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Kapitel 1


West-Colony, Eden

22 Dezember 2032 / 07:34 p.m. Ortszeit

Rage

„Die Übergriffe werden mehr“, sagte Sturdy und sah mich an.

„Ich weiß“, erwiderte ich grimmig. „Dieser verdammte Whites ist eine Niete. Es wird an der Zeit, dass wir endlich die Befehlsgewalt über unsere Kolonie erhalten. Diese Menschen sind schwach.“

„Ich habe mit Diamond gesprochen“, sagte Sturdy grinsend. „Sie hatte Sex mit einem der Soldaten. Sie meint die Menschen sind so kümmerlich bestückt, dass sie gar nichts gespürt hat.“

Ich lachte ohne Humor.

„Schau dir ihre Frauen an“, sagte ich. „Die würden es nicht überleben, wenn einer von uns sie ficken würde. Sie sind viel zu klein und zerbrechlich.“

„Och, das geht schon“, mischte sich Happy ein.

Sturdy und ich schauten ihn an und Happy schaute verlegen auf den Boden.

„Was soll das heißen, Happy?“, fragte Sturdy. „Hast du etwa eine von ihnen ...?“

„Und wenn?“, erwiderte Happy grimmig. „Was geht euch das an? Ich bin kein Menschenfreund, aber manche ihrer Frauen sind ganz okay.“

„Welche war es denn?“, wollte ich wissen.

„Es war eine von den Krankenschwestern“, antwortete Happy.

„Und du hast sie nicht ... Ich meine, es ist nichts bei ihr kaputt gegangen oder so?“, wollte Sturdy wissen.

„Nein, sie hat gemeint, dass es toll war und das muss es wohl auch, sonst hätte sie mich nicht wieder getroffen.“

„Du triffst dich regelmäßig mit ihr?“, fragte ich.

„Naja, wir haben uns drei Mal gesehen, doch sie ist zurück zur Erde. Ihre Zeit hier war rum.“

„Bei mir würde es trotzdem nicht funktionieren“, sagte ich. „Ich bin zu sexuell aggressiv. Selbst unsere Frauen kommen nicht immer damit zurecht. Du hast weniger Alien DNA, Happy. Sturdy und ich würden eine Menschenfrau verletzen, wenn nicht gar töten. Wir bleiben besser bei Alien Breed Frauen. Ich bevorzuge Frauen wie Cat oder Blue. Sie gehören zur dritten Generation und sind nicht so leicht zu brechen. Sie wissen, wie sie uns handhaben können.“

„Ja, Blue ist mir am Liebsten“, stimmte Sturdy zu. „Ich würde sie gern zu meiner Gefährtin machen, aber sie ist zu unabhängig und will sich nicht binden.“

„Wir beide sind kein Gefährten Material, mein Freund“, sagte ich.

Ein Geräusch am Himmel ließ uns in unserem Gespräch inne halten und wir legten die Köpfe in den Nacken.

„Ich wusste gar nicht, dass heute ein Shuttle kommt“, sagte Happy.

„Ich auch nicht“, erwiderte ich und verfolgte die Landung außerhalb der Kolonie aus zusammengekniffenen Augen.

„Es wird bald dunkel“, sagte Sturdy. „Geht ihr noch eine Runde mit mir jagen?“

Ich zuckte mit den Schultern.

„Warum nicht“, sagte ich. „Und du, Happy?“

Happy schüttelte den Kopf.

„Nein, ich will noch zum Shop. Ich brauche einen neuen Akku, sonst steh ich bald im Dunklen. Aber wir könnten uns später noch im Clubhouse treffen. Ein Drink vor dem Schlafen und vielleicht können wir noch was aufreißen.“

„Ich komm auf jeden Fall“, sagte Sturdy. Beide sahen mich fragend an und ich nickte.

„Ja, von mir aus. Ich komm noch auf einen Drink vorbei.“

Die Jagd war erfolgreich gewesen. Wir hatten einen kleinen Barrgo geschossen. Die Soldaten sagten, ein Barrgo hätte Ähnlichkeit mit einem kleinen Hirsch. Da ich nach unserer Befreiung aus dem Labor nur kurze Zeit in einem Millitär-Camp in der Wüste verbracht hatte, kannte ich mich mit den irdischen Tieren nicht aus und wusste nicht, in wieweit dies stimmte. Wir brachten unseren Fang in mein Haus und schlachteten das Tier. Dann teilten wir es so, dass sowohl Sturdy und ich, als auch Happy, eine gerechte Portion hatten. Sturdy verstaute seinen und Happys Anteil in einem Sack und schlang ihn sich über die breiten Schultern. Sturdy war einer der Kräftigsten unserer Rasse, deswegen sein Name. Ich war mit zwei Meter sieben schon einer der größeren, doch Sturdy überragte mich noch um zehn Zentimeter. Auch war er noch breiter als die meisten. Gegen uns sahen die Soldaten wie Kinder aus, doch sie hatten Waffen. Wir hatten nur unsere Langbögen mit denen wir auf die Jagd gingen. Vor etwas mehr als neun Jahren hatten die Menschen uns hierher nach Eden transportiert. Sie nannten den Planeten Eden, weil er so idyllisch aussah. Doch der Schein trügt. Die Einheimischen Jinggs waren aggressiv und griffen immer wieder unsere Kolonien an. Ich konnte es ihnen nicht verübeln. Immerhin war es ihr Planet. Doch was sollte ich tun? Wir Alien Breed besaßen keinen eigenen Planeten. Die Erde war ebenso wenig unser Zuhause, wie Eden.

„Wir sehen uns später“, sagte Sturdy und öffnete die Tür.

