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Kapitel 1 – Vergeltung!

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Und was das Schwert verschont, zertritt der Huf!

»Herr Thaddäus« von A. Mickiewicz

Zu derselben Zeit, als die Hajdamaken in Uman ihre scheußliche Lustbarkeit hielten, lag in Sokoliwka Nekrasa, nachdem er von Wut übermannt auf Gontas Bett gesunken war, wie besinnungslos da. Er bat nicht und drohte nicht, denn seine Stimme hatte sich überschrien. Er schlug auch nicht mehr mit den Fäusten, denn die Hände waren schon zerschunden, das Holz härter als die Knochen. Vergebens ließen die Saporoger durch das schmale, über der Tür des Alkovens befindliche Fensterchen Speise und Trank hinein, diese liegen unberührt am Boden. Auch die Saporoger sind es überdrüssig, dreieinhalb Tage untätig dazustehen, schon ist Sawatchka mit den Trümmern seines Haufens durch Sokoliwka hindurch geeilt, Potockis Kosaken sind gegen Uman vorgerückt, sie aber rühren sich nicht von der Stelle; Vater Salisnjak hat befohlen, den Gefangenen zu bewachen, und ein Saporoger wird hundertmal eher sein Leben lassen, als den Befehlen des Watazka nicht zu gehorchen.

Gegen Abend ertönten Hufschläge auf der Straße. Der am Tor Wache stehende Saporoger kam eilends in den Hof gelaufen und rief: „Die Ljachen kommen!“ Im Nu war das Haustor verrammelt, fünf Mann stellten sich mit Gewehren an den Fenstern auf; der sechste blieb mit gezogenem Säbel vor der Alkoventür stehen.

Wie es scheint, ziehen auf der Straße Kosaken heran, auf mutigen Rossen, sie sind blaugrau gekleidet, haben weiße Gürtel und an den Mützen rote Kolpake. Voran auf einem Rappen reitet ein Greis in Saporogerkleidung von gewaltigem Wuchse und mit herausfordernder Miene, neben ihm zur rechten Seite auf einem weißen Hengst ein Edelmann in altpolnischer Taratata1, zur Linken auf einer kastanienbraunen Stute ein Kosak im Kontusch. Sie hielten vor dem Tore an. Einer der Kosaken stieg vom Pferd und versuchte das Tor zu öffnen, da schoss einer der Saporoger, der Kosak wankte verwundet und sank in die Knie. Schnell saßen fünfzig Reiter ab und eilten mit gezogenen Säbeln, mit Äxten und Flinten gegen den Hof. Die Saporoger schossen, einige Kosaken fielen, aber andere brachen die Tür auf, andere drangen durch das Fenster in das Haus; hier begann nun ein blutiger Kampf.

Vergebens rief der alte Saporoger, man solle den Wehrenden das Leben schenken, schon sind fünf niedergehauen, und den sechsten, der kaum noch atmete, schleiften sie auf der Erde, als die Anführer in das Zimmer traten. Der alte Pole rief:

„Mord und Tod! Brecht die Türe ein, gewiss ist dort auch so ein Teufelskerl verborgen.“

Nekrasa hörte das Feuern, das Waffengeklirr, der Pulverdampf drang zu ihm hinein, er kam zu sich und raffte sich auf, es ist ihm schmerzlich, dass ohne ihn gekämpft wird. In diesem Augenblick kracht die Türe zusammen, und wie groß war sein Erstaunen, als er Wernyhora und den Herrn Kämmerer vor sich sah. Mit ausgebreiteten Armen fielen sie einander um den Hals und drückten sich ans Herz, als wenn sie ersticken wollten, und die Worte: „Vater! Sohn! Mord und Tod! Herr Nekrasa! Herr Kämmerer!“ durcheinander ausgestoßen, mischten sich in die Umarmungen. Inzwischen wurde das Zimmer von Leichnamen und vom Blute gereinigt; Bilowus ließ die Verwundeten versorgen, die Gefallenen begraben, und die Pferde füttern. Als Nekrasa in das erste Zimmer heraustrat und in der Ecke seinen Pallasch fand, nahm er ihn mit solcher Freude in die Hände, wie der Geliebte die Hand der Geliebten nach langer Trennung fasst; hierauf erzählte er, was mit ihm vorgegangen war, Wernyhora schüttelte traurig den Kopf.

„Wir kommen zu spät nach Uman, es muss dort schon alles vorüber sein.“

„Lasst uns sogleich aufbrechen, schnell die Pferde abgefüttert!“

„Mord und Tod! Lasst uns aufbrechen und siegen, Herr Nekrasa ist mit uns, und Gott ist mit uns.“

Nun erzählte Wernyhora die völlige Vernichtung von Sawatchkas Haufen, und wie Jerlicz’s Brigade und die Dragoner mehr als tausend Hajdamaken nach Kodnya2 geschafft haben, wo sie ihr Urteil erwarten und ihre Strafe erleiden werden. Dann nahm er Nekrasa auf die Seite.

„Herr Ataman, auch die schwarzäugige Jungfrau ist nicht weit.“

„Wie? Ist Fräulein Magdusia nicht mehr in Parchomiwka?“

„Um ein Haar wäre sie auch hierher gekommen.“

„Vater, sagt mir doch, was das bedeuten soll.“

„Wir wollten mit der Gevatterin nach Uman, damit sie mit dem Alten zusammen wären, aber da ich dachte, ihr hättet vielleicht den Kampf dort schon begonnen, so riet ich ihr, Uman seitwärts liegen zu lassen, und geradewegs nach Kuna zu fahren, wo der Bruder des Herrn Chiczewski Guardian des Kapuzinerklosters ist.“

„Warum sind sie nicht hierher gekommen? Hier wären sie in völliger Sicherheit.“

„Es gelüstete sie eben nicht, nachdem sie kurz zuvor erst den Kampf von Korsun erlebt, schon wieder mit anzusehen, wie sich die Leute morden; übrigens sind sie auch dort in Sicherheit. Zwei Fahnen von dem Bataillon Kordysz ziehen sich nach jener Gegend hin, die dritte folgt uns auf dem Fuße. Übrigens haben sie den Franzosen, den du kennst, zum Beschützer; ich habe ihnen da einen recht guten Hüter gegeben, wie ich hoffe…“ und hier lächelte er etwas boshaft. Nekrasa wurde rot und brachte das Gespräch auf andere Gegenstände.

Bald darauf zog eine Fahne Landesreiterei herein unter der Führung des Porucznik Michael Czaykowski, auf weißen Pferden, in krapproten Kurtkas, die reich mit silbernen Aufschlägen besetzt waren, und in krapproten Reithosen. Zwei Trompeter bliesen einen Marsch, hinter ihnen kamen rottenweise die vier Züge, an der Spitze eines jeden ritt ein Namiestnik; die Towarysche ließen ihre Fahnen in der Luft flattern; die Gemeinen sind nur mit Karabinern und Säbeln bewaffnet; die Towarysche haben amarantfarbene Mützen auf, mit schwarzem Schaffell besetzt, und einen Busch Kapaunenfedern. Der Herr Porucznik auf seinem schönen Apfelschimmel reitet seitwärts, an seiner Uniform glänzt das Kaisertuch; Achselbänder und Patronentasche glänzen von Silber; an den Ecken der dunkelblauen Schabracke sind silberne Adler, und an den Pistolenhalftern der verschlungene Namenszug des Königs von Silber; die Schabracke hat eine amarantfarbene Einfassung.

