Читать книгу Älter werden - Martha Nussbaum - Страница 8

Einleitung

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In diesem Buch geht es um das bewusste Leben und bestimmt nicht um das Sterben – ob würdevoll oder auf andere Weise. Zu altern bedeutet Erfahrungen zu sammeln, Weisheit zu erlangen, zu lieben, zu verlieren und sich in der eigenen Haut immer wohler zu fühlen, wie viel sie auch an Straffheit verlieren mag. Beim Älterwerden geht es noch um viele andere Dinge. Für manche Menschen könnte es um Reue, um Sorgen, um das Anhäufen von Dingen und um Bedürftigkeit gehen. Es kann auch um ehrenamtliche Arbeit, um Verständnis, Hilfeleistung, Neuentdecken, Vergeben und – mit zunehmender Häufigkeit – um Vergessen gehen. Für diejenigen, die keine finanziellen Sorgen haben, kann es um den Rückzug aus dem Arbeitsleben und die Weitergabe des Vermögens gehen sowie andererseits um das Sparen und Ausgeben von Geld in den vorangehenden Jahren. Viele dieser Überlegungen beziehen sich auf Menschen, die sich selbst noch nicht als Alternde sehen. Doch diese jungen Freunde, Verwandten und Kollegen betrachten die Älteren häufig als Schatztruhen der Weisheit oder als wandelnde Warnungen. Dieses Streben, in den Falten das Gute, oder sei es nur die Weisheit, zu finden, ist mindestens so alt wie Cicero, dessen Werk in unserer sich rasant wandelnden Welt ebenso relevant ist, wie es vor 2000 Jahren war.

Wenn wir, anders als andere Arten, aus unseren Fehlern und Erfolgen lernen, sie aufzeichnen und verbreiten, und zwar auf eine Weise, die die Grenzen der menschlichen Erfahrung erweitern und das Leben nachfolgender Generationen verbessern, dann können wir vielleicht auch Fortschritte im persönlichen Bereich erwarten. Wir haben Fortschritte in der Landwirtschaft, in der Herstellung von Waren und in der Luftfahrt gemacht. Es ist weniger klar, dass uns dies in Bezug auf das Eingehen von Partnerschaften, die Kindererziehung und die Wahl unserer politischen Führer gelungen ist. Vielleicht liegt das daran, dass sich die Probleme in diesen Bereichen ständig verschieben und sich durch schrittweisen wissenschaftlichen Fortschritt im Laufe der Zeit nicht meistern lassen. Das Altern fällt zwischen diese wissenschaftlichen und zwischenmenschlichen Herausforderungen. Im Durchschnitt leben wir länger und angenehmer als unsere Vorfahren. Wir haben mehr Auswahlmöglichkeiten, und von diesen Möglichkeiten handelt dieses Buch.

Wenn wir akzeptieren, dass Altern eine Zeit des Lebens ist, so folgt daraus, dass es etwas ist, das wir gemeinsam haben. Jeder von uns altert auf seine oder ihre Weise, doch wir können von den Erfahrungen anderer lernen. Während sie altern, können sich die Interessen, Verhaltensweisen und Vorlieben von Menschen ändern – häufig auf eine Weise, die die gemeinsamen Erfahrungen bestätigt. Konkurrieren wir, wenn wir älter werden, mehr oder weniger? Sind wir mehr oder weniger spirituell? Sparsam? Bedürftig? Neidisch? Tolerant? Großzügig? Wir benötigen möglicherweise Freunde, die uns helfen, diese Veränderungen zu erkennen und darüber nachzudenken, ob sie wünschenswert sind. Wenn eine isolierte Person beobachtet und reflektiert, ist es schwierig zu erkennen, ob sie selbstbezogener geworden ist, Kritik besser akzeptiert, anderen mehr Angst einflößt oder unzumutbarere Forderungen an die Mitglieder der Familie stellt. Zur Selbsterkenntnis könnten daher Freundschaften und Gespräche erforderlich sein, und wir hoffen, in diesem Buch in dieser Beziehung ein Beispiel zu sein.