„Ja, ich bin so in einer Stunde im Clubhouse.“

Sturdy nickte und verschwand. Ich verstaute mein Fleisch im Kühler und ging ins Bad, mir den Schweiß und das Blut abzuwaschen. Als ich frisch geduscht und angezogen war, setzte ich mich in meinen Sessel und schaltete den Fernseher ein. Die Regierung hatte uns mit allem Komfort ausgestattet, um uns für das zu entschädigen, was wir über Jahre erlitten hatten, doch es war nur ein Versuch, ihr ruiniertes Ansehen zu reparieren. Nach unserer Befreiung hatte die Regierung unter großen Druck gestanden. Viele Menschen waren empört über das, was DMI im Verborgenen getrieben hatte, doch es gab auch viele, die dafür gewesen waren, uns einfach zu eliminieren. Noch immer gab es viele Menschen, die uns hassten, weil wir gefährlich waren. Als wenn einer von uns darum gebeten hätte, von den skrupellosen Forschern der Dexter Medical Industries geschaffen zu werden.

Ich zappte durch die Kanäle. Wir hatten zwölf verschiedene Kanäle, die nach Themen sortiert waren. Ich mochte den Musikkanal und den Kanal mit Action Movies. Beim Durchschalten blieb ich beim Infokanal hängen als ich ein Gesicht sah, welches Erinnerungen in mir wachrief. In einer Kurzreportage wurde darüber berichtet, dass vier neue Beschäftigte auf Eden gelandet waren und das Team hier in der West Colony unterstützen sollten. Es waren zwei Frauen und zwei Männer. Ungläubig starrte ich auf den Bildschirm. Das konnte nicht sein. Mein Herz begann schneller zu schlagen und ein Grollen stieg in meinem Inneren auf. Was suchte SIE hier? Ich konnte es nicht glauben, dass ausgerechnet diese Frau sich hierher wagte.

Jessie

Aufgeregt sah ich mich um. Es sah eigentlich nicht so viel anders aus, als auf der Erde. Die Häuser waren schlicht, doch es hätte gut und gern auch eine Siedlung in Südamerika sein können. Der rote Sand zu meinen Füßen war zum Glück nicht staubig. Man hatte uns erklärt, dass es zu dieser Jahreszeit regelmäßig regnete, doch in zwei Monaten würde die Trockenzeit beginnen und dann würde es hier ziemlich staubig werden. Richtig kalt wurde es hier nie. In der Trockenzeit sanken die Temperaturen nachts bis kurz über dem Gefrierpunkt, doch tagsüber war es nie kälter als etwa zwanzig Grad. Im Moment war es jedoch weitaus wärmer. Obwohl es bereits Abend, und die Sonne vor zwei Stunden untergegangen war, mussten es noch beinahe dreißig Grad heiß sein. Als wir gelandet waren, waren es noch sechsunddreißig Grad gewesen. Ich hatte zwei Jahre nach meiner Ausbildung in Brasilien verbracht, und so war ich mit einem ähnlichen Klima wie hier durchaus vertraut. Nicht so Dr. Forster, der neben mir schnaufte, als wenn er gleich einen Herzinfarkt bekommen würde. Ich sah besorgt zu ihm rüber. Mit seinen neunundfünfzig Jahren war er der Älteste von uns hier. Vielleicht wäre er besser auf der Erde geblieben.

„Geht es Ihnen gut, Andreas?“, fragte ich.

„Ich bin so eine Hitze nicht gewohnt“, schnaubte er. „Aber es geht schon. Ich freu mich auf ein kühles Bier.“ Er wandte sich an Sergeant Blakes. „Ihr habt doch Bier in diesem Club, wo wir hingehen?“

„Ja, Doktor. Wir haben sogar ganz ausgezeichnete Biere. Sie werden sich wie zu Hause fühlen. Wenn man von den Jinggs absieht, dann ist dieser Planet eigentlich ein wenig wie Südamerika. Wir haben sogar erfolgreich verschiedene Obst- und Gemüsesorten hier angepflanzt. Ich selbst habe einen Mangobaum in meinem Garten, der mich mit so vielen Mangos versorgt, dass ich sie rechts und links verschenken kann“, erzählte der junge Sergeant.

„Was ist mit wilden Tieren? Kommen die ins Dorf oder bleiben die im Busch?“, wollte Julia wissen, die ebenfalls mit mir heute hier angekommen war. Wir waren vier. Dr. Forster war hier, um den derzeitigen Chefarzt abzulösen. Julia Briggs war Biologin und wollte die einheimische Fauna und Flora untersuchen und Samuel Torrentino war Lehrer und sollte eine Schule aufbauen. Es gab jetzt einige Kinder von den Soldaten und auch ein paar wenige von den Alien Breeds. Ich selbst würde im Krankenhaus als Ärztin arbeiten.

„Wir haben bisher noch keine Probleme mit den Wildtieren“, antwortete Sergeant Blakes. „Wir haben unsere Wachhunde und den Wildtiere scheint es hier etwas zu hektisch zuzugehen. Das einzige, was sie hier zu sehen bekommen werden sind Insekten, Vögel und ein paar rattenähnliche Tiere, die jedoch harmlos sind.“

„Ich kann es gar nicht erwarten, mit meinen Studien anzufangen“, sagte Julia begeistert.

„Hier sind wir schon“, sagte Sergeant Blakes. „Das hier ist unser Clubhouse. Es wird sowohl von den Soldaten als auch den Alien Breed besucht.“

Wir standen vor einen zweigeschossigen Haus aus dem gedämpft Musik zu hören war. Der Sergeant öffnete die Tür und ließ uns eintreten.

Im Inneren war die Musik deutlich lauter und ich bekam nur am Rande mit, dass Blakes etwas gesagt hatte. Ich war so sehr damit beschäftigt gewesen, mich umzusehen. Tatsächlich mischten sich Soldaten und Alien Breed in dem großen Raum, der aus einer Tanzfläche in der Mitte, einer Bar in der hinteren Ecke und mehreren Tischen bestand. Es war schon gut was los. Ich hatte noch nie andere Alien Breed live gesehen, als den einen, den ich damals bei DMI in Ketten vorgefunden hatte. Ob er auch hier war? Es gab ja noch eine Kolonie. Man hatte die Alien Breed Population begrenzen wollen, um sie besser kontrollieren zu können. Möglicherweise befand sich der Mann, der mich seit Jahren in meinen Träumen verfolgte in der anderen Kolonie.