Kaum waren der Porucznik und der Namiestnik in den Edelhof gekommen, machte Wernyhora Nekrasa mit ihnen bekannt, und ohne dem Gespräch Zeit zu lassen, sich recht zu entspinnen, unterbrach er es beim ersten Anlaufe.

„Ihr Herren Brüder, bis jetzt haben wir bloß mit elendem Gesindel zu kämpfen gehabt, jetzt aber gilt es, sich mit einem geordneten Feind zu messen. Mit Recht sagt man: wo viele Hebammen sind, da kommt das Kind ohne Kopf oder ohne Hände auf die Welt; auch wir müssen, um Ordnung unter uns zu halten, einen Anführer wählen. Denn glaubt mir, der ich alt bin und viel erfahren habe, wenn in Kriegszeiten viele befehlen, so ist es immer schlimm, auch wenn ihre Einsicht noch so groß ist. Wo aber ein Wille herrscht und die Übrigen gehorchen, ist es immer gut, auch wenn der Anführer nur ein mittelmäßiger Kopf ist.“

„Mord und Tod! Der Herr Kamerad hat Recht; ich achte und liebe den Herrn Porucznik, denn er ist ein tapferer Mann und ein guter Pole, und zudem ein Sohn meines Freundes und Schulkameraden, des Herrn Andreas, Mundschenken von Wyschhorod; aber diesmal, bitte ich, ohne ihm und der Landreiterei zu nahe treten zu wollen, den Herrn Nekrasa zum Anführer aus. Mord und Tod! Und wenn ich polnischer Großfeldherr wäre, so würde ich mich dennoch unter seine Befehle stellen; denn Gott strafe mich! Der spaßt nicht mit dem Feinde.“

„Herr Kämmerer, ich danke ihnen für das Vertrauen, das sie in mich setzen, aber ich bin hier Gast. Für Polen will ich mein Blut bis zum letzten Tropfen verspritzen, denn ich bin ein eben so guter Pole, als wenn ich in der Krone geboren wäre; diesmal steht mir jedoch der Oberbefehl nicht zu, ich werde unter den Befehlen des Herrn Porucznik und den ihrigen, oder unter den Befehlen des Vaters Wernyhora kämpfen.“

Der Porucznik drehte sich den Schnurrbart: „Herr Ataman, wer den Moskowitern das Fell so tüchtig ausgeklopft hat, wie sie bei Korsun, dessen Befehlen muss sich ein Porucznik der Landesreiterei gerne unterordnen; mir ist es nicht um das Befehlen zu tun, sondern um das Wohl des Vaterlandes, und ich erwarte daher ihre Befehle, Herr Ataman.“

Nekrasa verneigte sich, aber Wernyhora ließ ihn nicht sprechen.

„Wir, ich und der Herr Kämmerer, haben auch zu unserer Zeit uns tüchtig herumgeschlagen, auch jetzt wären wir zur Not noch im Stande, wenn wir keine jüngeren hätten, aber auf der Welt muss alles seine Zeit haben, wir sind die ersten im Rate, ihr im Treffen; streitet euch nicht länger miteinander, denn die Zeit ist kostbar, einer von Euch muss sich an die Spitze stellen.“

Nun drangen alle in Nekrasa, er möge den Oberbefehl übernehmen.

„Wenn ihr es so haben wollt, so mag es denn sein; zu Pferde also, ihr Herrn Ljachen, zu Pferde ihr Kosakenburschen!“ und er bestieg seinen Tatarenfalben; es war dies ein tüchtiger Läufer, Wernyhora erhielt ihn zum Geschenk von Marud-Giray. Nekrasa war auf ihm zu Gonta geritten, und Potockis Kosaken hatten ihn absichtlich, oder aus Vergesslichkeit im Stall stehen lassen.

Der neue Mond schleicht am Himmel hin, er streckt seine Hörner empor und glänzt in silbernem Scheine; um ihn her ziehen Wolken, stoßen aneinander und ziehen in den Lüften dahin; ihre wunderlichen Gestalten malen sich einmal wie Burgen, wie Wälder am Gewölbe ab und treiben nach einer Seite hin, dann ziehen sie wieder wie zwei feindliche Haufen gegeneinander, reißen sich in kleine Stücke, oder ballen sich zu einem Klumpen zusammen; beständige Bewegung ist in ihrer Wanderung, in ihren Gestalten stete Verwandlung. Das Heer zieht still und stumm dahin, hin und wieder schnaubt ein Pferd oder hustet ein Mensch auf.

Nekrasa hat alles aufs Beste geordnet, er hat Vorwachen ausgesandt, und nach allen Seiten Streifparteien abgefertigt, er selbst reitet an der Spitze der Kosaken Glembockis, neben ihm Bilowus, der Herr Porucznik führt die mittlere Abteilung an; bei ihm befinden sich der Kämmerer und Wernyhora, einer der Namiestniks führt die Nachhut. Die Nacht hat feierliche Stille weithin über die Welt ausgegossen, das Ohr hat nichts mit dem es sich beschäftigen könnte, und die Seele füllt sich mit banger Ahnung. Die Rosse verdoppeln ihren Schritt, die Streifscharen kehren aus den benachbarten Dörfern und Höfen zurück. Nirgends haben sie eine Kunde von dem Feinde erhalten, nirgends eine lebendige Seele getroffen. Gegen Tag näherten sie sich Uman. Nekrasa sandte neue Streifscharen aus, sie durchstreiften das offene Feld in Länge und Breite, konnten jedoch keine Kunde erhalten. Schon fing es an zu tagen, als sie in die Stadt einzogen. Das Tor stand offen und der Wind wehte ihnen den Geruch von warmen Blute zu. Noch ist nichts zu sehen, aber schon spitzen die Pferde die Ohren, schnauben und wollen nicht vorwärts. Nekrasa ließ halten und ritt allein an der Spitze von dreißig Kosaken in die Stadt; auf den Straßen Leichname und Ströme frisch vergossenen Blutes; an den Häusern die Türen erbrochen, die Fenster eingeschlagen. An den Türen, an den Fenstern hängen Leichname, oder Stücke von menschlichen Leibern. Die Kosaken zerstreuen sich, um zu sehen, ob denn nicht ein lebendiger Mensch zu finden sei. Nekrasa befahl die Pferde zu füttern und mittlerweile die Leichname der gemordeten Brüder, so gut es sich tun ließ, zu bestatten.

