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Racheplan
Michael Aulfinger
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Michael Aulfinger
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78120 Furtwangen
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Lektorat: Michael Aulfinger
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ISBN eBook: 978-3-7380-3282-6
Rache trägt keine Frucht. Sich selbst ist sie die fürchterlichste Nahrung; ihr Genuß ist Mord und ihre Sättigung das Grauen. (Schiller, Wilhelm Tell)
Der Umzugswagen fuhr davon. Der kleine Mann blieb allein zurück. Allein mit seinen Habseligkeiten. Er wandte sich um, und betrat das grau gestrichene Mittelreihenhaus. Jenes Haus welches für ihn alleine eindeutig zu groß war. Aber so hatten sich die Dinge gefügt, und so hatte er es eigentlich gewollt und geplant. Denn nur dieses bestimmte Haus wollte er haben. Kein anderes kam dafür in Frage. Er wollte es unbedingt selbst bewohnen, um seinen absurden Plan ausführen zu können. Jenen Plan, den jeder andere – wenn jemand überhaupt davon wüßte – als krank und pervers bezeichnet und abgelehnt hätte. Aber das war ihm egal. Denn es ging nur um sein Ziel. Und sein Ziel wollte er unbedingt erreichen. Dafür würde er alles tun. Kurzum gesagt lebte er nur noch dafür. Hierfür hatte er all seine vorherigen Kontakte abgebrochen, und viel Geld ausgegeben. Auch wenn es für andere das vielleicht nicht wert war.
Ihm war es das.
Der kleine Mann, der Manfred Ohleg hieß, trat nun in sein Haus, und räumte die Kisten weg. Niemand störte ihn.
Niemand verfing ihn in ein Gespräch.
Niemand half ihm.
Als er aus dem Gartenhaus heraus trat, hörte er unvermittelt eine Stimme, welche einem Bariton glich.
„Guten Tag. Sind sie der neue Nachbar?“
Manfred erkannte auf der anderen Seite der Hecke den Rufer. Es war ein gutaussehender Mann in den besten Jahren. Er war aber nicht allein erschienen. Im Hintergrund hielt sich seine Frau auf. Sie bestach sogleich durch ihre Schönheit. Kurze blonde Haare betonten ihre schöne weibliche Figur, die jedem Mann sicherlich das Wasser im Munde zusammen laufen ließ. Jedem, außer Manfred. Denn er verspürte zur Zeit keinerlei Ambitionen, sich nach dem weiblichen Geschlecht zu sehnen. Denn andere niederen Instinkte bestimmten allein sein Denken und Handeln.
Das Nachbarpaar war aber nicht allein erschienen. Zwei Kinder stellten sich schweigend auf die Zehenspitzen, um mit neugierigem Blicke den neuen Nachbarn zu mustern.
Was war das für ein Mensch?
„Ja der bin ich. Manfred Ohleg.“
Manfred war zwar zuerst wenig erfreut, über den trennenden Gartenzaun angesprochen zu werden, aber, dann hielt er es auf einem Mal doch nicht für so eine schlechte Idee. Mal sehen, sprach er zu sich, was sich daraus an Gelegenheiten ergeben konnte.
„Thomas Schneider. Dies ist meine Ehefrau Daniela. An unseren Beinen räkeln sich unsere Tochter Jennifer und der Sohn Torben.“
„Angenehm sie kennen zu lernen. Ich wünsche uns eine gute Nachbarschaft.“
„Das wünschen wir uns auch,“ antwortete der Vater. Bevor er jedoch weiter sprechen konnte, kam ihm seine Frau zuvor.
„Wo ist denn ihre Familie? Die würden wir auch gerne kennenlernen. Es würde mich freuen, mich mit ihrer Frau zu unterhalten.“
„Daraus wird nichts,“ entgegnete Manfred mit einem schweren Schlucken. „Ich habe keine Familie.“
„Ach, sie wohnen ganz alleine hier, in dem großen Haus?“ Thomas beugte sich etwas vor.
„Ja,“ war Manfreds kurze Antwort, welche ihm immer noch schwerfiel. Mehr vermochte er nicht zu sagen. Seine Gegenüber spürten es, so dass eine kurze Phase des Schweigens eintrat. Daniela war die Erste, welche die Worte wieder fand, und die Initiative ergriff.
