Читать книгу bauhofLeiter-PraxisSpezial: Winterdienst kompakt - Markus Götz - Страница 6

Оглавление

Rechtliches

Grundlagen, Haftungsregelung


Rechtsgrundlagen zum Winterdienst

Diese Vorgaben müssen Sie erfüllen.

Die Pflicht, Winterdienst zu erbringen, ist in vielfältiger Weise ausgestaltet: Wesentliche Rechtsquellen sind die Straßengesetze der einzelnen Bundesländer, in denen Art und Umfang des Winterdienstes bestimmt sind, und die von der Rechtsprechung entwickelte Verkehrssicherungspflicht.

Jeder, der einen Verkehr eröffnet oder zulässt, hat dafür zu sorgen, dass die Verkehrsteilnehmer nicht zu Schaden kommen, d. h., er muss zumutbare Vorkehrungen treffen, um die aus einer Gefahrenquelle resultierenden Schäden zu verhindern (BGH, VersR 1985, 568).

Nun ist es aber schlechterdings unmöglich, jeden vor jedem Schaden zu bewahren. Daher schränken die Gesetze und die Rechtsprechung die Verkehrssicherungspflicht auf das Zumutbare ein. Insbesondere wird die Leistungsfähigkeit der einzelnen Körperschaften des öffentlichen Rechts (Kommunen und Landkreise) berücksichtigt. Hier gilt der Grundsatz, dass zunächst der Verkehrsteilnehmer selbst für sich die Verantwortung trägt; er muss sein Verhalten dem Straßenzustand anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet (OLG Frankfurt, OLGR 2002, 115). Erst dann, wenn der Verkehrsteilnehmer nicht mehr selbst in der Lage ist, die Situation trotz der im Winter zu beobachtenden besonderen Sorgfalt zu beherrschen, tritt die Verkehrssicherungspflicht ein, die der Bauhof zu erbringen hat. Diese Pflicht ist aber nicht grenzenlos, sondern unterliegt räumlichen und zeitlichen Einschränkungen.

Ganz allgemein findet die räumliche Unterscheidung danach statt, ob das winterdienstlich zu behandelnde Gebiet innerhalb oder außerhalb geschlossener Ortslage liegt; die zeitliche Unterscheidung kann ganz grob mit Tag und Nacht vorgenommen werden.

Neben dieser räumlichen und zeitlichen Unterscheidung wird zusätzlich zwischen Fahrverkehr und Personenverkehr differenziert.



Fahrverkehr – inner- und außerorts

Der Verkehr wird aus rechtlicher Sicht in Fahr- und Personenverkehr unterschieden.

Innerhalb geschlossener Ortslage

Die Fahrbahnen der öffentlichen Straßen innerhalb geschlossener Ortslage sind lediglich an verkehrswichtigen und gleichzeitig gefährlichen Stellen bei Schnee- und Eisglätte zu räumen und zu streuen (BGH, VersR 1990, 1148). Es sind die drei Begriffe „geschlossene Ortslage“, „verkehrswichtig“ und „gefährlich“ zu klären.

Eine geschlossene Ortslage ist der Teil des Gemeindegebiets, der zusammenhängend bebaut ist. Somit sind innerhalb des Gemeindegebiets nur der Ort selber und einzelne Ortsteile winterdienstlich zu bedienen, die zusammenhängend bebaut sind, nicht aber das gesamte Gebiet innerhalb der Gemeindegrenze. Einziges Kriterium für den Winterdienst ist die zusammenhängende Bebauung, nicht aber die Ortstafel, OD-Punkte oder Ähnliches. Die zusammenhängende Bebauung wird nicht durch Baulücken, brachliegende Grundstücke etc. unterbrochen, wenn sich die Bebauung im Übrigen fortsetzt.