Unterdessen brachte man ein Dutzend Hajdamaken, die zu ihrem Unglück die Abreise ihrer Spießgesellen verschlafen hatten. Die Augen waren ihnen zugeschwollen, an Gesicht und Händen hatte sich das getrocknete Blut noch nicht abgeschält; einer von ihnen schrie: man solle ihn zu dem Anführer bringen, und als er Nekrasa gewahrte, sagte er: „Ah, schaut! Kennt ihr mich nicht mehr, ihr zu den Ljachen übergegangener Ataman und ihr nicht, Herr Wernyhora? Und ich habe euch doch so oft gesehen. Ja, hätte der Bayda auf mich gehört, ihr liefet heute nicht mehr auf dieser Welt herum, selbst der Teufel hätte euch nicht schützen können.“

Der Ataman zitterte vor Wut.

„Also du bist es, verfluchter Dubyna, was hast du mit deinem Herrn angefangen? Hund!“

„Ich will alles erzählen; tut nur nicht gar so grimmig gegen mich, ich habe das Meinige getan, eure Sache ist es jetzt, mich aufzuhängen, zuvor aber hört mich an.“

Und nun erzählte er den ganzen Verlauf des Blutbades und schloss so: „Ich lauerte immer auf Chiczewski und hatte deshalb vier tüchtige Burschen zu mir genommen. Als nun Vater Gonta endlich rief: ‚lasst es losgehen!‘ stürzte ich mich mit meinen Burschen gleich auf den alten Herrn los, dem Jungen schnitt ich gleich die Kehle durch, dass er nicht lange leiden sollte, denn der Kleine hatte keinem etwas getan, aber dem Alten mussten die Ochsenziemer hereingebracht werden. Der Wicht wehrte sich noch lange, aber wir wurden doch mit ihm fertig, schleppten ihn in den Garten und nun ging es daran, Riemen aus seiner Haut zu schneiden. Da vergalten wir ihm nur gleiches mit gleichem für seine Ochsenziemer, er erhielt nichts umsonst, der Hund bat auch gar nicht um sein Leben, aber nach euch, Ataman, fragte er und als ihm einer erzählte, Gonta habe euch in Sokoliwka gesehen, fing er an, mich zu bitten, ich solle ihm doch Papier und etwas zum Schreiben geben, dann könne ich mit ihm anfangen, was ich wolle. Der Kerl dauerte mich, und so ließ ich denn nicht bloß, was man zum Schreiben braucht, vom Schlosse holen, sondern auch Siegellack und ein brennendes Licht. Nun schrieb er zwei Briefe, siegelte sie mit seinem Siegelring und sagte: ‚Guter Freund, übergib die Briefe jemanden, dass der eine an meine Frau und der andere an meinen Bruder gelangt; Gott verzeihe dir, wie ich dir verzeihe!‘ Mir wurde ganz schwer ums Herz, aber es musste einmal sein, und so marterten wir ihn noch ein wenig und hingen ihn dann an einem Birnenbaume auf. Hier habt ihr die Briefe, übergebt sie, denn ich werde wahrscheinlich nicht mehr viele lebendige Menschen sehen.“

Wernyhora nahm die Briefe und las die Aufschriften an Chiczewskis Frau und den Priester Chiczewski, Guardian des Kapuzinerklosters in Kuna. Sofort schrieb er selbst noch einen Brief und sandte einen Kosaken ab, um sie dem Guardian zu überbringen. Wenn er Frau Chiczewski noch nicht dort antreffe, so solle er ihre nahe bevorstehende Ankunft melden; wenn sie schon dort wäre, solle er sie auf die traurige Nachricht vorbereiten und sie, so gut es gehe, trösten.

In diesem Augenblick brachte man zwei Schulknaben3, diese zitterten noch beim Anblick der Kosaken und versteckten sich hinter den Reitern. Während des Blutbades waren sie auf den Kirchturm geklettert und hatten dort unter dem Dach die ganze Zeit über gesessen. Sie erzählten: nach dem grässlichen Lärm sei plötzlich Todesstille eingetreten, das Getöse verzog sich allmählich in Richtung Teplik. Der Porucznik ließ vier Towarysche und ein Dutzend Gemeine in Uman zurück, um die Gefangenen zu bewachen, die Bauern aus der Umgegend zur Bestattung der Leichen beizutreiben, sobald Maloklenckis Bataillon komme, ihm dies zu melden und selbst zu ihren Fahnen zu eilen. Nekrasa befahl aufzusitzen und sie rückten aus der Stadt in der Richtung nach Teplik aus.

Sie zogen die Straße dahin, hinter ihnen zieht sich der Staub in einem grauen Streifen dem Wind nach gegen Uman, vor ihnen ist das Land von Pferdehufen zertreten, auf den Feldern sieht man Haufen von Leuten, die in ihre Dörfer zurückkehren. Wenn ein Kosak heran reitet und fragt: „Gute Leute, wohin ist denn der Gonta gezogen?“, dann antworten sie keck, indem sie mit der Hand die Richtung anzeigen: „Dorthin gegen Teplik sind die Unsrigen gezogen“, sie wünschen ihm Glück auf dem Weg und folgen ihm freundlich mit den Augen. Wenn ein polnischer Landesreiter heransprengt und ruft: „He da, Bauern! Wohin sind denn die Hajdamaken gezogen?“ so bückt sich der Bauer bis zur Erde und antwortet: „Wir wissen von nichts, lieber Herr, sie sind da übers Feld hinein gezogen“, und im Herzen denken sie: „dass du den Hals brächest, verdammter Ljach!“

Die Sonne sät die Fülle ihrer Strahlen auf die Erde aus, die Wölkchen haben sich verzogen, der Himmel hat sich erheitert wie zu einem Feiertage, schon ziehen sie gegen Teplik, da tummelt sich vor den Toren etwas, wie Kosaken, in roter Kleidung. Nekrasa sandte Bilowus auf Kundschaft aus und befahl Glembockis Kosaken rechts und links um das Dörfchen herumzureiten, um den Feind von hinten anzugreifen. Die Landesreiterei ließ er sechs Mann hoch aufstellen und vorrücken. Bilowus kehrte zurück.

„Es sind die Unsrigen, der Herr Jägermeister Jelowicki aus Lanowiec mit seinen Leuten und vielen Adligen; sie sind eben erst nach Teplik gekommen, die Hajdamaken sind vor zwei Stunden abgezogen.“

„Mord und Tod! Herr Michael Jelowicki, ich kenne ihn, er ist der Nachkomme Hawrylos von Perejaslaw, jenes berühmten Mannes, der irgendwo hier herum den Tataren unter Sigmund das Fell tüchtig ausgeklopft hat, er führt das Tor im Wappen. Mord und Tod! Der Alte war ein Held, aber der Nachkomme lässt sich auch nichts nachsagen.“

Etliche zwanzig Reiter kamen aus dem Tor geritten, an der Spitze auf einem Goldfuchs von arabischer Abkunft, mit einer Blässe auf der Stirn und weißem linken Hinterfuß, ritt der Herr Jägermeister, indem er sein Pferd zierlich auf den Hinterfüßen tanzen ließ. Er trug einen roten Kontusch, ein weißes Unterkleid und einen goldenen Gürtel; die Knöpfe waren von kostbaren Steinen, der Säbel in vergoldeter Scheide, die Steigbügel von Silber, das Reitzeug nach Husarenweise mit Korallenbuckeln reich besetzt und mit büschelförmigem Samt, darauf das Wappen und der Namenszug des Herrn in Silber gestickt. Auch die übrigen Herrn ritten mutige Rosse, aber man sieht, dass der Herr Jägermeister den Vorrang unter ihnen führt. Hinter den Herren kamen die Kosaken in den mannigfaltigsten Farben. Als der Jägermeister den Kämmerer erblickte, sprengte er ihm entgegen.