„Wissen sie was? Bei dem schönen Wetter hatten wir heute Abend vor zu grillen. Kommen sie doch einfach 19.00 Uhr vorbei. Dann brauchen sie nicht für sich alleine etwas zubereiten. Ihre Küche ist doch sicherlich noch nicht eingerichtet, oder?“
„Oh, danke für die Einladung. Aber ich kann sie nicht annehmen. Wir kennen uns doch noch gar nicht richtig. “
„Genau deshalb sollten sie ja kommen. So lernen wir uns bei Wurst und Fleisch besser kennen. Ein Bierchen gibt es natürlich auch. Na, was sagen sie?“ Thomas ließ nicht locker.
Manfred zierte sich noch ein wenig, aber schließlich gab er dann doch nach. Es konnte nicht schaden, zusätzliche Informationen zu erfahren. Schließlich war er eingeladen worden. Mit keinem Wort hatte er sich aufgedrängt. Die Rolle des schüchternen und bescheidenen Zeitgenossen spielte er für seine Ansprüche gut.
„Also gut. Vielen Dank für die Einladung. Ich komme gerne.“
Es schellte. Daniela öffnete die Tür, und führte den Gast durch die Räume auf die Terrasse, wo der Hausherr dabei war die Grillkohle anzuheizen.
„Hallo. Schön das sie kommen konnten. Die Kohle dauert noch eine Weile. Wollen sie ein Bier?“
„Ja bitte.“
Als Thomas Schneider ihm ein Bier gereicht hatte, hielt er ihm seine Flasche zum Zuprosten hin.
„Prost. Wollen wir uns nicht duzen? Ich bin Thomas.“
Manfred fühlte sich ein wenig überfahren, doch gab er nach einem Moment des Zögerns sein Einverständnis.“
„Gerne. Ich bin Manfred.“
Während die Grillkohle allmählich die Farbe wechselte, bei der sie die nötige Hitze erreichte, schlenderten die beiden Männer durch den kleinen Garten. Am Ende stand auf der rechten Seite ein neues Gartenhaus. Davor lag Spielzeug verschiedenster Art auf dem Rasen verteilt. Auf der linken Seite befand sich ein Karnickelstall mit zwei Bewohnern, die ständig hin und her hüpften.
Zuerst sprachen die Männer über Gartenarbeit und anfallende Arbeiten als Hausbesitzer. Dann rief Daniela zum Essen. Als sie damit fertig waren, und die Kinder wieder zum Spielen gingen, wechselte das Gesprächsthema. Daniela war äußerst neugierig, und es war ihr unmöglich, diesen Charakterzug im Zaun zu halten.
„Bist du wirklich alleine in dem Haus.“
„Ja.“
„Geschieden?“
„Ja,“ log Manfred.
„Oh, das tut mir leid. Wie lange ist es denn schon her?“
„Noch gar nicht so lange. Deshalb zog ich ja auch alleine in dieses Haus. Die Kinder sind bei der Mutter geblieben.“ Das war eine Lüge, doch störte es ihm wenig.
„Wo denn? Auch hier in Bremen?“
„Ja, aber auf der anderen Seite der Stadt. Sie haben mein altes Haus übernommen. Ein älteres Einfamilienhaus, nichts aufregendes.“
„Siehst du die Kinder denn noch regelmäßig?“
„Oh ja. Da gibt es keine Probleme mit meiner Ex. Wir verstehen uns eigentlich immer noch, vor allem in Hinblick auf die Kinder. Das ist uns wichtig.“
Nachdem die ersten Lügen seine Lippen verlassen hatten, fiel Manfred es nicht mehr allzu schwer. Im Gegenteil. Er gewann Gefallen daran, sich Geschichten auszudenken, die andere als wahr annahmen. Er durfte eben nur nicht das Augenmaß verlieren, und übertreiben.
„Das ist ja gut für die Kinder. Scheidungskinder haben es nämlich immer schwer. Deshalb ist es wichtig, dass die ...“
Ihr Redefluss wurde unterbrochen, weil das Telefon eine ihr bekannte Melodie von sich gab. Daniela stand auf, und griff danach. Nachdem sie sich gemeldet hatte, hörte sie aufmerksam zu, um dann wie in einem Reflex ihrem Mann den Hörer zu reichen.
