Sie war unausweichlich.

Judy strahlte beruhigende Impulse aus. Sie wirkte gelöster und von einer schweren Last befreit.

»Es freut mich, dass es dir besser geht, Judy«, gab er ihr auf mentalem Wege zu verstehen.

»Ich bin müde, aber es geht mir gut«, antwortete sie. »Tommy und ich wissen jetzt, dass alles gut wird. Garry bringt uns in Sicherheit.«

»Er ist ein besonderes Wesen seiner Art«, sandte der Zargonier. »Wir haben ihm unser Leben zu verdanken. Eine derartige Opferbereitschaft ist meinen bisherigen Erkenntnissen gemäß nicht unbedingt ein Erbgut eurer Art.«

»Zodiac meint, Garry sei spitze«, flüsterte sie ihrem Bruder zu, der einen Narren an Hunter gefressen hatte.

»Er ist mehr als das. Garry hat mehr drauf als Sly Stallone. Dein Freund kann sich ein Beispiel daran nehmen.«

»Sei nicht gehässig. Zodiac ist kein Mensch. Er hasst Gewalt.«

»Du hast ja recht«, schwächte er ab. »Ich mag ihn ja auch ganz gerne. Es ist nur ... die Kerle im Hubschrauber hätten uns alle getötet, während er uns hätte helfen können.«

»Dafür hat er Mom und Garry geheilt, ist das nichts?«, fuhr sie zischend auf.

»Ist schon gut, Judy, ich wollte Zodiac nicht schlecht machen. Doch die Nummer eins bleibt für mich immer noch Garry.«

Zodiac beteiligte sich geistig an diesem Gespräch, und er fühlte sich peinlichst berührt von den Vorwürfen des Jungen. Sein Ego befasste sich seit langem mit dem Sinn und Zweck physischer Gewalt. Er suchte verzweifelt nach einer Lösung und fand keine. Ihm war nur klar, dass er in Zukunft abwägen musste, was zu tun war, sollte das Leben seiner Freude ein weiteres Mal in Gefahr geraten. Der Wert eines irregeleiteten Lebewesens konnte nicht minder bemittelt werden, aber nach diesen Maßstäben musste er den Mortlats ebenfalls einen hohen Stellenwert als Teil der Schöpfung einräumen. Auf gar keinen Fall durfte er sich dem Frevel unterwerfen, nach Kategorien zu bewerten, wie es auf diesem Planeten noch oft geschah. Seine Entscheidung durfte nur als Akt der Notwehr angesehen werden, ein Wort, das im zargonischen Vokabular nicht auftauchte und ihm Mühe bereitete, dafür eine geeignete Definition zu finden.

Zodiac hörte das Nuscheln von Babs, Dan und Hunter, die flüsternd miteinander diskutierten. Babs sah die Situation weitaus gefährlicher als ihre Tochter. Zodiac fragte sich, ob er richtig handelte, wenn er das Mädchen in seiner trügerischen Sicherheit gewähren ließ. Wenn er ihr die ihm eigenen Befürchtungen mitteilte, so würde er das Menschenskind nur ängstigen, und er, der in ihrem sensiblen Wesen las wie in einem Buch, wusste, dass er es nicht über das Herz bringen würde.

Seine mentalen Ströme verließen die nach wie vor auf ihrem Landeplatz verharrende Maschine und sondierten das Umfeld. Der Zargonier erschrak fast tödlich, als er in einiger Entfernung, aber doch zu nahe, die Gedanken feindlich gesonnener Menschen ausmachte. Der zweite Schock folgte und traf noch tiefer. Starke, mächtige Impulse überlagerten fast die Ausstrahlungen der Agenten. Zodiac erkannte sie sofort. Er hätte sie unter Milliarden Intelligenzen wiedererkannt.

Er lokalisierte den Standort des Mortlats, während die Maschine anrollte. Steif saß das kleine Geschöpf mit den Bandagen in seinem Sitz, tief getroffen von der plötzlichen Wandlung. Trotz dem, dass er die Konfrontation vorhersah, so traf es ihn doch wie ein fürchterlicher körperlicher Hieb. Selbst wenn er jetzt seine Freunde gewarnt hätte, wäre es zu spät. Er hatte ein weiteres Mal versagt.