„Was?“, fragte ich nach, da ich Blakes nicht verstanden hatte.

„Ich sagte, dass dort hinten noch ein Tisch frei ist. Setzen wir uns erst einmal.“

Sergeant Blakes führte uns an einen Tisch neben der Tanzfläche. Bei unserem Eintreten hatten sich alle Blicke uns zugewandt, doch jetzt waren alle wieder zu ihren Drinks und Gesprächen zurückgekehrt. Ich war aufgeregt. Als ich damals mit den Fotos an die Presse gegangen war, hatte ich nicht gewusst, wie viele Alien Breed im Auftrag der Regierung gezeugt worden waren. Allein in dem Gebäude von DMI hatten zweiundsechzig Männer und achtunddreißig Frauen gehaust. In einem weiteren Unternehmen in Mexiko, ähnlich wie DMI, waren es Hundertachtundvierzig Männer und vierundsiebzig Frauen. Erst vor vier Jahren war dann herausgekommen, dass es noch ein drittes Unternehmen in Arizona gab. Dort hatte man noch einmal neununddreißig Männer und acht Frauen befreit.

„Was wollen Sie trinken?“, fragte Sergeant Blakes.

„Was gibt es noch außer Bier?“, wollte Julia wissen.

„Wir haben Wein, Cider, Whisky, Wodka, verschiedene Softgetränke und Kaffee“, erklärte Blakes.

„Gibt es Orangensaft?“, fragte Julia. Der Sergeant nickte. „Dann nehm ich einen Wodka-O.“

„Ich schließe mich an“, sagte ich.

„Bier für mich, bitte“, sagte Andreas.

„Für mich auch“, schloss Samuel sich an.

Blakes verschwand in Richtung Tresen, um die Getränke zu besorgen. Mein Blick fiel auf eine Frau, die sich auf der Tanzfläche zur Musik bewegte. Sie war mindestens einen Meter achtzig und hatte einen so durchtrainierten Körper, wie ich ihn nicht mit täglichem Training erreichen würde. Dabei machte sie wahrscheinlich gar keinen Sport. Die Alien Breed waren durch ihre Genetik alle äußerst muskulös. Ich bewunderte die Frau, wie sie sich bewegte. So sinnlich und sexy, dass ich mir dagegen plump und unattraktiv vorkam. Noch dazu hatte sie eine Mähne die ihr bis zum Hintern hinab hing. Ich stellte fest, dass jeder anwesende Alien Breed, ob Mann oder Frau, verdammt attraktiv aussah. Da konnte man ja nur Komplexe bekommen.

Nach dem dritten Drink verspürte ich langsam Druck auf der Blase.

„Wo sind denn die Toiletten?“, fragte ich an Blakes gerichtet.

„Dort hinten durch die Tür und die Treppe hinab“, erklärte Blakes.

„Was ist eigentlich oben?“, wollte Samuel wissen.

„Da sind ein Spielzimmer mit Billard, Tischfußball und Kartentischen, ein kleines Bistro und noch eine kleine Bar, wo Musikvideos laufen.“

„Billard?“, sagte Julia begeistert. „Spielt noch wer?“

„Ich“, antwortete ich. „Aber später. Jetzt muss ich erst einmal für kleine Mädchen. Bis gleich.“

Ich erhob mich von der Bank und schlenderte durch den Raum. Ich bemerkte, dass mir einige Blicke folgten und fühlte mich ein wenig unwohl dabei. Ich hatte nicht so viel Selbstvertrauen wie Julia. Sie schien sich hier pudelwohl zu fühlen. Ich war so viele Leute nicht gewohnt. Vor allen nicht so viele attraktive Kerle. Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss als ich auf die rettende Tür zu eilte. Ich war froh, als ich auf dem Gang keine Menschenseele sah und huschte schnellt zur Treppe, die in den Keller führte. Die Toilette war sauberer als ich erwartet hatte. Es gab sogar ein Sofa im Vorraum. Eine Soldatin kam aus einer der Kabinen als ich die Toilette betrat. Sie lächelte mir zu und ging zu den Waschbecken, sich die Hände zu waschen.

„Du bist neu hier?“, sagte sie.

„Ja, heute angekommen“, erwiderte ich.

„Es wird dir hier gefallen“, sagte die Soldatin. „Ich bin Cloé.“

„Jessie“, erwiderte ich.

„Wir sehen uns“, sagte Cloé und warf mir noch ein Lächeln zu, ehe sie die Toilette verließ.

„Ja, bis dann.“

Als ich wieder oben im Flur angelangt war, kamen drei Männer die Treppe vom Obergeschoss hinab. Alle drei waren Alien Breed. Mein Blick blieb bei einem der drei hängen und ich erstarrte. Er war es! Der Mann in Ketten. Er trug seine Haare jetzt kürzer geschnitten. Sie gingen ihm nur noch bis kurz über die Schultern. Wie oft hatte ich in all den Jahren von ihm geträumt. Manchmal hatte ich geträumt, dass er von Ärzten in weißen Kitteln mit Mundschutz gequält wurde, andere Male hatte ich geträumt, dass er in Freiheit war und dass er mich küsste. Diese Träume waren beinahe verstörender gewesen, als die, wo er gefoltert wurde, denn sie ließen mich voller Erregung erwachen mit einem Pochen zwischen meinen Schenkeln.

Sein Blick fiel auf mich. Er runzelte die hohe Stirn, dann verzog er das Gesicht zu einer wütenden Grimasse und stieß ein Knurren aus, das mir eiskalte Schauer über den Rücken laufen ließ. Seine beiden Begleiter sahen ihn erschrocken an.

„DU!“, stieß der Alien Breed voller Abscheu hervor und ich fragte mich, warum er offenbar so einen Hass auf mich zu haben schien. Ehe ich irgendetwas sagen konnte, war er schon bei mir und drückte mich gegen die Wand. Eine Hand schloss sich um meine Kehle und er sah mit wutverzerrtem Gesicht auf mich hinab.