„Für dich. Es ist Peter.“
Thomas Schneider zuckte einen Moment zusammen. Manfred spürte sofort, dass es dem Gastgeber äußerst unangenehm war. Thomas schüttelte sogleich mit dem Kopf, und winkte mit der rechten Hand energisch ab.
„Nein. Er weiß doch genau, dass ich nicht mehr mit ihm sprechen will. Das hat sich ein für alle Mal erledigt. Ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben. Herrgott, wann kapiert er es endlich?“
Daniela gab die unmissverständliche Botschaft an den Anrufer weiter, und legte dann auf. Ihr Gesichtsausdruck war ausdruckslos, im Gegensatz zu dem ihres Mannes, welcher größte Aufgewühltheit verriet.
Stille.
Manfred beobachtete aufmerksam dieses plötzliche Ereignis. Von diesem Peter hatte er vorher noch nie gehört. Er nahm sich vor, Auskünfte über diesen Mann einzuholen. Das war höchst interessant. Vielleicht ergaben sich aus diesem Blickwinkel her neue Optionen für seinen perfiden Plan. Für diesen Tag hatte er schon genug erfahren. Die Stimmung war auf dem Nullpunkt angelangt. Der Hausherr verkroch sich nämlich schweigend in seinem braunen Gartenmöbelsessel. Deshalb wollte Manfred sich verabschieden.
„Vielen Dank für die Einladung. Es hat sehr gut geschmeckt.“
Die Verabschiedung verlief daher frostig ab.
Als Manfred seine Haustür hinter sich verschlossen hatte, verlangte es ihn, sich einer besonderen Kiste zuzuwenden. Sie stand auf einem Haufen inmitten der anderen Umzugskartons. Langsam hob er sie an, und trug sie zum Wohnzimmertisch, der schon an dem vorgesehenen Platz stand. Mit langsamen Bewegungen und fast zitternden Händen, öffnete er den Deckel vorsichtig. Seine Befürchtungen gingen zuerst dahin, dass auf dem Transport etwas Schaden genommen haben mochte, aber sie erwiesen sich zum Glück als unbegründet. Das hätte zu all seinem Unglück noch gefehlt.
Seine Hände zitterten, als er den obersten Bilderrahmen anhob. Er wusste gar nicht mehr, wie lange er sich das Bild angesehen hatte, als er endlich aus einer Art Apathie erwachte. Er spürte, wie nasse Tropfen langsam an beiden Backen hinunter liefen. Das überraschte ihn nicht, denn es war nicht das erste Mal, dass Tränen ihren Weg suchten. Eigentlich geschah es immer und regelmäßig, sobald die Erinnerungen ihn übermannten. Er konnte nichts dagegen tun. Das wollte er auch nicht. Deshalb hatte er sich ja dazu entschlossen seinen Frust abzubauen.
Die Therapie hatte er sich zurechtgelegt und selbst verordnet.
Aber das sollte auf seine Art geschehen, welche ihm für alle Zeit Genugtuung und vor allem eine unverrückbare Befriedigung gab. Eine Befriedigung, welche ihn für den Rest seines Lebens in Ruhe schlafen ließ. Ja, sprach er zu sich. Ein ruhiger erquickender Schlaf. Das war das, was er benötigte. Wie lange war es her, dass es diesen für ihn gab?
Seit damals jedenfalls nicht.
Wie in Trance stellte er den Bilderrahmen vorsichtig auf den Tisch. Er kramte weiter in den Karton. Den kleinen Teddybären mit pechschwarzen Augen und hellbraunem Fell hob er bedächtig hervor. Als wenn er ein kleines Kind vor sich hätte, so sah er es an, und so sprach er auch zu ihm.
„Alles wird gut. Ich bin bei dir.“
Wiederum verging einige Minuten, bis er aus der Trance erwachte. Den Teddybären stellte er ebenfalls auf den Tisch. Mit feuchten Augen drehte er sich von dem Tisch ab. Er wandte sich einem anderen Karton zu, der mit dem Wort Küche in kritzeliger Kugelschreiberdschrift beschriftet war. Mit ihm ging er nicht so zartfühlend um. Mit wenigen Schubsen seiner Füße, hatte er ihn in die Küche bugsiert. Dort öffnete er ihn eilig, und kramt einiges hervor. Die Küchenutensilien waren bald in der ganzen Küche verteilt, bis endlich das gesuchte Objekt in der Hand hielt. Es war ein Messerblock, den er vor sich auf die Anrichte stellte. Kurz betrachtete er ihn, bevor er das oberste Messer, welches einen schwarzen Kunststoffgriff hatte, aus der Messerscheide zog. Langsam drehte er das Messer in der Hand. Sein Blick war stets auf die extrem scharfe Klinge gerichtet. Zart strich er sie, ohne sich zu schneiden. Fast liebevoll klangen seine Worte.
