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Aus historischen Quellen

Am 30. Jänner 1589, am Montag, wurden mehrere Prozessionen in Paris veranstaltet, bei denen eine Menge Kinder, Knaben und Mädchen, Männer und Frauen teilnahmen, die bloß im Hemde waren, so etwas Schönes hat man nie gesehen. Gott sei’s gedankt. Es gab eine Pfarrei, wo man 500—600 völlig nackte Leute sah und einige andere mit 800—900 Leuten, je nach der Größe des Pfarrbezirkes. Am nächsten Dienstag, dem letzen des Monats Jänner, wurden ähnliche Prozessionen veranstaltet, die, Gott sei Dank, von Tag zu Tag zunahmen.

Am Dienstag, dem 14. Februar, dem Fastnachtsdienstag, einem Tag, wo man nur Mummereien und Torheiten zu sehen gewohnt war, hielt man vor den Kirchen der Stadt Paris eine große Menge von Prozessionen ab, die voll Andacht vor sich gingen, selbst der Pfarrer vorn heiligen Nikolaus, wo mehr als tausend Personen – Knaben, Mädchen, Männer und Frauen – ganz nackt teilnahmen, und sogar die Geistlichen vorn heiligen Martin gingen barfuß mit. Die Priester vorn heiligen Nikolaus waren auch barfüßig und einige ganz nackt wie der Pfarrer Francois Pigenat, auf den man mehr als auf irgendeinen andern hielt. Er hatte nur einen Schleier aus weißem Leinen bei sich.

Am 29. Februar sah man fortwährend Prozessionen . . . Unter anderem trugen die Chorknaben und die Schulkinder der Jesuiten, die alle ganz nackt waren und ihrer mehr als zweihundert, ein schweres hölzernes Kreuz von fünfzig oder sechzig Pfunden. Es nahmen auch drei Musikchöre teil.

Der Pfarrer von Sankt Eustachius . . . wollte Einwendungen gegen diese frommen Ungeschicklichkeiten machen. Man behandelte ihn als einen Politiker und Ketzer. Er ward gezwungen, sich an die Spitze der Prozession zu stellen, um der Volkswut zu entgehen, wo Männer und Frauen, Knaben und Mädchen mitgingen und wobei alles in Fastnachtstimmung war. Da genügt wohl zu sagen, daß man nächstens die Früchte davon sehen wird.

Aus:

Journal de Henry III, Roi de France et de Pologne ou mémoires pour servir à l’histoire de France par Pierre de l’Estoile.

Die Narrenfeste, die Feste der Subdiakone, die Eselsfeste, alles Nachahmungen der alten Saturnalien . . . hatte man fast in allen Kirchen Frankreichs gefeiert.

Die Priester einer Kirche wählten einen Narrenbischof, der mit größtem Pomp in die Kirche einzog und sich dort auf dem Bischofsstuhl niederließ. Hierauf begann das Hochamt, woran alle Geistlichen mit geschwärzten Gesichtem oder mit einer häßlichen oder lächerlichen Maske teilnahmen. Während des Hochamtes tanzten die vermummten Geistlichen und sangen zotige Lieder.

Die anderen saßen auf dem Altar, spielten Karten oder würfelten vor dem messelesenden Priester, räucherten ihn mit einem Weihrauchkessel an, worin alte Lappen brannten, und ließen ihn den Rauch einatmen. Nach dem Hochamt gab es andere Tollheiten und Gottlosigkeiten.

Diese Zeremonien, die durch die Verquickung mit der Religion, durch die heiligen Stätten, wo man sie abhielt und durch die priesterliche Würde der Teilnehmer Staunen erregten, bestanden zwölf bis fünfzehn Jahrhunderte lang. Sie fanden unter den Kirchengelehrten Verteidiger und man schaffte sie nur unter den größten Schwierigkeiten ab.

Aus den

Mémoires pour servir à l’histoire de la fête des fouts qui se faisait autrefois dans plusieurs églises.

Par Du Tilliot, Lausanne et Genève 1751.

und aus

Joannis Filesac, Theologi Parsiensis, Opera varia.

Paris 1621

Die Nackten von Paris I

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