Читать книгу Whitney Houston - Mark Bego - Страница 10

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Im April 1983, als Whitney ihren Vertrag bei Arista unterschrieb, war es klar, dass sie zu den Neuzugängen gehörte, denen in dem Unternehmen besondere Beachtung zukam und bei denen man sich alle Mühe geben wollte, sie tatsächlich zu großen Stars zu machen. Letztlich versucht man genau das im Showgeschäft natürlich immer, und man versucht auch darauf zu achten, dass man bei Verpackung, Produktion und Präsentation einer Platte alles richtig macht, damit sie ein großer Hit wird, aber natürlich funktioniert das nicht immer. Als jedoch Clive Davis, der Gründer und Chef von Arista Records, Whitney unter seine Fittiche nahm, wurde sie vom ersten Tag an vehement darauf getrimmt, große Ziele zu erreichen.

Davis gilt im Musikgeschäft als Legende. Schon zu seiner Zeit bei Columbia Records hatte er von sich reden gemacht, als er Stars wie Santana, Janis Joplin oder Sly & The Family Stone entdeckte, zum Label holte und aufbaute. Arista Records wurde 1974 gegründet, nachdem Davis Columbia verlassen hatte und ein kleines Unternehmen namens Bell Records übernahm. Dabei erbte er gewissermaßen zwei Sänger und Songwriter, die dort noch unter Vertrag standen. Davis beschloss, die beiden, die jeweils bisher nur ein einziges Album veröffentlicht hatten, einstweilen zu behalten, ließ die Optionen aller anderen Künstler auslaufen und änderte den Namen des Unternehmens in Arista: Das Label sollte nun zu seiner persönlichen Hitschmiede werden. Die beiden Singer-Songwriter, die er behalten hatte, wurden unter seiner Ägide zu Stars. Sie hießen Barry Manilow und Melissa Manchester.

In den Siebzigern reihten die Künstler, die Arista verpflichtete, einen Hit an den anderen – darunter befanden sich Namen wie Patti Smith, Ray Parker Jr., Alan Parsons, Air Supply und Angela Bofill. Zwar war Davis stets sehr daran interessiert, neue Talente zu entdecken, aber er bemühte sich auch darum, die Karrieren seiner Lieblingsstars aus den Sechzigerjahren wieder anzukurbeln, beispielsweise die von Melanie und Martha Reeves. Anfang der Achtziger setzte er schließlich alles daran, Carly Simon, Dionne Warwick und Aretha Franklin wieder ins Rampenlicht zu holen.

Aretha war schon im Geschäft, seit sie 1960 bei Columbia unterschrieben hatte. Sie nahm eine ganze Reihe von Alben für das Label auf, konnte aber nie den großen Mainstream-Erfolg verbuchen. Als ihr Vertrag auslief, wechselte sie zu Atlantic Records, und dort gelang ihr eine beeindruckende Reihe von Hit-Singles und Grammy-Auszeichnungen im Bereich Rhythm & Blues – oft begleitet von Cissy Houston, die ihre Background-Vocals sang. Zwischen 1967 und 1974 folgte ein Hit auf den anderen, darunter „Respect“, „Chain Of Fools“, „Think“ und „Rock Steady“. Mit dem Beginn der Disco-Ära ging es ihr jedoch wie vielen Stars der späten Sechziger und frühen Siebziger – andere zogen an ihr vorbei. Als ihre Zeit bei Atlantic sich dem Ende zuneigte, holte Clive Davis sie zu Arista, brachte sie mit den richtigen Produzenten und Songwritern zusammen, und plötzlich verkaufte sie mehr Platten, als sie es je bei Atlantic getan hatte.

