Читать книгу Zeitlose - Goldmanns unhaltbare Zustände - Martin Väterlein - Страница 6

Standardscheiß

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„Bautz!“ – und schon hatte Goldmann die Faust in der Fresse. Metallisch schmeckendes Blut, geplatzte Lippe.

Die Faust gehörte einem gescheitelten Schleimer, der schon den ganzen Abend rumgeprotzt hatte. Das war Goldmann extrem auf die Nerven gefallen. So sehr, dass er und der Schleimer sich erst mit Blicken, dann mit Worten und schließlich mit Getränken bekriegt hatten. Goldmann hatte diesem miesen Arschloch seinen Cuba Libre über den dunkelblauen, gestreiften Anzug gekippt. Er hatte noch nicht ganz „Du Banker-Wichser, du verweichlichter Gnom“ zu Ende gedacht, als es schon einschlug.

Er hatte den Gnom unterschätzt. Wahrscheinlich nahm der Typ Stunden in Kijuzu, Shaifotzu oder wie das alles hieß. Goldmann rieb sich das Gesicht und stellte sich vor, wie sein Gegner nach Feierabend in den Sportklub fuhr. Dort ließ er sich von Kerlen, die genauso beschränkt waren wie er, dafür aber wesentlich muskulöser, für viel Geld zum Schwitzen bringen.

„Wahrscheinlich träumst du davon, Männerschweiß von Gymnastikliegen zu lecken“, dachte er, als er sein Gegenüber fixierte. Der zog sich gerade sein verschissenes Jackett zurecht und wischte am Revers triumphierend die Schlaghand ab. Dabei schaute er in die Runde und schien enttäuscht, dass kaum einer der Gäste die Auseinandersetzung beobachtet hatte. Vielleicht war es den Anwesenden einfach nur peinlich mit anzusehen, wie sich zwei Männer jenseits der Vierzig prügelten.

Es passte auch nicht zu dieser Party, zu dem Projekt, das hier begossen wurde, und nicht zu den Kontoständen der meisten Leute im Loft. Ab 250.000 in der Schweiz überlässt man körperliche Auseinandersetzungen anderen. Boxern vielleicht, oder SM-Huren.

Goldmann passte sowieso nicht hierher und dementsprechend benahm er sich. Er war eher aus Versehen hier. Man sah es an seinen Billigklamotten, an der Art, auf die er sein Glas hielt und wie er zu gierig trank. Es war etwas Geschäftliches, ein Grundstücksdeal, bei dem er sein Elternhaus vollkommen überteuert an einen Baukonzern verscheuert hatte. Die Stadt brauchte Parkplätze. Es war wie in den 80ern.

Goldmann leckte sich die Lippen und kam wieder etwas runter. „Ich könnte jetzt einfach gehen und fertig“, schoss es ihm durch den Kopf. „Was interessiert mich dieses Arschloch?“

„Ich mach dich fertig“, stieß er hervor. „Warte nur! … Eines Tages. Wenn du mir das Geld nicht rechtzeitig, dann …“ Es wurde immer peinlicher. Dieser kleine Schleimer von der Bank hatte mit der Zahlung an ihn überhaupt nichts zu tun und aus der Härte des ersten Schlags zu folgern, würde wenn, dann nur er fertig gemacht werden. Immer und immer wieder. Er brauchte so einen Scheiß nicht und seine Männlichkeit würde er, das erkannte er gerade noch rechtzeitig, hier und jetzt nicht retten können.

Goldmann drohte also routiniert mit der Faust, um seinem schwachsinnigen Gestammel Nachdruck zu verleihen, drehte sich um und begann die angrenzenden Räume nach Josha abzusuchen. Josha hatte ihn begleitet und amüsierte sich anscheinend köstlich. Er hatte sie jedenfalls den ganzen Abend über nicht gesehen.

Als er sie schließlich entdeckte, musste er zweimal hinsehen. Josha stand an den DJ gelehnt und ließ ihre Augen, deren Pupillen deutlich erweitert waren, ziellos durch die rauchgeschwängerte Luft schweifen. Das erstaunte Goldmann nicht so sehr. Josha warf sich ständig irgendwelches Zeugs ein und hatte einen radarmäßigen Sinn dafür, auf jeder Party genau die Menschen zu finden, die die Taschen voll mit Tabletten, Tütchen, Tapes hatten. Was ihn wirklich umhaute, war, dass das überbezahlte DJ-Bürschchen Bossa auflegte, gemischt mit Barjazz und Reggae. Josha hasste eigentlich alles, was nicht aus England kam, oder Skandinavien. Musikalisch zumindest.

Bei der Wahl ihrer Stecher war sie nicht so wählerisch. Wie oft hatte Goldmann das zufriedene Stecherlächeln irgendwelcher Typen aus Hannover, Brasilien oder South Carolina beim Frühstück über sich ergehen lassen müssen. Josha hatte kein Problem damit, ihre Affären dem hängen gebliebenen Lebensrentner und WG-Genossen zu präsentieren: frischgebumst und blöde lächelnd. Goldmann hatte damit ein Problem. Aber das würde er schön für sich behalten. Es gab Grenzen.

Spätestens jetzt schwante es Goldmann, dass dies so gar nicht sein Tag war. Er suchte Joshas Blick, fand ihn und bedeutete seiner Langzeit-Mitbewohnerin mit zwei durch die Luft laufenden Fingern, dass er jetzt gehen würde. Josha nickte kurz, drehte sich weg und betrachtete anscheinend interessiert ein Cover, das ihr ihre neueste Eroberung vor die bepuderte Nase hielt. Goldmann wusste, wer morgen mit ihm am Frühstückstisch sitzen würde.

Er leckte seine aufgeplatzte Lippe, sah sich noch einmal um und ging zur Garderobe. Dieser ganze Standard-Klischee-Scheiß ging ihm unheimlich auf den Sack.

Draußen fühlte er kurz in sich hinein. Müde – nicht müde? „Nicht müde“, warf sein Körperautomat aus, aber auch keinen Bock mehr auf Party. Was also tun?

Was lag näher, als sich noch einmal das Haus anzusehen, in dem er aufgewachsen war? Wenn man das so nennen konnte. Es war nicht weit, zwanzig Minuten vielleicht, und die Luft würde ihm gut tun. Erinnerungsfetzen an seine Kindheit drängten in sein Bewusstsein: Paris-Urlaub, die Schläge seines Vaters, schon wieder Blutgeschmack.

Das Haus stand schwarz. Ringsherum hatten sie begonnen, die Bäume zu fällen. Karl, der Käfer, wurde nicht gefragt.

*

Am nächsten Tag saß Goldmann bei seinem Notar, Dr. Joachim Kaltz, genannt Jo. Goldmann und er waren auf Du, weil Kaltz zu Studentenzeiten in einem kleinen Café gleich gegenüber der Uni gejobbt hatte. Goldmann hatte dort hin und wieder ein Freibier bekommen, wenn er abgebrannt war. Solche Wohltaten vergaß er nicht.

„Das wirst du nicht wieder rückgängig machen können. Du hast schon verkauft, Mann. Steck die Kohle ein, mach Urlaub und vergiss den ganzen Mist“, sagte Kaltz, lehnte sich entspannt zurück und nippte an seinem Espresso.