„Du wirst noch genug zu tun bekommen.“
***
Der Tag war schon vor einigen Stunden angebrochen, als es an seiner Tür klingelte. Es war schon gegen Mittag. Mit gemächlichen Schritten trat er durch den Flur, und öffnete die Tür. Er war wenig überrascht, als er Daniela erblickte. Sie wirkte verwirrt.
„Darf ich dich sprechen? Die Nachbarn müssen nicht alles mitbekommen.“
„Natürlich. Komm herein. Was ist denn passiert? Du wirkst richtig aufgebracht.“
Sie trat herein und folgte ihm in die Küche. Er war gerade dabei sein Mittagessen zuzubereiten.
„Es riecht nach Essen. Was gibt es denn Gutes?“
„Hähnchen. Aber deshalb bist du ja offenbar nicht gekommen. Erzähle doch, was passiert ist?“
„Irgendjemand ist in der Nacht bei uns im Garten gewesen, und hat ein Kaninchen gestohlen. Es ist weg. Jetzt sind die Kinder ganz traurig. Deshalb frage ich dich. Hast du irgendetwas mitbekommen? Als Nachbar.
Hast du was gehört oder gesehen?“
„Nein.“ Manfred schüttelte glaubhaft den Kopf. „Überhaupt nichts. Ich habe tief und fest geschlafen. Kann es nicht sein, dass die Stalltür nicht richtig verschlossen war, und das Kaninchen irgendwo noch herum hoppelt? Das wäre nicht das erste Mal, das jemand vergaß, einen Stall zu verschließen.“
„Nein. Wir haben alles abgesucht. Außerdem war die Tür heute Morgen von außen verschlossen. Und ich glaube nicht, dass das Kaninchen hinter sich die Tür bewusst verriegelte. Das ist nun mal ein Nachteil, wenn jeder von hinten in den Garten gelangen kann. Was sagen wir nur den Kindern, wo es ist. Sie haben es schon bemerkt, und sind ganz traurig.“
„Das ist schade für die Kinder. Was sagt dein Mann dazu?“
„Ach der. Er kümmert sich lieber um sich.“
„Wie meinst du das?“
Daniela hob den vorher gesenkten Kopf und starrte Manfred direkt an. Jener versuchte, seine Frage zurückzunehmen.
„Entschuldige. Meine Frage war zu persönlich. Wir kennen uns ja noch nicht so lange. Es geht mich nichts an.“
„Ist schon in Ordnung. Irgendwann erfährst du es ja doch, wo wir so dicht nebeneinander wohnen. Vielleicht ist es besser, wenn du es von Anfang an weißt.“
Sie trat zur Küchenzeile. Vor dem Messerblock blieb sie stehen. Es schien, als wenn sie ihn anstarren würde, doch wahrscheinlich ging ihr Blick durch ihn hindurch.
„Es ist nicht mehr mit ihm so wie früher.
Es gab da mal einen Zwischenfall. Seitdem hat Thomas sich verändert. Er interessiert sich nur noch für sich. Alles andere ist ihm egal. Er denkt, sein Problem wäre das größte, wenn nicht sogar das Einzige, auf der Welt.
Wegen des Kaninchens wäre er nicht zu dir gekommen. Es ist ihm egal. Deshalb bin ich hier.“
„Was denn für ein Zwischenfall?“
„Darüber möchte ich doch nicht reden. Verstehe bitte. Vielleicht ein anderes Mal. Ich glaube, es ist besser, wenn ich lieber gehe.“
Sie schritt eilig durch den Flur. Als sie vor der Glastür stand, drehte sie sich nochmal um, und fragte den Hausherrn.