„Wie geht es ihnen, mein bester Herr, wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen.“

„Mord und Tod! Wahr ist’s, aber jetzt treffen wir uns bei einem guten Bissen; ihr habt euch brav gehalten, Herr Jägermeister, auf echt polnische Weise.“

Der Jägermeister drehte sich den Schnurrbart: „Der polnische Edelmann wird immer herbeieilen und wäre es vom Ende der Welt, wenn es das Vaterland, die Rettung der Brüder gilt.“

Alle umringten den Porucznik und fragten ihn, was zu tun sei. Als er ihnen jedoch erklärte, Ataman Nekrasa sei von ihnen zum Anführer ernannt worden, sah man deutlich, dass die Edelleute daran keinen Geschmack fanden, denn sie verzogen die Gesichter. Der Porucznik fing nun an, ihnen von der Schlacht bei Korsun zu erzählen, von den freundschaftlichen Verhältnissen des Ataman zu Kirim-Giray und dessen Nachfolger Marud-Giray und setzte hinzu: „er ist der Pflegesohn Wernyhoras.“

Der Name Wernyhora war dazumal in den reußischen Woiwodschaften allgemein bekannt; die Edelleute wussten, dass er ein treuer Freund Polens und ein grimmiger Feind Moskaus war; sie kannten seine kräftige Teilnahme an dem Barer Adelsbund und wussten von seinen Verhältnissen zu den Mohammedanern. Ja, sie gingen gar so weit, dass sie glaubten, er habe entweder einen Bund mit Gott oder mit dem Teufel, und alles dies zusammen hatte ihm bei dem Adel ein ungeheures Ansehen erworben.

Nekrasa war, wie absichtlich, mit Wernyhora zurückgeblieben und beeilte sich nicht sehr, die Neuankömmlinge zu begrüßen. Der Kämmerer sprach feurig für ihn: „Mord und Tod, ihr Herrn Brüder! Herr Nekrasa ist ein Kriegsmann, wie es in Polen schon lange keinen gegeben hat.“

Der Jägermeister spielte mit dem Gold an seinen Kleidern. „Meine besten Herrlein, der Kosak ist ein ebenso guter Pole, wie der Edelmann, wir sind nicht hierher gekommen, um uns über den Oberbefehl zu entzweien, sondern um den Feind zu schlagen. Ich stelle mich mit Vergnügen unter die Befehle des Herrn Nekrasa.“

Die Edelleute gaben sich zufrieden, nur Mikolay Jaroszynski, der Erbherr von Miastkowa, brummte ein wenig, aber der Jägermeister ritt zu ihm hin:

„Es ärgert sie wohl, mein bestes Herrlein, dass einmal hier in der Gegend herum einige Brüder der Jaroszynski von Kosakensäbeln fielen. Was geschehen ist, das muss man zu vergessen suchen, übrigens hauen sie jetzt nur einige Hajdamaken nieder, oder was noch um die Hälfte besser wäre, die Moskowiter!“

Alle fingen an zu lachen und sprengten auf Nekrasa zu, umringten und begrüßten ihn und Wernyhora.

„Herr Ataman, wir stellen uns unter ihren Oberbefehl. Wir vertrauen auf ihren Mut und ihre Liebe zu Polen; sie sehen hier polnische Edelleute“ und der Herr Mundschenk Sobanski wies mit der Hand auf einen jeden und stellte sie einzeln vor. Die Edelleute verneigten sich und Nekrasa ebenfalls.

„Ihr Herrn Brüder von Adel, nach eurem Willen übernehme ich heute den Oberbefehl, wollte Gott, es wäre immer eine solche Eintracht und Liebe zwischen dem Adel und den Kosaken, gewiss würden wir alsdann den moskowitischen Samen bald aus Polen und der Ukraine ausgejätet haben.“

Wernyhora setzte hinzu: „Einst wird es so sein.“

„Heilig seien eure Worte, Vater Wernyhora,“ riefen die Edelleute und brachen nach Teplik auf. Hier warteten ihrer 700 rüstige Kosaken, auf mutigen Pferden, darunter 300 von Jelowicki allein, in roten Kurtkas, gelben Gürteln und weiße Kolpake an den Schaffellmützen. Nekrasa befahl: Jelowicki solle mit den Seinen gleich hinter den glembockischen Kosaken kommen, welche die Vorhut bildeten. Der Kämmerer sollte den Befehl über die Kosaken der verschiedenen Edelleute übernehmen und unter Jelowicki drein ziehen. Der Porucznik mit der Landesreiterei, als einem geordneten und geübten Heereshaufen, solle die Nachhut bilden. Wernyhora ritt neben dem Porucznik, er hatte keinen Befehl übernehmen wollen, denn er hatte geschworen, seinen Säbel nicht gegen die Brüder zu ziehen; er fühlte tiefen Schmerz über die Verblendung der Bauern und wirkte durch guten Rat zu ihrer Bändigung mit, aber seine Hand sollte kein Blut vergießen.

Sie verfolgten die Spur der Hajdamaken bis nach Zyatkivtsi, hier aber verlor sich hinter der Brücke über den Kublych die Spur der Rossehufe auf der Straße von Ladyschyn. Im Nu zerstreuten sich die Kosaken der Vorhut nach beiden Seiten und meldeten: „Im Eichenwalde sei das Gras im Zickzack niedergetreten nach Art der Wolfsfährten.“ Nekrasa eilte selbst in den Wald, zählte die Spuren, sah sich ihre Richtung an, kehrte zurück und nahm die Führer auf die Seite.

„Ich kenne die Umgegend hier vollkommen genau, denn ich bin mehr als einmal hier herumgestrichen, ich kenne Salisnjaks Kniffe, er will mich auf Tatarenweise über die Richtung, die er genommen hat, täuschen. Aber die Spur ist noch frisch, jetzt entkommt er uns nicht. Herr Porucznik, sie nehmen zwei Züge von ihrer Fahne und 200 Kosaken von Herrn Stempkowski und Sobanski und ziehen sich links auf die Straße nach Soboliwka. Sobald sie über den Wald hinausgekommen sind, wenden sie sich rechts über das Feld gegen den Bug. Wenn sie unterwegs Bauern finden, lassen sie ihre Leute in die Luft schießen und Gefangene machen; wenn Gontas oder Salisnjaks Kosaken Widerstand leisten, so greifen sie an und zerstreuen dieselben. Sie, Herr Jägermeister, ziehen sich mit ihren Kosaken und einem Zug Landesreiterei rechts gegen Khutory, und wenn sie durch das Dorf hindurch sind, wenden sie sich rechts gegen den Bug. Unterwegs tun sie dasselbe, was ich dem Herrn Porucznik empfohlen habe. Bilowus mit seinen Kosaken zieht mit mir, geradezu gegen die »sieben Gräber«. Der Herr Kämmerer mit 400 Kosaken und einem Zuge Landesreiterei, wird mir in einer Entfernung von 500 Schritten folgen, rechts und links hin eine Kette von Reitern aussenden, um mit den zwei Flügeln in Verbindung zu bleiben und alle Bewegungen zu erfahren. Er wird sodann Hilfe senden, wo solche nötig ist. Durch den Wald muss man leise ziehen, wenn sich ein Feind zeigt, schießen, und durch Feuern ihn auf das Feld hinaus treiben. Hier erst wird sodann eingehauen und immer darauf gesehen, dass man den Feind vom Bug abschneidet. Wer sich wehrt, wird niedergemacht, den Wehrlosen das Leben geschenkt.“

