Читать книгу Perry Rhodan 3066: Drangwäsche - Michael Marcus Thurner - Страница 7
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Das Leben ist schön
Kibrr bestieg die Überlandgondel und holte seinen kleinen Gelegekönig hastig zu sich ins Innere, bevor das Glastor zuschnappen konnte.
»Du trödelst wieder einmal, Hadrr«, sagte er. »Wie oft habe ich dir schon gepredigt, dass du dich mit vier Krallenhänden hochziehen sollst!«
Hadrr nahm die Lederflügel eng um seinen schmalen Körper. Wie so oft. Er schämte sich für seine nur schwach ausgeprägten Greifkrallen.
»Ich kann das nicht, Papa. Du weißt ganz genau, dass erst drei von ihnen das tun, was ich will.«
»Das redest du dir bloß ein.« Kibrr flatterte unruhig mit seinen eigenen Lederflügeln, soweit es ihm die Enge der Gondel erlaubte. »Als ich so alt war wie du, konnte ich bereits fünf bewegen und einsetzen. Warum solltest du ungeschickter sein als ich?«
»Ich bin anders als du, Papa. Vergleich uns nicht dauernd!« Hadrr setzte sich auf die schmale Gelegestange ihm gegenüber und zog verschämt das Gesicht hinter die durchscheinende Lederhaut. Den Schnabel weit nach unten gesenkt, die silber-blau gesprenkelten Augen geschlossen. Seine Physiognomie hinterließ einen prägnanten Abdruck in der Haut.
»Du wirst einmal der Gelegekönig meines Hausstalls sein. Du wirst meine Haupteierin, ihre vier Schwestern und viele andere Fruchthühner unter dir haben. Der Stall wird blühen und gedeihen. Darauf vertraue ich.« Kibrr klapperte lautstark und ermutigend, sein Sohn nahm es wortlos zur Kenntnis.
Die Überlandgondel setzte sich sanft schaukelnd in Bewegung. Sie verließen die Hauptstation und das städtische Treiben Chachwims. Die Katapultfahrzeuge waren bald nur noch eine Ahnung, ein Auf und Ab zwischen den Häuserschluchten der Peripherie. In dieser Gegend hatten sich vor allem Spavnos niedergelassen, die nicht die Mittel für einen eigenen Gelegestall besaßen.
Kibrr blickte durch die transparente Bodenplatte in die Tiefe. Nur zu gerne hätte er die Gondel geöffnet und wäre in die Tiefe gesprungen, wie er es in seinen jungen Gockeljahren getan hatte. Die Lederschwingen so weit wie möglich ausgebreitet und den Körperflaum in den Luftstrom gestreckt, um den Aufprall nach einem Sturz aus zehn oder mehr Metern zu lindern.
Aber das durfte er nicht. Seine Hohlknochen waren altersmorsch, da und dort hingen Speckfalten vom Hauptsack seines Körpers. Er war viel zu schwer geworden, um den Sprung ohne Blessuren zu überstehen. Außerdem durfte er kein schlechtes Beispiel für Hadrr abgeben.
Er breitete die rechte Lederschwinge aus und deutete mit der äußersten Greifkralle in Richtung Norden. In Richtung einer Siedlung, die mittlerweile nur noch von wenigen Spavnos bewohnt wurde.
»Dort bin ich aufgewachsen«, sagte er voller Stolz. »In Fichamend ...«
»... in Fichamend, dem schönsten Flecken Spavars. – Ich weiß, Papa. Das hast du mir schon hundertmal erzählt.«
»Werd bloß nicht frech, kleiner Gelegekönig! In dieser Siedlung wurde ich ausgebildet, habe meine ersten Hühner gefunden, habe die alten Kornmühlen revitalisiert und letztlich so viel Erfolg gehabt, dass ich es mir leisten konnte, in die Stadt zu ziehen. Um einer der bedeutendsten Getreidehändler Chachwims zu werden. Weil meine Greifkrallen überzeugender sind als die der meisten Konkurrenten.«
»Jaja, Papa.«
Hadrr lockerte endlich seine Lederflügel und rollte sie ein. Er zuckte dabei mit seiner vierten Greifkralle. Er bemühte sich, sie mit den dreien zu synchronisieren, die bereits einsatzbereit war.
Kibrr verstand es nicht. Warum war sein Sohn bloß so ungeschickt? Er selbst hatte es vor drei Jahren geschafft, das achte von zehn möglichen Greifpodien zu aktivieren und es mit den anderen sieben abzustimmen.
Vielleicht würde es ihm sogar gelingen, das neunte zu aktivieren, bevor der Große Schwarze Vogel über ihn kam und ihn aus seinem Gelege riss?
Es hatte in seiner Familie nie einen Neuner gegeben. Er würde in der langen Ahnenlinie einen ganz besonderen Platz einnehmen. Als einer von nicht einmal hundert Spavnos seiner Generation, die neun von zehn Greifkrallen sinnvoll einzusetzen vermochten.
Das Spiel der Hände war elementar. Wer mehr Greifkrallen einsetzte, war präsenter und überzeugender. Eine beinahe hypnotische Wirkung ging von den Bewegungen aus. Sie machten, dass das Gegenüber Vertrauen fasste und bereit war, Handel zu treiben. Aber auch, um Sympathien zu entwickeln oder auf ein Liebeswerben einzugehen.
Kibrr erzählte von vergangenen Tagen, auch wenn sich Hadrr kaum dafür interessierte. Sein kleiner Gelegekönig sah teilnahmslos aus dem Fenster und warf immer wieder rasch einen Blick auf den Gock, das Spiele-Ei, das ihn mit vielen seiner gleichaltrigen Freunde verband.
Dafür ist er wiederum geschickt genug, obwohl er bloß drei Greifkrallen einsetzen kann!
Manchmal zweifelte Kibrr an seinem Entschluss, Hadrr als Gelegekönig und damit als Nachfolger einzusetzen. Aber er konnte die besonderen Anlagen riechen, schmecken und spüren, die der Siebtgeborene mit sich brachte. Sobald er seine Greifkrallen weiterentwickelte, würde er ein äußerst geschickter Händler werden – und die Hühner seines Gelegestalls verrückt machen. Er war der geborene Hausgockel.
Unter ihnen zog die Savannenlandschaft vorüber, die Gondel schaukelte träge im Wind. Der breite Fluss im Norden, die Ficha, war an ihrem fischigen Geschmack zu erahnen.
Bis nach Bims-Char waren es fast drei Stunden. Aber sie würden viel früher in einer der kleinen Zwischenstationen aussteigen und ihre monatliche Wanderschaft beginnen. Hinein in die Moorgebiete, in denen leckere Wildschlangen, Igelegel und schnabelgroße Wasserhüpfer darauf warteten, gebraten und heruntergeschlungen zu werden. In den Abendstunden würden sie es sich auf einer der vielen Hüttenstangen bequem machen, die die Naturparkverwaltung gratis zur Verfügung stellte.
Das Leben war schön.
Das Leben wäre schön, verbesserte sich Kibrr, dessen Gesichtsgefieder nun unangenehm stark juckte, wenn da nicht diese zirpenden Störenfriede aus dem All wären. Diese schrecklichen Wesen, die unsere Leben zu zerstören versuchen. Ohne dass wir wissen, was sie eigentlich von uns wollen.