„Darf ich jederzeit wieder kommen?“
„Natürlich. Wann immer du willst. Wenn du Sorgen hast, bin ich immer für dich da.“
Als Daniela gegangen war, holte er sein Essen aus dem Ofen. Er verspeiste es mit großem Appetit, wohlweislich, dass es sich keineswegs um ein Hähnchen handelte, sondern um ein anderes Tier.
Mmmh ...
Es mundete ihm sehr.
***
Zwei Nächte später lag Manfred wach im Bett. Er konnte nicht schlafen. Das lag an dem Streit, dessen Gesprächsfetzen aus dem Nachbarhaus herüberklangen.
„Du Schuft. Das ist alles deine Schuld.“ Danielas hohe Stimme drang klar und wütend durch die dünne Wand.
Manfred konzentrierte sich auf das Gesprochene.
Jedes Detail speicherte er in seinem Kopf ab.
Nicht die geringste Kleinigkeit sollte ihm entgehen.
„Das ist gar nicht wahr. Es ist Peters Schuld. Wie oft soll ich es dir noch sagen. Herrje. Du kannst es ja nicht wissen, denn du warst nicht dabei.
Glaube mir endlich.“
„Natürlich war ich nicht dabei. Aber über den Ablauf, den ich danach mitbekam, konnte ich mir, nach eurem Gerede, dennoch ein gutes Bild machen.
Und ich sage dir, dass es deine Schuld war.“
„Nein,“ schrie Thomas.
Er konnte sich anscheinend vor aufkommenden Zorn selber kaum bändigen. „Du irrst dich, denn du warst nicht dabei. Es war ...“
„Leise,“ rief Daniela. „Die Kinder schlafen. Willst du sie wecken?“
Das wollte der Familienvater keineswegs. So stritten sie in einem Tonfall weiter, bei welchen Manfred zwar Stimmen vernahm, aber keinen konkreten Dialog mehr verfolgen konnte.
Schade, sagte er sich. Es wurde gerade interessant. Hätten sie nur weiter geredet, dann wäre er zu unschätzbarem Wissen über Details gelangt, die ihm bisher noch verborgen waren. Denn über welchen Vorfall sie sprachen, konnte er sich denken. Aber gleichzeitig stellten sich ihm andere Fragen in den Vordergrund. In erster Linie handelte es sich um diesen ominösen Peter.
Wer war er?
Von ihm war niemals in seinen Informationen die Rede gewesen.
Welche Rolle spielte er in diesem Drama?
Musste er seinen Racheplan weiter auf diese Person ausbauen?
Manfred nahm sich vor, weitergehende Erkundigungen einzuholen. Doch wie sollte er vorgehen?
Er hatte ja noch nicht einmal einen Nachnamen. So nahm er sich vor, am nächsten Tag seinem Informanten – welcher ihm bis dato wertvolle Dienste geleistet hatte – um eine weitere Auskunft zu bitten. So schwer konnte es ja nicht sein, für einen Mann mit seinen Verbindungen. Aber zu früh durfte er sich nicht freuen, denn Anhaltspunkte gab es wenig.
Dann kehrten seine Gedanken wieder zu der Familie Schneider zurück. Fassade fiel ihm als Stichwort ein. Die Fassade war die heile Welt der Familie. So sollte es jedem veranschaulicht werden.
Doch hinter der Fassade brodelte es, und es war mit der Familienidylle vorbei. Das Gefühl der Veränderung beschlich ihn. Er spürte, dass noch einige Veränderungen innerhalb der Familie geschehen würden, wobei ihm ein großer Anteil zufiel. Ein Lächeln der Schadenfreude huschte dabei über sein Gesicht.
Sollte er Skrupel haben?
Keineswegs. Das war ein Gefühl, welches bei ihm fehl am Platz war. Er wollte Gerechtigkeit. Mit diesem Wunsch schlief er ein.
Am nächsten Morgen eilte er zu seinem Laptop. Er hatte eine Idee. Eilig rief er seine Facebookseite auf, und gab den Namen seines Nachbarn ein. Gefunden. Dann drückte er auf Freunde und scrollte die Seite herunter. Da fand er einen Peter. Ob er der Gesuchte war, konnte er nicht mit Gewissheit feststellen, denn er hatte kein Gesicht dazu. Mit Nachnamen hieß er Rademann. Stolz auf sich selbst, nahm er sich vor, den Namen seinem Informanten weiter zu geben.
Mal sehen, was sich an wichtigen Details ergab.