Im Nu hatten die Anführer ihre Befehle gegeben, im Nu hatten sich die Abteilungen geordnet und brachen gegen den Eichenwald auf. Diesmal ritt Wernyhora neben Nekrasa. Der Ataman sieht aus wie der König der Steppe, wie der Adler: Keckheit im Auge, Stolz auf der Stirne, er fragt niemand um Rat, er gibt Befehle. Wernyhora blickt mit entzücktem Auge auf seinen Pflegesohn; für ihn würde er seine Seele opfern; auf seinen Wink ist er bereit, sein Leben hinzugeben. Sie ziehen durch den Wald, die alten Eichen hadern mit dem Winde, dumpf murmelt es in den Blättern. Ihre Sprache ist unverständlich, aber anziehend fürs Ohr, bezaubernd für die Seele. Mit ihren Wipfeln decken sie die Erde gegen die Sonne, die hundertjährigen Riesen spotten der Strahlen und halten mit ihren dunklen Schultern ihren Schein auf. Schon nähern sich die Reiter dem Ausgang des Waldes, denn der Weg wird lichter, nirgends hat man einen Feind getroffen, denn kein Schuss ließ sich hören. Rechts zieht sich ein Sumpf gegen Soboliwka hin, links sieht man Khutory und wenig weiter entfernt einen kleinen Wald. Vor ihnen erheben sich die sieben Gräber, der mittlere Hügel ist der höchste, die auf den Seiten erheben sich stufenweise weniger hoch über die Erde.

Nekrasa winkt mit der Hand und die Kosaken hielten an. Er galoppierte allein einem Hügel zu, erstieg ihn von der Seite, um nicht vom Felde her gesehen zu werden. Er blickt scharf nach allen Seiten, kehrte zurück, sendete den Befehl an den Kämmerer, er solle so schnell als möglich nachkommen, und hielt eine Weile vor den Hügeln stille. Er stand vor Glembockis Kosaken, der Falbe schnaubte und scharrte mit den Füßen, auch dem Ataman wurden die Nüstern weiter, die Augen schossen Blitze, er witterte die Schlacht.

„Nur mir nach, Brüder, und wir siegen.“

Und sie setzen sich in Bewegung zwischen die Hügel hinein. Der Boden erdröhnt, die Gebisse erklingen, die Waffen klirren, Staub wirbelt empor und es braust der Wind.

Wernyhora erstieg den höchsten Hügel, hielt an und schaute umher. Das offene Feld senkt sich gegen den Bug hinab, der Fluss zieht wie ein Silberband in dem breiten Bette dahin, jenseits des Wassers erheben sich vorne Verschanzungen, hinter ihnen liegt Tschetwertyniwka, denkwürdig durch die Niederlage des Feldherrn Kalinowski in der »Schlacht bei Batoh«. Hier hat der Chmelnyzkyj Ljachenblut, Bruderblut vergossen. Ein wenig rechts von Tschetwertyniwka schimmert Hubnyk mit seinen weißen Häusern hervor, winken Gesträuche auf den Eilanden des Bug. Weiterhin malt sich ein Teil von Skybyntsi am Ufer des Flusses, das übrige verdeckt ein Birkenwald. Vor dem Wäldchen hat sich Pobirka im Kreise gelagert, von hier aus ist das Feld offen bis nach Soboliwka, links von Tschetwertyniwka fließt der Bug in seinem weiten, klaren Bette dahin und wendet sich gegen Nordwest. Jenseits des Flusses zeichnet sich Ladyschyn mit seiner hölzernen Kirche, seinem weißen Edelhofe ab; nördlich von Ladyschyn führt der Sob seine Gewässer dem Vater Bug zur Nahrung zu, und von dort aus sieht man bis zum Eichenwald von Khutory, bis zu dessen Gärten kein Wäldchen, kein Gesträuch, kein Moor, keine Schlucht. Blickt man über diesen Umkreis hinweg, so erschaut man noch eine Menge Dörfer, Anhöhen, Wälder und Gewässer. Von der höchsten dieser Anhöhen kann der Blick gar weit umherschweifen und noch weiterhin mögen sich die Gedanken ergehen.

Dicht vor Hubnyk sieht man eine Menge Hajdamaken, rechts die blaubraunen Kosaken Gontas, links die dunkelblauen Saporoger Salisnjaks. Aber auch auf den Wällen jenseits des Flusses entfalten sich Menschenhaufen. Nekrasa sprengte hinter dem Hügel hervor, schwenkte die Hand und das erste Hundert der glembockischen Kosaken zerstreut sich nach links und rechts, und trabt im Zickzack und in Schlangenlinien vorwärts. An der Spitze tummelt sich Bilowus auf seinem Braunen. Zwei Hunderte entfalten sich in zwei Reihen und folgen in gemächlichem Schritte den Plänklern; an ihrer Spitze reitet Nekrasa. Der Himmel war rein, die Sonne schien hell, da stiegen plötzlich zwei Wölkchen auf, stießen aneinander und es begann in einzelnen großen Tropfen zu regnen, wie wenn der Himmel Tränen vergösse über den Jammer der Menschen.

Gonta und Salisnjak sandten ebenfalls eine Schar Plänkler aus und rücken selbst mit der Reiterei vor. Hinter ihnen drein in ungeordneten Haufen das Bauernvolk, heulend und schreiend wie eine Herde Wölfe, wie eine Rotte Teufel. Die Flinten knallen, Nekrasas Plänkler ziehen sich, obwohl langsam, zurück und der Ataman selbst macht Halt. Die Hajdamaken traben gegen den Fuß der Hügel an, die Spieße, starrend wie ein Zaun, neigen sich zur Erde, und die Führer ziehen die Schwerter. Gonta eilt den Seinigen voran.