Die Katastrophe nahm ihren Lauf.

Der Helikopter flog in knapp eintausend Metern Höhe über den Boden der trostlosen Wüste Nevadas dahin. Ray McCormick verzichtete auf einen Wortwechsel mit dem Mann, der an seiner Seite saß. Sein Name lautete Anders, und er war einer der Bewerber auf den Posten des Präsidentenamtes. Der Major mochte den Mann nicht besonders, da er auffallend arrogant und selbstsicher auftrat. Seine Augen ließen hinter der gespielt freundlichen Art auf Härte und Skrupellosigkeit schließen.

McCormick kannte den Mann gerade mal jene zwei Stunden, während denen er mit ihm eine Begehung innerhalb des Stützpunktes durchführte. Möglicherweise mochte er Anders alleine aus dem Grunde nicht, weil er den Stealth-Bombern nicht den Respekt zollte, den sie verdienten. Er stellte hohntriefende Fragen, die McCormick die Zornesröte ins Gesicht trieben. Es scherte ihn einen Teufel, wer oder was dieser Kerl war, wagte es sogar, ihn mit ziemlicher Respektlosigkeit zur Rede zu stellen. Schließlich waren die Todesschwadronen seine Einheiten, die B2-Bomber seine Babys, die es zu beschützen galt.

»Vor sich sehen Sie besten Maschinen, die je auf diesem Erdball gebaut wurden«, hatte er Anders lautstark zurechtgewiesen, nachdem sie in sein Büro zurückgekehrt waren. »Sie reden von diesen gewaltigen Maschinen so als wären sie nichts als ein Haufen Scheißdreck. Sie haben die Gelder für dieses Projekt bereitgestellt, und jetzt entwürdigen Sie mich sowie all meine Leute hier, deren Herzblut an den Maschinen hängt, in einer Weise, die zum Himmel stinkt. Wir leisten hier sehr gute Arbeit. Sollten Sie anderer Meinung sein, dann können Sie sich zum Teufel scheren, Mann.«

McCormick hatte alles von diesem überheblichen Mistkerl erwartet, aber keineswegs ein mitleidiges Lachen, das ihn zusätzlich in Rage versetzte. Er unterdrückte eine scharfe Verwünschung.

»Wollen Sie mal eine richtige Maschine fliegen?«, fragte ihn Anders plötzlich.

»Es gibt keine Besseren als diese hier«, entgegnete McCormick wie aus der Pistole geschossen. »Wir fliegen mit dreifacher Schallgeschwindigkeit. Wenn es irgendwo auf dieser Erde eine Maschine gäbe, die dies nur annähernd erreicht, dann wüsste ich es.«

»Die Maschine, die ich meine, fliegt mehr als dreimal so schnell«, erklärte Anders gelassen.

McCormick schluckte. »Weshalb sind Sie eigentlich hier, Anders, wenn Sie die B2 nicht interessieren? Nur um mich für dumm zu verkaufen?«

»Keineswegs. Ich biete Ihnen eine Chance, die so schnell keiner bekommt. Ihr respektloses Verhalten lässt mich jedoch an ihren viel gepriesenen Fähigkeiten zweifeln. Ich komme im Auftrag des Präsidenten um Sie für ein streng geheimes Projekt anzuwerben.«

»Das Projekt Black Death ist ein streng geheimes Projekt.«

»Das Projekt Black Death existiert für Sie nicht mehr. Ihr Nachfolger wird bereits morgen hier eintreffen. Sie werden mich begleiten.« Anders stand lächelnd auf und ging zur Tür.

»Sie wollen doch diese Wundermaschine sehen, oder nicht?«

Damit berührte Anders gewollt den wunden Punkt.

»Und ob«, meinte der Major entschlossen. »Ich möchte nur gern wissen wohin mich diese Reise führt.«

Anders sah den Major mehrere Sekunden lang unbewegt an, bevor er antwortete.

»Sie sind der Erfüllung Ihrer Träume eigentlich ganz nahe. Knappe hundert Meilen, würde ich sagen.«

In Ray McCormicks Inneren schlugen ganz leise Alarmglocken an. Doch die Erwartungen, die er setzte, ließen sie ihn geflissentlich ignorieren. Er nickte.

