Читать книгу Die moderne Ehe und wie man sie ertragen soll - Maud Churton Braby - Страница 5

II. Warum Männer nicht heiraten

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„Wenn ihr die Auslese der Menschheit haben wollt, nehmt einen guten Hagestolz und eine brave Frau.“

„Es gibt wahrscheinlich nicht Hitzköpfigeres und Tolleres in dem Leben eines Mannes als die Verheiratung.“

R. L. Stevenson.

„Was immer man auch gegen die Ehe sagen mag, sie ist jedenfalls ein Experiment.“ Oscar Wilde.

„Alle Männer verheiraten sich und keines der Mädchen,“ soll eine flatterhafte Dame einmal gesagt haben, und man versteht, was sie damit ausdrücken wollte. In einer Zeitungsbriefecke über die Ehe las ich einmal folgende bemerkenswerte Stelle: „Heutzutage ist es ganz anders, als wie ich ein Mädchen war. Damals hatte jeder Bursche seinen Schatz und jedes Mädchen ihren Anbeter. Jetzt scheint es mir, daß die Burschen keinen Schatz brauchen, und die Mädchen keinen Anbeter finden können. Auf einen jungen Mann, der die ernste Absicht hat, ein Mädchen zu heiraten, gehen zwanzig, die mit dem Mädchen bloß spielen, ohne darauf zu achten, daß es kompromittiert wird. Die Zeiten sind ungalant und bedürfen einer Verbesserung.“ Dieser Brief ist unterzeichnet: „Eine Arbeiterfrau“. Es ist klar, daß er von einem Mitglied der Zeitungsgilde geschrieben wurde, welches der Signatur durch Anwendung des gewöhn­lichen Ausdrucks „Anbeter“ eine genügende Wahrschein­lichkeit zu verleihen glaubte. Aber trotz der Niederschrift auf Kommando sind die Behauptungen darin nur zu wahr: Die Zeiten sind wirklich ungalant und werden es immer mehr.

Vor nicht langer Zeit war ich in einer heiteren Gesell­schaft, wo über die Tendenzen des modernen Mannes, nicht zu heiraten, diskutiert wurde. Jemand versetzte alle anwesenden Männer in gute Laune mit der Mahnung, daß ein Mann „dadurch, daß er hartnäckig ledig bleibt, sich in eine fortgesetzte öffentliche Versuchung verwandelt“. Und da fünfzehn Junggesellen anwesend waren, wurde das Gespräch natürlich persönlich.

Einer, den ich Vivian nennen will, bemerkte galanterweise, daß alle reizenden Frauen verheiratet seien, und er so gezwungenermaßen ledig bleiben müsse. Ich erfuhr zufällig, daß er in eine verheiratete Frau gründlichst verliebt ist. Ein anderer, Lucian, ein sehr schöner und beliebter Mann in den Dreißigern, sagte, daß er die ernste Absicht habe, eines Tages zu heiraten, aber daß er vorher noch einige Jahre der Freiheit genießen wolle. Dorian behauptete ernstlich, daß er auf meine Tochter warten wolle (die jetzt achtzehn Monate alt ist), aber ich weiß im Vertrauen, daß sein Fall ähnlich dem Vivians ist. Hadrians Verheiratung wäre wegen seiner Gesundheit ein Verbrechen. Wir wußten das alle, und so fragte ihn niemand darum. Dieselbe Diskretion wurde in bezug auf Julian beobachtet, von dem es allbekannt ist, daß er ein „unseliges Verhältnis“ geschlossen und praktischerweise nicht das Recht hatte, zu heiraten. Florian hat vor einigen Jahren einen Korb bekommen und ist nun scheu und mißtrauisch gegen das schöne Geschlecht, was wirklich sehr schade ist, da er zu jener Art von Männern gehört, die für das Heim und die Familienfreuden wie geschaffen sind, und er eine Frau sehr glücklich machen würde.

Von Augustin und Fabian kann man wohl behaupten, daß „sie zu viele kennen gelernt haben, um bei einer bleiben zu wollen“ — Und ich fürchte wirklich, daß sie sich für die Ehe verdorben haben, wenn nicht in jenem alten Spruche Wahrheit liegt, „daß ein gebesserter Lebemann den besten Ehemann abgibt.“ Endymion kommt alles in allem nicht in Betracht, da seine blauen Augen und seine breiten Schultern sein einziges Vermögen bilden. Er schlägt genügend Kapital aus diesen Beigaben, sie bringen ihm reichlich weibliche Gunst ein, aber sie genügen kaum, um eine Frau zu erhalten.

