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Der kleine Seestern und der ganz kleine Seestern ...in der Badewanne

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Endlich Sommerferien. Da konnte man planschen, planschen und, na ja, planschen. Klar, dass es eines nahen Ferientages dem kleinen Seestern Flora und ihrem Bruder, dem ganz kleinen Seestern Flori, ziemlich langweilig wurde. Sie ließen sich immer und immer wieder an den goldenen Strand spülen. Richtig aufregend war es auf Dauer nicht. Die Sonne strahlte freundlich, wie sie immer strahlte, die Muscheln klapperten ewig lange Unterhaltungen, die Krebse vergruben sich im Sand und spielten Verstecken – am liebsten mit sich selbst. Das war das blödeste Spiel, das die kleinen Seesterne je gesehen hatten: Da vergrub sich so ein Krebs im Sand und wartete, bis er selbst merkte, wo er sich versteckt hatte. „Lass mich Versteck-mich spielen“, johlten dann Krebse kurz vor ihrem einsamen Spiel, das bei ihnen so eine Art Volkssport geworden war. Weltweit, so wurde Flori an der Schule gelehrt, weltweit spielten Krebse mit sich selbst verstecken.

So auch die Krebse links und rechts von Flora und Flori. Bis die Seesterne plötzlich vor sich Füße sahen. Füße am Strand, Kinderfüße. So wie sie tänzelten, waren es Kinderfüße von zwei Mädchenmenschen, mutmaßte der kleine Seestern. Und der ganz kleine Seestern glaubte es. Denn er glaubte alles, was der kleine Seestern mutmaßte. Also sagte er: „Ich glaube auch, dass es zwei Mädchenmenschenfüße sind.“

„Das hab ich doch grad gesagt“, sagte Flora.

„Ich auch“, sagte Flori.

„Aber ich zuerst.“

„Ja, und dann ich.“

„Komm, wir geben den Mädchenmenschenfüßen Namen, ok?“, so Floras Idee.

„Oh ja, wir geben den Mädchenmenschenfüßen Namen, ok!“, so Flori.

„Nennen wir die Großen Emmafüße und die Kleinen Lenafüße, ok?“

„Oh ja, die großen Füße nennen wir Emmafüße und die kleinen Füße Lenafüße.“

Dann machte Flori eine Pause. „Aber wie unterscheiden wir die denn?“

„Na an der Größe“, fauchte Flora.

„Nur an der Größe?“

„Wie denn sonst?“

„Na schau mal, der da drüben zum Beispiel, der hat fünf solche Dinger rausstehen...“, sagte Flori, der ganz kleine Seestern.

„Was für Dinger, die da rausstehen?“, fragte Flora nach.

„Na, da vorne am Lenafuß zum Beispiel...“

“Daaaaas?“, prustete Flora laut los, „das sind doch nur Zehen, ganz normale Zehen. Die sind an jedem Fuß dran.“

„Kann ja nicht alles wissen“, sagte Flori und war kurz davor, beleidigt zu sein.

In dem Moment kamen die Mädchenmenschenfüße bedrohlich nahe. Und sofort gingen sie wieder weg in Richtung Strand. Das Wasser in ihrer Nähe war ganz trüb.

„Warum wühlen sie denn den Sand ständig so auf?“, nervte es Flora.

„Weil die bauen was“, piepste Flori, der ganz kleine Seestern, und war stolz, dass er etwas vor Flora entdeckt hatte.

„Stimmt, du hast Recht“, sagte Flora.

Die beiden Menschenmädchen türmten einen gigantischen Sandhaufen an die letzten Ausläufer der Brandung des Meeres. Nur die mutigsten Wellen leckten zuweilen an dem Bauwerk der Menschenmädchen.

Flori und Flora wurden richtig neugierig. Was hier wohl gebaut wurde? Nach einer gewöhnlichen Sandburg sah es nicht aus. Irgendwie gruben und wühlten die Menschenmädchen mit all ihren Füßen und Fingern. Sogar Kanäle entstanden.