»Area 51.«

Und nun saß er hier neben diesem snobistischen Dreckskerl, knappe zehn Meilen von Dreamland, wie das militärische Sperrgebiet auch genannt wurde, entfernt. Ihm brannten unzählige Fragen auf der Zunge, doch das lautstarke Geräusch der Rotoren ließ nur ein Schreien als einzigen Verständigungsweg offen. McCormick hatte keine Lust, herumzubrüllen wie ein Irrer, deshalb wartete er einfach ab. Er zweifelte nicht daran, dass dieser Mann im Auftrag des Präsidenten kam. McCormick ahnte nichts von der Verschwörung gegen den obersten Regierungsvertreter seines Landes. Er musste sich den Befehlen dieses Mannes beugen, wollte er weiterhin seinen Job ausüben. Anders sprach von einem Vogel, den es nicht geben konnte.

Zehnfache Schallgeschwindigkeit.

Für McCormick, der als Profi seines Faches galt, besaß jene Vorstellung Utopie. Anders tat sich wichtig, was wusste der Kerl von Flugtechnik. Wahrscheinlich würde er ihn den Prototypen eines unausgereiften Modells zeigen, das erst in Jahren, wenn überhaupt, zum Einsatz kommen würde. McCormick nahm sich vor, ebenfalls so herablassend zu reagieren, wie Anders.

Der Hubschrauber ging tiefer. Der Major erkannte schon bald die Baracken von Area 51. Er wusste, welche Gerüchte über jenes Gebiet, das allen Unbefugten den Zutritt strengstens und unter Androhung des Schusswaffengebrauchs untersagten, kursierten. Seit Jahren standen die Zeitungen voll davon, was ihn, den überzeugten Realisten nur wenig erschütterte. Es hieß, hier bewahre man die Trümmer des in Roswell notgelandeten UFOs auf. Aliens wurden angeblich dort gefangen gehalten, und man experimentierte mit ihnen wie mit Mäusen oder Ratten in einem Versuchslabor. UFO-Technologien, hieß es, erforschte man in jenen Hallen, und futuristische Flugobjekte, die von den Einheimischen ebenfalls für fliegende Untertassen gehalten wurden, verließen nachts ihre Hangars. Möglicherweise präsentierte Anders eine Maschine mit einem UFO-Motor, dachte McCormick in einem Anflug von Belustigung. Hinter allem steckte ein Körnchen Wahrheit, und diese lag womöglich darin begründet, dass die Armee verschiedenes Kriegsspielzeug testete, und somit den UFO-Glauben absichtlich schürte, um die Wahrheit mit Utopie zu verschleiern. Mit Sicherheit passierte etwas in Dreamland, sonst würde man in einem Wüstengebiet kaum im Abstand von fünfzig Metern Warnschilder aufstellen.

Der Pilot funkte mit dem Bodenpersonal. Ohne das Codewort konnte keine Maschine auf Area 51 landen, es sei denn als glühender Trümmerregen. Der Luftraum galt ebenfalls als Sperrgebiet. Im Jahre 1954 wurde der Stützpunkt als geheime Einrichtung der Luftwaffe gegründet, und das und nicht mehr war er auch für Ray McCormick. Das Gequatsche von Außerirdischen hielt er für absurd. Schon fast als Massenhysterie konnte man den Zustand bezeichnen, dem Millionen durchgeknallter Staatsbürger seit Jahren verfielen. Für McCormick war es unerklärlich, wie normale Menschen auf so eine unrationelle Ebene gerieten. Nun, sein Job ließ ihm jedenfalls keine Zeit, sich irgendwelchen Hirngespinsten hinzugeben.

Der Helikopter landete. Anders forderte ihn wortlos auf vorauszugehen. Das Brausen der Rotoren nahm ab, worauf der Major die Gelegenheit nutzte.

»Ich bin sehr gespannt auf Ihre Wundermaschine. Haben Sie die Technologie wirklich von Aliens übernommen?«

Anders reagierte auf den Sarkasmus des Majors mit einem Lächeln.