Claudian möchte wirklich gerne heiraten, aber er leidet unter einer verhängnisvollen Treulosigkeit, und wie er sehr einladend erklärt, kann er ein Mädchen nicht so lange lieben als die Vorbereitungen zur Heirat dauern. Er ist sicher, daß er eines Tages von irgend einer entschlossenen und wahrscheinlich wenig zu ihm passenden Frau geangelt und widerstrebend zum Altar geführt werden wird. Galahad will nicht heiraten, bis er nicht die „Eine, die Wahre, die Einzige“ gefunden haben wird, und ich fürchte, aus ihm wird kein Ehemann mehr, denn der arme Galahad trägt schon Brillen und einen Kahlkopf. Seine Anhäng­lichkeit an ein unerreichbares Ideal verspricht, ihm sein Leben zu verderben.

Als ich an Aurelian die Frage stellte, lächelte er so hämisch, daß er mehr denn je einem erbitterten Geier glich und bemerkte, daß er im Begriff sei, seine Anträge zu überdenken und sich noch nicht klar sei, welche der beste ist. Da die Tatsache, daß er von sieben Frauen abgewiesen wurde, allen bekannt ist, so bewundern wir wirklich alle die Hartnäckigkeit seiner Pose als Herzensbrecher. Man weiß sogar von ihm, daß er sich selbst leiden­schaftliche Briefe in verstellter Handschrift schreibt und geschickt fabrizierte Tränen hie und da auf sie fallen läßt, um diesen Meisterstücken von Verliebtheit, die er als Beweis seiner vielen Eroberungs­geschichten benützt, einen Anschein größerer Wahrschein­lichkeit zu geben. Wenn die Tränen trocken sind, so sehen sie äußerst natürlich aus. Freilich ist es ein Kniff, den jedes Schulmädchen kennt, aber ich habe nie zuvor einen Mann gekannt, der zu ihm Zuflucht genommen hätte, und hoffe auch nie wieder einen kennen zu lernen.

Cyprian und Valerian geben als Grund für ihr fortgesetztes Jungesellentum die Tatsache an, daß es ihnen in dieser Verfassung zu gut gehe, und sie nie das Bedürfnis nach einer Gattin gefühlt hätten. Der letztere fügte hinzu, daß, wenn er gerade das „eine Mädchen“ finden würde, er ja die Sache überdenken könnte, aber wie die Dinge stünden, zöge er die Gewißheit den Chancen vor und wolle kein Risiko eingehen. Unter uns gesagt, sind sie beide sehr selbstbewußt und egoistisch und ich glaube nicht, daß irgend eine Frau viel an ihnen verloren hat.

Der vierzehnte Jungeselle war Bayard, der zu einem sehr trostlosen Liebhabertypus gehört. Fast alle Frauen sind zu ihrem Leidwesen von ihm angelangweilt worden. Er hat die lästige Gewohnheit, überall und jedem weiblichen Wesen gegenüber seiner Sehnsucht nach einer Ehe idealster Sorte Ausdruck zu geben und jungen, im sicheren Hafen der Ehe gelandeten Frauen in weitschweifigster Weise anzuvertrauen, wie sehr er sich darnach sehne, einen Platz in dem Herzen einer guten Frau einzunehmen, und welch großer, reiner, leiden­schaft­licher und ungestümer Liebe er fähig sei. Er hat geradezu etwas Sympathie­erregendes und seine Haltung ist natürlich sehr anziehend für harmlose ältere Mädchen. Er ist immer in höchst bedroh­licher Weise in solche Beziehungen verstrickt, paradiert aber sehr mit seiner Armut und macht sich wieder glücklich frei, wenn die Angelegenheit einen kritischen Punkt erreicht hat, gewöhnlich ohne irgendwelche mißliebige Auseinander­setzungen. Wenn jedoch die Dinge schon zu weit gediehen sind, um das zu ermöglichen, kann er ein Zurücktreten immer ganz leicht dadurch gestalten, daß er sagt: „Ich liebe dich zu sehr, mein Schatz, um dich mit in die Armut hinein zu ziehen.“ Wie viele Mädchen haben nicht, im tiefsten Herzen verwundet, diese abgedroschene Lüge mit anhören müssen, wo sie doch mehr denn je gewillt waren, seinetwegen arm zu werden, zu kargen, zu sparen und zu verzichten. Nicht etwa, daß Bayard und seinesgleichen eine solche Ergebung einflößen! Ich meine, daß die Hauptbestandteile dieser besonderen Ausrede von sehr vielen unverheirateten Männern heutzutage als der Grund ihres Junggesellentums angegeben werden. Im allgemeinen gesprochen gibt es zwei Hauptgründe, warum die Männer nicht heiraten: 1. weil sie noch nicht die Frau gefunden haben, für die sie sich genügend interessieren, 2. — und diese bilden die Majorität —, weil sie zu selbstsüchtig sind. Natürlich drücken die Männer das anders aus; wie Bayard sagen sie, „sie können es nicht erschwingen.“ Sie denken an all die Dinge, die sie aufzugeben hätten, und wie schwer es ist, heutzutage genug für sein Vergnügen zu haben, wie unmöglich es dann sein würde, wenn man noch eine Frau und eine Familie dazu zu erhalten hätte; wie sie das Pokerspiel aufgeben, einen billigeren Schneider finden und an Golfbällen sparen müßten. Sie schaudern bei dieser Aussicht zusammen und entscheiden in der ausdrucksvollen, üblichen Sprechweise des Tages, daß „sie es nicht dick genug haben.“ Die Dinge, welche über allem Preis stehen, werden gegen jene gewogen, die man mit Geld erkaufen kann und — für nötig findet.