„Ich dreh echt durch, Jo“, murmelte Goldmann. „Wie konnte ich denen nur das Haus verkaufen!“

„Ich wusste gar nicht, dass so daran hängst. Du wirst doch nicht plötzlich sentimental. Passt gar nicht zu dir.“ Kaltz runzelte die Stirn. „Was hast du eigentlich mit deinem Gesicht gemacht? Ärger?“

„Ach, ich wollte nur mal wieder die Welt retten. Gestern in der U-Bahn hat so ein Nazi-Typ ’ne nette, alte Lady angemacht und ich bin dazwischen gegangen. Das macht der nicht wieder. Unter Garantie. Dem hab ich’s gegeben.“

„Ich weiß nicht, ob ich mich so was trauen würde“, antwortete Kaltz. „Echt mutig, Goldmann. Respekt.“ Er schwieg kurz und schien zu überlegen. „Kann ich sonst noch was für dich tun? Ich habe Termine …“

Goldmann stand auf. „Du kannst mir mein Gewissen abnehmen, wenn das geht.“ Kaltz lächelte süffisant.

Goldmann sehnte sich nach der Zeit, in der Jo ein kleiner Kiffer mit roten Augen und er ein Hänger mit Alkoholproblem gewesen waren. Damals ging alles: Gewissen abnehmen, vertrauen, unendlich viel Zeit füreinander haben. Komisch eigentlich. Wo war das nur geblieben? Und hatten sie damals um ihre Macht gewusst? Und wann war Jo so ein unerträglicher Schleimer mit Messingschild an der Tür geworden? „Dr. Joachim Kaltz, Notar, Termine nach Vereinbarung“.

„Soll er doch gleich seine Schwanzlänge mit drauf gravieren lassen“, dachte Goldmann beim Verlassen des Bürokomplexes.

Auf der Straße spuckte er den letzten Rest Kaffeegeschmack auf den Asphalt. Es war warm. Er zog seine Jacke aus.

Später schaute er in das Schaufenster eines Reisebüros. Es schien nur noch Büros zu geben. Überall. Goldmann fühlte sich umzingelt. „Malta!“ – „La Palma!“ – „Paris!“ schrie es ihm entgegen. Er war taub dafür geworden.

Doch das Bild des Eifelturms auf einem der Poster löste etwas in ihm aus. Warum nicht Paris? Er war lange nicht mehr dort gewesen. Die Nutzlosigkeit des stählernen Turms faszinierte ihn. Man hatte im Lauf der Jahre versucht, ihn für alles Mögliche zu verwenden – als Funkturm zum Beispiel. Nichts gelang so recht. Das gefiel Goldmann. Wenigstens war niemand auf die Idee gekommen, Büros darin unterzubringen.

Er wollte später im Internet einen Flug und ein Hotel buchen. Geld besaß er ja jetzt im Überfluss. Kaltz hatte schon Recht. Urlaub – vergessen, verdrängen, dass auch er nur ein Profiteur dieses Scheiß-Systems war.

www.flieg-dich-frei.de warf ihm die billigsten Flüge aus. 99 Euro Hin und Zurück. Das schien der Standardpreis fürs kleine Wegkommen zu sein. Und fürs kleine Zurückkommen natürlich auch. Goldmann war sich gar nicht so sicher, ob er überhaupt zurück wollte. „Erst mal hin“.

Kurz dachte er, dass er sich auch so einen Bonzentrip mit Frühstück und Sekt im Flieger leisten könnte. Dann aber fielen ihm die potenziellen Mitreisenden ein. Vielleicht würde er neben dem kleinen Bank-Schleimer von gestern Abend sitzen müssen. Man wusste ja nie.

Sein Rechner röhrte. Goldmann drückte auf „buchen“ und durchlief die Stressaction wegen der Kreditkartenabrechnung. Es war also ausgemacht, besiegelt. In drei Wochen würde er … Ja, was eigentlich? Es war ihm egal. Hauptsache, das Hotel war sauber. Er suchte danach und fand das Hotel Poire. Es gab noch ein freies Einzelzimmer und er nahm es. „Merci“, stand auf dem Bildschirm. Goldmann musste lange überlegen, bis ihm einfiel, was „Bitte“ hieß.

Der Tag war immer noch relativ jung. Dennoch hoffte Goldmann, dass er durch seine vormittäglichen Aktionen Josha und ihrem Knaben aus dem Weg gegangen war. Seit er von Jo zurück war, hatte er nichts aus Joshas Zimmer gehört, auch in der Küche und im Bad schien alles ruhig zu sein. Ein gutes Zeichen?

Auf Zehenspitzen schlich er über den grünen Schlingenteppich im Flur vor die Tür von Joshas Zwei-Zimmer-Wohnparadies. Von drinnen drang der kalte Rauch von indischen Räucherstäbchen zu Goldmann. Manchmal kam ihm Josha ganz schön hängengeblieben vor. Irgendwer musste ihr verklickert haben, dass sie immer noch im Jahr 87 und auf Ibiza lebte.

Die Tür schwang auf. Goldmann fiel vor Schreck nach hinten und warf im Fallen Joshas Schuhregal um. Ein Flip Flop blieb auf seiner Nase liegen. Über ihm stand, nur in eine Unterhose gekleidet, Mr. DJ und grinste blöde. Der Geruch nach kaltem Weihrauch war stärker geworden, Goldmann wurde schlecht.

„Hey Baby, dein Mitbewohner sucht nach Anregungen für sein Liebesleben“, plärrte der Musikschmarotzer zurück ins Zimmer, wo sich Josha wohl noch in ihrem warmen, zerwühlten Bett räkelte.

„Welches Liebesleben?“, kam es zurück. „Beeilst du dich bitte im Bad, ich muss gleich los.“

„Ja, schon gut, schon verstanden, bin gleich weg“, antwortete Adonis und verschwand den Flur hinunter und rechts im Badezimmer.

In den Sekunden, bis Josha vor und über ihm auftauchte, wischte Goldmann sich die pinkfarbene Plastiklatsche aus dem Gesicht und ärgerte sich, dass sein Flug nicht heute ging. Es wäre alles halb so schlimm gewesen. Joshas Anblick haute ihn um, obwohl er schon am Boden lag und sie bereits etliche Male so oder so ähnlich gesehen hatte. Sie trug ein dünnes Nachthemd, durch dessen Stoff alle ihre Formen und ihre perfekt gebräunte Haut, ein Souvenir unzähliger Indientrips, schimmerten. Sie lächelte gewollt geheimnisvoll zu ihm hinunter. Die vergangene Nacht schien ihrer Stimmung zumindest keinen Abbruch getan zu haben.

