Читать книгу Satisfaction on Demand 2 – Ménage-à-trois | Erotischer SciFi-Roman - M.C. Steinway - Страница 6

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Andrews Geschichte

Julio ist für uns beide nicht nur eine perfekte Ergänzung, er hat sich auch in der kurzen Zeit, die wir mit ihm verbringen durften, in unsere Herzen geschlichen. Es dauert eine Weile, bis Andrew und ich uns über ihn austauschen. Die Rückfahrt vom Satisfactorium verläuft nahezu schweigend. Der Magsolex fährt den einprogrammierten Weg zu unserem Haus, während Andrew meine Hand hält und mich eng an seine Schulter zieht. Wir sind beide irgendwie traurig, dass uns ein Mensch wie Julio begegnete und wir ihn zurücklassen müssen. In den knapp drei Jahren, in denen ich zusammen mit Andrew Satisfactoren besuche, ist so etwas noch nie vorgekommen. Nie war es so perfekt und nie hat mich ein Mensch, außer Andrew, je so berührt. Eine mir bisher unbekannte innere Stimme meldet sich zu Wort und fragt mich mit beinahe kindlichem Unverständnis, warum das alles so sein muss. Weshalb wir Satisfactoren wie eine biologische Maschine nutzen. Mir wird klar, dass diese Männer sehr wohl Gefühle und Bedürfnisse haben. Wie kann sich das, was verboten ist, so richtig anfühlen?

Meine Mutter ist wieder zurückgekehrt, was ein ungestörtes Unterhalten noch verkompliziert. Andrew und ich sitzen einander im Wohnbereich meiner Räume gegenüber. Die Entertainment-Konsole informiert uns über längst ausgestorbene Tiere und vermittelt einen Eindruck davon, wie früher die Natur ausgesehen haben muss. Wir schenken der Projektion jedoch keine Aufmerksamkeit, sondern nutzen die Geräuschquelle, um uns unbehelligt miteinander unterhalten zu können. Auch wenn wir uns im Wohnkomplex meiner Mutter befinden, möchte ich sie nicht vor die Wahl stellen, sich entweder für ihre Tochter oder aber für das von ihr vertretene Gesetz entscheiden zu müssen.

Andrew greift nach meiner Hand und streichelt sie zärtlich. Seine Lider sind gesenkt und seine auffallend langen, dunklen Wimpern bilden zwei Halbmonde oberhalb seiner Wangenknochen.

»Julio hat es dir angetan?«, frage ich ihn vorsichtig mit leiser Stimme. Sein Blick hebt sich und sucht den Kontakt zu meinem. Alle Emotionen stehen darin geschrieben. Liebe, Vertrauen, Zärtlichkeit und Traurigkeit. Die Trauer in seinem Blick war immer schon da und ich habe ihm nie entlocken können, was die Ursache dafür ist. Mein Herz krampft sich zusammen und plötzlich wünsche ich mir sehnlichst, ihm diesen Schmerz nehmen zu können. Ich fühle mich so machtlos, obwohl ich zur stärkeren Spezies gehöre.

»Ja«, flüstert er zurück. »Ihr beide habt es mir angetan. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass ich noch einmal in meinem Leben so etwas erleben könnte. Darum treffen mich meine Gefühle viel heftiger, als ich dachte.«

»Erinnert dich Julio an jemanden?« Auch wenn Andrew mich liebt, schmerzt mich der Gedanke, dass es einen Menschen gab, dessen Verlust ihn so traurig gemacht hat.

Er nickt kaum merklich. »Ja, sein Name war Sergio. Er stammte aus dem Süden Italiens. Er war ein Wächter wie ich.« Seine Stimme ist leise, fast so, als hätte er Furcht, seine Erinnerungen laut auszusprechen. »Ich war sechzehn Neusommer alt, als wir uns das erste Mal begegneten, er war neu in unserer Trainingseinheit und ein Jahr älter als ich. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm wenden, für mich war er der schönste Mensch, den ich jemals gesehen habe.«

Sofort habe ich unendlich viele Fragen, die ich ihm am liebsten stellen würde. Meine Neugier schlägt meiner Erziehung ein Schnippchen: »War er der Erste für dich?« Die Frage ist ausgesprochen, bevor ich es mir anders überlegen kann.