„Rage!“, hörte ich einen der anderen Alien Breed rufen. „Verdammt Rage! Lass sie los!“

„Du“, knurrte Rage und ich starrte mit klopfendem Herzen in seine unglaublichen bernsteinfarbenen Augen mit den länglichen Pupillen. Augen, die nichts Menschliches an sich hatten.

Rage

Ich konnte es nicht fassen, dass sie sich hierher wagte. Diese elende kleine Schlange. Wegen ihr hatte ich gelitten, war ich gefoltert worden. Dabei hatte ich damals für einen kurzen Moment glauben wollen, dass sie so etwas wie ein Engel in der Finsternis meines Kerkers war. Doch sie war alles andere als ein Engel. Sie und ihresgleichen waren schlimmer als die verdammten Jinggs. Wie oft hatte ich mir vorgestellt, meine Hände um diesen Hals zu legen und ihr die Luft abzudrücken. Ich hasste sie mit jeder Faser meines Seins. Wegen ihr hatte ich meinen Namen gewählt. Rage! Weil der Gedanke an sie und ihr Vergehen mich in so eine Wut versetzt hatte. Ja, sie sah aus wie ein Engel mit ihren blonden Locken, den blauen Augen, der weißen, cremigen Haut und dem rosa, herzförmigen Schmollmund. Ich sah die Angst und den Terror in ihren schönen Augen als ich auf sie hinab blickte. Ich hörte Sturdy etwas sagen, doch ich hatte nur Augen für sie. Ich konnte mich endlich an ihr rächen.

„Bitte“, sagte sie leise. Ihre Lippen bebten und eine Träne lief ihre Wange hinab und tropfte auf meinen Arm.

Der Geruch ihrer Angst stieg mir in die Nase. Ich hatte schon damals in meiner Zelle festgestellt, dass sie so süß roch wie niemand anderer. Trotz meiner rasenden Wut spürte ich, wie ich hart wurde. Ich wollte sie nicht begehren. Es war falsch. Sie war ein Monster mit einem Engelsgesicht und einem Körper, der das Blut eines Mannes zum Kochen bringen konnte. Sie reichte mir nur bis knapp unters Kinn und im Gegensatz zu unseren Frauen war sie überall rund und weich. Wie gut sie sich anfühlen musste, wenn ich sie unter mir haben würde. Ich verabscheute mich selbst für diese Gedanken.

Sie versuchte, sich aus meinem Griff zu winden und ich knurrte erneut.

„Halt still!“, sagte ich rau und vergrub mein Gesicht an ihrem Hals, um den Duft ihrer Haut in mich aufzunehmen.

„Rage!“, sagte Happy neben mir. „Lass die Frau gehen! Du machst ihr Angst!“

„Nein!“, knurrte ich. „Lass uns allein!“

„Verdammt! Rage!“, erklang die Stimme von Sergeant Blakes. „Lass sofort die Frau los! Was ist los mit dir? Hast du zu viel getrunken?“

Jessie

Ich zitterte. Seine Hand lag noch immer um meine Kehle, doch der Druck hatte nachgelassen. Ich konnte seinen heißen Atem an meinem Hals spüren. Seine Freunde und Sergeant Blakes versuchten, ihn dazu zu bringen, mich loszulassen, doch er schien nicht auf sie zu hören. Ich konnte seine Zähne spüren, wie sie über meine Haut kratzten und ich schrie unterdrückt auf.

„Es reicht jetzt, Rage!“, rief Sergeant Blakes. „Wenn du sie nicht sofort los lässt, dann landest du im Arrest. Lass Doktor Colby gehen und sehe zu, dass du nach Hause kommst. Du hast eine Woche Hausverbot im Clubhouse.“

„Komm schon, Rage“, sagte einer von Rages Freunden. „Lass sie gehen. Sie hat dir nichts getan. Sie ist nur eine Frau. Eine kleine, noch dazu. Sie ist doch kein Gegner für einen Mann wie dich. Los, Mann. Komm mit mir. Ich bring dich nach Hause.“

Rage knurrte, doch er ließ von mir ab. Sein Blick bohrte sich in meinen, dann wandte er sich ab und folgte seinen beiden Freunden. Ich holte erleichtert Luft. Julia nahm mich in den Arm und strich mir tröstend über den Kopf.

„Tut mir wirklich außerordentlich leid, Doktor Colby“, entschuldigte sich Blakes. „Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist. Er hat sich noch nie so verhalten.“

„Ist ... ist schon gut“, sagte ich zittrig.

„Ich sorge dafür, dass Sie sicher in ihr Haus kommen“, sagte der Sergeant. „Kommen Sie.“

Rage

„Verdammt, was ist los mir dir?“, fragte Sturdy. „Wieso hast du das getan?“

„Ich kenne sie“, knurrte ich.

„Ist sie diejenige, die ...?“, begann Happy und brach abrupt ab, als ich ein wütendes Knurren ausstieß.

„Wovon sprecht ihr beiden?“, wollte Sturdy wissen, der nicht wie ich und Happy bei DMI gesessen hatte sondern bei einem anderen Konzern.

Ich zog in einer wütenden Bewegung mein Shirt über den Kopf und präsentierte Sturdy meinen Rücken. Er keuchte erschrocken auf, als er die unzähligen Narben sah, die meinen gesamten Rücken bedeckten.

„Heilige Scheiße“, sagte er. „Jetzt weiß ich, warum du dein T-Shirt nie ausziehst. Aber was hat das mit der Frau zu tun?“

„Sie ist der Grund dafür, dass ich diese Narben trage.“

„Ich verstehe nicht? Hat sie das angeordnet?“, fragte Sturdy ungläubig.

„Angeordnet nicht, aber etwas was sie getan hat, war der Grund dafür dass man mich halb tot geschlagen hat und drei Tage lang folterte, bis sie dachten, dass ich tot sei. Ich habe sie gehört, wie sie vor meinem Käfig stand und darüber gelacht hat, dass ich tot sei. Sie hat mich ein dreckiges Tier genannt. Aber ich war nicht tot. Nur Stunden später wurden wir befreit, und man flickte mich wieder zusammen.“

Meine Gedanken wanderten zu dem Tag, an dem ich ihr begegnet war.