Die Verkehrswichtigkeit einer Straße ergibt sich aus ihrer Verkehrsbelastung. Verkehrswichtig sind Straßen, wenn sie im Verhältnis zu allen anderen Straßen im Gemeindegebiet den meisten Fahrverkehr tragen, und zwar dauernd. Einzelne Verkehrsbelastungen zu Spitzenzeiten („rush hour“) reichen allein nicht aus, eine Straße verkehrswichtig zu machen. Die Verkehrswichtigkeit muss messbar sein, sodass andere Kriterien ausscheiden (Busverkehr, Zufahrt zum Krankenhaus etc.). Konkret ist also für jede einzelne Gemeinde festzustellen, auf welchen ihrer Straßen der meiste Kfz-Verkehr dauernd stattfindet. Dazu gehören verkehrsreiche Durchgangsstraßen und viel befahrene innerörtliche Hauptverkehrsstraßen (BGH, VersR 1990, 1148) und – als Besonderheit – auch Ortsdurchfahrten von klassifizierten Straßen. Bei klassifizierten Straßen reicht die Klassifizierung aus; die Verkehrsbedeutung ist nicht mehr zu prüfen. Darum muss selbst eine klassifizierte Straße mit wenig Verkehr geräumt und gestreut werden (vgl. Wichmann, Manfred, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis, 6. Auflage 2009, S. 100).

Gefährlich sind diejenigen Straßenstellen, an denen ein Kraftfahrer trotz der im Winter zu beobachtenden besonderen Sorgfalt nicht in der Lage ist, die Gefahr rechtzeitig zu erkennen oder sich nicht rechtzeitig auf sie einstellen kann. Dazu gehören Straßenstellen, an denen Kraftfahrer erfahrungsgemäß bremsen, ausweichen oder sonst ihre Fahrtrichtung oder Geschwindigkeit ändern und daher bei Eis- oder Schneeglätte ins Schleudern oder Rutschen geraten (BGH, VersR 1990, 1148), z. B. scharfe, unübersichtliche oder sonst schwierig zu durchfahrende Kurven, starke Gefällstrecken, unübersichtliche Kreuzungen und Straßeneinmündungen, auffallende Verengungen etc. Wesentlich ist aber immer, dass es sich um unvermutete Gefahren handeln muss, die selbst mit sorgfältiger Fahrweise nicht zu meistern sind; Schneeglätte allein macht eine Straße nicht gefährlich. Denn dann wären alle schneebedeckten Straßen gefährlich mit der Folge, dass sie alle zu räumen und zu streuen wären.

Öffentliche Straßen sind die dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wege und Plätze. Sie sind von den öffentlichen Körperschaften in aller Regel aufgrund des Landesstraßengesetzes zu räumen und zu streuen. Bei nicht gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen, auf denen die öffentliche Körperschaft einen Verkehr eröffnet oder zugelassen hat, ist der Winterdienst auf der Grundlage der von der Rechtsprechung entwickelten Verkehrssicherungspflicht zu leisten. Der Pflichtenkreis (Gesetz oder Verkehrssicherungspflicht) ist im Wesentlichen deckungsgleich.

Die beiden Kriterien „verkehrswichtig“ und „gefährlich“ müssen gleichzeitig vorliegen. Die Verkehrswichtigkeit oder Gefährlichkeit einer Straße reicht allein nicht aus, um eine Verkehrssicherungspflicht für die öffentliche Körperschaft zu begründen.

Die Räum- und Streupflicht für die öffentliche Körperschaft gegenüber dem Fahrverkehr entsteht somit erst dann, wenn sich die öffentliche Straße

• innerhalb geschlossener Ortslage befindet und

• sie sowohl verkehrswichtig als auch

• gleichzeitig gefährlich ist.

Diese Grundsätze gelten auch für Radwege (BGH, VersR 2004, 213), d. h., die öffentlichen Körperschaften müssen nur an verkehrswichtigen und gleichzeitig gefährlichen Stellen tätig werden. Bei gemeinsamen Geh- und Radwegen (Verkehrszeichen 240 zu § 41 StVO) ist die Rechtslage anders: Sie sind wie Gehwege zu behandeln, der Radfahrer nimmt nur am Schutz des Fußgängers teil.

In zeitlicher Hinsicht ist der Hauptberufsverkehr zu schützen: Die Straßen müssen vor Beginn des üblichen Tagesverkehrs winterdienstlich in Ordnung gebracht werden; der Schutz des Straßenverkehrs dauert den ganzen Tag über an und endet mit Rückgang des Tagesverkehrs am Abend. Üblicherweise ist also der Winterdienst zwischen 7.00 und 20.00 Uhr von der Kommune auf den öffentlichen Straßen zu erbringen, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, die eine andere Regelung notwendig machen. Dies ist von den örtlichen Verhältnissen (z. B. Dorf oder Großstadt) und von der Verkehrsdichte abhängig.