Es wäre jedoch die größte Tollheit, wenn man unkluge Heiraten ermutigen wollte, die ohnedies schon eine Quelle von so viel Elend sind, und natürlich beziehen sich meine Ausführungen nicht auf die echte Armut jenes Mannes, der es sich wirklich nicht leisten kann, zu heiraten. Für ihn habe ich wirkliche Sympathie, denn er vermißt die besten Dinge des Lebens, wahrscheinlich ohne eigene Schuld. Das obengesagte bezieht sich einzig und allein auf den Mann des Mittelstandes, der es sich erlauben könnte, zu heiraten, wenn er sich selber weniger und irgend eine Frau mehr lieben würde. Fünfhundert Pfund im Jahr ist z.B. ein ganz nettes Einkommen für einen Junggesellen, der nicht direkt zur „Gesell­schaft“ gehört. Mit dieser Summe kann ein Mann des Mittelstandes ganz gut auskommen, wenn er keine besonders kostspieligen Laster oder Passionen hat. Freilich aber verlangt es Selbstverleugnung, wenn er damit für Frau und zwei oder drei Kinder sorgen soll. Das bedeutet ein kleines Haus in einer der billigeren Vorstädte anstatt einer Junggesellen­wohnung in der Stadt, Omnibusse anstatt Mietwagen, Galeriesitze anstatt Sperrsitze, einen vierzehntägigen Familien­aufenthalt in Broadstairs anstatt eines einmonat­lichen Aufenthaltes zum Fischen als „garçon“ in Norway. Es bedeutet, daß man keine Soupers mehr im Savoyhotel hat, keine Wochenenden mehr in Paris verbringt und nicht mehr auf einen Sprung nach Monte Carlo hinüber rutscht. Aber es kann durchgeführt werden und glücklich durchgeführt werden, vorausgesetzt, daß ein Mann die Liebe über den Luxus stellt. Fast jeder Mann kann es sich leisten, zu heiraten, — und zwar die richtige Frau.

Freilich, wenn ein Mann noch die „Frau seiner Träume“ zu finden gedenkt, dann ist alles gut. Aber nur die verächtliche Ausrede Bayards hat mich so empört. Wenn die Männer die Wahrheit sagen wollten, wäre das alles nicht so schlecht. Aber dem alten Adam gleich, schieben sie wie gewöhnlich die Schuld den Frauen zu und sagen: „Die Mädchen erwarten heutzutage zu viel. Es ist unmöglich, genug Geld zu verdienen, um sie zu befriedigen“. Das ist eine der vielen Lügen, die die Männer über die Frauen ausstreuen, oder sie befinden sich vielleicht selbst in einer Täuschung und glauben wirklich an die Wahrheit dieser Behauptung. Nun, klären wir sie auf! Die Mädchen erwarten nicht zuviel. Sie sind ganz geneigt, arm zu sein, wie ich es vorhin sagte, wenn sie nur den Mann genug lieb haben. Jedenfalls, sobald sie jenes Stadium erreicht haben, wo sie der wirklichen Dinge des Lebens bedürfen, da werden sie Weibtum und verhältnis­mäßige Armut dem Wohlstand und dem leeren Herzen in ihrem elterlichen Heim vorziehen. Mit einem Wort, sie würden lieber „abgearbeitete Frauen als ruhelose alte Jungfern“ sein.

Eine andere Täuschung, welche die Männer über die Frauen ausstreuen, ist die, daß sie zu vergnügungs­süchtig sind, um daheim zu bleiben. Wie oft hört man Behauptungen wie folgende: „Juno Jones wird keine gute Frau sein. Sie spielt den ganzen Tag Golf.“ Oder: „Ich könnte mir’s nicht leisten, Sappho Smith zu heiraten. Sie schwärmt zu sehr für schöne Kleider und fürs Theater.“ Gott helfe dem Mann! Was haben denn die armen Mädchen anderes zu tun? Sappho hat eine Vorliebe für feine Kleider und fürs Theater. Sie füllt ihr leeres Dasein mit diesen Dingen aus, so gut sie kann. Juno hat den langen lieben Tag nichts zu tun, aber sie geht sehr gern ins Freie, und so konzentriert sie ihre prächtige Kraft auf ein Spiel mit Stock und Ball, weil jedweder tätige Anteil an dem großen Spiel des Lebens ihr versagt ist. Heiratet sie, wenn sie euch mag, und ihr werdet sehen, was für einen guten Kameraden ihr an ihr haben werdet, und was für prächtige Kinder sie euch schenken wird. Oder heiratet Sappho, und ihr werdet finden, daß sie nie andere als einfache, in euren Mitteln liegende Vergnügungen haben will, so lange ihr gut zu ihr seid und sie so liebt, wie sie geliebt zu werden wünscht. Sie wird sich ganz gern ihre Kleider selbst machen und ihre größte Freude darin finden, euer Einkommen einzuteilen und euer Heim zu schmücken.