Nekrasa blickt zur Rechten, er sieht, wie in einer langen Reihe Jelowickis rote Kosaken sich aus Khutory entfalten; er blickt zur Linken, die Landesreiterei galoppiert über das Feld; die Fähnlein der Towarysche sind schon bei Pobirka vorüber, und sind in gleicher Linie mit dem Birkenwald von Skybyntsi. Nekrasa sendet einen Kosaken nach hinten an den Kämmerer ab. Die Hajdamaken hielten an und das Bauernvolk begann gegen den Bug zu fliehen. Nekrasa zog den Säbel:

„Die Spieße gesenkt, Gott die Ehre!“

Und er sprengte im Galopp voran. Glembockis Kosaken jagten ihren Pferden fast die Seele aus dem Leibe. Sie durchbrechen die Reihen der potockischen Kosaken und werfen sie nieder. Der Porucznik mit der Landesreiterei fällt schon in die Flanken, die Towarysche stechen mutig zu, die Gemeinen feuern mit Gewehren, hauen mit den Palaschen ein. Salisnjaks Saporoger setzen den roten Kosaken einen hartnäckigen Widerstand entgegen, aber der Herr Jägermeister lässt sich nicht abschrecken, er ist der erste, der mitten unter die Feinde sprengt, und ihnen die Köpfe und die Mäuler tüchtig mit Kreuzhieben zeichnet. Zweimal sind sie, er und Salisnjak, wie Kampfhähne aneinander geraten, und zweimal hat sie das Gedränge der Kämpfenden wieder getrennt. Der Watazka sucht den Ljachen. Sein Auge hat die Edelsteine und das Gold bemerkt. Der Jägermeister suchte den Watazka, bei ihm findet er den Mut, der seines Mutes würdig ist; jetzt kommt der Kämmerer mit seinen Leuten zur Unterstützung herbei, die Saporoger wanken. Salisnjak muntert mit Hand und Stimme zum Widerstand auf; wie toll fliegt er gegen den Jägermeister herbei, sein Säbel schwirrt durch die Luft und trifft dem Goldfuchs in die Lefze. Das Pferd bäumt sich und wendet sich auf die Seite. Der Jägermeister führt mit Blitzesschnelle einen Streich von der Rechten zur Linken und zeichnet den Watazka mit der scharfen Schwertspitze gerade über die Schnauze. Salisnjak bückt sich, der Kämmerer sprengte herzu und führte einen so kräftigen Hieb in das Genick, dass der Watazka vom Pferd stürzte und die Hajdamaken zerstreuten sich.

Die Landesreiterei und die adligen Kosaken verfolgen sie um die Wette, sie hauen und stechen auf den Feind, zertreten mit den Rossehufen Verwundete und Tote. Die Hajdamaken fliegen von den Pferden wie Spreu von dem reinen Korn. Sie fallen zu Boden wie Distelköpfe unter der Schärfe der Sense. Nekrasa jagt Gonta nach, er schafft mit dem Säbel sich Bahn durch die Menge, sein Falbe macht ungeheure Sätze, er ist der Erste, der den Bug erreicht, aber der verräterische Gonta hat bei dem kräftigen Andrang der glembockischen Kosaken die Hoffnung auf den Sieg aufgegeben und sich eilig aus dem Staube gemacht.

Bis zur Abenddämmerung dauerte das Gemetzel und die Verfolgung. Als die Dämmerung einbrach, bliesen die Trompeter die Leute zusammen, und die des Kampfes satten Krieger sammelten sich in Hubnyk. Zu hunderten wurden die Gefangenen zusammengetrieben; den Siegern kann man im Auge und im Gesichte die Freude ablesen. Die Besiegten lassen die Köpfe hängen, sei es aus Reue über die begangenen Frevel oder aus Angst vor der grausamen Strafe.

Nekrasa hat Bilowus befohlen, mit hundert Reitern über den Bug zu setzen und das in jener Richtung zerstreute Hajdamakenvolk zusammenzutreiben. Die Edelleute und die Befehlshaber der Landesreiterei umringen den Ataman, sie danken ihm für seine Führung, sie umarmen ihn, denn das ist altpolnische, das ist adelige Sitte. Nekrasa, obwohl traurig, dass er das Schwert gegen Brüder ziehen musste, fühlte doch auch hohe Wonne darüber, dass er für die Mutter Polen kämpfen durfte.

„Mord und Tod, wie wir jetzt hier beisammen sind, wollen wir dem Herrn Porucznik die Verfolgung dieses Galgenstricks Gonta anvertrauen, und den Herrn Ataman bitten, dass er uns nach Bar führt, um den Unsrigen Entsatz zu bringen.“

„Einverstanden, einverstanden, wir bitten den Herrn Nekrasa darum.“

„Gut, Ihr Herren Brüder, wenn dies euer Wunsch ist, so wollen wir mit der Morgendämmerung aufbrechen. Mit solchen Kämpfern, wie sie, meine Herren, werden wir den Moskowitern das Fell tüchtig gerben.“

Jetzt kam Wernyhora und fragte, wo sich der Blahoczynny Basilius befinde, und die Hajdamaken antworteten ihm: „er sei eine gute Weile vor dem Kampfe, nach Empfang einiger Briefe, schnell nach Kyiv gereist.“ Wernyhora wollte diese Nachricht gar nicht gefallen, er näherte sich dem Kämmerer:

„Herr Bruder, hätten wir den Spitzbuben in unsre Hände bekommen, dann wäre der ganze Bauernaufruhr mit einem Schlag beendet gewesen.“

„Mord und Tod, was hängen soll ersäuft nicht, und jetzt ziehen wir nach Bar, Herr Kamerad.“

Inzwischen kamen in ganzen Scharen Greise, Kinder, Frauen, Männer nach Hubnyk; es waren dies Edelleute aus den umliegenden Dörfern. Während des Blutbades hatten sie sich auf den Eilanden des Bug und in den tiefen Höhlen an den Ufern des Flusses verborgen. Dort hatten sie in der äußersten Hungersnot eine ganze Woche zugebracht und jetzt segneten sie ihre Befreier. Bilowus kehrte zurück, brachte einige Hajdamaken mit und meldete: das Bauernvolk habe sich in seine verschiedenen Heimatorte zerstreut, und Gonta sei mit nicht mehr als zwanzig Reitern Hals über Kopf auf Nebenwegen in der Richtung nach Mohyliw-Podilskyj geflohen.

Um die zwanzig Saporoger, die in Gefangenschaft geraten waren, bejammerten nicht sowohl ihr eigenes Geschick, als den Tod ihres Watazka; auch Nekrasa ist betrübt. Salisnjak war lange Zeit sein Mit-Ataman des Kuren, wenn auch wild, doch tapfer, wenn auch durch die Popen in den Abgrund der Verbrechen hineingestoßen, doch immer ein redliches Gemüt. Er wähnte für den Glauben, für die Freiheit seines Volkes zu kämpfen, eigennützige Absichten hatten niemals Raum in seiner Seele. Der Ataman bat den Porucznik, er möge am nächsten Tage seinen Leichnam aufsuchen und bestatten lassen, wie es einem Kriegsmann gezieme.