Großveranstaltungen, die nachts enden, sind durch den Winterdienst nicht zu schützen. Denn nachts besteht insoweit keine Verkehrssicherungspflicht der öffentlichen Körperschaften auf öffentlichen Straßen (BGH, VersR 1964, 334).

Sollte trotzdem eine nächtliche Maßnahme erforderlich werden, so trifft dies nicht die Kommune. Vielmehr ist dann die Polizei gefordert, für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Sie kann nicht den Bauhof anweisen, nachts zu räumen oder zu streuen, abgesehen von dem Umstand, ob der Bauhof zur Tageszeit hätte etwas unternehmen müssen, nämlich räumen und streuen nur an verkehrswichtigen und gleichzeitig gefährlichen Stellen.

Eine Pflicht zum vorbeugenden Streuen gibt es nicht. Wenn aber schon während der üblichen Streuzeit für den Streupflichtigen absehbar ist, dass es außerhalb der Streuzeit an verkehrswichtigen und gefährlichen Stellen eisglatt werden wird, ist zu streuen, um Unfälle zu vermeiden.

Außerhalb geschlossener Ortslage

Außerhalb geschlossener Ortslage ist der Winterdienst auf öffentlichen Straßen zu erbringen, die verkehrswichtig und gleichzeitig besonders gefährlich sind. Eine besonders gefährliche Stelle liegt vor, wenn Anlage oder Zustand der Straße die Bildung von Glatteis begünstigen oder seine Wirkung erhöhen und der Kraftfahrer diese besonderen Verhältnisse trotz der bei Fahrten auf winterlichen Straßen von ihm zu fordernden erhöhten Sorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und sich nicht oder nicht rechtzeitig auf sie einstellen kann (BGH, VersR 1985, 271). Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass den Verkehrsteilnehmer außerhalb geschlossener Ortslage eine erhöhte eigene Sorgfalt trifft.

Auch außerhalb geschlossener Ortslage ist der Fahrverkehr zur Nachtzeit nicht zu schützen, weil dies den öffentlichen Körperschaften nicht zumutbar ist; dies würde ihre Leistungsfähigkeit übersteigen.

Die Rechtsprechung zur Haftung der Kommune innerhalb geschlossener Ortslage gegenüber dem Fahrverkehr sei an einem Beispiel dargestellt:

Kraftfahrer A fährt gegen 9.00 Uhr morgens im Dezember mit einer Geschwindigkeit von ca. 40 km/h auf einer geraden und ebenen Nebenstraße vom Rathaus zum Bahnhof. Ihm kommt ein Auto des B entgegen. A muss sein eigenes Kfz abbremsen, weil auf seiner rechten Seite ein anderes Kfz geparkt ist, sodass ein gleichzeitiges Passieren der beiden sich entgegenkommenden Fahrzeuge nicht möglich ist. Beim Abbremsen gerät das Kfz des A ins Schleudern und stößt mit dem anderen entgegenkommenden Auto zusammen. Die Straße war in diesem Bereich mit einer dünnen Eisschicht bedeckt und mit Schnee leicht „überzuckert“. Geräumt und gestreut war nicht. Der abbremsende Autofahrer A nimmt die Gemeinde für seinen am Auto entstandenen Schaden in Anspruch. Den Schaden am entgegenkommenden Fahrzeug B muss ja die Haftpflichtversicherung des A ersetzen.

Lösung:

Der Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge ereignet sich innerhalb geschlossener Ortslage. Nachdem A eine Nebenstraße benutzte, ist zu vermuten, dass diese nicht verkehrswichtig ist. Dies müsste vom Gericht überprüft und festgestellt werden. Sicher aber ist die Nebenstraße nicht gefährlich. Denn sie verläuft gerade und eben, also ohne Kurven und Höhen. Das Hindernis des parkenden Pkw´s konnte A ebenso wie das entgegenkommende Auto bereits von Weitem erkennen und er hätte seine Fahrweise, insbesondere seine Geschwindigkeit darauf einstellen können. Hierzu war er aufgrund der winterlichen Verhältnisse verpflichtet. Er durfte nicht darauf vertrauen, dass es unter dem Schnee nicht glatt sein würde; vielmehr hätte er damit rechnen können und müssen.