Ich hörte Schritte auf dem Gang. Dann stand sie da. Sie wirkte erschrocken, verängstigt. Sie erschien mir wie ein Engel in meiner finsteren Hölle, doch dann erinnerte ich mich, was sie war. MENSCH! Sie war einer von ihnen. Sie war böse.

„Ich warne dich“, sagte ich. „Wenn du auf die Idee kommst, mir noch mehr Blut abzuzapfen, dann breche ich dir das Genick!“

Ich sah, wie sie zusammenzuckte. Furcht weitete ihre Augen.

„Ich ... ich bin nicht hier, um dir wehzutun“, stammelte sie. „Ich ... ich wusste nicht, dass ...“

Ich musterte sie, nahm ihre Erscheinung in mich auf. Ihre blonden Locken, die ängstlich blickenden blauen Augen, die cremeweiße Haut und dieser rosa Kussmund. Ich nahm ihren Geruch in mich auf. Sie duftete süß und frisch. Ich wünschte, ich könnte näher an sie heran, um sie noch besser riechen zu können.

„Warum bist du hier?“, wollte ich wissen. „Du arbeitest für sie, doch ich hab dich hier unten noch nie gesehen.“

„Ich wollte ... Ich sollte ... diese Proben hier zum ... zum Labor bringen und ich dachte ...“

„Du dachtest, du wirfst einen Blick auf einen Alien Breed. Verstehe“, sagte ich verächtlich.

„Alien Breed?“, fragte sie, als wüsste sie nicht was ich meinte. Heuchlerin! Als wenn sie hier arbeiten könnte, ohne zu wissen, was Alien Breed waren. Alles hier drehte sich nur um uns. Unsere Genetik. Unser Blut. Unsere Fähigkeiten. Alles!

„MENSCH!“, sagte ich knurrend und zeigte ihr meine Zähne. „Ich hasse euch Menschen. Ihr habt uns geschaffen, nur um uns zu quälen, aber es wird eine Zeit kommen, wenn wir frei sein werden. Ich werde dich finden, Mensch, und ich breche dir deinen hübschen Hals.“

„Ich verstehe nicht“, sagte sie. „Es gibt ... mehr wie dich? Wie viele?“

Heuchlerin! Elende verlogene Heuchlerin!

„Tu nicht so unschuldig. Hat man dich geschickt, um mich glauben zu lassen, du wärst nett? Damit du mein Vertrauen gewinnen kannst? Für ... für Zuchtzwecke?“ Ich ballte die Hände bei dem Gedanken.

„Zu-zuchtzwecke?“, sagte sie in verwirrt klingendem Ton. Oh, sie war eine gute Schauspielerin, das musste man ihr lassen.

„Besser, du sagst ihnen, dass ich mich nicht täuschen lasse. Ich breche dir das Genick, genauso wie den anderen Frauen, die sie in meine Zelle geschoben haben.“

„Ich wusste wirklich nichts von all dem hier“, versicherte sie. „Was auch immer sie hier mit dir ... mit euch ... machen, ich finde es ... Es ist entsetzlich. Du musst mir glauben, nicht alle Menschen ...“

Ich knurrte vor Wut. Ich hatte genug von ihren Lügen und ihren Schauspiel.

„Es. Macht. Keinen. Unterschied“, sagte ich kalt. Ich ging näher an das Gitter heran. So dicht, wie meine Ketten es zuließen.

„Bi-bitte?“, stammelte sie.

Aus der Nähe roch sie noch besser. Ich schloss kurz die Augen, um den Duft auf mich wirken zu lassen. Ich spürte, wie das Blut in meinen Schwanz schoss. Verärgert über die unerwünschte Reaktion meines Körpers öffnete ich schlagartig die Augen und sah sie mit einer Mischung aus Hass und Begehren an.

„Du riechst gut“, entfuhr es mir, ehe ich es aufhalten konnte. „Sie haben dich gut gewählt, wenn sie es darauf ansetzen, mein Vertrauen zu gewinnen. Du wirkst beinahe überzeugend und du riechst so gut. Ich könnte mir beinahe vorstellen, mich tatsächlich mit dir zu paaren, anstatt dich einfach zu töten.“

Ihr Blick glitt über mich, und blieb auf der Höhe meines Schwanzes hängen. Ihre Augen weiteten sich, und ich konnte nicht verhindern, dass ich männliche Genugtuung verspürte, als sie offensichtlich bemerkte, wie gut ich ausgestattet war.

„Mein Körper mag auf dich reagieren, Mensch“, knurrte ich finster. „Aber das heißt nicht, dass ich dich nicht hasse. Ich würde dich nehmen und dich trotzdem hinterher töten. Überleg es dir gut, ob du für ihre Machenschaften sterben willst.“

„Es ... es tut mir leid“, sagte sie und sie klang so verdammt aufrichtig dabei, dass ich an meiner Einschätzung, was sie betraf, zu zweifeln begann. Doch dann holte sie eines dieser kleinen Kästen heraus, die alle Menschen hier mit sich trugen, und durch die sie miteinander sprechen konnten und Abbilder von Personen oder Dingen machen konnten. Sie hielt das Ding auf mich gerichtet und drückt auf den Knopf von dem ich wusste, dass er dafür da war, Abbilder zu machen. Abbilder von mir. Wütend knurrte ich sie an und fletschte meine Zähne.

„Ich weiß, dass du keinen Grund hast, mir zu vertrauen“, sagte sie. „Doch ich verspreche dir, dass ich dafür sorgen werde, dass dies hier aufhört. Ich schwöre!“

Sie warf mir einen kurzen Blick zu, dann wandte sie sich ab und lief davon. Ich stieß ein wütendes Gebrüll aus und begann in meiner Zelle zu toben, bis die Wachleute kamen, und mich mit ihren Elektroschockern attackierten, bis ich bewusstlos zusammen brach.