Man hatte ein Feuer angezündet und nach eingenommenem Imbiss schickten sie sich an, zur Ruhe zu gehen, als man in der Ferne Musik erschallen hörte. Ein Kosak von der Vorwacht eilte herbei und meldete, dass auf der Straße von Hajssyn viele Fahnen Landesreiterei heranziehen. Schnell stieg der Porucznik zu Pferde und sprengte ihnen entgegen. Bald darauf ertönten Trompeten und Pauken, ein kriegerischer Marsch schmetterte durch die Luft und hallte weit hin. Die Namiestniks zu Fuße stellten ihre Reiter in Ordnung. Nekrasa und die Edelleute gingen ihnen zum Dorf hinaus entgegen, es war der Herr Brigadier Jerlicz, der mit sieben Fahnen Landesreiterei anrückte. Sobald er die ihm Entgegenkommenden erblickte, stieg er vom Pferde, begrüßte Nekrasa und die Adeligen, und dankte ihnen im Namen des Vaterlandes für den errungenen Sieg. Die Offiziere stiegen von den Pferden, alle gingen in den Edelhof, hinter ihnen drein rauschte die Musik, der Brigadier schritt traurig dahin.

„Vorgestern ist Bar von dem moskowitischen General Apraryn genommen worden. Unsere Brüder, die Edelleute, haben viel gelitten.“

„Nun, so wollen wir gleich gegen die siegestrunkenen Moskowiter ziehen,“ entgegnete Nekrasa „sie zusammenhauen und den Konföderierten Hilfe bringen, sie sind ja gute Polen.“

„Herr Ataman, der König ist dem Bunde nicht beigetreten, und das Heer ist dem König treu.“

„So sage man sich von der Treue gegen ihn los; denn es handelt sich hier darum, die Moskowiter aus Polen zu jagen!“

„Vielleicht kommt das Land gerade dann zur Ruhe, wenn der Adelsbund sich auflöst, dann bekommt der König freie Hand?“

Wernyhora schüttelte den Kopf.

„Herr Brigadier, es ist ein Unglück, dass diese Herrn stets auf die gute Gesinnung des Königs vertrauen. Er richtet das Land zu Grunde, davon erhalten wir täglich Beweise. Auf dem Adelsbunde beruht unsere Hoffnung; er sinkt nicht so schnell. Es finden sich schon Leute, die ihn aufrecht erhalten, und wenn ihm das Heer beiträte, dann würde Polen bald aufblühen.“

„Herr Wernyhora, sie wissen, dass ich ein Pole bin, dass ich mein Vaterland liebe. Wir haben zusammen darüber oft gesprochen, aber ich nehme als Offizier eine hohe Stellung ein. Welches ärgerliche Beispiel würde ich geben, wenn ich vom König abfiele?“

„Herr Brigadier, das ist das Unglück, dass der Pole sich eine Menge Verpflichtungen auferlegt, die ihn als Polen gar nichts angehen; meiner Ansicht nach ist die Existenz und die Rettung des Vaterlandes die heiligste Angelegenheit, das übrige alles ist Nebensache.“

Immer neu Hinzugekommene unterbrachen das Gespräch, und alle waren tief betrübt über die Einnahme von Bar und das Unglück der Konföderierten. Der Kämmerer war ganz außer sich vor Zorn, als er von den Offizieren erfuhr, auf Befehl Branickis haben zwei Regimenter Kronfußvolk, als Moskowiter verkleidet, mit den Moskowitern Bar erstürmt und mit diesen Bruderblut vergossen.

„Mord und Tod! Dieser Galgenstrick, dieser räudige Hund! Mord und Tod, dieser Hundsfott, dieser Tatarenbastard, seht ihn nur!“

Major Kordysz unterbrach ihn: „Herr Kämmerer, vielleicht lag hier keine böse Absicht des Herrn Generals zu Grunde; er betrachtet die Konföderierten als Feinde des Königs, als gefährliche Menschen für das Land. Sie sehen, dass er jetzt mit seinem ganzen Heere nach Scharhorod gezogen ist und uns befohlen hat, die Hajdamaken so schnell als möglich zu vernichten, und die Sicherheit des Adels wieder herzustellen.“

„Mord und Tod! Und sie nennen dies eine gute Gesinnung des Herrn Branicki gegen das Vaterland? Ich erkläre jedermann, dass Branicki ein Verräter ist! Mord und Tod! Er hat die Suppe eingebrockt, hat die Mörder gegen den Adel losgelassen, und jetzt, wo er sieht, dass der Adel zu den Waffen greift, jetzt will auch er die Hajdamaken zur Ruhe bringen? Er weiß recht gut, dass es kein Kinderspiel ist, wenn der polnische Adel zu Pferd sitzt; das könnte ihm und seinem König schlecht bekommen. Mord und Tod! Vor Gericht will ich beweisen, dass Branicki ein Verräter ist, ohne Ehre und ohne Glauben, und der König Stanislaus August nicht besser, und wer mir das bestreitet, mit dem bin ich bereit, einen Gang zu machen.“

Und er fasste mit der Hand den Degengriff. Die Offiziere schwiegen, und die Edelleute drückten ebenfalls ihre Entrüstung aus.

Inzwischen gab der Brigadier Befehle, diktierte Rapporte; die Herrn Offiziere entfernten sich nacheinander, um den Felddienst zu besorgen, und die Einquartierung der Soldaten zu leiten.

Wernyhora sprach: „Ihr Herrn Brüder vom Adel, wir werden hier nichts ausrichten, sondern dürfen erwarten, dass Herr Branicki uns entwaffnen und wie Verbrecher behandeln lässt, oder uns gar den Moskowitern ausliefert. Herr Jerlicz ist ein braver Mann, ich kenne ihn von lange her, aber alle diese blanken Offiziere beugen sich vor ihrem militärischen Dienst-Reglement, wie vor einem goldenen Kalbe. Der Offizier ist bei ihnen schuldig und verbunden, den König zu beschützen, ihm treu zu dienen, an das Vaterland denken sie nicht. Die Jüngeren würden sich gerne zu uns halten, aber sie fürchten sich, die Kriegsgesetze zu übertreten und gegen den Willen ihrer Vorgesetzten zu handeln. In ihren Adern fließt polnisches Blut, ihr Herz schlägt für das Vaterland, aber lange Jahre werden vergehen, bis sie anfangen, selbstständig zu denken, selbstständig zu handeln. Doch sie wird einst kommen diese Zeit. Ein Eifer für den Kriegsdienst, der nicht aus der Liebe zum Vaterland hervorgeht, nicht auf das Wohl des Vaterlandes gerichtet ist, nimmt dem Manne den Namen eines Mannes und wandelt seinen Wert in nichts!“

„Mord und Tod, der Herr Kamerad hat Recht. Ein Mann ohne Glauben, ohne Vaterland, ist keinen Schuss Pulver wert. Was soll das heißen: man müsse sich für die Ehre schlagen, das tut jeder elende Tropf, der um Jahreslohn dient. Schlägst du ihm ins Gesicht, so will er sich duellieren für seine Ehre.“

