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„Denn alle Lust will Ewigkeit“. Statt eines Vorworts
Оглавление„Lieber und wolgeneigter Leser. / Der Titul dises wintzigen Büchels muß niemand erschröcken“1 – mit diesen Worten eröffnete Abraham a Sancta Clara seinen Wunderlichen Traum von einem großen Narrennest (1703). Diesem Trost mag ich mich anschließen, ist das Thema auch noch so unerschöpflich – und „unerschöpflich ist die Liebe“2 schreibt Friedrich Schiller seiner großen Liebe am 25. August 1789 –, dieses ‚winzige Büchlein‘ kann nicht mehr, als dies erkennen zu geben.
In der Literatur ist der Zusammenhang von großer Liebe und lustvoller Frau dokumentiert. Natürlich hätte man auch ein Buch über den lustvollen Mann schreiben können. Doch ist das nicht Thema dieses Werks. Vielmehr bin ich im Laufe meiner Studien den Fährten nachgegangen, welche die Literatur – männliche wie weibliche Schriftsteller – selbst legt. Der Status der Erdichtung ist dabei ebenso nebensächlich wie der Grad der Echtheit. Sollten sich die literarischen Beschreibungen von lustvoller Frau und großer Liebe nicht mit der Wirklichkeit der Autoren und Autorinnen decken, dann legen sie immerhin Zeugnis ab von deren Wünschen und Vorstellungen, die ja bekanntlich nicht weniger ernst zu nehmen sind als die Empirie. Dichtung wird als das genommen, was sie ist, als wirkliche Erfindung. Insofern werden in diesem Buch auch keine Schriftstellerbiographien auf ihre große Liebe hin befragt. Ich pflichte Lessings 7. Literaturbrief (1759) bei, wo zu lesen ist: „Was geht uns das Privatleben eines Schriftstellers an? Ich halte nichts davon, aus diesem die Erläuterungen seiner Werke herzuholen“.3
Die in diesem Buch herangezogenen Quellen sind nicht jene der Autorität, „sondern die der Freundschaft“,4 um eine Formulierung von Roland Barthes in Anspruch zu nehmen. Wir folgen schlicht „der liebe spur“,5 von der Otto Christoph Eltester 1695 schreibt, gleichwohl Herders Mahnung erinnernd, „daß nichts in der Welt lange Erörterung so sehr haßet, als Liebe. Liebe in einen Folianten gebracht, ist nicht Liebe mehr“. Diese Erkenntnis ist ihm so wichtig, dass er sie wenig später wiederholt, hassen würde die Liebe Folianten und „immensa opera“.6 Eine kleine Literaturgeschichte der großen Liebe muss also notgedrungen auch klein vom Umfang her ausfallen, „[. . .] und hiermit Punktum. Genug zum Vorbericht eines so kleinen Büchelchens“.7 Vielleicht noch dieses, den Herzensergießungen (1797) Wackenroders und Tiecks entnommen: „Deute mir meine Worte nicht übel [. . .] und so wirst Du denn alles zum besten auslegen“.8
Matthias Luserke-Jaqui
Darmstadt/Kusel, im Sommer 2010