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Wer übernimmt die Rolle der freundlichen Buchhändlerin?

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Um die Herausforderungen für webbasierte Empfehlungsmechanismen besser zu verstehen, ist es hilfreich einen kurzen Blick auf die Entwicklung im stationären Buchhandel zu werfen. Dabei gibt es hinsichtlich der für das Entdecken und die Weiterempfehlung von Büchern relevanten Foren und Akteure starke Unterschiede zwischen den einzelnen nationalen Traditionen. So nehmen beispielsweise in der angelsächsischen Welt Literaturclubs eine wichtige Rolle ein, für die es in Deutschland kein Äquivalent gibt. Während vor allem Amerikaner die gemeinsame Lektüre und den Austausch über Buchinhalte lieben, gilt Lesen in Deutschland eher als eine in der Privatsphäre angesiedelte intellektuelle Beschäftigung.

Neben Buchrezensionen in den Medien und TV-Sendungen wie dem seit Ende der 80er Jahre populär gewordenen „Literarischen Quartett“ stellt der Buchhandel hierzulande eine der Hauptquellen für Leseempfehlungen dar. Bereits kurz nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wurde mit Einrichtungen wie der Deutschen Buchhändlerschule in Frankfurt ein institutioneller Rahmen für die Ausbildung von Buchhandelsfachkräften geschaffen – ein Sachverhalt, der nicht zuletzt auf die große Rolle deutschsprachiger Literatur für das Bildungsbürgertum und die „Kulturnation“ des 19. Jahrhunderts zurückzuführen ist. Im Vergleich zu den europäischen Nachbarn zeichnete sich der deutsche Buchhandel daher lange durch ein überdurchschnittliches Qualifikationsniveau und einen hohen Organisationsgrad aus.

Neue Verkaufsformate locken neue Kunden in den Buchhandel

Über einen Mangel an buchhändlerischer Beratungskompetenz konnten sich die Deutschen somit nicht beklagen – eher über das Gegenteil, wie der in den 70er Jahren einsetzende Erfolg von lockereren, weniger intellektuell aufgeladenen Buch-Warenhäusern verdeutlichte. Zu den Vorreitern zählte hier die Bücher, Illustrierte und Schallplatten vermischende Buchkette Montanus aktuell (die 1979 von Douglas gekauft wurde und 2001 in Thalia aufging), aber auch der Filialist Hugendubel, der in seiner 1979 eröffneten Filiale am Münchner Marienplatz mit Selbstbedienungsregalen, Büchertischen und „Lese-Inseln“ die Blaupause für die Großflächen der heute dominierenden Buchketten lieferte.

Der in den 80er Jahren ansetzende Höhenflug von Hugendubel, Thalia, Weltbild und Co. erhielt erst durch das Aufkommen des Online-Buchhandels einen entscheidenden Dämpfer. Der einfache Zugang zu einem möglichst großen Buchsortiment war nun kein Alleinstellungsmerkmal der Filialisten mehr, sondern wurde durch das Angebot von Amazon um ein Vielfaches übertroffen. Rückläufige Umsätze und ein schwaches Online-Angebot sorgten dafür, dass die Buchketten in der Folge einen bis heute anhaltenden Filialrückbau einleiteten.

Heute herrscht in den Buch-Kaufhäusern die Service-Wüste

Inzwischen traten in der öffentlichen Wahrnehmung wieder die Aspekte Beratungskompetenz und buchhändlerische Qualität in den Vordergrund – allerdings mit einem für die Buchketten alles andere als positivem Ergebnis: „Vage Empfehlungen, lange Wartezeiten“ lautete das repräsentative Fazit einer Marktstudie, die das Deutsche Institut für Servicequalität (DISQ) im Sommer 2012 veröffentlichte. 130 Filialen von 13 großen Buchhandelsketten hatte das DISQ getestet und traf dabei auf ein Serviceniveau, das deutlich unter dem in anderen Handelssegmenten üblichen Standard lag.

Damit bestätigte das Marktforschungsunternehmen eine gängige Weisheit: Wer schnell Bücher kaufen will, bestellt bei Amazon. Wer dagegen stöbern und sich beraten lassen möchte, wählt den Weg in die (unabhängige) Buchhandlung seines Vertrauens.

Discoverability im E-Commerce

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