Wie konnte er diese Frau, die vor fünfzehn Jahren für ein paar Monate auch sein Mädchen gewesen war und nur deshalb überhaupt hier wohnte, nur so lange in seiner Nähe ertragen? Körperlich verzehrte er sich immer noch nach ihr. Geistig-seelisch, nun ja …

Josha verzichtete auf Kommentare zu Goldmanns momentaner Lage und er war ihr sehr dankbar dafür. Auch sie stieg nun über ihn hinweg und ging nach links in die Küche, um Kaffee zu kochen. Goldmann stand schwankend auf. „Was ist nur los?“, dachte er. „Seit ich dieses verdammte Haus verkauft habe, läuft irgendwie alles schief.“

Er würde am Abend mit Ben bei Schorsch saufen gehen. Die Uhr zurückstellen, über Los gehen, den Kopf frei bekommen. www.sauf-dich-frei.de. Das half eigentlich immer und Ben wollte immer. Zumindest, solange Goldmann was ausgab und Ben seine Probleme auswalzen oder, wenn Frauen dabei waren, seine Verständnistour abziehen konnte. Goldmann hatte nichts dagegen. Er bewunderte Ben, den Beichtstuhl aller einsamen Frauen dieser Stadt, sogar dafür. Das Ergebnis war bei beiden gleich Null. Das verband.

Strunzbesoffen taumelte Goldmann aus der Toilette des Chez Schorsch. Die Pisseflecken auf seiner Hose bemerkte er schon nicht mehr. Es war vier Uhr und aus den Lautsprechern der Kneipe schepperte „It’s 5“. Ironie allerorten! Maria sang lauthals mit und wirbelte dabei ihre Locken durch die Luft. „Erinnert mich an früher“, meinte sie, als das Lied zu Ende war und irgendwas anderes lief.

Maria war in den frühen 90er Jahren aus dem Osten aufgetaucht und stand seitdem fast jeden Abend hinter dem Tresen, hörte sich mit stoischer Ruhe die Geschichten der Gäste an, war zur Seele des Ladens geworden. Sie war, seit Schorsch in der Klinik seinem Ende entgegen dämmerte, die inoffizielle Chefin über zwanzig Aschenbecher, drei verschiedene Whiskeys, die beste Jukebox der Stadt und das ganze andere Zeugs, das sich über die Jahre angesammelt hatte.

Ben schaute Goldmann verschwommen an. Sie beide hatten den Promillegrad erreicht, der Fremde zu Freunden oder Freunde zu Feinden machen konnte. Bens Blick war dümmlich, aber liebevoll.

„Soll ich nicht mit nach Paris kommen?“, fragte er nach einem satten, kameradschaftlichen Rülpser. „Zu zweit ist es viel einfacher, Weiber klarzumachen.“

Um irgendetwas Unverbindliches zu antworten, murmelte Goldmann, der längst nicht mehr Herr seiner Aussprache war: „Die Weiber, die ich will, gibt’s gar nicht, Alter. Da kannst du allein, zu zweit oder mit sonst wem im Schlepptau aufmarschieren. Vergiss es!“

„Na schön, dann fahr doch allein. Kann ich jetzt genauso gut heim und mich ablegen. Zahlst du? Ich bin gerade etwas knapp, wegen der Dauerkarte und der …“

„Schon gut“, unterbrach ihn Goldmann gelangweilt.

Leuchtreklamen spiegelten sich kubistisch auf dem nassen, tiefschwarzen Asphalt. Hier an der frischen Luft knallte der Alkohol noch mal doppelt so heftig. Dazu diese irre Lightshow. Goldmann übergab sich in einen dunklen Hauseingang.

„Die werden sich morgen früh freuen“, dachte er hämisch.

Er fühlte sich erleichtert. Was konnte ihm schon passieren? Kohle auf der Bank, 41 geworden und das bei dem Lebensstil, keine Frau, die nervte, Paristickets in der Hand. Alles im Coolcheck. Und dieses Wohlfühlpaket hatte er zum großen Teil seinen Alten zu verdanken, die ihr ganzes ausgelutschtes Leben lang an dem Haus abbezahlt hatten, das er nun verscherbeln konnte. Wenn die wüssten!

Er ging noch mal hin. War er wirklich ein sentimentaler, alter Sack geworden, wie Kaltz vermutet hatte? Goldmann war es egal, er war viel zu betrunken. Er wollte sich jetzt ein kleines Stück Sentimentalität gönnen. Ausprobieren, ob das Hier-bin-ich-her noch funktionierte.

Ein paar Erinnerungen flackerten durch seinen Kopf. Er war auf den Stufen vor dem Eingang gesessen, seine Mutter kam vom Einkaufen. Er nahm ihr eine der Spartüten ab. Nebenan schaute Frau Hunz aus dem Fenster und nickte herüber. Man kannte sich. Jeder kannte sich.

Das Haus stand noch. Er betrachtete das Schild, das die Bauleute aufgestellt hatten. Darauf sah man eine Computergrafik des Parkplatzes, der hier entstehen sollte. Das Bild einer schwarzen, von Bäumen, geklonten Bäumen, umsäumten Fläche war einfach lächerlich. Auf der Fläche waren Autos zu sehen, wahrscheinlich bunt. Jetzt in der Dämmerung sah alles mehr oder weniger grau aus. Über der Grafik stand: „Mehr Platz zum Parken. Mehr Spaß am Shoppen.“

„Oh, mein Gott!“, dachte Goldmann. Entsetzt torkelte er ein paar Schritte zurück. Das Schild verschwand im Schwarz der Nacht. Goldmann fühlte sich entsetzlich einsam auf dieser Art Welt.

Im Treppenhaus saß Josha und wartete auf ihn. Sie hatte ein knallgrünes Kleid an, ordentlich einen getankt und den Schlüssel vergessen oder irgendwo da draußen verloren.

„Da bist du ja endlich“, fauchte sie ihn an. Das war genau die Art von Ansprache, die Goldmann jetzt gebrauchen konnte. Am liebsten hätte er sie sitzen lassen.

„Wie lange wartest du denn schon?“, fragte er, nachdem er sich endlich gesammelt hatte.

„Keine Ahnung. Zu lange. Mach schon! Sperr auf!“

Er überlegte kurz, ob er ihren Zustand irgendwie ausnutzen sollte, erkannte aber schnell, dass er selbst viel zu daneben war, um irgendwas auf die Reihe zu bekommen. Und wäre es nur ein kleiner, mieser Versuch gewesen, noch an ein wenig gut riechende und tröstliche körperliche Wärme zu kommen. Er würde sich selbst in den Arm nehmen. Man hatte ja auch etwas an Würde zu verteidigen.

*

„Sabbatjahr, bla, bla, bla. Sie brauchen keine Auszeit, Goldmann. Was Sie brauchen, heißt Therapie“, raunzte ihn sein Chef an, nachdem Goldmann gefragt hatte, ob es nicht möglich wäre, mal für ein Jahr oder so auszusteigen. Er hatte jetzt zwar Geld, aber doch nicht so viel, dass er in Rente gehen konnte.

Außerdem war der Job ganz O.K., tat nicht weiter weh, und er kam mal unter Leute. Er hätte beim Korrekturlesen gern Musik gehört. Aber das war ihm untersagt worden. Zum einen würde es ihn ablenken, zum anderen seine Kollegen stören. Ausgerechnet! Die standen gewohnheitsmäßig vor seinem Platz herum, als wäre dort der einzige Stehtisch auf einem Staatsempfang, und unterhielten sich ungezügelt über dieses ganze langweilige Kollegenzeugs: Autos, Kinderpflege, Fernsehprogramm … je nach Geschlecht und Alter. Die Substantive änderten sich über die Jahre, die Verben nicht. Es war die Zeit der Hauptwörter. Sie bestimmten die Richtung und den Takt. Der Rest war: kaufen, kaufen, kaufen, waschen, großziehen, aussuchen, umschalten, ausmachen. Genauso verhielt es sich mit den Texten, die Goldmann zu korrigieren hatte, bevor sie zum Druck gingen. Ganz altmodisch saß er da, mit einem Leuchtstift in der Hand und einem roten Kugelschreiber griffbereit daneben. Vor ihm lag der Text. Früher war er stolz auf seine Arbeit gewesen. Noch ein Jahr nach Veröffentlichung suchte er in der Zeitung nach den Texten, die er verbessert hatte. Seine Arbeit war an jedem Kiosk zu haben. Das war schon was.