Ergebnis:

A fuhr mit seinem Kfz innerhalb geschlossener Ortslage auf einer nicht gefährlichen Straße. Dann aber fehlt es schon an diesem Tatbestandsmerkmal der „Gefährlichkeit“, sodass es auf die „Verkehrswichtigkeit“ der Straße gar nicht mehr ankommt. Voraussetzung für eine Haftung der Gemeinde wäre aber das gleichzeitige Vorliegen der beiden Tatbestandsmerkmale „Gefährlichkeit“ und „Verkehrswichtigkeit“, woran es hier fehlt. Der Schadenersatzanspruch des A gegenüber der Gemeinde ist unbegründet, weil die Gemeinde nicht haftet: Sie hat ihre Verkehrssicherungspflicht zum Räumen und Streuen der Straße nicht schuldhaft verletzt.


Personenverkehr – inner- und außerorts

Das muss im Winterdienst im Personenverkehr bedacht werden.

Innerhalb geschlossener Ortslage

Ganz allgemein kann gesagt werden, dass die Anforderungen an den Winterdienst zugunsten der Fußgänger wesentlich höher sind als gegenüber Kraftfahrern. Das liegt darin begründet, dass das zu schützende Rechtsgut Leben (des Fußgängers) höher zu setzen ist als das Rechtsgut Sache (das Auto). Der Fußgänger muss in der Lage sein, innerhalb des bebauten Teils des Gemeindegebietes von einem Ort zu einem anderen Ort zu gelangen. Aber auch hier gilt der Vorbehalt des Zumutbaren; es wird auf die Leistungsfähigkeit der Kommune geachtet.

Der Umfang der Räum- und Streupflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls; zu berücksichtigen sind insbesondere die örtlichen Verhältnisse, z. B. die Gefährlichkeit des Verkehrsweges, ferner dessen Art und Wichtigkeit, die Stärke des Verkehrs und die Zumutbarkeit der einzelnen Maßnahme (OLG Jena, NZV 2006, 578), insbesondere die Leistungsfähigkeit des Verkehrssicherungspflichtigen (BGH, NJW 2003, 3622).

Die Kommunen sind also grundsätzlich verpflichtet, die „wichtigen“ Gehbahnen innerhalb geschlossener Ortslage zu räumen und zu streuen. Nachdem dies bei vielen, insbesondere großen Kommunen deren Leistungsfähigkeit übersteigen würde, weil sie dafür eine Vielzahl von Mitarbeitern einsetzen müssten, hat der Gesetzgeber in den Bundesländern die Kommunen in den jeweiligen Straßengesetzen ermächtigt, die Räum- und Streupflicht auf die Straßenanlieger abzuwälzen. Anstelle der Kommunen sind dann die Straßenanlieger verpflichtet, den Winterdienst auf den Gehbahnen zu erbringen.

Der Umfang des Winterdienstes auf Gehbahnen muss in einer gemeindlichen Verordnung oder Satzung geregelt werden. Deren Inhalt muss eindeutig sein, so dass jeder Anlieger rechtsfehlerfrei seiner Räum- und Streupflicht auf der Gehbahn nachkommen kann. In der Verordnung oder Satzung müssen enthalten sein: die Einsatzzeiten (meistens zwischen 7.00 Uhr und 20.00 Uhr, an Sonn- und Feiertagen zwischen 8.00 Uhr und 20.00 Uhr), die Räum- und Streubreite (z. B. 1,50 m oder dass zwei Fußgänger im Begegnungsverkehr passieren können), die Angabe, wo der geräumte Schnee gelagert wird (z. B. auf der Gehbahn zur Straßenseite hin), die Art des Streumittels (z. B. Splitt, aber kein Salz).