Zwei Tage später kamen zwei Ärzte und sechs Wachen zu meiner Zelle. Sie hatten mir seit der Elektroschockattacke weder Essen noch Trinken gebracht und dachten, ich sei gebrochen genug, dass die sechs Wachen leichtes Spiel mit mir haben würden, doch sie sollten ihren Irrtum schnell einsehen. Ich hatte drei von ihnen getötet, ehe ich unter dem Beschuss von Betäubungspfeilen zu Boden ging. Als ich erwachte, war ich mit dem Gesicht zur Wand gekettet. Ein Arzt und zwei Schwestern kamen mit einer der brutalsten Wachen in meine Zelle.

„Du bist wirklich die Bestie, wie sie gesagt hat“, sprach der Arzt mich an. „Sie verlangt, dass du getötet wirst, doch ich finde, dass es nicht gerecht wäre, dich einfach so zu töten. Nein! Du wirst erst für dein Verhalten büßen, ehe wir dir erlauben zu sterben. Ich fand schon immer, dass du es nicht wert bist, am Leben gehalten zu werden. Du bist eine Bestie. Schlimmer als die anderen. Sogar die verdammten Huren hasst du einfach getötet. Selbst als wir aufhörten, weiterhin eine von euren Frauen in deine Zelle zu stecken, warst du dir immer noch zu fein, es mit einer von uns zu treiben. Als wärst du etwas Besseres. Nun, du irrst. Wir Menschen sind euch Alien Breed überlegen. Werden es immer sein! Wir haben euch erschaffen!“

„Eher sterbe ich mit blauen Bällen als eine von euren Frauen zu besteigen“, knurrte ich finster. „Und außerdem habe ich euch gewarnt. Ich hab euch gesagt, dass ich jede Frau töten werde, die ihr zu mir steckt und ihr habt es trotzdem immer wieder getan. Wer von uns ist hier eine Bestie? Ihr habt die Frauen doch geopfert in der Hoffnung eine von ihnen könnte mein Interesse wecken, damit ich ihr ein kleines Alien Breed Baby mache.“ Ich schnaubte abfällig.

„Gordon“, sagte der Arzt kalt und die Wache trat näher.

„Sir.“

„Du magst beginnen. Aber ich will, dass er es überlebt. Ich will, dass sein Leid mehrere Tage anhält. Er soll um seinen Tod betteln!“

Ich biss die Zähne zusammen. Ich wusste, dass dieser Arzt einer der Schlimmsten war. Es gab manche, die ihre Arbeit machten, ohne unnötige Grausamkeit. Nicht so dieser Arzt. Wenn er es so auf mich abgesehen hatte, dann würde er dafür sorgen, dass mein Leid so groß war, wie es nur möglich war. Ich versuchte mich zu konzentrieren. Ich würde ihnen nicht den Gefallen tun zu schreien. Und ich würde sie gewiss nicht um Gnade bitten. Nein! Ich würde dies durchstehen bis zum Ende. Nur schade, dass ich meine Rache nicht mehr bekommen würde. Mein Todesengel. So süß und doch so hinterhältig und böse.

„Rage? Rage, Mann, alles in Ordnung?“, drang die Stimme von Happy durch den Nebel meiner Erinnerung.

„Ja“, sagte ich tonlos und schüttelte mich. Ich hatte mich schon lange nicht mehr im Detail an das erinnert, was man damals mit mir gemacht hatte. Verflucht sei diese verlogene Schlange, dass sie ausgerechnet hierher kommen und alle unerwünschten Erinnerungen wecken musste.

Sturdy klopfte mir auf den Rücken.

„Komm, Mann, ich glaube, du hast genug für heute.“

Happy und Sturdy brachten mich nach Hause. Ich schloss meine Tür auf und drehte mich zu den beiden um.

„Bis morgen“, sagte ich rau.

„Rage“, begann Sturdy ruhig. Er sah mich direkt an, während Happy den Blick gesenkt hielt. „Wir haben alle unsere Dämonen und ich versteh das gut, doch du kannst nicht einfach eine Frau angreifen. Versprich mir, dass du dich von ihr fern halten wirst.“

Ich kniff die Augen zusammen und knurrte. Ich zeigte ihnen meine Zähne, und Happy zuckte zusammen, doch Sturdy stand seinen Mann.

„Rage“, sagte Sturdy warnend. „Du bist mein Freund, doch wenn du dich an der Frau vergreifst, werde ich dir den Arsch aufreißen. Was auch immer ihr beiden für ein Problem miteinander habt, du musst das abschließen. Wir haben Pläne. Wir wollen unsere Kolonie selbst verwalten und viele der Menschen bestärken uns mittlerweile darin. Wenn du eine von ihnen verletzt oder gar tötest, dann denken sie, wir wären Monster, nicht besser als Tiere, und wir würden ihre Unterstützung verlieren. Ich lasse nicht zu, dass du unsere Sache gefährdest. Freund oder nicht!“

„Danke Sturdy, dass du mir gesagt hast, wo deine Loyalität liegt“, sagte ich kalt und ich sah, wie Sturdy kaum merklich zusammenzuckte. „Jetzt geht! Ich habe genug für heute!“

Ich wandte mich ab und trat in mein Haus, die Tür hinter mir zuknallend. In mir kochte und brodelte es. Ich ballte meine Fäuste und stieß einen Schrei aus. Nicht nur, dass diese verlogene Schlange mich damals ans Messer geliefert hatte und jetzt hierher kam, um mich an meine finsterste Zeit zu erinnern, nein, sie musste mir auch noch meine Freunde nehmen. Ich hatte Happys Blick noch immer vor Augen. Er hatte eine schwache Stelle für alles Weibliche und war bestürzt gewesen, als ich die Frau in meinem Griff gehabt hatte. Idiot! Jeder, der dachte, dass eine Frau nicht zu Bösem fähig sein könnte, nur weil sie körperlich schwächer und weicher war, war ein Idiot! Ich hatte selbst erlebt, wie grausam und böse eine Frau sein konnte. Selbst wenn sie aussah wie ein Engel. Ich fuhr mir rastlos durch meine Haare und schüttelte den Kopf. Was die ganze Sache am Schlimmsten machte war, dass ein Teil von mir diese Schlange vögeln wollte, bis ihr Hören und Sehen verging. Ich hatte ihren Geruch noch immer in der Nase. Verlockend. Berauschend. Ich musste sie endlich aus meinem Kopf bekommen. Ich musste sie töten und mich ein für alle Mal von ihr befreien. Nur dann würde ich wieder Frieden finden können.