Verlegen zupfte er an einer in Würde gealterten Grünpflanze, die neben dem Tisch seines Chefs dahindämmerte, herum. Er hatte ein Problem mit Autoritäten. Nicht, dass er sich nicht beugen konnte, eher im Gegenteil. So rebellisch sein Denken auch manchmal war und so rücksichtslos sein Verhalten in privaten Beziehungen, so dienerhaft benahm er sich gegenüber Amtspersonen, Chefs, Polizisten. Macht schüchterte ihn ein. Er lebte seinen inneren Feudalismus und übernahm dabei auf jeden Fall den Part des armen Bauern.

„Es geht mir doch nur darum, dass ich den Job nicht gleich verliere, nur weil ich mal etwas Zeit für mich brauche“, versuchte Goldmann es erneut. Seine Finger waren vom Pflanzensaft schon ganz feucht und klebrig.

„Meine Antwort war doch deutlich. Oder?“, gab Dickschneider zurück. „Ich brauche JETZT jemand für’s Geschäft, nicht in einem Jahr. Wer sagt mir denn überhaupt, dass Sie jemals zurückkommen? Hä? Ein paar Tage auf den Malediven und ich darf selbst den Dudenwurm machen. Stellen Sie sich das vielleicht so vor?“

„Nein, bestimmt nicht“, versuchte Goldmann Dickschneider zu beruhigen. „Ich weiß, die Maschinen müssen laufen und die Leute wollen ihre Zeitungen.“ Er kannte die Sprüche seines Chefs und kam ihnen zuvor. „Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen jemanden besorge, der für mich einspringt? Wir könnten doch sowieso noch jemanden gebrauchen. Die Fehlertrefferquote ist nicht mehr die Beste, seit Jan weg ist, und es haben sich schon Leser beschwert.“

‚Mäuschen‘ Müller, Dickschneiders Sekretärin, winkte von draußen durch die Glaswand. Sie schien erregt. Die sichere Hand des Chefs wurde irgendwo gebraucht. Energisch schwang sich Dickschneider auf. „Na gut, Goldmann. Aber wehe, Sie bringen mir so einen arbeitsfaulen Penner. Ich kann mir schon denken, mit was für Volk Sie es zu tun haben. Meine Nase ist sehr fein für so was.“

Goldmann wischte sich die feuchte Hand an seiner Jeans ab. „Ha“, dachte er befriedigt. „Josha wird Augen machen, wenn ich ihr einen nigelnagelneuen Job mit Sesselpupserqualitäten vor die Füße lege. Es geht bergauf.“

Unterwegs kaufte er ihr noch eine kleine Buddhastatue beim Vietnamesen-Shop. Seine Laune war blendend. Wenn alles glatt ging, würde er ab nächster Woche nicht mehr ins Büro müssen. Sein Leben in Parallelwelten fand damit ein vorläufiges Ende.

*

„Postfuturismus – gestern / heute“ hieß es in riesigen Lettern auf einer Plane, die quer gespannt über dem Eingang zum Museum für Zeitgenössische Kunst hing. Das Gebäude, ein früheres Postamt, stand in neobarocker Pracht an einem zentralen Platz der Stadt. Passanten eilten an Goldmann vorüber. Der sah sich kurz um und stieg dann die Treppen zum Eingang hinauf.

„Sieben Euro“, verlangte der Student an der Kasse. Goldmann zahlte und erhielt ein Ticket, auf dem eine Skulptur aus verrosteten Schiffsschrauben abgebildet war.

„Mal sehen, was das Heute so zu bieten hat“, dachte Goldmann neugierig.

Im ersten Raum der Ausstellung war ein Raumanzug zu sehen. Er bewegte sich spastisch in der durch ein Gebläse bewegten Luft. Im Minutentakt rief dazu eine Stimme aus dem Lautsprecher abwechselnd „Touch down“ und „Houston“.

Ein japanischer Kunstliebhaber, der neben Goldmann stand, meinte, ganz in die Betrachtung des Schaustücks versunken: „I love this retro stuff.“

Goldmann, der nicht genau wusste, ob er gemeint war, nickte nur kurz zu dem Asiaten herüber. Es war für ihn die dritte Ausstellung in dieser Woche und Freaks dieser Art konnten ihn nicht mehr aus dem Konzept bringen. Er war bemüht, seine neu gewonnene Freiheit zu genießen. Da durfte man nicht zimperlich sein. In einer Woche würde er in Paris sein – noch mehr Museen, noch mehr Freaks. Er fühlte sich gut vorbereitet.

Im nächsten Raum standen sich zwei Bildschirme gegenüber. Auf dem einen war ein Männergesicht zu sehen, Archetyp Arschloch. Auf dem anderen eine mittelalte, hässliche Tusse, die Sachen sagte wie „Mach’s dir doch selber“ oder „Du geiler Wichser“.

Der Typ antwortete platt: „Dumme Schnepfe“, „Notgeile Sau“ und so.

Beeindruckend, fand Goldmann. Er hatte seinen Spaß daran. Aber war das nicht eher der Neue Realismus? Er hatte mehr Sachen wie den Raumanzug erwartet: abstürzende Flugzeuge vielleicht, oder implodierende Rennautos. Postfuturismus war nicht gerade sein Spezialgebiet. Er würde sich am Ausgang den Katalog holen.

Josha kam aus der Druckerei nach Hause. Es war ihr dritter Tag dort gewesen. Ihre Augen waren leicht gerötet.

„Was’n los?“, wollte Goldmann wissen. Er fühlte sich verantwortlich.

„Ach Dickschneider, dieser miese Kapitalistenschwanz! Bloß weil ich einmal ‚Reperatur‘ habe durchgehen lassen. Davon geht doch die Welt nicht unter und 99,9 Prozent der Leute schnallen das eh nicht“, antwortete sie und man merkte ihr den Kloß im Hals noch an. „Der hat sich aufgespielt, als ginge es um seine Kronjuwelen. Frau Grimscher dies, Frau Grimscher das. Bis ich angefangen habe zu heulen wie ein kleines Ding.“

Goldmann wollte die Situation entspannen und machte einen auf Dickschneider: „Du musst dich da aber auch wirklich anstrengen. Es geht ja auch um das Niveau der Medien in diesem Land. Und das fängt nun mal bei korrekter Rechtschreibung an. Die Leser wollen eine Zeitung, die …“

Josha ließ Goldmann sitzen und verzog sich schmollend in ihr Zimmer. Ihre Tür knallte. Goldmann schaute ihr verunsichert hinterher.