Plötzlich wurden der kleine Seestern Flora und der ganz kleine Seestern Flori von einer riesigen Welle mitgerissen. Flora prallte gegen diesen Sandberg, Aua, das tat weh. Und wo war ihr kleiner Bruder? Links nicht, rechts,... oh doch, da war er ja. Flori, der ganz kleine Seestern, surfte auf einer Miesmuschel wie auf einem Surfbrett. Und zwar mitten auf dem kleinen Kanal, den die Menschenmädchen gerade gebaut hatten. „Uijuijuijui“, rief der ganz kleine Seestern, als er seine Schwester an dem Sandwall kleben sah, und winkte, wie er gerade vorbeisurfte, mit einer Zacke zu. Dabei rutschte er aus, fiel von der Muschel und landete im Wasser. Das war aber nicht das offene Meer. Wo war er denn?

„Hurra-Hurra!“, hörte er die Menschenmädchenfüße singen, „wir haben eine Badewanne“. Flori war also in einer Badewanne gelandet. Aber seit wann können denn Füße singen, überlegte er. Er fühlte sich in dieser Badewanne richtig wohl, schwamm von einer Seite zur anderen, tobte mit einer Quietschalge, die er fand, wusch sich den Bauch mit dem warmen Wasser ab und planschte, damit das Salzwasser schaumig wurde. Eine Badewanne, das war toll. Noch nie zuvor war Flori in einer Badewanne gewesen. Hier war es super, ewig hätte der ganz kleine Seestern hier bleiben können.

Wäre da nicht diese große Welle gekommen. Sie zerstörte den Sandberg mit der dahinter liegenden Badewanne. Durch den Kanal wurde Flori herausgespült, hinaus ins offene Meer.

„Wo warst du denn?“, wollte Flora wissen. „Warst du gefangen?“

„Nee, ich war in einer Badewanne“, sagte Flori.

„Wie bist du denn in eine Badewanne gekommen?“

„Ganz einfach: Auf dem Kanal surfend auf einer Miesmuschel“, antwortete wahrheitsgemäß der kleine Seestern.

„Und woher weißt du, dass es eine Badewanne war?“

“Das haben die Menschenmädchenfüße gesungen“, antwortete der kleine Seestern und war sich sicher, dass er wieder die Wahrheit sprach.

„Mensch Flori!“, schimpfte Flora.

„Nicht Mensch, Seestern Flori, wenn schon“, verbesserte Flori.

„Seestern Flori“, holte Flora erneut aus, „Füße können doch nicht singen. Füße können nur stinken. Das weiß doch jedes Seesternkind...“

„Lenafuß und Emmafuß haben aber gesungen...“

„Lenafuß und Emmafuß haben wohl gestunken!“

„Nein, gesungen“

„Gestunken“

„Gesungen“

„Wie sollen Füße gesungen haben, dass da eine Badewanne war..?“

„Weiß nicht wie, aber sie haben es gesungen“, sagte Flori.

„Das ist doch sehr merkwürdig, äußerst merkwürdig“, entgegnete Flora nach einer plötzlichen Pause. „Du behauptest, dass du in einer Badewanne gebadet hast?“

„Jawohl, so war es, Käptn“, antwortete der ganz kleine Seestern und führte seine obere Zacke an den Kopf, als wäre er ein Marine-Seestern in Uniform.

„Lass den Quatsch!“

„Jawohl, mein Käptn“, antwortete der ganz kleine Seestern erneut äußerst ordnungsgemäß. „Aber was ist daran merkwürdig?“, wollte Flori wissen.