Es gab nur zwei Möglichkeiten, wo sie untergebracht sein konnte. Entschlossen verließ ich mein Haus und schlich im Schutz der Dunkelheit durch die Gassen bis ich an das erste Haus kam welches infrage kam. Ich ging um das Haus herum und sah durch jedes Fenster, bis ich eine Frau in einem Sessel sitzen sah. Sie war es nicht. Es war die andere Frau, die heute gekommen war. Also musste sich mein Todesengel in dem anderen Haus befinden. Es lag nur um die Ecke herum. Ich wandte mich ab und ging leise die Häuser entlang bis zur Ecke. Dort blieb ich stehen und sah auf das Haus, wo sich die Frau befinden musste. Ich unterdrückte ein leises Knurren, das mich verraten hätte. Mit vor Wut wild klopfendem Herzen ging ich auf das Haus zu und schlich zur Hinterseite, wo man mich nicht beobachten konnte. Es brannte Licht in einem der hinteren Fenster und ich stellte mich so, dass ich in den Raum hineinsehen konnte ohne selbst gesehen zu werden. Da war sie! Sie saß auf ihrem Bett und weinte. Der Anblick irritierte mich. Warum weinte sie? Vielleicht tat ihr leid, was sie getan hatte?

Ja klar!, spottete meine innere Stimme. Jetzt fängst du an zu denken wie Happy. Nur weil sie eine schwache Frau ist, macht sie das nicht gut oder unschuldig! Wahrscheinlich weint sie, weil sie Angst um ihr erbärmliches Leben hat.

Und zu recht, denn ihr Henker war schon da. Ich musste nur einen Weg in das Haus finden, ohne sie zu alarmieren. Ich wollte nicht, dass sie den Notschalter drückte, der sich neben ihrem Bett befand, und der die Wachen alarmieren würde.

Jessie

Das Erlebnis im Clubhouse hatte mich wirklich geschockt. Ich hatte mir so oft vorgestellt wie es sein würde, wenn ich den Mann wieder sah, mit dem all dies angefangen hatte. Ich wusste, dass alle Alien Breed nach ihrer Befreiung für Monate von einem Team von Psychologen betreut worden waren um ihre schlimmen Erlebnisse aufzuarbeiten und zu verstehen, dass nicht alle Menschen böse waren. Umso weniger verstand ich den Hass den ich in Rages Augen gesehen hatte. Warum hasste er mich so? Ich hatte alles getan, damit er und seine Leute befreit werden konnten und hatte dabei mein eigenes Leben riskiert. Ich hatte meine ganze Zukunft aufs Spiel gesetzt. Normalerweise war ich stark und nicht so schnell aus der Bahn zu werfen. Ich hatte es auch ganz gut geschafft, meine Gefühle unter Kontrolle zu behalten bis ich endlich allein in meinem Haus war. Doch dann war auf einmal alles aus mir herausgebrochen und ich konnte seitdem nur noch heulen. Ich hasste mich selbst für diese Schwäche. Ich verstand nicht, warum mich das so mitnahm. Er hasste mich! Und? Ich sollte ihn ignorieren und mich auf meine Arbeit hier freuen. Alle anderen hier waren so nett und ich hatte bei keinem einzigen der anderen Alien Breed irgendwelche negativen Gefühle gespürt. Manche schienen ein wenig zurückhaltend, doch die meisten waren im Laufe des Abends aufgetaut und hatten mir freundliche, zum Teil interessierte Blicke zugeworfen. Warum ausgerechnet Rage so wütend und aufgebracht reagiert hatte, konnte ich einfach nicht nachvollziehen.

Ein Geräusch ließ mich hochfahren und ein erschrockener Schrei blieb mir in der Kehle stecken. Direkt vor mir stand Rage. Sein Blick finster, das Gesicht eine eiskalte Maske. Das, und seine imponierende Gestalt ließen mir eiskalte Schauer über den Rücken laufen. Ich wusste, er war gekommen, um mich zu töten und ich sollte schreien, doch es kam kein Laut aus meinem Mund. Wie hypnotisiert starrte ich in seine Katzenaugen. Für eine Zeit, die mir ewig erschien, sahen wir uns nur an, vollkommen unbeweglich, als hätte jemand die Welt angehalten.

„Warum?“, fragte ich schließlich mit bebender Stimme.

„Warum was?“, gab er knurrend zurück.

„Warum hasst du mich? Was ... was hab ich dir getan, dass du mich so hasst?“

Er schnaubte und mit einer blitzschnellen Bewegung, die ich kaum kommen sehen konnte, hatte er mich gepackt und auf die Füße gerissen. Sein finsterer Blick bohrte sich in meinen, während er mich mit schmerzhaftem Griff festhielt. Ich war sicher, dass ich kraftlos zu Boden geglitten wäre, hätte er mich jetzt losgelassen. Meine Beine schienen sich in Gelee verwandelt zu haben und mein Herz raste in einem Tempo, dass ich befürchtete, es würde jeden Moment explodieren.

„Du fragst allen Ernstes, was du mir angetan hast? Ist es nicht genug, dass du mich gefoltert und tot sehen wolltest? Nein, du musstest auch noch lachen, als ich fast tot vor dir in meinem eigenen Blut lag.“

„Was?“, krächzte ich ungläubig. Wovon sprach er? Ich hatte niemals etwas dergleichen getan. „Aber ich ... ich habe nicht ...“

„Lüg mich nicht an!“, sagte er leise, doch in einem so kalten Ton, dass ich Angst hatte, meine Blase würde mich gleich erniedrigen, indem sie nachgab.