Wir zeigen verschiedene Perspektiven auf Themen, die im Zusammenhang mit dem Altern stehen, mit dem Ziel, das Gespräch untereinander und mit unseren Lesern fortzusetzen. Einige unserer Kapitel sollen Familien dabei helfen, sinnvolle Gespräche über Dinge zu führen, die sie besprechen sollten, bevor Invalidität oder Tod dazwischenkommen. Wir ermutigen zu Nachdenklichkeit und Kommunikation über Themen, die oft als peinlich oder vertraulich angesehen werden. Nur wenige Menschen sprechen mit Außenstehenden über die Probleme, mit denen sie bei der Weitergabe von Eigentum an ihre Kinder konfrontiert sind, insbesondere wenn die Kinder sich in unterschiedlichen finanziellen Verhältnissen befinden, schwierig waren oder geschieden wurden. Ebenso sprechen nur wenige Menschen ernsthaft über philosophische Fragen, wie etwa über das Wesen der eigenen Sehnsucht nach immerwährendem Einfluss. Schließlich sind sich die meisten Menschen der physischen Veränderungen während des Alterns durchaus bewusst, und dennoch ist es ihnen unangenehm über ihren Körper zu sprechen. Dies könnte etwas mit der Art der neu entfachten Liebe und der neuen Liebesbeziehungen unter reiferen Partnern zu tun haben. Wir beschäftigen uns in den folgenden Kapiteln mit solchen Themen. Einer von uns nähert sich ihnen als Philosoph und der andere als Anwalt und Ökonom, der dazu neigt, Dinge in Bezug auf Anreize zu betrachten, doch wir teilen die Überzeugung, dass eine akademische Perspektive praktische Früchte trägt.

Andere Themen sind leicht zur Sprache zu bringen, und für diese versuchen wir, breite philosophische und an Strategien orientierte Perspektiven bereitzustellen. Wir sprechen über das allzu vertraute Problem, Dinge – einschließlich anderer Leute – zu leiten und zu bewältigen, die man nicht vollständig kontrollieren kann. Wir betrachten Altern, genau wie Kindheit, junges Erwachsenenalter und mittleres Alter, als einen Lebensabschnitt. Es hat seine eigenen Rätsel, die nach Reflexion verlangen. Es hat sowohl seine eigenen Genüsse und Freuden als auch Schmerzen. Doch nur wenige über das Alter nachsinnende Werke gehen auf die Rätsel ein, die diese Zeit des Lebens aufgibt; vielleicht deshalb, weil Menschen nicht dazu neigen, das Altern als eine Chance zu betrachten. Unser Ziel ist es, einigen der komplizierten und faszinierenden Fragen nachzugehen, die diese Zeit des Lebens uns stellt. In diesen Fragen geht es mehr um leben als um beenden.

Die Form unseres Buches ist von Ciceros De Senectute (Über das Altern) inspiriert. Dieses im Jahr 45 v. Chr. geschriebene Werk ist als ein Gespräch mit Ciceros bestem Freund Atticus gestaltet, an den er Tausende erhalten gebliebener Briefe adressiert hat. Die beiden waren in ihren Sechzigern, und Cicero, der Atticus dieses Werk in einem Vorwort widmet, sagt, dass sie – obwohl sie noch nicht so alt seien (Römer waren ein gesundes Volk) – im Voraus ernsthaft über dasjenige nachdenken sollten, was das Leben für sie noch bereithält. Die Arbeit sei als eine Ablenkung gedacht, weil beide sich Sorgen über Politik und über Angelegenheiten ihrer Familien machten.

Cicero erfindet einen kleinen Dialog, in dem ein wirklich alter Mann, Cato, der zum Zeitpunkt des Dialogs dreiundachtzig Jahre alt ist – gesund, aktiv, noch immer ein politischer Führer, ein berühmter Gastgeber und Freund sowie ein begeisterter Landwirt –, mit zwei Männern in ihren Dreißigern spricht, die ihn bedrängen, um Auskunft über diesen Lebensabschnitt zu bekommen. Da sie alle möglichen negativen Dinge über das Älterwerden gehört haben, möchten sie wissen, wie er auf einige Einwände antworten würde, die generell gegen diese Lebensphase erhoben werden: dass es ihr an Kreativität fehle, dass der Körper zu nichts mehr fähig sei, dass es keine Freuden mehr gebe, dass der Tod eine ständige, angstbesetzte Präsenz habe. Obwohl sie noch jung sind, so sagen sie, wissen sie, dass sie – wenn sie das Glück haben, dorthin zu gelangen – Cato nachfolgen werden, und fragen nach seiner Innenansicht ihres gemeinsamen Ziels. Cato geht gerne darauf ein, denn eine der großen Freuden des Alters, sagt er, ist das Gespräch mit jüngeren Menschen. In Gestalt seines Cato hat Cicero stets ein größeres Publikum im Blick – Gespräche über viele Themen mit Lesern unterschiedlichen Alters und, wie sich herausstellte, in vielen verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten.

