Читать книгу Compliance Monitorships - Maximilian F. Schlutz - Страница 8
2. Monitorships innerhalb deutscher Unternehmen
ОглавлениеDie Berichterstattung im Fall der Korruptionsaffäre um den Münchner Elektrokonzern Siemens hat gezeigt, dass ausländische Antikorruptionsbehörden grenzüberschreitend gegen deutsche Unternehmen ermitteln und diese im Anschluss rechtlich zur Verantwortung ziehen. Im Jahr 2008 sprach in Washington D. C. ein US-Bundesgericht Siemens wegen vorsätzlich umgangener und fehlender interner Kontrollen und Nichteinhaltung der Rechnungslegungsvorschriften des FCPA für schuldig.9 Nach geständiger Einlassung der Siemens-Verantwortlichen erreichte das Unternehmen eine Beendigung des Verfahrens gegen Zahlung von 800 Millionen Dollar.10 Gleichzeitig erklärte sich Siemens in der Schuldvereinbarung („Plea Agreement“) damit einverstanden, dass Theo Waigel für einen Zeitraum von vier Jahren ab Unterzeichnung der Vereinbarung als unabhängiger Monitor für Siemens tätig wird.11 Mit dem ehemaligen Bundesminister der Finanzen war erstmalig in der US-amerikanischen Rechtspraxis ein Nicht-Amerikaner als Compliance-Monitor tätig.12
Die Siemens-Korruptionsaffäre und der anschließende Einsatz des Monitors stellen keinen Einzelfall dar. Auch Daimler und Bilfinger mussten bereits einen unabhängigen Monitor beauftragen, der innerhalb beider Unternehmen im Anschluss an die strafverfahrensbeendenden Vergleiche mehrere Jahre eingesetzt wurde. Im Fall von Daimler stellte das Unternehmen im Jahr 2006 zur Aufklärung von Schmiergeldzahlungen Louis Freeh, der in den 90er Jahren die US-Bundespolizei FBI geleitet hatte, als Berater ein. Am 22.03.2010 vereinbarte Daimler mit dem DOJ den Abschluss eines „Deferred Prosecution Agreements“ (DPA). Eine Bedingung dieses Vergleichs war, dass Daimler fortan einen Compliance-Monitor im Unternehmen einsetzt.13 Im Anschluss an den Vergleich von Daimler mit den US-Behörden zog das Unternehmen fortan Freeh als unabhängigen Kontrolleur heran.14 Auch beim Mannheimer Industriedienstleister Bilfinger wurde Freeh im Herbst 2015 als Monitor eingesetzt, nachdem bereits 2013 das US-Justizministerium den Schweizer Juristen Mark Livschitz als Monitor installiert hatte.15 Grund für die Doppelbesetzung der Beraterposition war der Abgang des Vorstandsvorsitzenden Roland Koch, woraufhin es zu Unruhe an der Spitze des Konzerns kam. Da Bilfinger-Manager bei einem Ölpipeline-Projekt in Nigeria Regierungsbeamte mit rund 6 Millionen US-Dollar bestochen haben sollen, zahlte das Unternehmen eine Geldstrafe in Höhe von 32 Millionen Dollar und erklärte sich im Dezember 2013 in einem DPA mit dem Einsatz eines unabhängigen Monitors einverstanden.16 Das Monitorship bei Bilfinger endete im Dezember 2018, nachdem das Unternehmen ein effektives Compliance-System zur Abwehr von Korruptionsverstößen implementiert hatte.17
In jüngster Vergangenheit wird im Rahmen des Volkswagen-„Abgasskandals“ aufgrund mehrerer Vergleiche, zum einen zwischen Volkswagen und dem DOJ18 sowie zum anderen zwischen Volkswagen und der Environmental Protection Agency (EPA)19, Larry D. Thompson als Monitor und Auditor bei Volkswagen eingesetzt. Ausweislich einer Meldung vom Oktober 2019 wird Thompson auf Wunsch von Volkswagen drei Monate länger, d.h. bis September 2020, im Unternehmen bleiben.20 Hintergrund ist nach Mitteilung des Konzerns, dass Volkswagen bestimmte Maßnahmen zum Einhalten der Grundsätze guter Unternehmensführung noch gründlicher testen und ein optimales Ergebnis erzielen will. Im Juli 2020 veröffentlichte Volkswagen den Abschlussbericht von Larry D. Thompson als Auditor mit der Feststellung, dass die Auditierung von Volkswagen im Rahmen des Third Partial Consent Decrees erfolgreich abgeschlossen sei.21
Unlängst haben sich die IAV GmbH und die Fresenius Medical Care mit dem DOJ auf die Bestellung eines Compliance-Monitors für einen Zeitraum von jeweils zwei Jahren geeinigt.22
Bei systembezogenen Vorwürfen innerhalb der Finanzbranche sind Monitorships ebenfalls möglich. Dementsprechend blieben auch deutsche Unternehmen im Finanzsektor von einem Compliance Monitorship bislang nicht verschont.23 Bei der Frankfurter Commerzbank war ein Verstoß gegen Iransanktionen der Auslöser für Ermittlungen der US-Behörden. Die Bank zahlte daraufhin im Jahr 2015 im Rahmen eines Vergleichs eine Strafe in Höhe von 1,45 Milliarden Dollar und musste zudem ab 2016 einen externen Compliance-Monitor auf eigene Kosten installieren.24 Die Deutsche Bank war bzw. ist sogar mehreren Compliance Monitorships ausgesetzt. Aufgrund der fehlenden Kontrolle von Swap-Derivaten musste das Kreditinstitut basierend auf einer Einigung mit der US-Börsenaufsicht CFTC im Oktober 2016 einen Monitor einsetzen.25 Ein weiteres Monitoring resultierte aus einem Geldwäsche-Skandal, bei dem Deutsche-Bank-Kunden laut dem New York State Department of Financial Services (NYSDFS) ca. 10 Milliarden Dollar Schwarzgeld aus Russland an den Finanzplätzen New York, London und Moskau gewaschen haben sollen. Das Kreditinstitut habe die Möglichkeiten ungenutzt gelassen, die Geldwäschetätigkeiten zu unterbinden.26