Nachdem ihm nun der Ruf vorauseilte, dass alles, was er anfasste, zu Gold würde, wollte sich Davis nun daran versuchen, eine ganz neue Sängerin aufzubauen. Eine Weile deutete alles darauf hin, als sollte Phyllis Hyman als seine größte Entdeckung in die Geschichte eingehen. Sie war eine groß gewachsene Frau von statuenhafter Schönheit, deren Stärke vor allem im Jazz und bei Balladen lag, und sie wurde auf diesem Gebiet auch recht erfolgreich; ihr größter Hit war die von Barry Manilow produzierte Ballade „Somewhere In My Lifetime“. Anfang der Achtziger zählte sie zu den Stars des bekannten Broadway-Musicals Sophisticated Ladies, und sie wurde für ihre Rolle darin sogar für einen Tony Award nominiert. Doch trotz einiger hoch gelobter Alben für Arista gelang Phyllis nie der große internationale Durchbruch. Persönliche Probleme führten dann dazu, dass ihre Karriere ein unerwartet frühes Ende fand, und Mitte der 1990er-Jahre beging Phyllis Hyman tragischerweise Selbstmord.

Als Clive Davis jedoch das noch unausgeformte Talent der jungen Whitney Houston erkannte, fasste er sofort den Entschluss, ihre Karriere mit allen Mitteln voranzutreiben. Und tatsächlich sollte Whitney schließlich genau all das erfüllen, was man sich zuvor von Phyllis Hyman erhofft hatte.

Nach zehn Jahren im Geschäft war Arista Records so erfolgreich, dass Clive Davis es sich leisten konnte, ganze zwei Jahre zu investieren, um an Whitneys Look, Sound und Image zu arbeiten. Er gab unerhörte 250.000 Dollar allein dafür aus, ihr erstes Album zu planen und einzuspielen. Er sorgte dafür, dass Whitney bei den richtigen Partys gesehen wurde, dass sie in bestimmten, wichtigen Clubs auftrat und sich bei privaten Musikveranstaltungen zeigte. Jedes Detail von Whitneys Laufbahn wurde mit größter Sorgfalt durchdacht und persönlich von Davis beaufsichtigt.

Noch bevor sie mit den Aufnahmen für ihr Debütalbum begonnen hatte, trat sie 1984 in der Fernsehsendung The Merv Griffin Show auf. Es handelte sich um eine Sondersendung der berühmten Talk- und Variety-Show, die ganz und gar Clive Davis und seiner zehnjährigen Erfolgsgeschichte mit Arista gewidmet war. Als Davis selbst seinen neuesten Schützling vorstellte, sagte er: „Entweder man hat das gewisse Etwas, oder man hat es nicht. Sie hat es.“ Whitney trat auf die Bühne und eroberte das Publikum sofort mit einer bewegenden Version des Songs „Home“ aus dem Musical The Wiz – Das zauberhafte Land.

1984 nahm Whitney den ersten Song auf, der sich später auch auf ihrem Debüt wieder finden sollte. Damals arbeitete der ehemalige Leadsänger von Harold Melvin & The Blue Notes, Teddy Pendergrass, gerade an seinem Comeback und spielte ein neues Album für ein neues Label ein. Pendergrass hatte einen tragischen Autounfall hinter sich und war seitdem querschnittsgelähmt, aber er hatte dennoch erfolgreich von CBS Records zu Elektra wechseln können, und nun betreute der Balladenspezialist Michael Masser sieben Tracks des neuen Albums Love Language. Luther Vandross produzierte einen weiteren Song, „You’re My Choice Tonight (Choose Me)“, den Titeltrack aus dem Film Choose Me – Sag ja; die weibliche Solostimme auf diesem Titel gehörte zufällig Cissy Houston.

Der Produzent und Songwriter Michael Masser war damals besonders bekannt für die Hitballade „Touch Me In The Morning“ von Diana Ross. Für Teddys Album hatte er mit Linda Creed zusammen das Duett „Hold Me“ geschrieben. Da Whitney durch ihre Beteiligung an dem Material-Projekt bei Elektra bekannt war, wurde sie eingeladen, bei diesem Song mitzusingen. „Hold Me“ wurde für das Duo Teddy Pendergrass und Whitney Houston zum Hit.