Unser Buch wurde, wie das Ciceros, durch eine Reihe von Gesprächen zwischen Freunden in ihren Sechzigern über den Teil des Lebenszyklus veranlasst, in den wir eintreten. Auch wir haben die Erfahrung gemacht, dass über das Altern zu sprechen angenehm und hilfreich ist, und dass das Thema durch philosophische, juristische und ökonomische Reflexionen wirklich bereichert wird. Wir bieten unseren Lesern Essays zu verschiedenen Aspekten dieses Lebensabschnitts an und zeigen, wie Analyse und Argumentation unterhaltsam sein und Einsichten gewähren können. Wir haben das Glück, über eine dialogische Korrespondenz zu verfügen, mit divergierenden Persönlichkeiten und den Ansätzen unterschiedlicher Disziplinen. Jedes Kapitel umfasst zwei Aufsätze; entweder antwortet der eine auf den anderen, oder er geht an ein bestimmtes Thema auf andere Weise heran. Wie Cicero hoffen auch wir, Leser verschiedener Altersgruppen in ein vielseitiges Gespräch zu verwickeln. Die unsere Diskussion eröffnenden Essays sind durch den ersten Akt von Shakespeares König Lear angeregt, in welchem der alternde König eine Reihe von Fehlentscheidungen über seinen Rückzug aus dem aktiven Leben, die Verteilung seines Vermögens und über familiäre Beziehungen trifft. Es ist ein Werk, das eine Erörterung des Älterwerdens nur schwer umgehen kann. Neuere Aufführungen haben den Schwerpunkt auf das Thema des Alterns gelegt, und in einer Reaktion auf eine solche Inszenierung führt Martha Gründe dafür an, warum es ein Fehler ist, das Stück als einen Kommentar zu Demenz oder einem anderen universalen, die Individualität auslöschenden Merkmal des Alterns anzusehen. Es handelt stattdessen vom Altern einer ganz bestimmten Art von Person, die es gewohnt ist, zu dominieren und die Kontrolle zu haben. Solche Menschen werden durch das Älterwerden leicht aus der Bahn geworfen, wenn sie keine Vorsorge getroffen und sich keiner Selbstprüfung unterzogen haben. In einem begleitenden Essay greift Saul das Thema der Kontrolle auf und untersucht die Strategien, mit denen Menschen ihr Älterwerden instrumentalisieren, um andere zu kontrollieren, und mit denen sie – über ihr Versprechen, ihren Besitz zu verteilen – zu Liebe und Fürsorge ermutigen oder sie begrenzen.

Kapitel 2 wendet sich dem eher alltäglichen Thema des Eintritts in den Ruhestand zu. Die Vereinigten Staaten von Amerika stellen insofern fast eine Ausnahme dar, als sie einen Zwang zum Ausscheiden aus dem Arbeitsleben und die Diskriminierung aus Altersgründen für illegal erklären. Saul legt im Zuge seiner Argumente gegen die dominante amerikanische Sichtweise Gründe für so etwas wie eine Rückkehr zur Vertragsfreiheit vor. Seine Darlegungen führen uns durch die Geschichte der Pensionspläne und des sinkenden, nun aber erneut steigenden durchschnittlichen Rentenalters. Der Aufsatz erläutert, warum politische Kräfte wünschenswerte Veränderungen wahrscheinlich verhindern werden, mit der möglichen Ausnahme einer zusätzlichen Besteuerung von wohlhabenderen älteren Arbeitnehmern. Martha hat an all dem größte Zweifel. Sie vertritt die Auffassung, dass das derzeitige System alternden Menschen mehr Würde gibt. Außerdem lässt es jüngere und alternde Menschen erwarten, dass Menschen, während sie älter werden, produktiv und engagiert bleiben, und diese Gewohnheiten und Erwartungen haben positive Auswirkungen auf ihr psychisches Wohlbefinden und die Beziehungen zwischen den Generationen.