Goldmann hatte schon vor Tagen angefangen zu überlegen, was er für seine Reise einpacken würde. Seinen Stadtplan von 1980 hatte er wieder von der Liste gestrichen. Er dachte auch daran, mit nichts anzukommen. Schließlich würde er in Paris ja alles bekommen, was er brauchte. Er mochte nur keine neue, ungewaschene Unterwäsche. Dabei kamen ihm immer übertrieben expressionistische Bilder von chinesischen oder indischen Lohnsklaven in den Sinn: Die tauchten mit ausgezehrten Händchen tonnenweise Unterhosen in Kübel mit dampfendem Gift, um sie für die Überfahrt nach Europa vor gefräßigen Schädlingen zu schützen. Schaben, Kakerlaken und Motten blitzten kurz durch seine Gedanken. Dann ging es wieder.

Zum Glück gab es ja Waschmaschinen. Er würde sich etwas Wäsche in seinen Manteltaschen mitnehmen.

„Übermorgen bist du also weg, ja?“, fragte Ben beiläufig. Er war spontan zum Kaffeetrinken vorbei gekommen.

„’N Schnaps, Ben?“, bot Goldmann großzügig an.

„Genau! Darauf trinken wir einen.“

Auf Ben war Verlass. Goldmann stellte zwei Tassen und zwei Saftgläser auf den Küchentisch. Der Kaffee kam aus einer neuen, sauteuren Maschine. Nach Joshas Meinung war so was Bonziges schlecht fürs Karma. Sie weigerte sich, das Teil zu benutzen. Goldmann hatte dazu keine Meinung. Zumindest keine, die ins Metaphysische ging. Der Kaffee schmeckte ihm. Birnenschnaps floss in die Gläser. Hell-beige Reflexe tanzten über die Tischdecke. Was für ein Leben!

„Wann fangen die eigentlich mit dem Parkplatz an? Das wird ja dann erst richtig geil, wenn man direkt am Scheppo-Center stehen kann. Meine Schleuder und ich zählen die Tage, Alter. Dein altes Haus steht jedenfalls immer noch. Aber dann kann’s ja wohl irgendwann losgehen. Hast du ’nen Plan, warum das so dauert?“ Ben war ganz aufgeregt.

Goldmann zuckte nur mit der Schulter und schenkte nach. „Auf das alte Haus von Rocky Docky!“ Die Gläser klirrten. Auf dem Tisch lag ein neuer Stadtplan von Paris. Vorne drauf der Eiffelturm.

Um vier am Nachmittag lagen sich die beiden in den Armen, herzten sich, und Ben wünschte Goldmann eine gute Reise.

„Ich fress ’nen Besen, wenn der jetzt nicht noch zu Schorsch geht“, dachte Goldmann.

„Bin ja in ein paar Tagen auch schon wieder hier“, versicherte er Ben, der betont lässig zu seinem Auto ging. Langsam kam er aus der Parklücke und fuhr mit einem letzten Winken davon.

Zurück in der Küche räumte Goldmann die Tassen und Gläser weg. Machte Musik an und sang mit. Er war gelöst, fast heiter. Ein paar Tage andere Luft atmen – vielleicht nicht gerade die Beste Europas, aber andere auf jeden Fall. Der Gedanke an den Wind auf dem stählernen Turm gefiel ihm. War der Wind der Zweck für diesen ganzen Aufwand in Metall und sogar für seine Reise? Goldmann wusste nur, dass der Birnenschnaps der Grund für solche kruden Gedanken war.

Wenn er zurück war, würde er mit Josha reden. Er ständig mit Lust und sie ständig mit neuen Typen – so konnte es nicht weitergehen. Geld hatte er jetzt genug, um die Wohnung allein zu bezahlen, und Josha hatte ja, dank ihm, auch einen Job, der sie über Wasser hielt. Sein Gewissen war rein.

„Vielleicht ist da noch ein Zimmer in einem Stundenhotel frei“, dachte er leicht verbittert. Seine gute Stimmung war mit einem Schlag verflogen. Er fühlte sich müde und alt, auch gemein. Er war da, wo die meisten waren.

„Wenn ein Vogel wo hinscheißt, dann ist es Zufall. Wenn ein Mensch wo hinscheißt, dann ist es die große Fügung oder die Hammerstrategie.“ Ben war philosophisch drauf. Maria putzte Gläser. Sonst war niemand bei Schorsch. Es war noch zu früh.

Na, immerhin war jetzt auch Goldmann da. Der Rest der Stammbelegschaft würde bald folgen. Mit einem zu Ben gewandten „So schnell sieht man sich wieder“ war er eingetreten, hatte Maria mit Küsschen über den Tresen begrüßt und bei ihr zwei Bier und drei Wodka bestellt. Maria trank einen mit. Auf Goldmanns Trip!

*

Goldmann schaute schweigend hinaus ins Kackwetter. Der Bus glitt sanft durch den Regen. Schon in zwei Stunden würde er auf „Charles de Gaulle“ landen.

„Obwohl ich so gar nicht auf den fliege“, dachte er amüsiert. „In Franz Josef Strauß gestartet und auf JFK gelandet.“ Es wurde nicht komischer. „Alles in Ordnung?“, fragte neben ihm Josha, die darauf bestanden hatte, ihn zum Flughafen zu begleiten.

„Hm.“

„Irgendwas stimmt doch nicht. Seit gestern sprichst du kaum mit mir. Du schaust mich nicht mal an, wenn ich mit dir rede.“

„Ich bin nur aufgeregt wegen der Reise und so“, antwortete Goldmann.

„Ach, wegen der Reise und so. So einen Scheiß kannst du deinem Nachbarn im Flugzeug erzählen!“

Josha war wieder äußerst diplomatisch drauf. Das machte es Goldmann einfach, sein schlechtes Gewissen hinter pseudo-schmollendem Gehabe zu verstecken. Er stieß noch „Mach ich“ hervor und überlegte für einen Moment, ob er die Szene eskalieren lassen sollte, entschied sich aber dagegen. Er schaute gelangweilt. Draußen das Kackwetter. Sein Entschluss, wieder allein wohnen zu wollen, verfestigte sich. Was brauchte er die Ansprachen einer Ehe, ohne den Sex zu haben – gehabt zu haben? Er wollte jetzt nicht reden. Basta. Sein Herz war verhärtet. Ja. Na und?

Punkt 12:45 Uhr hob das Flugzeug ab, gewann an Höhe und schraubte sich über der Stadt weiter in Richtung der grauen Wolkendecke. Der Regen hatte aufgehört. Goldmann saß am Fenster. Er konnte die Straßen erkennen, Gebäude und auch die Parkplatzbaustelle mitten in der City, wie Karies. Das Haus stand noch, ein einzelner hohler Zahn, und warf keine Schatten. Er würde sich einen Drink bestellen, etwas Hartes.

Josha war da schon fast wieder zurück im Meisenweg. Sie hatte ein ungutes Gefühl. Irgendwas war im Busch. Es hatte mit ihr zu tun und mit Goldmann. Sie ärgerte sich, dass sie vorhin so patzig gewesen war. Es war eben ihre Art.