»Area 51 steckt voller Geheimnisse, das dürfte Ihnen wohl bekannt sein. Sie preiszugeben käme einem Verrat gleich.«

»Dann verraten Sie Ihr Land, indem Sie mich gleich in eines davon einweihen, liege ich da richtig?«

»Nein«, erwiderte Anders. »Denn Sie werden genauso vereidigt werden wie alle stationierten Einheiten dieses Geländes. Da kommt schon unser Jeep. Er wird uns zu Halle 15 chauffieren.«

McCormick atmete durch und sah dem Jeep entgegen, indem zwei Soldaten saßen, die voller Respekt grüßten.

»Nehmen Sie Platz, Major«, bot ihm Anders grinsend an. »Und sammeln Sie Luft, es könnte sein, dass Sie Ihnen in wenigen Minuten wegbleibt.«

»Ich habe schon Pferde kotzen sehen, Anders«, entgegnete Ray respektlos. »Der Anblick Ihres Wunderbabys wird mich bestenfalls ein Lächeln kosten.«

Er hatte sich selten so überschätzt wie in jenem Augenblick.

Dunkel gekleidete Gestalten betraten das Innere des Towers. Schwarze Wollmasken, unter deren Wölbung sich Gasmasken befanden, verbargen die Gesichter der Männer, die in sich scheinbarer Ungezwungenheit, aber dennoch beängstigend lautlos in dem Gebäude verteilten. Gasschwaden zogen über die reglosen Körper der Towerbesatzung dahin. Die Wirkung würde nur kurze Zeit anhalten. Die gesamte Aktion musste blitzschnell über die Bühne laufen.

Die Männer übernahmen die Tätigkeiten der Schlafenden, so als hätten sie nie etwas anderes getan. Der Flugverkehr musste unauffällig weiterrollen, während den übrigen Einheiten die nicht minder schwere Aufgabe zuteil wurde, die Bereitschaftskräfte der Feuerwehr und des Sanitätsdienstes vorübergehend auszuschalten.

Crimley legte Wert darauf, die Aktion gewaltlos zu bereinigen. Sobald aber Plan C eintrat, den Crimley als das Eingreifen einer fremden Macht definierte, wurde dieser Befehl ungültig. Dafür standen Spezialeinheiten bereit, deren Eingreifen man hoffentlich nicht bedurfte. Dadurch, dass die Gesuchten ihren extraterrestrischen Schützling so erfolgreich tarnten, retteten sie unbewusst hunderten Menschen das Leben. Crimley galt als wenig rücksichtsvoll, was Augenzeugen betraf. Doch sinnloses Blutvergießen betrachtete er bei diesem Einsatz als unlogisch.

Die Funkgeräte der Tower-Besetzer sprachen alle gleichzeitig an. Das vereinbarte Signal ertönte. Es wurde höchste Zeit, denn es konnte nicht mehr verhindert werden, dass die Boeing Starterlaubnis erhielt. Crimleys Zeitplan verschob sich um wertvolle Sekunden. Dennoch wurde man nicht nervös. Wenn die Maschine wider Erwarten entkam, so würden die Einheiten in Seattle sofort nach der Landung zuschlagen. Noch wenige Sekunden bis zum Zeitpunkt X.

Da geschah es.

Die Maschine nahm immer mehr an Fahrt zu. Der Flugkapitän wunderte sich über die ihm unbekannte Stimme, die aus seinem Ohrfunk hallte und ihn zum sofortigen Stoppen aufforderte.

»Was soll der Quatsch?«, erregte er sich. »Ich bin bereits zu schnell.«

»Es besteht der Verdacht eines Triebwerkschadens. Ich wiederhole nochmals. Stoppen Sie sofort die Maschine.«

»Wer sind Sie überhaupt, ich ...?«

Die fremde Stimme am anderen Ende wurde innerhalb eines Sekundenbruchteils zur Bedeutungslosigkeit verurteilt. Der Co-Pilot stieß einen erschreckten Schrei aus, während der Captain sofort reagierte. Die Landerollen quietschen lautstark aufgrund des brutalen Bremsmanövers. Die Passagiere wurden in ihre Sitze gepresst.