Währenddessen hatte Michael Jacksons älterer Bruder Jermaine das Label Motown nach langen Jahren verlassen und einen Solovertrag bei Arista unterzeichnet. Das Jahr 1984 stand ganz im Zeichen des King of Pop, der kurz zuvor mit Thriller eines der erfolgreichsten Alben aller Zeiten abgeliefert hatte, und daher machte es große Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass sich Michael, Jermaine, Tito, Randy, Jackie und Marlon Jackson für ein neues Album und die Victory-Tour noch einmal zusammenfinden würden. Jermaine brauchte eine kraftvolle Soloplatte, die er auf dieser ausverkauften Tour, um die so viel Rummel gemacht wurde, vorstellen konnte, und genau die gelang ihm auch. Jermaine Jackson erschien 1984 auf Arista, kam in den USA bis in die Top Twenty und wurde mit Gold ausgezeichnet. Neben der Hit-Single „Dynamite“ befanden sich unter anderem zwei bemerkenswerte Duette auf der Platte – „Tell Me I’m Not Dreamin‘ (Too Good To Be True)“ mit seinem Bruder Michael und „Take Good Care Of My Heart“ mit Whitney Houston.

Im August 1984 veranstaltete Arista in einer New Yorker Diskothek namens Limelight eine große Party für Jermaine. Zur Unterhaltung der Gäste sang Whitney dort „Home“ und eine Reihe anderer Solo-Songs. Dann kam Jermaine zu ihr auf die Bühne, und beide brachten gemeinsam „Take Good Care Of My Heart“.

Der Starfotograf Charles Moniz war bei der Veranstaltung im Limelight zugegen, um Fotos zu machen, und er berichtete: „Damals war Jermaine Jackson der große Star. 1984 standen alle Jacksons im Blickpunkt der Öffentlichkeit, und ich erinnere mich, dass Janet und LaToya auch im Club waren, um sich den Auftritt ihres Bruders anzusehen. Als Whitney auf die Bühne kam, war sie noch relativ unbekannt, jedenfalls im Vergleich zu Jermaine. Aber es war sofort klar, dass eine große Zukunft vor ihr lag. Sie wurde auch so präsentiert, als sei sie schon ein Star.“

Am letzten Novemberwochenende 1984 gab Arista Records eine große Party, um das zehnjährige Bestehen des Unternehmens zu feiern. Die Veranstaltung fand im Museum Of The City Of New York statt, und es wurde eine umwerfende Party mit viel Klasse. Einige Arista-Künstler waren dabei, beispielsweise Patti Smith, Alan Parsons und Dionne Warwick. Dionne sorgte auch für die musikalische Begleitung des Abends, und Whitney Houston trat ebenfalls auf. Die Anwesenden, der Autor eingeschlossen, waren von dem, was sie zu sehen und zu hören bekamen, äußerst beeindruckt.

Das ganze Jahr über hatte man bei Arista dafür gesorgt, dass Whitneys Talent bei verschiedenen Veranstaltungen zu Gehör gekommen war, obwohl es noch immer keine Platte von ihr zu kaufen gab. Unter anderem war sie auch mit Jermaine Jackson zusammen als musikalischer Gast in der beliebten TV-Soap As The World Turns, die in den USA im Nachmittagsprogramm lief, zu sehen gewesen. Davon abgesehen hörten Millionen amerikanischer Fernsehzuschauer Whitneys Stimme bereits mehrere Male am Tag. Das Weichspülmittel Bounce wurde damals mit einem Spot beworben, der mit einer Version von „Jump“ der Pointer Sisters unterlegt war, gesungen von Cissy Houston. Im Hintergrund war ganz klar Whitneys Stimme zu erkennen.

Bei Arista arbeitete damals Kenneth Reynolds, der die Abteilung R&B Product Management leitete und dabei auch direkt für Whitney zuständig war. Er ist zudem in ihrem ersten Video zu sehen, als Koch des Restaurants, in dem Whitney „You Give Good Love“ vorträgt. Reynolds berichtete: „Als ich im Oktober 1983 zu Arista kam, war der Vertrag mit Whitney bereits abgeschlossen und innerhalb des Unternehmens ausführlich kommunziert worden. Jeder wusste von ihr, jeder wusste, dass ihre Karriere mittels einer riesigen Marketing- und Promotionkampagne angeschoben werden sollte. Es stand fest, dass sie die neue große Sängerin werden sollte. Nicht nur eine neue Sängerin. Wir redeten von einem Star, der in derselben Liga spielen sollte wie Aretha Franklin oder Diana Ross.“

Es fanden Managementbesprechungen darüber statt, wo sie gesehen werden sollte, wen sie treffen sollte, was sie tragen sollte und wie sie frisiert sein wollte. Jeder Aspekt der Werbekampagne wurde genau festgelegt, und es wurde immer wieder darauf verwiesen, dass Clive Davis bei allen Entscheidungen das letzte Wort haben würde.