Jeder kann sich daran erinnern, oberflächliche und vergnügungs­süchtige Mädchen gekannt zu haben, die prächtige Frauen geworden sind, deren Kinderstube musterhaft und deren Haushalt über allen Tadel erhaben ist. Gewiß prophezeiten alle ihre Freunde Unheil, als diese Schmetterlinge zum Altar geführt wurden. Ich glaube aufrichtig, daß die Frauen nur dann ausgefallene Vergnügungen brauchen, wenn sie innerlich elend sind. Es sind gewöhnlich die Unglück­lichen, die Elenden, die ruhelosen alten Mädchen, die überall hin laufen und das Geld zum Fenster hinauswerfen. Sie fühlen, daß das Leben sie betrügt, und müssen irgend eine Entschädigung haben.

Aber um zu meinen fünfzehn Junggesellen zurückzukehren: nun bleibt nur mehr Florizel, dessen Haltung gegenüber den Ehefesseln gerade das Gegenteil von der Bayards und Claudians ist. Er ist aufrichtig geneigt, zu heiraten, glühend, warm, bestrebt, das Richtige zu tun, aber es fehlt ihm an moralischem Mut, und er ist schauderhaft egoistisch. Ich möchte ihn so gerne glücklich verheiratet sehen, da er dann ohne Zweifel rasch jene heftige Selbstliebe verlieren würde, aber ich frage mich, ob es irgend eine anziehende Frau gibt, die selbstlos genug wäre, um ihn in dem gegenwärtigen Zustand der Selbst­vergötterung zum Gefährten zu erwählen. Er ist immer für irgend eine Frau entflammt, schwebt stets knapp über irgend einer großen Leiden­schaft und sehnt sich darnach, kopfüber in das Liebesmeer zu stürzen und den Anker der Ehe auszuwerfen, der ihn dort festhalten soll, wo er nicht mehr abschwenken kann. Unglücklich­erweise kann er sich nicht genug selbst vergessen, um den verhängnis­vollen Sprung zu wagen. Bei allen seinen Fehlern hat Florizel etwas Liebenswertes. Ich wäre froh, wenn er zur Vernunft gebracht würde — obgleich es eine tapfere und geduldige Frau sein müßte, die diese Aufgabe zu unternehmen hätte.

Als alle fünfzehn Junggesellen aufgehört hatten, über sich selbst zu sprechen und sich mit der anderen Gesell­schaft zum Bridgespiel niedergesetzt hatten, kam eine alte Dame, die — wie ich — es vorzog, Zuschauer zu bleiben, zu mir und setzte sich neben mich. „Wie sie herumreden“, sagte sie. „Ich aber kann Ihnen sagen, warum sie nicht heiraten. In fünf Worten: Weil sie sich nicht verlieben. Und warum verlieben sie sich nicht? Weil die Mädchen sich zu viel um sie bemühen. Weil die Mädchen ihnen überall über den Weg laufen. Ich habe sieben Söhne, und alle sind unverheiratet. Ich weiß es.“

Notiz. — Es ist interessant, daß Westermarck in seiner „Geschichte der mensch­lichen Ehe“ eine Anzahl von Autoritäten erwähnt, um zu beweisen, daß bei vielen alten Nationen die Ehe eine allen zufallende religiöse Pflicht war. Bei den Mohammedanern ist sie noch heute eine Pflicht. Bei den Hebräern hörte man nichts vom Cölibat und sie haben ein Sprichwort: „Wer kein Weib hat, ist kein Mann“. In Ägypten ist es unrein und sogar anrüchig für einen Mann, sich der Ehe zu enthalten, wenn kein richtiges Hindernis vorliegt. Die Chinesen betrachten es als ein beklagenswertes Unglück für einen Jüngling, wenn er unverheiratet stirbt und bei den Hindus von heute wird ein Mann, der allein bleibt, als ein beinahe unnützes Glied der mensch­lichen Gesell­schaft betrachtet —, der außer dem Bereich des Natürlichen steht.

Die moderne Ehe und wie man sie ertragen soll

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