»Verdammt, warum weicht der Kerl nicht aus?«, schrie der Captain. Mit geweiteten Augen sah er auf die Gestalt, die inmitten der Fahrspur stand, und nicht den geringsten Anstand zur Flucht zeigte. Soweit die Piloten erkannten, steckte der Kerl in einem merkwürdigen Anzug und hielt eine gewaltige Waffe in der Hand, mit der er direkt auf die Kanzel zielte.

Der Mortlat feuerte den Zertrümmerer ab, als die Maschine sich bis auf fünfzig Fuß genähert hatte. Das Cockpit zerbarst, als hätte die gigantische Faust eines Riesen es zerschmettert. Stahl, Glas, Blut und Körperteile zerstoben zu einem infernalischen Reigen. Der Mortlat hechtete zur Seite. Nur knapp rollte die Maschine an ihm vorbei. Das Flugzeug kippte nach links und rutschte auf der zerplatzenden Tragfläche weitere vierhundert Meter, bevor er endgültig zum Stillstand kam. Eine Schleuse öffnete sich und panisch aufschreiende Menschen sprangen daraus hervor. Der Mortlat zerblies ihre Körper mit einem Intervall-Stoß seiner gewaltigen Waffe.

Sein angeborener Kampftrieb war voll erwacht. In diesem Gefährt befand sich der Widersacher seines Volkes. Er würde ihn sich holen, damit ihm die Strafe zuteil kam, die ihm gebührte. Wie besessen stürmte der Mortlat auf die Linienmaschine zu. Hoffentlich war der Zargonier noch am Leben, sonst war all sein Streben umsonst.

Plötzlich wurde die Nacht von unzähligen Scheinwerfern erhellt. Der Mortlat knurrte verächtlich. Erneut kamen ihm diese Schwächlinge dazwischen. Scheinbar aus dem Nichts raste eine ganze Kolonne schwarzer gepanzerter Limousinen heran. Die Männer, die aus ihnen sprangen, trugen Anzüge, die so gar nicht zu den Waffen in ihren Händen passten. Sie zögerten nicht, das Feuer auf den Außerirdischen zu eröffnen.

Die Kampfmontur hielt dem Ansturm von Maschinengewehrfeuer bislang stand. Der Mortlat wusste aber erfahrungsgemäß, dass ihm diese Menschen gefährlich werden konnten. Er zog den Strahler aus seinem Gürtel und schoss. Den Agenten nützte es nichts, sich hinter den Fahrzeugen zu verbergen. Die Entladungen entfachten eine wahre Hölle, die Menschen und Fahrzeuge in sich verschlang. Der Asphalt der Landebahn brodelte. Der Mortlat sah sich gezwungen, den Zertrümmerer einzusetzen, um nicht in seinem eigenen Feuer zu braten.

Im Kampfeseifer lauschte er nicht auf das Geräusch aus der Luft, und er sah überrascht auf, als ihn drei Kegel weißen Lichts erfassten. Zwei Helikopter und ein Apache hatten ihr Zielobjekt im Visier und ließen es nicht mehr los. Ein halbes Dutzend stählerner Fangnetze hüllte ihn ein. Zischend sprang der Stahl aus seinen Armschienen und zerschnitt mühelos das widerstandsfähigste Material, das es derzeit auf diesem Planeten gab. Ein schwarz gekleideter Mann lehnte sich aus dem Apache und hielt mit einer seltsam anzusehenden Waffe direkt auf den beleuchteten Feindkörper. Der Mortlat schrie verwundet auf. Sein Anzug wurde schwer beschädigt, durch das Leck schlugen ungehindert die Projektile der feindlichen Waffen.

»Feuer einstellen«, dröhnte eine Stimme über den Kampfplatz. Moart verstand die Worte des Fremden nicht. Er vermutete, dass sie seinen Tod bedeuteten. Unbändiger Hass und derbe Enttäuschung befielen ihn. »Narkosegeschütze einsetzen. Höchste Dosis aus allen Geschützen.«

Der Mortlat fiel hintenüber, ein weiteres Dutzend Projektile schlug in seinen Körper. Verwundert musterte er die länglichen Gegenstände, die aus ihm heraus ragten. Mit einem Mal bekam er keine Luft mehr. Schreiend riss er sich den Helm vom Kopf, nicht ahnend, seinen Feinden den größten Schrecken ihres Lebens einzujagen.

