Читать книгу Gate C30 - Matthew Mockridge - Страница 8

Noch 6:59 Stunden bis zum Abflug

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Es war, als wäre durch die Verschiebung meines Fluges die Zeit stehen geblieben. Ich befand mich in einem Zwischenraum, einer Art Wartezimmer, in meinem sonst so schnellen Leben. Es gab plötzlich nichts, was ich tun musste, keinen Druck. Ich hatte sieben Stunden Zeit und wusste nicht, was ich mit diesen sieben Stunden tun sollte. Ich fühlte mich deplatziert, verloren und allein. Der riesige Flughafen brachte Menschen in Bewegung zu Orten auf der ganzen Welt, aber für mich bewegte sich nichts mehr.

Ich dachte in diesem Augenblick an die Worte von Angela: »Nimm dir immer, was dir zusteht! Wir machen die Regeln, Jason. Du kannst alles haben, was du willst.« Angela de la Barthe ist die Geschäftsführerin der Unternehmensberatung, für die ich tätig bin. Eine der reichsten und einflussreichsten Frauen der Branche. Sie hat das Unternehmen von ihrem Vater übernommen. Angela ist elegant, professionell, eiskalt und berechnend. Es gibt Gerüchte, sie habe mit 27 Jahren ein Bürogebäude im »Financial District« gekauft, um den Portier zu feuern, dessen Service ihr nicht gefallen hat. Weil ich einer der umsatzstärksten Berater der Firma war, meldete sie sich immer wieder persönlich bei mir. Ich hörte sie auch jetzt wieder wie eine Art Stimme im Ohr: »Nimm dir, was dir zusteht, du kannst alles haben, was du willst!« Das ist gerade wirklich nicht hilfreich, dachte ich mir. Ich sitze fest.

Da merkte ich plötzlich, wie mich jemand anschaute. Ein warmes Lächeln. Eine kleine fröhliche Frau mit dunkelbraunen Locken. Eine der Reinigungskräfte des Flughafens. »Sie sind für die nächsten sieben Stunden also auch unser Gast hier am Gate, ja? Keine Sorge, Señor, ich bin auch den ganzen Tag hier, wenn es Ihnen langweilig wird, finden Sie mich einfach. Ich werde nie weit sein!«, sagte sie lachend und schob ihren Putzwagen vor sich her. »Danke!«, sagte ich leise und etwas ungläubig. Machte sie das mit jedem? War sie einfach nur freundlich oder mochte sie mich etwa? Schade, dass ehrliche Freundlichkeit heutzutage so selten ist, dass man sie leicht mit einem Flirt verwechselt. Was für eine interessante Frau, dachte ich und schaute ihr kurz nach, als sie mit ihrer guten Laune und dem Putzwagen zwischen den Sitzbänken des Gate C30 umherwirbelte und breit lächelte.

Wenn meine Laune auch nur halb so gut wäre, dachte ich mir und konnte nicht ahnen, dass sich meine Situation gleich noch deutlich verschärfen würde. Ich griff in die Tasche meines Jacketts und merkte plötzlich, dass mir etwas sehr Wichtiges fehlte. Mein Pass, meine Tickets und meine Geldbörse. Alles weg. Ein Schauder durchfuhr meinen ganzen Körper. Hatte ich die Sachen vielleicht einfach in meine Laptoptasche gelegt? Ich durchsuchte hastig alle meine Taschen. Nichts. Hatte ich die Sachen im Flieger liegen gelassen? Nein, ich erinnerte mich, dass ich nach dem Aussteigen noch mein Ticket in der Hand gehalten und im Café den Mokka bezahlt hatte. Ich schaute mich sofort um. War ich bestohlen worden? Hatte ich die Sachen einfach nur irgendwo liegen gelassen? Es musste innerhalb der letzten Minuten passiert sein.

»Jason Cooper. Meine Geldbörse und meine Reisedokumente sind weg. Können Sie sich darum kümmern? Schwarze Ledergeldbörse. First-Class-Tickets nach Doha. Ich muss damit zu einem sehr wichtigen Meeting.« Die junge Dame vom Flughafenpersonal wirkte fast erschrocken. »Bitte beruhigen Sie sich, Sir. Ich werde das Sicherheitspersonal verständigen und Ihre Sachen als vermisst melden. Sobald wir etwas finden, geben wir Ihnen Bescheid. Gern können Sie auch selbst schon einmal suchen, vielleicht haben Sie es ja hier am Gate irgendwo liegen gelassen.« »Danke!« Ich agierte wie eine Maschine, schnell und analytisch, wie in den vielen Geschäftsverhandlungen, die ich regelmäßig führte. Wo war ich noch gewesen? Sofort ging ich zurück zum kleinen Café in der Flughafenhalle. Direkt zur Kasse, an der langen Schlange von wartenden Menschen vorbei. »Hey, Sie da! Haben Sie eine Geldbörse und einen Pass gefunden? Schwarzes Leder. Es müssen auch Tickets dabei gewesen sein.« Der junge Mann hinter der Theke schien nicht zu verstehen, wie wichtig diese Dokumente für mich waren, ohne meinen Pass und meine Tickets konnte ich nicht fliegen. »Hey!«, jetzt wurde ich lauter. Ich war ich es gewohnt, sofort zu bekommen, was ich wollte. »Hey, hör mal zu. Ich brauche meine Dokumente. Sie müssen hier sein!« Immer noch nichts. Die lauten Kaffeemaschinen, der zischende Dampf der Milchaufschäumer und die zahllosen Stimmen der wartenden Menschen füllten das kleine Café. Ich verlor die Geduld. »Hey, wo sind meine Dokumente?«, schrie ich den jungen Barista jetzt fast an.

Er stand mit dem Rücken zu mir an einer Kaffeemaschine, ich merkte, wie er sich plötzlich langsam zu mir drehte. »Wir haben hier nichts gefunden. Aber ich kann dir einen Tipp geben.« Hatte er vielleicht etwas beobachtet? Ich lehnte mich zu ihm, um genau hören zu können, was er zu sagen hatte. »Egal, wer du bist, und egal, was du suchst, du wirst es nicht finden, wenn du so fragst. Niemand wird dir helfen, solange du nicht ein bisschen mehr Menschlichkeit zeigst. Viel Glück bei der Suche, ich muss jetzt weiterarbeiten«, sagte er, schüttelte ungläubig den Kopf, drehte sich wieder weg und das Chaos im Café ging weiter, als wenn er nie mit mir gesprochen hätte.

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