In einem Flughafenshop hatte sie sich einen orangefarbenen Lippenstift mitgenommen. Den würde sie gleich ausprobieren. Zusammen mit ihrem alten lila Kleid würde das bestimmt schocken. Sie war mit Susi verabredet, im Eberle am Marktplatz. Das Schorsch war für solche Treffen mit Freundinnen von früher – verheiratet, geschieden, zwei Kinder, zwei Autos – nicht das Passende. Dafür wich Josha gern zu Himbeerkuchen und Liebesknochen ins Eberle aus. Nach all diesen Jahren war sie die letzten Reste ihrer schwäbischen Bürgerlichkeit nicht losgeworden. So wie sie sich manchmal für ihre „kreative“ Lebensweise schämte, so sehr und noch viel mehr schämte sie sich für diesen bürgerlichen Wurmfortsatz, den sie mit sich herumtrug, statt ihn sich herausschneiden zu lassen. Ein für alle Mal. Sie tauschte vor dem Spiegel die Bernstein- gegen eine Perlenkette.

Nach dem Treffen mit Susi ging Josha zum Schorsch. Fast rannte sie. Sie musste sich dringend all die Lügen der letzten Stunde aus dem Mund waschen. Ihre eigenen. Und sie wollte laute Musik hören, damit sie diesen Drecksscheiß vergessen konnte, den ihr Susi erzählt hatte: „Wundervolle Kinder“, „toller Lover“ und „mal ganz unter uns …“ Nach solchen Begegnungen wusste man doch wieder, wo man hingehörte. Sie würde Maria vor Freude und aus Dankbarkeit ihre Perlen schenken. Es tat ihr so gut, ehrliche Menschen um sich zu haben.

Maria strahlte übers ganze Gesicht. Das steckte Josha an. Sie hätte Maria den ganzen Abend dafür umarmen können.

„Und Goldmann ist weg, ja?“, fragte Maria.

„Ja, heute Mittag geflogen. Aber irgendwie war er seltsam drauf. Hast du was gehört? Von Ben oder so.“ Josha war sich ihrer Indiskretion durchaus bewusst. So etwas fragte man eigentlich nicht so direkt. Aber nach ein paar Wein …

„Vielleicht war er aufgeregt. Wegen der Reise und so“, vermutete Maria treuherzig.

„Ja, vielleicht“, murmelte Josha in ihr Glas.

Es war seltsam in der menschenleeren Wohnung. Normalerweise war es ja Josha gewesen, die nicht da war. Drei Monate Indien, zwei Wochen Ghana, und so weiter. Sie war es, die zurückkam und immer wieder Goldmann vorfand. Er war ihr Symbol für Stabilität geworden, fürs Heimkommen. Nun saß sie allein in der nächtlichen Küche und rauchte noch einen Schlaf-Gut-Joint. Sie fühlte sich einsam. Die Wasserrohre in der Wand knackten. Das Gras machte ihre Augenlider schwer. Eigentlich vertrug sie das Zeugs nicht und rauchte es doch fast täglich. Es beruhigte sie irgendwie zu wissen, dass sie was zuhause hatte. Und wenn sie etwas zuhause hatte, wurde es auch geraucht. So war das eben. Das Erbe einer entbehrungsreichen Jugend in Schwaben.

Beim Weg vom Bad durch den Flur fiel Joshas Blick auf die Tür zu Goldmanns Zimmer. An der Außenseite klebte ein leicht verblichenes Plakat einer Foto-Ausstellung aus den frühen 90ern: „Schmutz, Sex und Hunger – die Rückkehr der Körperlichkeit“. In die rot umrandeten, Format füllenden Buchstaben waren Fotos von Männern und Frauen in expliziten Posen eingepasst.

Josha fand ihren Körper im Vergleich zu denen der abgebildeten Damen ganz ansehnlich. Zumal die Mädels alle höchstens 19 waren und sie stramm auf die vierzig zuging. Sie hatte Glück – genetisch. Die Typen auf dem Poster interessierten sie nicht.

Sie ging schlafen und konnte es nicht. Irgendetwas ließ sie nicht zur Ruhe kommen. Der ganze Alltagsmüll waberte in ihr herum.

Sie kam auf der Arbeit eigentlich ganz gut zurecht. Nur war Dickschneider ständig darauf aus, ihr eins reinzudrücken. Normalerweise kontrollierte er die Ergebnisse der Korrekturleser nicht persönlich. Nur bei aus seiner Sicht jungen Mitarbeiterinnen machte er eine Ausnahme. Genüsslich präsentierte er Josha jeden übersehenen Kommafehler, jede diskussionswürdige Groß- und Kleinschreibung – nach der neuen Rechtschreibung. Damit war er bei ihr natürlich genau an der richtigen Adresse. Josha kaufte alle ihre Bücher auf dem Flohmarkt oder lieh sie sich von Goldmann: Hesse, Marias, Kundera – nach der alten Rechtschreibung.

Jetzt musste sie weit profanere Texte über Lieferschwierigkeiten bei Schweinehälften oder die Lügen von Firmenbossen lesen. Sie kam sich auf einmal sensationell informiert vor und textete seit neuestem Maria bei ihren Feierabendbieren im Schorsch mit diesem ganzen Zeugs voll.

Auch die Yoga-Tricks für solche Gelegenheiten versagten heute. Also stand sie schließlich wieder auf und ging in nächtliche Sicherheit gehüllt zu Goldmanns Zimmer. Diesmal betrat sie es.

Josha wusste, dass Goldmann Tagebuch führte. Eine teuflische und allzu menschliche Neugier hatte sie ergriffen. Der Begriff ‚Tagebuch‘ war vielleicht nicht ganz der richtige. Die Einträge erfolgten nicht täglich, sondern höchstens wöchentlich, meist eher monatlich. Es würde weit in das gemeinsame Erleben hineinreichen.

Josha fand das Buch in der Schublade von Goldmanns Nachttischschränkchen. Sie hatten das Möbelstück vor Jahren im Garten hinter dem Haus grasgrün gestrichen. Sie schlug den letzten Eintrag auf.

24. März. Das war der Tag, an dem Goldmann auf der Party, die sie zusammen besucht hatten, aufs Maul bekommen und sie sich diesen leckeren DJ geangelt hatte. Wie so oft war der dann im Bett eine echte Niete gewesen. Goldmann musste das geschrieben haben, als sie noch auf der Party war und er schon zuhause. Sie fing an, den kurzen Eintrag zu lesen:

„Es ist nicht auszuhalten. Ich will sie und sie merkt nichts davon. Von wegen weibliche Intuition! Oder sie will es nicht. Dann ist es eigentlich noch schlimmer. Die ganze Party heute Abend war der totale Reinfall. Josha hat sich an einen jungen Typen rangeschmissen und ich wurde von so einem gestriegelten Bank-Wichser verprügelt. Die Welt ist doch nur noch krank. Ich muss mit Josha reden.“

Sie war fassungslos. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Fahrig strich sie sich mit der Hand über die Augen. Goldmann war süß, ja, manchmal sogar zuvorkommend. Aber das hier war der Oberhammer. Sie waren sich damals doch einig gewesen, dass das mit ihnen nicht gehen würde. Goldmann liebte alles Mögliche, nur keine Menschen, und sie …

Josha überlegte. Langsam klappte sie das Buch zu, legte es zurück in die Schublade und ging mit feuchten Augen blinzelnd zurück über den Flur und in ihr Bett.