»Großer Gott«, hallte eine Stimme durch die Nacht. »Was ist das für eine Kreatur? Narkosewaffen erneut einsetzen.«

»Wir könnten ihn damit umbringen.«

»Das Risiko müssen wir eingehen.«

Der Mortlat spürte eine bleierne Müdigkeit, die so schwer wog, dass sie sogar die schrecklichen Schmerzen hinwegspülte. Er spürte einen dumpfen Schlag in seinem Hals, weitere Einschläge erfolgten an Hinterkopf und Bauchdecke. Danach spürte er nichts mehr. Hart schlug er zu Boden.

Ein großer hagerer Mann mit zerrissenem Anzug beugte sich über ihm. Hinter ihm hielt ein grün lackierter Wagen, aus dem bewaffnete Uniformierte und Menschen in seltsamen Strahlenanzügen sprangen.

»Zieht ihm das Ding aus«, befahl der Hagere. »Ohne seinen Anzug kann er die Netze nicht zerschneiden, ich hab’s gesehen. Wickelt unseren Gast nett ein und dann ab mit ihm.«

Er nickte den überlebenden Spezialisten zu. Das Landefeld glich einem Schlachtfeld. Das Flugzeug hatte einiges abbekommen. Er brannte an mehreren Stellen. Eine Explosion hatte stattgefunden. Eile war geboten.

»Plan C wird durchgeführt. Das Ding kann jede Sekunde hochgehen. Beeilt euch.«

Die folgende Aktion lief schnell und präzise ab. Die Männer stürmten das Innere und begannen ihre Suche. Sie rechneten damit, den Gesuchten tot vorzufinden.

»Helfen Sie meiner Tochter, bitte.«

Eine junge Frau lag zwischen den Trümmern und beugte sich über ein kleines Mädchen, das sich nur schwach bewegte. Hilfesuchend sah sie dem großen Mann mit der Waffe entgegen, der ihr beruhigend zunickte. Kurz darauf hallten zwei Schüsse durch das Deck.

»Wir haben ungefähr fünfzig Überlebende«, rief jemand in sein Funkgerät. Die Stimme des Hageren antwortete gefühllos: »Eliminieren.«

Ein halbe Minute lang bellten Schüsse auf. All jene lästigen Zeugen des Geschehens wurden brutal beseitigt.

Der Hagere stand breitbeinig, den nötigen Sicherheitsabstand gewahrend, vor der Maschine. Ungeduldig sah er auf die Uhr. Endlich erhielt er die gewünschte Meldung.

»Wir haben sie gefunden. Der Extraterrestrier ist ohnmächtig. Wir haben ihn bereits unter Narkotika gesetzt, ohne Zusagen auf die Wirkung machen zu können. Nur von diesem Hunter fehlt jede Spur. Möglicherweise liegt er irgendwo in den Trümmern.«

»Verdammt«, fluchte der Hagere. »Und die anderen?«

»Sind anwesend, ebenfalls bewusstlos. Die Frau hat möglicherweise eine Gehirnfraktur. Was geschieht mit Ihnen?«

»Der Befehl lautete Inhaftierung. Ziehen Sie sich zurück, die Maschine wird gleich explodieren.«

Die Agenten erschienen mit ihrer lebenden Fracht, die sofort in den Bäuchen der schwarzen Transporter verschwanden. Der Zargonier, dessen Tarnung zum Teil entblößt war, wurde separat untergebracht.

Der Rückzug erfolgte in rasender Eile. Das Flugzeug explodierte, als die Limousinen, Transporter und Helikopter ebenso mysteriös verschwanden, wie sie auftauchten. Ein glühendes Trümmerteil zerstörte den Wagen, indem der Hagere sich gerade anschickte, eine Erfolgsmeldung an Crimley durchzugeben.

Es schien, als hätten sich die Toten an ihrem Mörder gerächt.

Zodiac - Gejagter zwischen den Welten V: Gefangen

Подняться наверх