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Der Schall im Nacken
ОглавлениеNein, das ist kein fröhlicher Versprecher. Mir sitzt der SCHALL wirklich im Nacken, der Lärm, das Röhren, Zischen, Sägen, Pfeifen, Hämmern... auf höchstem Niveau.Dabei wohne ich in einem potentiell sehr ruhigen Viertel. Eigenheime mit sauberen Stellplätzen, schmucke Reihenhäuser von gepflegten Gärtchen umgeben, Zone 30 – es könnte richtig erholsam sein, ja, ein Hafen der Ruhe.
Stattdessen ist leider der Teufel los. Meist der Putzteufel. Ein Aufmarsch von Freischneider-Trimm und Häcksel-Trupps. Die Rasenkanten-Dachrinnen-FugenmoosEntfernungs-Brigaden und natürlich die Hausherrn selber, die ihre Armada von Hochdruckreinigern, Laubsaugern, Motorsensen und Kettensägen rituell und unerbittlich einsetzen...pünktlich zum Feierabend, zum Wochenende, just zu den Zeiten, wo man endlich einmal abhängen könnte...
Lärm tut mir weh. Er fräst sich förmlich in meine Ohren, überlappt alles. Er jagt meinen Puls hoch, setzt meinem Herzen zu , macht mich aggressiv.
Aber: Mein gequältes Gesicht, die Grimassen und (zunächst) stummen Flüche -. das interessiert keinen. Im Gegenteil. Die Kolonnen grünbehoster Gärtner lösen sich weiterhin ab. Sind die einen fertig, rücken die nächsten heran. Und kommen einmal keine Gärtner (im Hochsommer, nach Wochen der Dürre...) tauchen morgens um halb sieben Zimmerleute auf, bauen Gerüste auf, decken Dächer ab, nageln neue Gauben oder Pergolas zusammen. Zur Zeit erfreut uns in unserer Reihenhaus-Reihe die Entkernung von Nummer 17, zwei Haustüren weiter. Unfassbar, wie lange und wie viel (und laut!) man an 100qm umbaute Rau ´rausschlagen, -sägen, - fräsen und dann wieder neu reinkloppen kann. Seit Monaten!
Wer glaubt, um 17 Uhr sei dann Schluss, weil dann ja Handwerkers Feierabend wäre, der kennt die Eigenheim-Besitzer schlecht. Ab 17 Uhr geht es bei denen erst richtig los. Geräuschlos ist dabei nur deren stille Übereinkunft, immer schön der Reihe nach aktiv zu werden... damit die Beschallungskette nicht reisst. EMI heißt die programmatische Abkürzung: Einer mäht immer...Nervensägen, kann ich da nur sagen. Ja, das lässt mir hier in der tat keine Ruhe, dieses unverfrorene Sägen an des Nachbarn Wohlbefinden, an seiner Gesundheit!
Denn Lärm macht erwiesenermaßen krank. Lärm ist massive akustische Umweltverschmutzung, schriller Smog für die Ohren. Lärm provoziert Stress, (zer)stört den sozialen Frieden, ja, kann Herzinfarkte auslösen. Dabei ist mir völlig klar: Lärm ist unvermeidlich. Manchmal. Aber sehr oft könnte man ihn verhindern und unterlassen.... oder zumindest abmildern.
Ich bin mir sicher: Würde die Belästigung durch Lärm eine spürbare Steuer kosten, wäre es schlagartig ruhig im Lande. Mopeds führen im Flüster-Ton, meine "Freunde" mit ihren Harleys elektrisch. Der Nachbar würde den penetrant-heulenden Laubsauger im Keller lassen und erkennen, dass er seinen 80-Quadrat-Meter-Garten auch gut mit dem Rechen sauber kriegt (was im Übrigen auch viel besser wäre für die Biodiversität darin...), er würde auch sicher nicht mehr drei Mal im Jahr den Hochdruck-Reiniger aktivieren, um den kleinen Weg zu seinem Haus und der Garage keimfrei zu machen.
Die Kettensäge im Garagenhof (da schallt es besonders gut!) bliebe stumm, denn Kaminholz kann man ja auch fertig zugeschnitten kaufen. Vielleicht entfiele auch die eine oder andere Rasenmäher-Orgie, weil.... statt stur fünf Zentimeter ließe sich auch mit generös fünfzehn Zentimeter Schnittkante leben. Wenn man denn unbedingt einen „Teppich“ im Garten haben muss..
Die Profi-Gärtner müssten ihre diversen motorbetriebenen Cutter ersetzen durch Silent-Geräte, die vielleicht teurer in der Anschaffung sind, aber letztlich gesünder für alle.
Wer meine Überlegung für abwegig hält, mag ja mal einen Tag hier an der Eigenheim-Front verbringen. Am besten, wenn Grünschnitt und Baumfäll-Arbeiten anfallen und der 80 Ps-Häcksler aufgefahren wird, der alles Holz förmlich pulverisiert.... mit dem Dauerlärm eines Düsenjägers. Nicht umsonst tragen seine „Piloten“ Ohrenschützer. Ich selbst als Unbeteiligter mag aber einfach nicht in meinen eigenen vier Wänden derartige Dinger tragen. Und wenn ich jedes Mal das Weite suchen würde, sobald die Handwerker und Heim-Berserker auftauchen, dann könnte ich mein Haus auch verkaufen. Hab ich mir tatsächlich auch schon mal überlegt.
Aber in einer ruhigen Minute (!) beschloss ich dann, erst einmal zu kämpfen. Vielleicht gibt es ja Leidensgenossen, die mich in meiner Wahrnehmung unterstützen. Und Politiker, die ein (noch nicht ertaubtes) Ohr haben für dieses kostbare Gut …...... Ruhe.