Es war die erwartet unruhige Nacht geworden. Kein Wunder! Ab halb fünf Uhr früh horchte Josha auf die ersten Autos draußen. „Arme Schweine, die jetzt zur Arbeit müssen.“ Damals in Berlin, kurz nach dem Mauerfall, hätte sie eher an Leute gedacht, die noch von einer Party nach Hause wollten – im eigenen Bett schläft’s sich halt doch besser. Aber so änderten sich die Zeiten.

Dämmerung suchte sich ihren Weg durch die Gardinen. Graues Licht sammelte sich schon an der Decke, von Spinnweben durchzogen. Ihr Entschluss stand fest. Sie würde noch einmal in Goldmanns Zimmer gehen und in dem Tagebuch lesen. Was ging sonst noch in diesem kranken Hirn vor? Josha musste es wissen. Ärger hatte sich in ihr breit gemacht und das Erstaunen abgelöst. Sie fühlte sich jetzt berechtigt dazu. Die Wut löschte allen Zweifel aus, der Weg lag vor ihr, sie würde ihn gehen. Über den grünen Schlingenteppich, die Tür auf, zum Bett, das knarzte, als sie sich hinsetzte. Wieder öffnete sie die Schublade.

Diesmal schlug sie das braune, leicht abgegriffene Büchlein am Anfang auf.

„23. September – Ich fange jetzt doch wieder an, ein Tagebuch zu führen. Ich muss die Dinge einfach festhalten, sonst entgleiten sie mir. Vielleicht schaffe ich es diesmal ja, etwas konsequenter dranzubleiben. Das Buch habe ich in der Papeterie um die Ecke gekauft. 7 Mark 80. Die Verkäuferin meinte, es wäre etwas ganz Besonderes. Wie auch immer: Soviel sollten mir meine Erinnerungen wert sein.

Heute ist nicht viel passiert. Ich war arbeiten. Dasselbe wie immer. Nur Dickschneider hat jedem, der wollte, seinen neuen 5er BMW gezeigt. Am Ende stand die ganze Belegschaft draußen im Hof um das Auto herum. Ich saß drinnen und hab vom Fenster aus zugesehen.

In München haben heute zwanzigtausend Leute gegen das Kruzifixurteil demonstriert. Die wollen, dass ihre Kinder während des Unterrichts ständig auf einen blutigen Leichnam starren. Na Mahlzeit.“

Josha blätterte um. Sie war etwas enttäuscht. Kein Wort von ihr. Von welchem Jahr mochte dieser Eintrag stammen? Vielleicht war sie da noch nicht bei Goldmann eingezogen.

Auf der nächsten Seite war nur eine Zeichnung zu sehen. Eine Figur, die unschwer als Goldmann zu erkennen war, riss sich ihr blutendes Herz aus der Brust. Josha erschrak. Das Bild war ziemlich detailreich. Gegenüber der Zeichnung stand:

„25. September – Die blöde Schlampe hat Schluss gemacht. Sie meinte, es gehe so nicht weiter. Aber wie soll es denn jetzt mit mir weitergehen? Ich geh jetzt erstmal einen trinken. Bei Schorsch kann ich vielleicht sogar …“ Der Eintrag brach ab.

Josha schaute auf die Uhr. Kurz vor sechs. Sie ging in die Küche und machte sich Kaffee. Den Kopf auf die Hände gestützt, saß sie am Tisch und wartete, bis der Wasserkocher soweit war. Sie füllte ihre blaue KSC-Tasse. Goldmann hatte sie gekauft, als sie das eine Mal zusammen in Weil waren. An dem Tag hatte Karlsruhe in München gewonnen. „Das macht mein Glück perfekt“, hatte er dazu gesagt und gelacht. Sie streute Nescafé auf das dampfende Wasser. Sie hatte auch gelacht.

Die nächsten anderthalb Stunden verbrachte sie weiter mit Goldmanns Tagbuch. Eine Reise durch mehr als zehn Jahre. Es war erstaunlich, was alles in ein so schmales Bändchen passte. Und es war nicht einmal voll geschrieben. Die kommenden fünf Jahre hätten locker noch Platz.

Unter dem Strich war nicht viel passiert. Goldmann hatte noch immer denselben Job, er wohnte in derselben Wohnung, mit derselben Mitbewohnerin, er soff regelmäßig, hatte schlechten oder keinen Sex, Ben lag ihm auf der Tasche, und er freute sich, wenn die Bayern verloren. Eigentlich ganz harmonisch und total normal. Aber da war eben auch die Sache mit Josha. In regelmäßigen Abständen kam es zu regelrechten Ausbrüchen.

Joshas Gefühle schwankten beim Lesen zwischen Mitleid, Hass und völligem Unverständnis.

„Warum hat der nie darüber gesprochen?“, fragte sie sich immer wieder. „Mit mir kann man doch über alles sprechen!“

Ein paar Tage vergingen. Es arbeitete in Josha und sie wurde immer nervöser. Ihre Trefferquote bei Dickschneider sank bedrohlich. Lange konnte das nicht mehr gut gehen.

Am nächsten Tag würde Goldmann aus Paris zurück sein. Fast wünschte sie, er würde dort bleiben. Früher hatte sie sich vor Matheprüfungen gewünscht, der Blitz würde in die Schule fahren und alles verbrennen. So ähnlich war das jetzt auch. Sie dachte sogar an Terroristen, die das Flugzeug entführten. Aber das ging dann doch zu weit.

Sie würden reden müssen und Josha war sich nicht sicher, was sie sagen würde. Überhaupt nicht.

Weil sie nicht wusste, wie sie die Zeit totschlagen konnte, räumte sie die ganze Wohnung auf. Wischte im Bad herum. Selbst die Winkel, die sie sonst gern ausließ, säuberte sie mit manischer Gründlichkeit. Danach die Küche und den Flur. Gegen Mittag sah es so aus, als ob die Zimmer täglich gewischt oder kaum bewohnt wurden. Josha hatte ganze Arbeit geleistet. Aber sie fühlte sich nicht besser.

Morgen um die Zeit wäre Goldmann wieder hier. Morgen würde es ihnen beiden sehr egal sein, ob die Wohnung sauber war oder nicht. So oder so.

Josha schüttelte Staub aus einem Tuch hinaus in den kleinen Garten, der unter der Sommersonne lag. Es roch nach trockenem Gras. Joshas Hände waren rot. Sie ging ins Bad und cremte sie ein. Aus dem Spiegel schlug ihr ihre Nervosität entgegen. Ihre Augen waren trübe und eine tiefe Falte hatte sich zwischen ihre gezupften Brauen eingegraben.

Es war noch zu früh zum Trinken. Also verzog sie sich in ihr Bett und versuchte zu lesen. Ben hatte ihr gestern „Plädoyer eines Irren“ in die Hand gedrückt. Sie wusste, dass es Goldmann gefallen würde, wenn sie etwas „Vernünftiges“ lesen würde. Wie immer überblätterte sie Vorwort und Einleitung.

„Es ist der dreizehnte Mai 1875 in Stockholm.“ Wieder ein Tagebuch …

Um drei stand sie auf und holte sich eine Flasche Chianti ans Bett. Sie schaltete die Glotze an: der pure, ungefilterte Wahnsinn des Nachmittagsprogramms.