Unklarheiten hinsichtlich der Räum- und Streupflicht des Anliegers treten im Bereich der Haltestellen von Fahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) auf. Müssen dort die Anlieger zusätzlich diesen Bereich winterdienstlich bedienen? Die Frage wird unterschiedlich in den einzelnen Verordnungen und Satzungen entschieden. Muss ein Anlieger aufgrund der Verordnung oder Satzung auch dort – zusätzlich – räumen und streuen, so wird ihm im Verhältnis zu den anderen Straßenanliegern ein Sonderopfer auferlegt, weil er eben nicht nur in einer Breite von z. B. 1,50 m Winterdienst leisten muss, sondern auch für den Haltestellenbereich. Vernünftiger und verkehrssicherer dürfte es sein, wenn dieser Haltestellenbereich von der Gemeinde oder dem Betreiber des ÖPNV versorgt wird.

Zulässig ist es auch, dass der Straßenanlieger die Verkehrssicherungspflicht auf einen Dritten (Mieter, Verwalter, gewerblichen Unternehmer etc.) überträgt. Dann haftet der Übernehmer deliktsrechtlich (§ 823 BGB – unerlaubte Handlung).

Soweit keine befestigte Gehbahn vorhanden ist, kann in der Winterdienstverordnung geregelt werden, dass die Straßenanlieger einen entsprechend breiten Streifen (z. B. 1,5 m) zu räumen und zu streuen haben. Allerdings bleibt bei der Kommune ein Rest ihrer Verkehrssicherungspflicht in Form ihrer Überwachungs- und Kontrollpflicht. Die Kommune muss dafür Sorge tragen, dass die Anlieger ihrer Pflicht zum Winterdienst nachkommen und sie ordnungsgemäß erfüllen. Sollte ein Anlieger sich pflichtwidrig verhalten, muss ihm die Kommune eine (kurze) Frist zum Nachholen des Winterdienstes auf seiner Gehbahn setzen und ihm kostenpflichtige Ersatzvornahme androhen.

Rechtliche Probleme treten auch dort auf, wo ein Grünstreifen zwischen Anliegergrundstück und öffentlicher Straße vorhanden ist. In einigen Verordnungen oder Satzungen ist dieser Fall explizit geregelt, und zwar meistens dahingehend, dass der Anlieger verpflichtet wird. Fehlt eine solche Regelung, ist der Straßenanlieger dann zum Winterdienst auf der – entfernter liegenden – Gehbahn verpflichtet, wenn er von der Gehbahn einen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil hat (z. B. eine Zuwegung zu seinem Grundstück über den Grünstreifen). Allerdings wird in der Rechtsprechung und Literatur die Meinung vertreten, dass ein übermäßig breiter Grünstreifen (mehr als 5–6 m) eine Winterdienstpflicht des Anliegers verhindert.

Ein leidiges Problem in der Praxis stellen die von den kommunalen Räumfahrzeugen mit Schnee zugeräumten (befestigten oder unbefestigten) Gehbahnen dar. Soweit es sich um geringe Schneeablagerungen auf der Gehbahn handelt, dürfte es dem Anlieger zugemutet werden, ihn zu entfernen. Vor allem in schneereichen Gebieten, wo die Räumfahrzeuge den Schnee meterhoch auf den Gehbahnen auftürmen, kann von dem Anlieger nicht verlangt werden, diesen Schnee wegzuräumen, da er oft hierzu gar nicht die Mittel und die Kraft hat. Da wäre es besser, die Kommune unterließe das Räumen in solchen Straßen ganz, natürlich nur dann, wenn dort keine verkehrswichtigen und gleichzeitig gefährlichen Stellen sind, wo immer zu räumen und zu streuen ist. Ansonsten aber hat die Kommune den „aufgetürmten“ Schnee selbst zu entfernen, da sie die adäquate Ursache hierzu gesetzt hat.

Fußgängerüberwege, soweit sie belebt und unentbehrlich sind, müssen von den Kommunen geräumt und gestreut werden (BGH, VersR 1993, 1106). Ansonsten aber sind auf Straßen die Fußgänger nicht vor Schnee und Eis zu schützen. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass nicht jeder Zebrastreifen behandelt werden muss, solange er nicht belebt und unentbehrlich für die Fußgänger ist.