Wieder nickt Andrew. »Ja. Es ist nicht so, als gäbe es eine bestimmte Veranlagung, die ich versucht habe, auszuleben. Wir werden asexuell erzogen. Wir kennen zwar die weibliche Anatomie, um gegebenenfalls medizinische Hilfe leisten zu können, aber alles, was darüber hinausgeht, gehörte nicht zum Lehrplan. Ich wusste damals nichts über Sex oder Begierde. Da wir mit euch Frauen erst nach der Ausbildung zusammenkamen, gab es auch nichts, womit ich als Sechzehnjähriger meine Fantasien hätte beflügeln können. Sergio war strafversetzt worden. Er hatte in dem vorherigen Breedinghome ein Verhältnis mit einem anderen Schüler angefangen. Ich sah ihm bei seinem Training zu, bewunderte seinen Körper, der schon viel muskulöser war als meiner. Er war der Beste im Lehrgang für fernöstliche Kampftechniken und ich habe alles getan, nur um mit ihm üben zu dürfen. Seine Nähe erregte mich und ich wusste nicht, was das für mich bedeutete.«

»Du hast dich in ihn verliebt?«

Andrew schluckt hart und nickt erneut. »Dieses Gefühl war einfach da und es wurde immer stärker. Wir trafen uns irgendwann in den Waschräumen, es war eher Zufall als Absicht. Er war unbekleidet und ich befand mich ebenfalls nackt dort, da ich vorhatte, mich in der Nebeldusche zu reinigen. Sergio zog mich in die Kabine und verschloss die Tür. Wir standen einander gegenüber und schauten uns einfach nur an. Ich sah, wie sein Trieb wuchs, und der Anblick erregte mich. Wie in Zeitlupe näherten wir uns und dann berührten sich unsere Körper. Es fühlte sich an, als wäre ein Blitz in mich eingeschlagen. Sergio duftete so gut und seine Haut war weich und warm. Sein ganzer Körper drängte sich an meinen und Sergios Nähe erregte mich immer mehr. Es war aufregend und sinnlich zugleich, seinen Leib an meinem zu spüren. Er begann, mich zu streicheln, erst langsam über die Hüften und den Rücken. Ich genoss seine Berührungen und sehnte mich augenblicklich nach mehr. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei sexuelle Erfahrungen gesammelt. Sergio war geduldig und einfühlsam.«

Unfassbar, denke ich. Wir Frauen werden zwischen vierzehn und siebzehn defloriert, sind umfassend aufgeklärt und wissen, zumindest in der Theorie, wie die Fortpflanzung und diverse Spielarten funktionieren. Mich stört, dass XY-Träger so isoliert leben. Und es tut mir leid, dass Andrew nicht ansatzweise eine so unbeschwerte Kindheit hatte wie ich. Warum habe ich nie über diese Breedinghomes nachgedacht? Jene Orte, an denen XY-Träger aufgezogen und ihrer späteren Aufgabe zugeführt werden. Stets habe ich alles als richtig empfunden und nie daran gezweifelt, welche Folgen der Weg, den wir Frauen nach der großen Katastrophe eingeschlagen haben, für die unterlegene Spezies, die XY-Träger, hat.

Auch bei uns sind viele Dinge genau geregelt, wie zum Beispiel die Ausbildung und die Reproduktion. Bis jetzt musste ich mich nur mit den Regeln bezüglich der Defloration und Vaginalisation befassen. Doch spätestens mit zwanzig durchlaufen wir den ersten Reproduktionszyklus und zwei Jahre danach folgt die nächste und zumeist letzte Fertilisation. Es gibt einige wenige Frauen, die auch noch eine dritte Schwangerschaft erleben dürfen. Meistens um weitere XY-Träger auszutragen, die unmittelbar nach der Geburt in Breedinghomes gegeben werden. Wie es mit Andrew und Julio irgendwann einmal geschehen war. Sie kennen weder ihre Mutter, noch wissen sie ‒ so wie niemand von uns ‒, wer der Vater ist. Damals hat es Familienverbände gegeben, jetzt gibt es das nicht mehr, alles ist streng getrennt. Immer klarer formuliert sich die Frage in mir, ob das Leben heute wirklich besser als früher ist.