Wir haben gesagt, dass unser literarisches Modell Cicero ist, und in Kapitel 3 wenden wir uns seinen beiden Essays Über das Altern und Über die Freundschaft zu. Martha findet sie in Bezug auf beide Themen sowie bezüglich ihrer Schnittmenge scharfsinnig beobachtet, entdeckt aber noch weitere Einsichten in den Briefen, die Cicero mit seinem besten Freund Atticus austauschte: Sie enthalten das tagtägliche Beziehungsnetz einer echten Freundschaft. Als Antwort wendet sich Saul Ciceros Darstellung der Art und Weise zu, auf die Freundschaft in den verschiedenen Altersstufen das Leben bereichert, und er legt seine eigene Einschätzung einiger der schwierigen Fragen dar, die dabei auftreten. Wann sollte ein Freund aus Freundschaft etwas tun, das moralisch zweifelhaft oder mit einem persönlichen Risiko verbunden ist? Und wann sollte ein Freund einem Freund sagen, dass es Zeit ist, sich aus dem aktiven Berufsleben zurückzuziehen?

Der alternde Körper wird stigmatisiert, und alternde Menschen schämen sich oft für ihn. Es gab einmal eine Zeit, so stellt Martha in Kapitel 4 fest, in der die Babyboomer-Generation sich mutig körperlicher Abscheu und Scham entgegenstellte. Das klassische Handbuch Our Bodies, Ourselves forderte Frauen auf, sich nicht vor ihren Körpern zu verstecken, sondern sie ohne Scham kennenzulernen und sie vielleicht sogar zu lieben. Wohin ist diese mutige Herausforderung der Konventionen verschwunden? Und ist es nicht sinnvoll, dasselbe radikale Anti-Scham-Projekt in einem anderen Kontext noch einmal zu verfolgen? Saul stimmt ausnahmsweise zu und behauptet, dass Falten und ein kahler Kopf sogar bezaubern könnten. Er erkundet das Thema der kosmetischen Chirurgie, die Popularität von verschiedenen Anti-Aging-Verfahren und die Wahrscheinlichkeit, dass die Häufigkeit chirurgischer Interventionen von den Gemeinschaften abhängen könnte, in denen wir leben, wenn wir älter werden.

Die Zeit des Alterns ist natürlicherweise eine des Zurückblickens, eine Zeit, in der wir das vergangene Leben sowohl für unsere eigenen Zwecke als auch für jüngere Menschen untersuchen und neu bedenken, weil jüngere Menschen glauben, dass wir Weisheit zu bieten haben. Manchmal führt dieser rückwärtsgewandte Blick zu Reue. In Kapitel 5 befasst sich Martha mit dem Thema rückwärtsgewandter Gefühle und der Beziehung zwischen Reue und den verwandten Gefühlen Trauer und Zorn. Im Allgemeinen erscheinen solche Emotionen sinnlos, da man die Vergangenheit nicht ändern kann. Anhand von Eugene O‘Neills Theaterstück Eines langen Tages Reise in die Nacht und Michel Butors Roman L‘Emploi du temps (deutsche Übersetzung: Der Zeitplan) betont sie die Gefahr, die darin besteht, es der Vergangenheit zu erlauben, das eigene Leben zu bestimmen. Ein der Gegenwart verhafteter Lebensansatz, mit hedonistischem Eifer ohne jegliche Introspektion, ist jedoch ebenso unattraktiv. Eine solche Tendenz zum Leben in der Gegenwart sieht Martha in vielen Ruhestandsgemeinschaften. Saul macht sich zwar für die Verteidigung dieser Gemeinschaften stark, aber er deutet an, dass sie sich in nachfolgenden Generationen verändern werden. Generell bezweifelt er, dass viele der Menschen, die Gefangene der Vergangenheit sind, lernen können zukunftsorientiert zu sein.

Wie steht es um die Liebe im Alter? Einige Leute, und besonders junge, halten das Altern für eine Zeit, in der sich Menschen nicht verlieben, aber sie haben sicher Unrecht. Martha verfolgt dieses Thema in Kapitel 6. Sie beginnt mit Strauss’ Oper Der Rosenkavalier und kehrt dann zu Shakespeare zurück, dessen Romeo und Julia sowie Antonius und Kleopatra einen aufschlussreichen Gegensatz zwischen der Liebe in der Jugend und im fortgeschrittenen Alter bieten. In der Oper findet eine reife, einsame Frau sexuelles Vergnügen mit einem 17-jährigen Jungen. Dieses Paar bietet die Gelegenheit, über Missverständnisse in Bezug auf das Liebesleben reifer Frauen nachzudenken. Zusätzlich, und um die Diskussion aus den Höhen der klassischen Poesie in die tägliche Realität herunterzuholen, erörtert Martha einige aktuelle Filme, unter anderem Madame Mallory und der Duft von Curry (The Hundred-Foot Journey), mit der 68-jährigen Helen Mirren in einer der Hauptrollen, und Wenn Liebe so einfach wäre (It’s complicated), in dem Meryl Streep und Alec Baldwin als alternde Liebhaber ihre einstige Anziehungskraft neu entdecken (wobei Steve Martin eine weniger signifikante, jedoch letztlich erfolgreiche romantische Rolle spielt). Saul führt das Gespräch mit einer ausführlicheren Diskussion über „Abstandspaare“ weiter, bei denen es einen signifikanten Altersunterschied zwischen den Partnern gibt. Er zieht Lehren aus prominenten Paaren, die dieser Beschreibung entsprechen, und vertritt die Auffassung, dass wir romantische Ablehnung als eine gute Sache ansehen können, auch wenn wir Paare feiern, deren Beziehung von Dauer ist. Das Kapitel endet mit einigen Spekulationen über die Zukunft von Paaren wie denjenigen, die in der Strauss-Oper vorkommen, bei denen die Frau wesentlich älter ist als der Mann.

