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ОглавлениеProlog
Samira
5 Monate zuvor
Ahmed und seine Männer gaben sich keine Mühe, leise zu sein. Warum auch? Ahmed glaubte, seine kleine Schwester würde brav im Bett liegen, wie er es befohlen hatte. Und selbst wenn ich etwas hören sollte, so wusste er, dass ich meinen Mund halten würde. Widerworte waren mir nicht erlaubt. Eigene Gedanken, eine eigene Meinung? Nicht erlaubt. Ich hatte zu tun, was mein Bruder sagte. Er war das Oberhaupt der Familie und ich war – nur eine Frau. Dass ich studiert hatte, dass ich einen wachen Verstand besaß, war nicht relevant. Ich war und blieb – nur eine Frau. Ich hasste es, dass ich als Frau geboren war. Männer hatten alle Vorteile. Nun, zumindest in meiner Welt. Ich wusste, nicht alle muslimische Familien waren wie meine. Doch das waren schlechte Muslime. Männer und Frauen, die das Wort des Propheten nicht ernst nahmen. Das war zumindest, was mir beigebracht wurde. Ich musste an meiner Demut arbeiten und glücklich sein mit dem Platz, der mir in der Welt gegeben wurde. Ich musste zufrieden sein, dass mein Bruder für mich sorgte und mich beschützte vor dem Übel in dieser Welt. Es war nur manchmal so schwer. Mein cleverer Kopf war manchmal ein Fluch, denn er ließ mich von der Wahrheit abschweifen und ich bekam unsinnige Ideen, die verwerflich waren. Ich betete oft, dass Allah mich ignorant machte, dass ich es einfacher hatte, mich in meine Rolle zu fügen. Wenn es nur nicht so hart wäre. Wie jetzt. Hier saß ich, auf den Stufen der Treppe und lauschte, was Ahmed und die anderen Männer in der Küche beredeten, wenn ich wusste, dass ich dem Wort meines Bruders gehorchen, und in meinem Zimmer schlafen sollte. Doch ich wusste, dass etwas Großes in Planung war und die Neugier fraß mich seit Tagen auf. Ich musste wissen, was mein Bruder und die Männer planten.
„Dies ist unsere Chance, etwas dazu beizutragen, diese gottlosen Tiere zu zerstören“, sagte Ahmed hitzig. Selbst ohne ihn zu sehen, wusste ich, dass seine Augen mit einem irren Licht funkelten, als er sprach. „Jetzt, wo die Tiere Öl auf ihrem Planeten gefunden haben, werden sie Experten für die Förderung brauchen. Wir müssen nur sicherstellen, dass WIR für diese Aufgabe angeworben werden.“
„Aber wie willst du Waffen nach Eden schmuggeln?“, warf Ali ein.
„Lass das nur meine Sorge sein“, bellte Ahmed, wütend, dass Ali seinen großen Plan infrage gestellt hatte.
Schweigen herrschte. Keiner der Männer würde es wagen, ihr Wort zu erheben, solange mein Bruder nicht gesprochen hatte. Sie warteten. Mein Herz klopfte schneller. Ich hatte eine Vorstellung, wovon Ahmed gesprochen hatte, seit er Eden, den Planeten der Alien Breeds, erwähnt hatte. Ich wusste, wie sehr mein Bruder die Alien Breeds hasste, denn sie waren Geschöpfe Satans. Mein Bruder hasste alle, die nicht fromme Muslime waren. Doch die Breeds hasste er mehr als alle anderen. Sogar mehr als die Juden und das wollte etwas heißen. Ich würde niemals zugeben, dass ich die Alien Breeds auf eine unerklärliche Weise faszinierend fand. Es war Sünde, so etwas zu denken. Ich sollte den Hass meines Bruders teilen. Die Erschaffung der Hybrids war eine Sünde. Nur Allah konnte erschaffen. Es stand uns Menschen nicht zu, Gott zu spielen. Da mein Bruder alles was mit den Breeds zu tun hatte, genauestens verfolgte, war auch ich stets im Bilde, was vor sich ging. Ich wusste, dass viele menschliche Frauen Gefährtinnen von Breeds geworden waren. Es sollte Widerwillen in mir erzeugen, dass diese Frauen sich mit diesen Tieren paarten. Doch ein kleiner Teil von mir war neidisch auf das, was diese Frauen hatten. Die Breeds behandelten sie wie Prinzessinnen. Diese