Ich schäme mich dafür, dass es erst Julio bedurfte, um zu hinterfragen, warum wir Frauen XY-Träger zu unserem eigenen Wohl unmündig und nutzungsorientiert halten. Es kann nicht richtig sein, dass wir ihre Gefühle und Bedürfnisse ignorieren und uns nur ihrer Stärken bedienen. Ich mache mir selbst Vorwürfe, viel zu lange unkritisch und verantwortungslos gelebt zu haben. Eine Überlegung führt zur nächsten und inzwischen befindet sich ein ganzer Strudel an subversiven Gedanken in meinem Kopf. Ich lege die freie Hand auf Andrews, die meine andere hält, um mich irgendwie zu erden. Mein Mitgefühl für ihn und Julio steigt ins Unermessliche. Alle XY-Träger tun mir leid. Niemand hat dieses unmenschliche Verhalten verdient.

»Andrew, ich habe immer mehr das Empfinden, dass es nicht richtig ist, was wir Frauen mit euch machen, und es schmerzt mich beinahe körperlich, dass du nie die Liebe und Zuneigung erfahren hast, die eine Mutter dir hätte geben können. Bitte erzähle mir, wie ist es mit dir und Sergio weitergegangen?«

Andrew holt tief Luft und streicht mir eine meiner widerspenstigen Locken aus dem Gesicht. Wir sind einander so nah, dass ich mich nur vorbeugen muss, um seine Lippen zu küssen. Ein Kuss würde ihn wahrscheinlich nur vom Thema abbringen, also lächle ich ihn ermutigend an.

»Seit diesem Tag waren Sergio und ich zusammen. Heimlich natürlich, denn die Problematik Homophilie schwebte als Damoklesschwert über uns. Wir küssten und streichelten uns, wann immer wir unbeobachtet waren. Es dauerte mehrere Wochen, bis wir miteinander schliefen. Wir mussten damit warten, weil wir nicht Gefahr laufen wollten, entdeckt zu werden. Auch wenn wir keine Satisfactoren wurden und unsere Liebe keine Geberin schädigte, galt das Verbot des gleichgeschlechtlichen Verkehrs für alle XY-Träger, so auch für uns. Es geschah nach der Abschlussprüfung, die uns dazu befähigen sollte, zukünftig als Wächter zu arbeiten. In einem dunklen Raum, der von niemanden genutzt wurde, haben Sergio und ich das erste Mal miteinander geschlafen.«

Vor meinem geistigen Auge sehe ich einen viel jüngeren Andrew, der einen südländischen Mann küsst und zärtlich streichelt.

»Wie war es für dich, unterscheidet es sich davon, mit einer Frau zu schlafen?«

»XY-Träger küssen anders als Frauen.« Andrew lächelt mich beinahe verlegen an. »Wir passen uns euch an. Unter uns Kerlen ist es weniger spielerisch, sondern direkter, fordernder, männlicher. Der Austausch von Zärtlichkeiten ist genauso schön. Der Körper eines XY-Trägers fühlt sich härter an und ist von Muskeln durchzogen. Ihr Frauen seid weicher und kurviger, einfach anschmiegsamer. Der größte Unterschied besteht natürlich darin, dass Männer einander anal penetrieren.«

Richtig, es muss ja eine Alternative zur weiblichen Vagina geben. Ich bin ja so ahnungslos, denke ich. Das habe ich schon mehrere Male beobachtet, wenn Andrew während unserer Satisfactoren-Termine seine Befriedigung gesucht hat. »Und das ist ein großer Unterschied?« Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich das anders anfühlt, als vaginal in eine Frau einzudringen.

»Ja, das ist es«, erklärt mir Andrew und lächelt mich mit dem Wissen an, welches er besitzt und ich nicht. »Frauen umgeben einen Trieb warm, nass und weich. Erst wenn ihr einen Höhepunkt erlebt, zieht ihr euch zusammen und werdet richtig eng. Bei einer analen Penetration ist das ganz anders. Es gibt einen Ringmuskel, der den Schaft fest umschließt und während der ganzen Zeit Druck ausübt. Außerdem …«

»Außerdem, was?«, frage ich in sein Zögern hinein.