Hinsichtlich des Stylings und der Vermarktung Whitney Houstons erklärte Reynolds 1986: „Man kann es auch übertreiben. Und es ist schwer, wenn jemand so hübsch ist wie Whitney, denn dann hat man eigentlich nur sehr wenig zu tun. Man muss sie nur ein bisschen stylen, was ihre Garderobe betrifft, und sich eine Richtung für die Vermarktung überlegen. Aber jeder in der Firma hatte seine ganz persönliche Vorstellung von dem, was das Mädchen einmal werden sollte. Das ging schließlich soweit, dass Clive sich persönlich einmischte und sagte: ‚Mir gefallen die Ideen allesamt, und das ist alles gut und schön, aber da wir hier überhaupt keine Übereinstimmung haben, stelle ich euch jetzt mal meine Ideen vor.‘“ Davis machte deutlich, dass er sich hinsichtlich aller Marketingstrategien bei Whitney Houston ein Vetorecht vorbehielt.

Ken Reynolds, der schon mit vielen Stars zusammengearbeitet hatte, lernte Whitney zu Beginn ihrer Karriere als höchst charmant und professionell kennen. Über die Aufnahmen zu ihrem ersten Video erzählte er: „Sie wirkte wie ein sehr erfahrener Profi, und das spürte ich in allem, was sie tat. Sie war zwar eigentlich ganz neu im Geschäft, aber sie verhielt sich wie jemand, der schon eine Ewigkeit dabei war. Sie hat immer etwas Cooles, Weltgewandtes an sich.“

Sie brauchte jetzt nur noch das richtige Album und die richtige Solo-Single – und beides bekam sie mit ihrem Debüt Whitney Houston, das erst im Februar 1985 erschien. Beinahe zwei Jahre hatte man daran gearbeitet, damit dieser musikalische Meilenstein auch richtig einschlug. Keine andere Platte wurde in der jüngeren Pop-Geschichte so gründlich durchdacht und geplant, was das Material, den Sound, die Verpackung und das Marketing betraf.

Um die richtigen Produzenten und Songwriter zu finden, entschied man sich für eine ungewöhnliche Maßnahme: Im Sweetwaters in New York und im Vine Street Bar & Grill fanden spezielle Showcases statt, bei denen Whitney eine Stunde lang ihre aktuell stärksten Songs präsentierte, und Produzenten und Songwriter wurden eingeladen, um live zu erleben, wie die Legende Whitney vor ihren Augen Gestalt annahm. Am Schluss dieser beider Sessions gingen Clive Davis und Gene Harvey dann das Material durch, das diese Produzenten und Songwriter eingereicht hatten.

Harvey erklärte: „Es ging nur darum, das richtige Material und die richtigen Produzenten zu finden. Clive vertrat, wie wir auch, die Meinung, dass wir diese Sängerin nicht mit Gewalt und übereilt an die Öffentlichkeit zerren sollten. Wir beschlossen zu warten und alles aufs Beste vorzubereiten, und wenn das ein wenig länger dauern würde, dann war das eben so.“ Diese Herangehensweise funktionierte offenbar hervorragend.

Clive hielt von große Stücke auf Whitney und wollte sichergehen, dass das erste Album in jeder Hinsicht gelang: „Sie verfügt über eine enorme Bandbreite, von Musical bis Gospel und Soul.“ All die verschiedenen Seiten, die Whitney hatte, sollten auf dieser Platte ins beste Licht gerückt werden. Was das alles kostete, spielte für Davis dabei keine Rolle, er wollte nur dafür sorgen, dass die Platte ein Riesenhit wurde.