„Meine Meinung, ihr Herrn Brüder, ist nun die: ihr geht gerüstet, wie ihr seid, nach Hause und haltet euch bereit, dem Barer Adelsbunde beizutreten. Er ist durch die Einnahme von Bar noch nicht vernichtet. Sammelt euch in kleinen Abteilungen, tut den Kriegsknechten der Zarin Schaden, wo ihr könnt, lasst euch durch keine Niederlage abschrecken, denn für ein Volk, das mit einem fremden Feind im eigenen Lande Krieg führt, sind Niederlagen nur Sprossen auf der Leiter, die zum Sieg führt; wenn nur Ausdauer da ist, und der feste Entschluss, den Feind auszurotten. Auch in Moskau wird es zuletzt an Leuten fehlen, wenn man nicht aufhört, sie zu morden, wo man sie trifft. Ich verspreche euch baldige Hilfe; es werden sich viele Freunde finden, denn glaubt mir, der fremde Freund ist günstiger gesinnt gegen den, der sich schlägt, so gut er kann, als gegen den, der auf fremde Hilfe rechnend die Ohren hängen lässt und untätig zu Hause sitzt.“

„Herr Wernyhora, weshalb sollen wir aber auseinander gehen?“ antwortete der Jägermeister, „lieber wollen wir jetzt alle, wie wir da sind, uns von dem Kriegsheere trennen und unter der Anführung des Herrn Nekrasa Krieg mit den Moskowitern führen.“

Und der ganze Adel stimmte bei: „Der Herr Jägermeister hat Recht; wir bitten den Herrn Nekrasa, er möge uns gegen die Moskowiter führen.“

Wernyhora schüttelte den Kopf.

„Es kann nicht sein, ihr Herrn Brüder, wir würden unsere Sache aufs Spiel setzen, nicht auf einem, sondern auf allen Punkten, zugleich müssen wir die Moskowiter bekriegen. In jedem Dörfchen muss sich der Adel mit seinen Leuten bewaffnen, und durch offenen Krieg, oder durch List, die Moskowiter zu vernichten suchen. Würden wir hier Krieg führen, so müssten wir alle unsere Streitkräfte an uns ziehen und auf einem Punkte vereinigen, würden wir dann unterliegen, so würde dies in den Reihen unserer Brüder Schrecken verbreiten, und dies wäre sehr schlimm.“

„Mord und Tod! Auch ich möchte wohl gleich mit diesen moskowitischen Hunden anbinden; aber folgen wir nur dem Rate Wernyhoras, meine Herrn Brüder, er hat immer Recht, wie wenn er im Buche des Schicksals gelesen hätte.“

Nach vielem Hin-und-her-Gerede willigte endlich der Adel ein, in seine Heimat auseinander zu gehen, aber man sieht es ihnen an den Augen an, dass sie sich lieber schlagen möchten. Auch Nekrasa ist unzufrieden damit, denn er hat sich überzeugt, dass der polnische Adel und die herrschaftlichen Kosaken sich eben so gut schlagen, wie die Saporoger, und dem tapferen Manne ist es eine Lust, tapfere Leute anzuführen. In der Ecke des Zimmers spricht er lange mit Wernyhora, man kann kein Wort hören, denn sie führen das Gespräch leise, aber auf dem Gesicht des Ataman gewahrt man hartnäckigen Widerstand und der Alte wird immer nachgiebiger.

„Ich muss sie sehen!“

„Nun, so mag es sein, wir wollen gleich abreisen, nur muss ich zuvor noch mit dem Kämmerer sprechen.“

Er nahm Drojewski auf die Seite und sie sprachen miteinander. Währenddessen erklärten die Edelleute dem Brigadier Jerlicz ihr Vorhaben, sich nach Hause zu zerstreuen, überzeugt, dass das Landesheer dem Lande die Ruhe zurückgeben werde. Der Brigadier, über diesen Entschluss erfreut, erklärte ihnen offen und ehrlich, dass er ihn durchaus billige und bürgte ihnen dafür, dass sie auf seinen Eifer, sowie auf die Tapferkeit seiner Krieger rechnen können, und dass, der aus den reußischen Woiwodschaften entflohene Friede bald dahin zurückkehren werde. Wernyhora befahl Bilowus nach Parchomiwka zurückzukehren und gab ihm einen Brief an Glembocki mit. Nekrasa nahm herzlichen Abschied von den mutigen Kosaken und ihrem Anführer, und auch sie nahmen wehmütigen Abschied von ihm und sagten: „Gott gebe, dass wir uns wieder sehen und wieder so einen Tanz aufführen, wie heute.“ Als die Edelleute aufbrechen wollten, umarmte der Jägermeister Nekrasa:

„Ich hoffe, es wird nicht das erste und zugleich letzte mal gewesen sein, dass wir den Herrn Ataman gesehen haben.“

„Ich bin überzeugt, wir werden uns überall treffen, wo es gilt, für Polen zu kämpfen und zu sterben.“

Der Porucznik verabschiedete sich von Nekrasa mit brüderlicher Herzlichkeit.

„Ataman, vergiss mir meinen Bruder Lucas nicht, gebe Gott, dass er in deine Fußstapfen trete.“

Wernyhora und Nekrasa reisten ab und die Trennung ging den Edelleuten so hart ans Herz, wie wenn es ihre leiblichen Brüder gewesen wären. Die gutsherrlichen Kosaken sind traurig, sie hatten gedacht, sich jetzt nach Herzenslust im Waffenspiele ergehen zu können und jetzt gleich beim ersten Anlauf reitet ihr Anführer davon, Gott weiß wohin.

Mit Sonnenaufgang brach der Adel mit den gutsherrlichen Kosaken auf. Jerlicz sendete zwei Fahnen zur Verfolgung Gontas ab, einer andern befahl er die Gefangenen nach Kodnya zu bringen. Mit einer Fahne blieb der Major Kordysz im Standlager zu Ladyschyn zur Beschützung des Adels in der Umgebung. Nachdem die Verwundeten versorgt und die Toten bestattet waren, brach der Brigadier selbst mit Maloklenckis Bataillon nach Scharhorod auf.

Viele Jahre werden verfließen, Würmer werden die Gebeine der Gefallenen zernagen, auf Salisnjaks Grab wird manches Geschlecht von Felddisteln wachsen und vergehen; der überweise Geschichtsschreiber erwähnt vielleicht nicht einmal die Schlacht bei Hubnyk, aber das Landvolk bewahrt sie in seinem Gedächtnis als einen Beweis moskowitischen Verrats. Die späten Enkel werden es sich wiederholen: hier kämpften Brüder gegen Brüder. Die moskowitische Zarin rief sie mit gotteslästerlichen Lippen auf, im Namen des Glaubens, im Namen der Freiheit, und bewaffnete Bruderhände gegen Bruderblut. Hier an dieser Stelle hat der Adel, im Verein mit den Kosaken, die sinnverwirrten Frevler erdrückt und gezüchtigt; eine Warnung für unsere Nachkommen, dass die Kosaken mit dem Adel in Eintracht leben sollen, als die Söhne einer Mutter, und nicht hören auf fremde Einflüsterungen, die sich bemühen, auch das polnische Volk in kleine Stücke zu zerhauen, wie sie das polnische Land schon geteilt haben. Vielleicht kommt einst noch die Zeit, wo der ljachische Adel, im Bunde mit dem Kern der Kosaken, aufs neue den Kriegstanz aufführen wird gegen die Feinde für Polens Existenz, für Polens Ruhm.

Wernyhora, der Seher in der Ukraine II

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