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Prolog

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Die Zelle

Aktenzeichen 23 Js 144/14


Amtsgericht Ellwangen

Haftbefehl vom 30. Juni 2014

Im Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten

wird gem. §§ 112 Abs. 1 und 3, 114, 125 StPO die Untersuchungshaft dieses Beschuldigten angeordnet.

Er steht im dringenden Verdacht, ein Gebäude, das der Wohnung von Menschen dient, in Brand gesetzt und dadurch den Tod eines anderen Menschen verursacht zu haben, indem er am 30.6.2014 gegen 0.30 Uhr in Scheune und angrenzendem Wohnhaus des Forellenhofs im Kinzigtal mittels eines Brandbeschleunigers Feuer gelegt und dadurch den Hof zerstört und die dort als Urlauberin schlafende vierjährige Helen Gärtner getötet hat,

strafbar nach §§ 211, 306 a, 306 c, 52 StGB.

Der dringende Tatverdacht stützt sich auf das Ergebnis der bisherigen Ermittlungen der Polizeidirektion Aalen, Kriminalinspektion Ellwangen, insbesondere den Ermittlungsbericht von EKHK Peter Lowinger.

Maier

Richter am Amtsgericht

Wie oft in dieser Nacht hatte er diesen Haftbefehl nun bereits gelesen? Er wusste es nicht mehr. Das einzige, was er noch wusste, war, dass er vor wenigen Minuten aus einem kurzen, wohl nur wenige Sekunden dauernden Erschöpfungsschlaf aufgeschreckt war, als er plötzlich hellen Feuerschein zu sehen glaubte. Der Schein eines hell lodernden Feuers, des Feuers eines Großbrandes. Er zitterte am ganzen Körper. Es war nur ein geringer Trost, dass ihm nach dem Aufschrecken schnell bewusstwurde, dass er kein Feuer sah; es war nur das helle Neonlicht seiner fensterlosen Zelle, das einmal pro Stunde kurz aufflackerte, um den Vollzugsbeamten einen Kontrollblick durch den Türspion, der hier von außen nach innen funktionierte, zu ermöglichen.

„Wir stecken dich vorsorglich in eine Zelle ohne Fenstergitter, sicher ist sicher“, waren die letzten Worte des Beamten gewesen, bevor er am Abend die Zelle verschlossen hatte. Seither war er allein mit sich. Er fühlte sich verlassen und ausgeliefert. Raum- und Zeitgefühl schwanden mehr und mehr. Drei identische Wände, je zehn Fuß lang, wie er vorhin ausgemessen hatte. Die vierte Wand unterschied sich durch die darin befindliche stahlgraue Metalltüre mit dem Spion und einer Klappe, durch die ihm am Abend noch zwei Scheiben Brot, eine Scheibe Fleischkäse und zwei Essiggurken zusammen mit Aluminiumteller und -becher gereicht wurden. Alles steril und nicht entflammbar: Außer dem Geschirr auch die Chromarganliege mit einer teflonumhüllten Matte, die sich anfühlte, wie wenn sie mit Metallputzschwämmchen gefüllt wäre, das Edelstahlwaschbecken mit dem kleinen Hinweisschild „Trinkwasser“ und dem deckel- und randlosen Edelstahl-WC, neben dem sich abgezählt drei feuchte Papiere befanden. Im Laufe der Nacht hatte er dann auch die Zusammenhänge begriffen: Seine seit Abgabe des Gürtels fortwährend rutschende Hose, das mangels Fenster fehlende massive Fenstergitter und die periodische Kontrolle konnten nur bedeuten, dass sie von Suizidgefahr ihres Häftlings ausgingen.

Es war ihm rätselhaft, wie sie zu dieser Annahme kommen konnten. Noch nie in seinem über vierzigjährigen Leben hatte er ein Gefängnis von innen gesehen. Und sich selbst zu erhängen? Eine abwegige Überlegung. Er. Er, der stets den Freuden des Lebens zugeneigt war. Wahrscheinlich würden sie das bei jedem Häftling seines Alters so anordnen. Sicher, seine Lage war mehr als schlecht. Katastrophal. Aber aufgeben? Keine Sekunde seiner bisherigen Haftzeit von gefühlt einem Jahr, gemessen sieben Stunden und achtundzwanzig Minuten, war ihm ein solcher Gedanke bisher gekommen. Er hatte in seinem Leben schon manche Niederlage erlitten, war zu kämpfen gewohnt. Auch hier und jetzt würde er kämpfen, seine Unschuld beweisen, die Missverständnisse, um die es sich handeln musste, aufklären. Schon in wenigen Stunden würde er Dr. Franz Felsle, dem besten Verteidiger der Stadt gegenübersitzen, einem Anwalt, der ihn schon seit vielen Jahre kannte und schon manches Mal bestens beraten hatte….

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Der Kinderdieb

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