Ein Großteil dieses Buches handelt von Menschen, die wohlhabend genug sind, um über den Eintritt in den Ruhestand im richtigen Alter nachdenken, Besitz für Kinder in finanziell unterschiedlichen Umständen hinterlassen und ihr körperliches Erscheinungsbild mit Hilfe von Injektionen und Chirurgie verbessern zu können, aber es gibt viele alternde Menschen, die ums Überleben kämpfen. Kapitel 7 setzt sich offen mit der Realität der großen Vermögensungleichheit auseinander. Saul untersucht den Umfang des Problems in Bezug auf in Armut lebende ältere Menschen. Er sorgt sich um all diejenigen, die für den Ruhestand keine finanziellen Rücklagen geschaffen haben, und entwirft einen bedenkenswerten Plan für den Aufbau einer umfangreicheren obligatorischen Komponente in der Sozialversicherung. Marthas Ansatz hat weniger mit dem zu tun, was politisch durchführbar ist, und mehr mit politischer Philosophie. Sie stützt sich auf ihren eigenen „Fähigkeitenansatz“ und skizziert, was eine gerechte Gesellschaft den älteren Menschen bieten sollte. Dabei führt sie einen kritischen Vergleich der finnischen und amerikanischen Vorgehensweisen (und ihrer Mängel) bezüglich älterer Menschen durch.

Kapitel 8 wendet sich schließlich den Vermächtnissen zu, die wir vielleicht hinterlassen möchten. Saul untersucht zwei Paradoxa. Das erste betrifft die Frage, ob man Geld verschenken sollte, sobald man es sich leisten kann, oder ob man Philanthropie aufschieben sollte, um mehr über die dadurch potenziell Begünstigten in Erfahrung zu bringen. Die Diskussion erklärt Teile der modernen Optionstheorie und stützt sich auf seine Erfahrungen im Fundraising. Das zweite Paradoxon kehrt zu der Frage zurück, ob man alle einem nahestehenden Menschen auf gleiche Weise berücksichtigen, oder ob man ihre finanziellen Verhältnisse im Blick haben sollte. Das Kapitel bietet denjenigen, die zwar die konventionelle Gleichverteilung durchbrechen wollen, aber Angst haben, einen Familienstreit herbeizuführen, eine neue Strategie. Martha beendet das Kapitel mit Überlegungen zum Altruismus und über Wege, sich selbst zu verewigen. Sie stellt und beantwortet die gewichtige Frage, wie wir über unseren Beitrag zum Leben einer fortdauernden Welt denken sollten.

Diese 16 Essays sind eher dazu bestimmt, die Diskussion darüber, wie wir alle auf bewusste Weise älter werden können, zu provozieren als sie erschöpfend zu beantworten. Wir hoffen, dass unsere Leser die veränderte Perspektive, die das Alter mit sich bringt, genießen, so wie wir selbst es tun. Themen wie König Lears Vermächtnisse, der obligatorische Eintritt in den Ruhestand, plastische Chirurgie, Philanthropie und Liebe bei großem Altersunterschied sehen einfach sehr viel anders aus, wenn man den Punkt, ab dem man diesen Problemen erstmals begegnet, um etwa ein halbes Jahrhundert überschritten hat. Wir haben versucht, an diese und andere Themen auf neue Weise heranzugehen und zu zeigen, dass das Nachdenken darüber und die Auseinandersetzung damit nicht nur praktisch sind, sondern auch zu den großen Vergnügen des Älterwerdens gehören.

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