In Fußgängerzonen muss ein angemessener breiter Streifen im Mittelteil geräumt und gestreut werden (OLG Karlsruhe, VersR 1983, 188). Die Anlieger sind in aller Regel für die Gehbahnen am Rand der Fußgängerzone zuständig. Gesicherte Querstreifen vom Mittelteil zur Gehbahn am Rand der Fußgängerzone sind von den Kommunen nicht geschuldet.

Öffentliche Parkplätze sind nur zum Schutz der Fußgänger winterdienstlich zu sichern; der Fahrverkehr muss nicht gesichert werden (BGH, VersR 1983, 162). Aber auch der Schutz der Fußgänger ist eingeschränkt: Nur belebte Parkplätze unterliegen der Räum- und Streupflicht. Dabei ist den Fahrzeuginsassen lediglich die Möglichkeit zu bieten, ihr Fahrzeug gefahrlos zu verlassen oder zu erreichen (BGH, VersR 1966, 90), und zwar in der Weise, dass sie nach wenigen Metern (6 bis 8 m) von ihrem Fahrzeug auf einen gesicherten Weg gelangen. Die Fahrzeuginsassen haben daher keinen Anspruch, unmittelbar auf einer gesicherten Parkfläche aussteigen zu können. In der Praxis bedeutet dies, dass nicht der gesamte Parkplatz geräumt und gestreut werden muss, sondern nur insoweit, dass jeder Fahrzeuginsasse nach wenigen Metern auf einen gesicherten Pfad gelangen kann.

Daraus folgt, dass Parkbuchten in aller Regel winterdienstfrei sind, weil der Fahrzeuginsasse alsbald den Bürgersteig erreichen kann.

Ähnliche Grundsätze gelten im Wesentlichen für Friedhöfe und Parkanlagen. Auch hier sind jeweils die Hauptwege zu sichern, keinesfalls aber Nebenwege bzw. Zugänge zu einzelnen Gräbern, es sei denn, es findet eine Beerdigung statt.

Soweit der Winterdienst für Gehbahnen auf die Anlieger durch Rechtsverordnung übertragen worden ist, ergibt sich der zeitliche Umfang aus der Rechtsverordnung selbst. In aller Regel sind die Gehbahnen zwischen 7.00 und 20.00 Uhr zu räumen und zu streuen. Dies gilt auch für die Kommunen selbst, wenn sie für die Gehbahnen verkehrssicherungspflichtig sind, beispielsweise vor ihren eigenen Gebäuden (Rathaus, Schulen, Kindergärten, Sportstätten etc.).

Die Anlieger sind nicht verpflichtet, nachts die Gehbahnen vor ihren Anwesen zu sichern. Wenn aber Kommunen Einrichtungen betreiben, in denen auch nach 20.00 Uhr und vor 7.00 Uhr Publikumsverkehr stattfindet, so sind sie verkehrssicherungspflichtig, und zwar deswegen, weil sie einen Verkehr eröffnet oder zugelassen haben.

Die Kommune kann die Räum- und Streupflicht auf private Unternehmer ganz oder teilweise vertraglich übertragen, und zwar sowohl hinsichtlich des Fahr- als auch des Personenverkehrs. Ein solcher Auftrag an einen Privatunternehmer ist – abhängig vom Auftragsumfang – ggf. ausschreibungspflichtig.

Notwendig sind eine sorgfältige Auswahl, eine gründliche Anweisung und eine Überwachung des Unternehmers (BGH, VersR 1975, 42). Bei der Auswahl des Unternehmers hat sich die Bauhofleitung vorher zu vergewissern, ob der Unternehmer sachlich und fachlich zur Vertragserfüllung in der Lage ist. Die Anforderungen an die Überwachungspflicht sind streng, dürfen aber auch nicht überspannt werden. Eine stichprobenweise Kontrolle ist zumindest vonnöten, unter Umständen auch fortlaufende Überwachung, wenn es die Umstände gebieten.

Die Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf den Unternehmer bedarf einer klaren und eindeutigen vertraglichen Regelung, die die Sicherung der Gefahrstellen zuverlässig garantiert (BGH, NJW 96, 2646). Mit der Übernahme der Verkehrssicherungspflicht wird der Unternehmer selbst und eigenständig deliktsrechtlich verantwortlich für den Schutz der Kraftfahrer und Fußgänger vor gefahrdrohenden Stellen (BGH, NJW 08, 1440).