„Ich schwöre Ra-rage, dass ... dass ich nichts der-dergleichen getan hab. Ich hab ... ich hab dich ... We-wegen mir bist du frei. Du musst mir glauben, ich ...“

Er knurrte tief in seiner Kehle, ein gefährliches, Angst erfüllendes Knurren, dann warf er mich rücklings auf das Bett und ehe ich mich versah, war er über mir. Sein Gewicht presste mich in die Matratze, dass ich kaum Luft bekam. Was hatte er jetzt vor? Wollte er mich vergewaltigen ehe er mich tötete? Tränen liefen mir über die Wangen. Sein Gesicht über mir, so überirdisch schön und so kalt und grausam zugleich. Was ging hinter dieser undurchschaubaren Maske in seinem Kopf vor? Überlegte er, wie er mich töten sollte?

„Bitte“, flüsterte ich kraftlos als seine Hand sich um meine Kehle schloss. „Ich schwör ich hab nichts von dem getan, was du sagst. Ich versteh nicht ...“

„Shhhh“, machte er und senkte seinen Mund auf meinen.

Rage

Ich hatte keine Ahnung warum, doch etwas in mir veränderte sich als ich in ihre tränenerfüllten Augen sah, und ihre leise geflüsterte Bitte hörte. Ich senkte den Kopf, und unsere Lippen berührten sich. Mit einer Intensität die ich bisher nie zuvor erlebt hatte, erwachte mein Schwanz zum Leben, und mein Puls beschleunigte sich, als eine solche Lust mich überkam, dass ich keines klaren Gedanken mehr fähig war. Hier lag sie, hilflos, die Frau, die ich töten wollte, doch alles, an was ich denken konnte, waren ihre weichen, bebenden Lippen unter meinen, ihr warmes, weiches Fleisch, ihr verlockender Geruch. Ich wurde mir bewusst, dass ich sie mit meinem Gewicht förmlich erdrücken musste und stemmte meinen Oberkörper mit den Armen ab. Ich küsste sie mit all der wilden Lust die ich empfand, drängte meine Zunge fordernd in ihren Mund. Ihr leises gequältes Wimmern drang durch den Nebel meiner Lust. Verdammt! Was tat ich hier? Ich hatte ihr gedroht sie zu töten, und jetzt war ich dabei, sie zu vergewaltigen? Ich hob den Kopf und sah in ihr ängstliches Gesicht hinab. Vergewaltigung war es, was es sein würde. Ich konnte nicht erwarten, dass sie mich wollte, nach allem, was ich gesagt und getan hatte. Und ohnehin war ich zu groß für eine so zierliche Frau wie sie. Ich würde ihr wehtun, ob ich wollte oder nicht. Ich war zu zügellos und zu brutal. Mein Instinkt würde mich leiten, nicht mein Verstand. Es war schon ein Wunder, dass ich es geschafft hatte, mich aus dem Rausch meiner animalischen Lust zu reißen.

„Ich tu dir nichts“, versicherte ich rau.

Mein Schwanz drängte noch immer nach Erfüllung, und mein Kopf schwirrte von erotischen Bildern, wie ich sie nehmen würde, wie ich meinen Schwanz in ihre Pussy stoßen würde, hart und tief und ... Fuck! Genau das war es, was ich nicht tun durfte. Hart und tief! Ich musste verrückt sein! Sie war so zierlich und schmal. Sie würde unter meinem Ansturm bersten, da war ich mir sicher. Die Vorstellung, ihr dies anzutun, war wie eine kalte Dusche. Fluchend sprang ich aus dem Bett auf und starrte auf sie hinab. Ihre Augen waren geweitet und sie musterte mich ängstlich und vielleicht auch ein wenig neugierig.

„Du hast nichts von mir zu befürchten“, sagte ich und floh aus dem Zimmer und aus dem Haus.

Jessie

Ich lag wie erstarrt auf dem Bett und sah auf die Tür, durch die er vor einer ganzen Weile verschwunden war. Mein Herzschlag hatte sich noch immer nicht normalisiert. Ich versuchte zu begreifen, was da eben geschehen war. Ich war mir sicher, dass er hierher gekommen war um mich zu töten. Dann auf einmal hatte er mich geküsst und ich war hin und hergerissen gewesen zwischen Angst und Erregung. Der Kuss war nicht so, wie ich ihn unendliche Male geträumt hatte. Er war nicht sanft und leidenschaftlich gewesen, sondern wild, brutal und animalisch. Dennoch hatte es mich irgendwie erregt. Wenn nicht diese Angst gewesen wäre, dass er mir Gewalt antun würde, dann hätte ich den Kuss vielleicht sogar erwidert. So aber hatte ich nur dagelegen, zu geschockt und durcheinander von meinem widersprüchlichen Gefühlen. Ich hatte seine Erektion gespürt. Er war groß und hart gewesen. Beängstigend groß. Dann hatte er plötzlich von mir abgelassen und ich könnte schwören, dass ich Verwirrung in seinen Augen gesehen hatte. Als er so plötzlich aus dem Raum gestürmt war, hatte ich beinahe das Bedürfnis gehabt, ihn zurückzurufen. Ich musste vollkommen den Verstand verloren haben. Dieser Irre hätte mich beinahe gekillt, vergewaltigt oder was auch immer und ich konnte froh sein, dass er es sich offenbar anders überlegt hatte. Dennoch ertappte ich mich dabei, wie ich eine Hand an meine Lippen hob und mit den Fingerspitzen über meine geschwollenen Lippen strich. Ich hatte keine Ahnung warum ich mich zu Rage so hingezogen fühlte, doch ich konnte nicht leugnen, dass ich ihm seit unserer ersten Begegnung bei DMI verfallen war. Er ließ mich einfach nicht mehr los. Selbst sein brutales Verhalten konnte daran offenbar nichts ändern. Ein verrückter Teil von mir wünschte, er hätte nicht die Flucht ergriffen.

Rage

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