Whitney selbst verließ sich auf ihr Bauchgefühl, als es darum ging, die richtigen Songs auszuwählen. Schließlich hatte sie schon seit Jahren dabei zugesehen, wie ihre Mutter und Stars wie Aretha Franklin Hits einspielten, und daher wusste sie, worauf sie bei einem Song achten musste, damit er zu ihr passte: „Meine Mutter kennt das Geschäft sehr gut, und sie hat mir alles darüber beigebracht!“

Cissy selbst formulierte es einmal so: „Ich versuche, Gefühl in jeden Song zu legen, den ich singe. Ich muss ihn erst einmal selbst fühlen, bevor ich ihn so bringen kann, dass andere, wenn sie ihn hören, auch etwas empfinden. Alles, was ich tue, ist absolut echt.“ Diese Einstellung übertrug sich offenbar auf ihre Tochter, denn Whitney sollte diese Grundsätze stets beherzigen.

Über die zweijährige Entstehungsphase ihres ersten Albums sagte Whitney: „Ich gab Showcases und lud Leute aus dem Musikgeschäft dazu ein. Schon seit ich fünfzehn war, hatten sich die Plattenfirmen für mich interessiert – es war, als ob alle darauf warteten, dass ich endlich erwachsen wurde. Und dann reichten sie ihre Angebote ein. Ich saß dann später mit meinen Managern und meinen Eltern da, und ich erinnere mich an eine extrem lange Besprechung, bei der es darum ging, was ich tun, zu welchem Label ich gehen sollte. Irgendwann ging ich raus und setzte mich in einem anderen Zimmer auf einen Stuhl, und meine Mutter kam mir nach und sagte: ‚Du weißt, das ist alles sehr schwierig, aber ich sage dir jetzt, wie es ist: Du solltest dorthin gehen, wo man das Beste für dich tun wird.‘ Damit meinte sie: Einige Firmen boten einen Vertrag und sagten: ‚Whitney, du kannst dir die Songs aussuchen. Du kannst alles machen, was du willst.‘ Bei Arista war das anders, da sagte Clive Davis: ‚Wir werden dir eine bestimmte Summe zur Verfügung stellen, wir werden uns mit dir besprechen, und was die Songs angeht, die du machen willst, werde ich dich unterstützen. Ich werde sagen: Whitney, dieser Song hat Potenzial. Dieser hier nicht.‘ Meine Mutter fügte dann hinzu: ‚Du bist achtzehn Jahre alt. Du brauchst jemanden, der dich berät.‘ Clive war dieser Jemand.“

Whitney und Clive Davis schienen schon gleich zu Beginn ihrer Zusammenarbeit einen guten Draht zu einander zu entwickeln. „Es ist verrückt, wie sehr Clive und ich auf einer Linie liegen“, sagte Whitney damals. „Wenn ihm ein Song gefällt, dann ist es fast hundertprozentig sicher, dass ich ihn auch mag.“

Die Produzenten, die letztlich bei Whitney Houston zum Zug kamen, waren durch die Bank etablierte Hitgaranten, darunter Michael Masser, Kashif, Jermaine Jackson und Narada Michael Walden.

Zu jener Zeit, als bei Arista über das Material für Whitneys Debüt entschieden und ihr Image aufgebaut wurde, leitete Barbara Shelley Aristas PR-Büro an der amerikanischen Westküste. Sie hatte nicht nur die Aufgabe, den neuesten aufstrebenden Star des Labels in der Öffentlichkeit zu präsentieren, sondern auch die Abhörsessions und Showcases in Los Angeles zu organisieren, aus denen einige der Songs hervorgingen, die Whitney schließlich zum Star machten.

Shelley berichtete 1986: „Als das Album mit allem Drumherum zusammengestellt wurde, gab es überhaupt keinen Druck. Weder Clive Davis noch Eugene Harvey oder jemand von den anderen, die daran mitarbeiteten, wollte sich mit dem Zweitbesten zufrieden geben. Das Album wurde mit soviel Sorgfalt erarbeitet, dass es beinahe so aussah, als würde es nie erscheinen. Als die Platte schließlich fertig war, hatte Clive immer noch Bedenken; er hatte Angst, dass nicht genug Hits darauf enthalten waren, um Whitneys Talent gerecht zu werden! Schließlich musste er eine Entscheidung treffen. Sollte er diese viel versprechende Sängerin noch länger unter Verschluss halten? Oder sollte er eine Platte veröffentlichen, die zwar sicherlich gut war, aber vielleicht nicht gut genug für Whitneys Talent? Das zeigt, wie sehr er sich persönlich dafür engagierte, damit bei diesem Projekt wirklich alles perfekt lief.“