»Es gibt einen Punkt innendrin, der bei uns Männern ähnlich große Lustgefühle auslöst wie bei euch der Kitzler. Bei der analen Penetration wird er berührt und stimuliert. Das vergrößert das sexuelle Empfinden des anderen noch. Es ist wie ein Kreislauf.«

Andrews Stimme verklingt und er schaut förmlich durch mich hindurch. An wen denkt er jetzt? Sergio? Julio? »Aber wenn es für dich so schön ist, warum haben wir das bisher nicht gemacht, Andrew?« Auch wenn ich diesen Punkt nicht habe, könnte es doch trotzdem schön für mich sein, auf diese Art mit ihm intim zu sein. Ich dachte immer, wir hätten über alles geredet, offensichtlich haben wir das nicht.

»Du hast den Wunsch nie geäußert. Mir steht es nicht zu, dich zu Dingen zu verleiten, die du nicht kennst und möglicherweise auch nicht willst.« Er lächelt ein bisschen wehmütig.

Eins ist mir in diesem Moment ganz klar: Genau das möchte ich mit ihm ausprobieren und wenn es mir gefällt, dann werden wir das regelmäßig machen. »In Ordnung, lass es uns versuchen, denn ich möchte wissen, wie das ist«, sage ich bestimmt.

»Wirklich?«, er schaut mich erstaunt an.

»Klar«, antworte ich leichthin. »Aber zukünftig bitte ich dich, über alles mit mir zu reden. Nur weil ich es nicht kenne, heißt das nicht, dass ich es ablehne.«

»Ich bin dein Wächter«, meint er leise und weist mich mit den Worten auf seine Position hin.

»Ich liebe dich und ich möchte mit dir zusammen sein. Es ist mir egal, ob du über mich wachst. Du bist mein Universum, einfach alles für mich, und ich will nicht, dass du dich wegen deiner Aufgabe zurücknimmst.« Ich lächle ihn aufmunternd an. Gleichzeitig weiß ich, wie schwierig die Situation in vielerlei Hinsicht für ihn ist. Nur zu leicht können unsere Wege getrennt werden. »Was ist mit Sergio geschehen?«

»Wir wurden erwischt«, antwortet er knapp.

»Mist.«

»Wir hatten unsere Prüfungen bestanden und waren unmittelbar davor, den verschiedenen Wacheinheiten zugeordnet zu werden. Wir trafen uns in der Duschkabine, in der wir uns auch zum ersten Mal begegnet waren. Die Angst, einander möglicherweise bald nicht mehr sehen zu können, drängte uns zusammen. Wir küssten und liebkosten uns, als könnten wir diese Erinnerungen wie ein Schwamm in uns aufsaugen, für den Fall, dass wir getrennt würden. Man überraschte uns in einer eindeutigen Situation: Wir waren beide nackt, erregt und küssten einander.«

Ich stelle mir die Situation vor. Wenn ich sie selbst so erleben würde, wünschte ich mir sicherlich ein Loch im Boden, welches mich verschlingen sollte.

»Was hat man mit euch gemacht?« Meine Stimme ist heiser vor lauter Mitgefühl. Gibt es etwas Schlimmeres, als zwei Liebende auseinanderzureißen, unabhängig davon, welches Geschlecht sie haben?

»Man nahm uns sofort fest und brachte uns in den Justizkomplex. Da Sergio schon einmal der Homophilie überführt worden war, unterstellte man ihm, mich verführt zu haben. Wie du weißt, werden wir XY-Träger auf eine genetische Disposition der Homophilie untersucht. Dieser Test ist bei mir negativ ausgefallen. Daher ging man davon aus, dass Sergio mich zu den Handlungen motiviert hatte. Ich erhielt einen Eintrag in meiner Akte und wurde in den Justizkomplex nach Glory-Paris versetzt. Sergio wurde für eine Neuprogrammierung vorgesehen. Das ist ein medizinischer Eingriff, bei dem bestimmte Hirnareale neurochirurgisch ausgeschaltet werden. Danach ist man völlig asexuell, man lebt, atmet, erledigt seine Aufgaben, aber man hat keinerlei sexuelle Ambitionen mehr.«

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