„Während du verschwunden warst, in deiner Badewanne, da habe ich fliegende Menschenmädchenfüße gesehen...“

„Klar, singen können Menschenmädchenfüße nicht, aber fliegen!!!!“, lästerte Flori. Und er fuhr fort: „Wohin sind sie denn geflogen, deine Füße? Über den gesamten Strand? Zu der nahen Bucht? Oder sind die ersten fliegenden Füße auf dem Mond gelandet? Oder wo, hä?“

„Guuut, richtig geflogen sind sie nicht...“, holte Flora tief Luft, um ihre Geschichte zu erzählen.

„Aaaangeeebeeer!“, brüllte der ganz kleine Seestern los.

„Jetzt lass mich doch erst einmal erzählen.“

„Bin schon ganz gespannt auf deine tolle Geschichte mit den fliegenden Füßen...“

„Also, es war so: Da kam eine richtig große Welle – und ich war grad oben auf der Welle, da sah ich neben mir in der Luft einen Menschenmädchenfuß...“

„War das der Lenafuß oder der Emmafuß?“

„Weiß ich nicht...“

„Siehste, weil du dir nicht gemerkt hast, ob der diese fünf Dinger da vorne dran hat...“

„Seestern Flori, jeder Fuß hat diese doofen fünf Zehen da vorne dran.“

„Ach so, ja, stimmt ja, bin ja schon ruhig.“

„Und als ich wieder unter Wasser war“, fuhr Flora fort, ihre Geschichte zu erzählen, „da rutschte das Menschenmädchen auf den Sandboden entlang.“

„Es reinigte sich also so, wie wir uns immer reinigen müssen, auf dem Sandboden?“

„Ja, und es sah nicht glücklich aus.“

„Ich hasse es auch, samstags am Sandboden sauber gemacht zu werden“, regte sich Flori auf.

„Du bist aber ein Seestern...“

„...ein ganz kleiner Seestern.“

„Und für Seesterne ist es völlig normal, samstags auf dem Sandboden gereinigt zu werden.“

„Stimmt“, wiederholte Flori, „für uns Seesterne ist es völlig normal, samstags auf dem Sandboden gereinigt zu werden.“

„Darum geht es jetzt nicht“, sagte Flora.

„Gut“, rief Flori erleichtert, „heute ist ja nicht Samstag.“

„Nein, es geht darum, dass die Menschen sich reinigen wie wir Seesterne. Und wir reinigen uns wie Menschen.“

„Versteh ich nicht“, sagte Flori.

„Nun, die Menschenmädchen...“

„...mit ihren fliegenden Füßen...“, warf Flori dazwischen.

„...die reinigen sich am Sandboden und du, ganz kleiner Seestern, warst heute in der Badewanne.“

„Ach, ich glaub“, so Flori, „wenn ich so nachdenke, dann kapiere ich doch, was du meinst...“

Das wollten die beiden Seesternkinder unbedingt sofort ihrer Seesternmama erzählen. Also schwammen sie sofort zu ihr herüber:

„Mama, Mama“, riefen sie im Chor.

Und aus Flori platzte es: „Stell dir vor, die Füße flogen von Menschenmädchen, als ich gerade auf einer Muschel gesurft bin, um in der Badewanne zu planschen, als die große Welle kam, Flora an die Sandwand prallte und...“

„Ich versteh kein einziges Wort“, unterbrach die Seesternmama.

„Geht schnell ins Bett“, sagte der Seesternpapa, „gleich kommt der Flimmerfisch und den darf ich heute Abend auf keinen Fall verpassen.

Flora versuchte es nochmal, die Erlebnisse des Tages zusammenzufassen, doch die Mutter deckte ihre kleinen Seesterne mit einer Seegrasdecke zu und erzählte selbst eine Geschichte. Irgendwas von einem Menschenmädchen, das bei einer großen Welle umgeworfen worden war und dabei unter Wasser gedreht wurde, was lustig ausgesehen haben soll.

So was Langweiliges fand die Seesternmama lustig, na denn Gute Nacht.

Der kleine Seestern und der ganz kleine Seestern

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