Sie fuhr fort: „Während der zweijährigen Vorbereitungen rief Gene Harvey jeden Tag Clive an, um darüber zu sprechen, was Whitney auf dem Plattencover tragen sollte, und um beispielsweise zu klären, ob der Art Director von der Ostküste für die Gestaltung verantwortlich sein sollte. Whitney ist ein erfahrenes Model und kann ganz verschiedene Looks präsentieren. Welcher wäre nun wohl am besten für das Cover? Schließlich fanden etwa zehn Fotosessions statt. Whitney kann so völlig verschieden aussehen. Wie sollte man sie bei ihrem ersten großen Auftritt porträtieren?“

Shelley war nicht nur von Houstons Gesangstalent beeindruckt, sondern auch von den Manieren der jungen Frau und von der Art, wie sie sich gab. „Das erste Mal, dass ich ihr begegnete, war auf Jermaine Jacksons Yacht, die in Marina Del Rey angelegt hatte. Wir hatten dort Interviews mit Jermaine organisiert, um sein damaliges Album zu promoten. Whitney war ebenfalls in der Stadt, weil sie einige der Titel für ihr Debütalbum bearbeitete, die Jackson produzierte. Ich wusste, dass sie Dionne Warwicks Cousine war, und ich wusste, dass mein Freund Gene Harvey sie managte, von daher freute ich mich, sie kennen zu lernen. Damals, auf der Yacht von Jermaine Jackson, erschien sie mir als ein stilles, hübsches Mädchen, und mich beeindruckte, wie nett sie war und wie unschuldig sie wirkte. Sie hatte das optimistische Gesicht eines jungen Mädchens, aber den Körper eines wunderschönen Fotomodells. Sie zeigte sich ehrlich daran interessiert, uns Plattenfirmenleute kennen zu lernen und mit uns zu reden, etwas über uns zu erfahren. Sie schickte mehrere Male Dankeskarten an die Leute bei Arista, die ihr auf ihrem Weg geholfen hatten. Sie ist ein Mensch, der sich sehr um andere kümmert.“

Ein guter Weg, etwas über das wahre Wesen großer Showstars zu erfahren, liegt darin, die Musiker zu befragen, mit denen sie zu Beginn ihrer Karriere zusammengearbeitet haben. Bashiri Johnson spielte auf „You Give Good Love“ von Whitneys Debüt Percussion und wirkte auch an „Love Will Save The Day“ vom zweiten Album mit. Er berichtete: „Als ich sie kennen lernte, war sie sehr professionell. Sie war sehr entspannt, und im Studio herrschte eine sehr lockere Atmosphäre. Aber man merkt bei manchen Leuten gleich, dass sie es wirklich weit bringen werden. Ich habe auch an Madonnas Debütalbum mitgearbeitet, und damals wusste ich überhaupt nicht, wer sie eigentlich war. Aber ich hatte damals schon den Eindruck, dass sie einmal ein großer Star werden würde, und dass sie das auch wusste. Denselben Eindruck hatte ich von Whitney, allerdings war sie etwas geschliffener und professioneller. Whitney wirkt überhaupt nicht ruppig und großmäulig. Madonna hat etwas Aggressives an sich, aber Whitney ist eher eine Lady. Ich wusste, dass sie enorm erfolgreich werden würde. Das spürte ich, wenn ich sie nur ansah. Sie ist ja auch eine sehr attraktive Frau und sieht auf der Bühne wie ein Engel aus.“

Diese Einschätzungen der Leute, mit denen sie zwischen 1984 und 1986 arbeitete, unterstreichen, wie wichtig Whitney Houstons Image für ihren schnellen Durchbruch war. Sie wurde als das perfekte, souveräne, charmante, freundliche Mädchen von Nebenan vermarktet, das sonntags in die Kirche ging. Als sie Mitte der Neunziger immer mehr in den Ruf geriet, verwöhnt, schwierig und anspruchsvoll zu sein, ließ gerade das ihren Fall um so tragischer und überraschender erscheinen.

Whitney Houston

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