„Nachmittagspogrom, geistiges“, dachte sie verächtlich und starrte an die Decke.

Goldmann war jetzt noch in Paris. Wahrscheinlich saß er gerade in einem kleinen Café an der Place Dauphine oder am Quai de Valmy und sah den Parisern beim Menschsein zu. Er war ihr ganz nah in diesem Moment und sie wäre gern bei ihm gewesen.

Sie betrachtete ihn. Seine rechte Hand, die auf einer Packung Zigaretten lag. Die hin und wieder nach der Tasse griff und sie zum Mund führte. Über dem Platz flimmerte die Luft in der Hitze des frühen Nachmittags. Joshas Herz schlug schnell. Ein schwüler Abend kündigte sich mit einem diesigen Himmel an. Vor Goldmann lag ein Fotoband, eine Dokumentation zum Bau des Eiffelturms.

Ihr Magen knurrte und der Rotwein haute ganz schön rein. Sie fühlte sich leicht. Etwas schien möglich. Sie ließ den Inhalt des Kühlschranks vor ihrem inneren Auge vorbeiziehen: Oliven (schwarz, in Öl), Käse, Peperoni, Wodka, eine fünf Tage alte Aubergine, Butter. Josha war zufrieden. Daraus ließ sich durchaus etwas machen.

Es klingelte. Bens roter Kopf leuchtete durch die Glastür. Josha wusste sofort Bescheid. Er brauchte Geld. Goldmann war schon zu lange weg. Die Frage war jetzt nur: Gab sie es ihm einfach oder ging sie mit ins Schorsch?

*

Josha war froh, dass Ben sie fahren wollte. Erstaunlich, dass seine alte Schüssel überhaupt noch TÜV-geprüft war und einigermaßen vorwärts kam. Das Auto schien das einzige außer der Sauferei zu sein, um das sich Ben wirklich kümmerte. Hierhin verschwand das Geld, das er eigentlich nicht hatte. Klassisches Suchtverhalten.

Sie würden Goldmann zusammen vom Flughafen abholen. So gewann sie etwas Zeit. Zeit, um mit Ben eine alte Hardrock-Kassette zu hören, ungefähr zwanzig seiner Mentholzigaretten zu rauchen und sich der Versuchung zu erwehren, Ben ihre Sorgen anzuvertrauen.

Auf dem Weg durch die Innenstadt kamen sie zwangsläufig am Scheppo-Center vorbei. Goldmanns Elternhaus war inzwischen abgerissen worden. LKW fuhren die letzten Überreste von der Baustelle. Ben freute sich sichtbar und zündete sich noch eine an. Auf der Stadtautobahn gab er Gas, nutzte die wenigen Lücken, um zu überholen.

„Weißt du, dass ich früher im Schwarzwald viel Ski gefahren bin?“, fragte ihn Josha etwas unvermittelt.

„Nö“, gab Ben uninteressiert zurück. Er schnippte Asche auf den völlig überfüllten Aschenbecher und fummelte am Equalizer herum. Die Bässe kamen jetzt noch satter.

„Mir kommen die Männer manchmal wie Slalomstangen vor“, fuhr Josha fort.

„Wieso ’n das?“, wollte Ben wissen. Er hatte schon eine Ahnung.

„Ein paar von denen kann man ganz gut ausweichen, ein paar berühren einen und ein paar bekommt man voll zwischen die Beine.“ Ben prustete vor Lachen. Er stand auf Frauen mit derbem Humor.

Sie standen rechtzeitig vor der Milchglasscheibe des Allerheiligsten. Zusammen mit ganzkörperverschleierten Frauen, einigen Fußballfans und anderen Normalfreaks warteten sie auf die Ankommenden des Parisflugs.

Die grell gekleideten Fans intonierten irgendeinen französischen Namen. Wahrscheinlich sollte ein Neueinkauf begrüßt werden. Ivorischer Nationalspieler oder so. Ben nestelte am Reißverschluss seiner grünen Outdoorjacke herum. Mit einem eleganten, fast gemütlichen Zischen teilte sich die Tür und als erster kam Goldmann in den Blick.

Die Veränderung war sofort zu sehen. Nicht nur, dass er sich die Haare und den Bart hatte schneiden lassen. Es war, als leuchtete er von innen heraus. Josha blinzelte.

Betont gelassen kam Goldmann auf sie zu. „Na ihr zwei?“, sagte er mit einer sonoren Stimme, die so klang, als sollte sie in ihm ruhen. „Schön, dass ihr mich abholt. Gibt’s was Neues?“

Josha und Ben waren platt und brauchten einige Sekunden, um wieder zu sich zu kommen. Dann sprudelte es aus Ben heraus: „Was ist mit dir denn passiert?“

„Interessant, dass du das fragst“, antwortete Goldmann, immer noch betont gelassen und in väterlichem Ton. „Lass mich erst mal ankommen. Ja?“

„Ja, ja, klar!“, sagte Ben. Er zog drei kleine Sechsämter aus der Tasche und hielt sie den beiden anderen hin. „Auf deine Heimkehr!“

„Danke, für mich nicht“, kam sofort von Goldmann und auch Josha winkte ab.

„Also, ich brauch jetzt einen“, murmelte Ben und ließ den Verschluss leise knacken.

Sie saßen in Bens Auto, das noch immer auf dem Flughafenparkplatz stand. Josha setzte sich nach hinten. Ben hielt sich am Lenkrad fest. Sie hatten erwartet, dass Goldmann etwas von Paris erzählen würde, von schönen Frauen, Kultur und gutem Wein. Stattdessen hatten sie den Eindruck, Goldmann direkt aus einem Kloster oder nach einer langen, einsamen Wüstenwanderung abgeholt zu haben.

„Ich werde ausziehen, Josha“, eröffnete Goldmann den beiden alten Freunden, noch bevor sie losfuhren. „Ich muss mein Leben verändern. Dieser Romantikscheiß kann’s nicht mehr sein. Ich meine, wir suchen ständig nach irgendwelchen blauen Blumen oder Vögeln. Und wisst ihr überhaupt noch, wofür die mal – das ist mir jetzt endlich bewusst geworden – …?“

„Für die Sehnsucht“, antwortete Josha, ohne die Frage abgewartet zu haben. „Was soll daran denn falsch sein?“

„Gar nichts, Josha.“ Goldmann verfiel wieder in seinen neuen, mönchsartigen Tonfall. „Aber überleg doch mal: Wir jagen nach etwas, das wir so oder so schon haben. Was machst du denn mit der Sehnsucht, wenn du sie hast? Noch mehr Sehnsucht suchen? Dich noch mehr kaputt machen?“

Ben bekam fast einen Lachanfall. Im Rückspiegel ahnte er jedoch Joshas strafenden Blick und beherrschte sich. Er bekam schon wieder Durst.

„Na, jedenfalls werde ich ausziehen. Morgen suche ich was Neues. Du kannst in der Wohnung bleiben. Nur meinen Kühlschrank würde ich gern mitnehmen.“

„Und was ist mit den Kindern?“, feixte Ben. Er ließ den Motor an.

„Wir müssen reden“, dachte Josha.

„Scheiße“, dachte Goldmann.

„Reden, reden, reden“, dachte Ben.

Zeitlose - Goldmanns unhaltbare Zustände

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