Außerhalb geschlossener Ortslage

Auf Gehwegen außerhalb geschlossener Ortslage ist der Personenverkehr nicht besonders zu schützen; dies gilt auch für Radfahrer auf gemeinsamen Geh- und Radwegen. Etwas anderes könnte aber gelten, wenn es sich um einen belebten und gefährlichen Weg von nicht allzu langer Strecke handele, der zwischen zwei Ortsteilen verläuft. Die Wegstrecke sollte maximal 500 m nicht überschreiten (BGH, Vers 1995, 722). Sie ist dann zu räumen und zu streuen.

Auch hier möge ein kleiner Beispielfall der Veranschaulichung dienen:

Eine Fußgängerin stürzte mittags auf einem mit einer Lichtzeichenanlage versehenen Fußgängerübergang auf dem Zebrastreifen im Kreuzungsbereich zweier Straßen, weil dort Eisglätte herrschte und verletzte sich. Sie verklagte die Stadt auf Schadensersatz mit der Begründung, Zebrastreifen müssten zum Schutz der Fußgänger immer abgestreut werden.

Die beklagte Stadt wies hingegen darauf hin, dass der Fußgängerüberweg nur von wenigen Passanten täglich benutzt werde. Somit sei er nicht belebt und er müsse nicht gestreut werden. Das Gericht ging diesem Argument nach und machte sich selbst vor Ort ein Bild von der Situation. Im Rahmen des Augenscheins, der an einem Nachmittag stattfand, wurde die Zahl der Fußgänger festgestellt. Innerhalb einer Stunde überquerte lediglich ein Fußgänger den Zebrastreifen.

Das Gericht wies die Klage der Frau mit der Begründung ab, die Stadt habe ihre Verkehrssicherungspflicht nicht schuldhaft verletzt, weil auf einem nicht belebten Fußgängerüberweg nicht gestreut werden müsse. Auf die Tatsache, dass an der Unfallstelle ein beampelter Zebrastreifen sei, komme es dagegen nicht an.



Haftungsregelung

Wer gilt bei einem Haftungsfall als Verantwortlicher?

Tritt ein zivilrechtlicher Haftungsfall ein, z. B. wenn an einer verkehrswichtigen und gefährlichen Straßenstelle nicht gestreut wurde, so haftet stets und immer die Kommune allein gegenüber dem Geschädigten und nie der Bauhofleiter und seine Mitarbeiter. Dieses Haftungsprivileg für den Bauhof ist in § 839 BGB i. V. m. Artikel 34 GG geregelt. Sollte den kommunalen Mitarbeitern aber grob fahrlässiges oder gar vorsätzliches Handeln oder Unterlassen (Nichtstreuen) vorgeworfen werden können, so kann die Kommune Regress bei ihnen nehmen. Das heißt, die Kommune haftet immer nach außen, nach innen kann sie unter Umständen Rückgriff nehmen.

Anders ist es im Strafrecht. Denn das Strafrecht kennt nur den Täter, also eine Einzelperson. Öffentliche Körperschaften sind daher nicht deliktsfähig. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit ist gegeben, wenn dem verantwortlichen Täter ein pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden kann, das durch eine gesetzliche Vorschrift mit Strafe bedroht ist, z. B. fahrlässige Körperverletzung.

Dann wird gegen den „Täter“ – nach vorherigem Strafantrag durch den Geschädigten – ein Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft eingeleitet, das entweder eingestellt (mit oder ohne Geldzahlung) wird, oder es wird eine öffentliche Anklage erhoben – mit der Folge einer öffentlichen Hauptverhandlung, die durch Freispruch, Einstellung des Verfahrens oder Verurteilung enden kann.

Bei einer strafrechtlichen Verfolgung sollte unverzüglich anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Es empfiehlt sich auch, zunächst keine Angaben zum Sachverhalt gegenüber dem ermittelnden Polizeibeamten zu machen, bevor man nicht das Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft kennt.

bauhofLeiter-PraxisSpezial: Winterdienst kompakt

Подняться наверх