Frauen genossen eine Freiheit, die ich niemals haben würde. Und ihre Partner taten alles für sie und beschützten sie. Ich bezweifelte, dass ein Breed jemals die Hand gegen seine Gefährtin erheben würde. Ich wünschte, ich hätte solch einen Mann in meinem Leben. – Nein! Ich durfte so nicht denken. Das war Sünde. Nicht nur, dass es gegen meine Rolle als Frau verstieß, wenn ich mir diese Art von Beziehung und Freiheit wünschte, die Breeds waren keine Menschen und sie waren Ungläubige. Mein Bruder würde mich mit einem Mann nach seiner Vorstellung vermählen. Ein Mann, der wie Ahmed, in festem Glauben war. Kein Ungläubiger, nicht einmal ein gemäßigter Moslem, würde als mein Gatte infrage kommen. Ich musste mich glücklich schätzen, wenn der Mann, den Ahmed für mich erwählen würde, mich weiter arbeiten ließ und mich nicht zu brutal behandelte. Ich wusste, wie Ahmed seine Frau Fatima behandelte. Sie war still und demütig und doch fand mein Bruder immer einen Grund, sie zu schlagen und zu demütigen. Selbst jetzt, wo sie mit ihrem zweiten Kind schwanger war, verschonte er sie nicht. Ich betete, dass sie diesmal einen Sohn zur Welt bringen würde. Ahmed war nach der Geburt seines ersten Kindes bitter enttäuscht gewesen, dass es nur ein Mädchen war. Er hatte seine Wut und Enttäuschung an Fatima ausgelassen. Wenn er gewusst hätte, dass sie mit einem Mädchen schwanger war, hätte er ihr das Kind wahrscheinlich aus dem Leib getreten. Doch da er gegen Schwangerschaftsvorsorge war, hatte Fatima niemals einen Ultraschall gehabt. Selbst die Geburt hatte hier zu Hause und nicht in einem Krankenhaus stattgefunden. Tante Isa hatte Fatima durch die Geburt geholfen. Männer hatten bei einer Geburt nichts zu suchen. Auch nicht, wenn es ein Arzt war. Eher würde Ahmed seine Frau und sein Kind sterben lassen, als dass er zulassen würde, dass ein Arzt seine Frau anfasste. Selbst eine weibliche Ärztin würde er anlehnen, wenn sie ungläubig war. Dies waren Dinge, die ich nur schwer verstehen konnte. Verhalten wie dieses brachte mich immer wieder dazu, meinen eigenen Glauben infrage zu stellen. Oder zumindest, was Ahmed und seine Anhänger aus dem Glauben gemacht hatten. Ich hatte niemals einen vollständigen Koran in die Hände bekommen. Die Alte, welche mich unterrichtet hatte, hatte nur von meinem Vater – und später von Ahmed – abgesegnete Verse benutzt, um mir beizubringen, was von mir als Frau erwartet wurde. Ich konnte nicht einmal sagen, ob diese Verse wirklich so im Koran standen. Ich hatte nie Arabisch gelernt. Ich hätte einen Koran in Englisch in der Universitätsbücherei lesen können, doch Ahmed hatte mich gewarnt, dass die Übersetzungen falsch waren. Nur ein arabischer Koran beinhaltete die richtigen Verse in reiner Form. Dies könnte ich natürlich nur nachprüfen, wenn ich beide Versionen vergleichen könnte. Was ich nicht konnte. Also musste ich hinnehmen, was man mich gelehrt hatte. Doch manchmal fiel mir das unendlich schwer. Da war ein rebellischer Geist in mir. Entweder würde dieser rebellische Geist mich eines Tages von den Fesseln der Familie erlösen oder es würde mich zu ewigem Höllenfeuer verdammen. Ich hatte Angst, mein Bruder könnte recht haben. Dass meine Zweifel und meine unreinen Gedanken mich verdammen könnten.
„Wir besprechen den Plan, wenn wir die Zusage für den Job bekommen haben“, sagte mein Bruder schließlich und riss mich aus meinen Gedanken. „Bis dahin macht weiter damit, gute Muslime anzuwerben, und für unsere Sache zu interessieren.“
Die Männer murmelten ihre Zustimmung und ich wusste, sie würden jeden Moment die Küche verlassen. Es war Zeit für mich, von hier zu verschwinden, ehe Ahmed herausfand, dass ich gelauscht hatte.