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Inventar

Sehr geehrte Damen und Herren,

angesichts der Tatsache, dass ein Großteil der nun folgenden Therapieversuche mehrerer posttraumatischer Belastungsstörungen – ausgelöst durch so Menschen wie Wolfgang Frank, Pierre Littbarski und Jürgen Kohler – ausschließlich durch schwallartiges und unkontrolliertes Herausschreien bzw. -schreiben entstehen konnte, ist es vonnöten, ein paar der auftretenden Protagonisten näher zu erläutern, um etwaige Verständnisprobleme zu vermeiden. Es finden sich also auf den nun folgenden Seiten Gestalten, die zufälligerweise immense Ähnlichkeit mit Personen aus meinem sozialen Umfeld haben. Also, let’s go …

Der Sozialpädagoge: Der Sozialpädagoge ist bester Kumpan einer mittlerweile über zehnjährigen Reise, die uns gemeinsam sowohl in die tiefsten Niederungen menschlicher Abgründe als auch bis vor die Himmelspforten des Größenwahns geführt hat, also von Essen bis Köln. Seiner Profession hat er es zu verdanken, dass er einen Großteil seiner Zeit mit Eis-Essen, Schwimmen und Kart-Fahren verbringt, im Fachjargon „Erlebnispädagogik“ genannt, und dafür auch noch bezahlt wird. Den Rest seines Lebens vergeudet er in einer stadtbekannten Oberhausener Kneipe, laut Eigenaussage einzig und allein dem Umstand geschuldet, dass er dort „sturztrunken jeden Oberhausener aufs Übelste beschimpfen kann“, der ihm so über den Weg läuft.

Ben: Eine Galaleistung seiner fußballintellektuellen Fähigkeiten legte Ben am 21. Spieltag der Saison 2000/01 hin. Wir schauten uns gemeinsam mit drei anderen Leuten das Spiel gegen Aachen an, der MSV führte gegen die Alemannia bereits mit 3:0, als er in der 75. Minute aufs Spielfeld starrte und leise vor sich hinmurmelte: „Ich denke, Eugen Hach wird gleich Demir und Hildmann bringen, wahrscheinlich nimmt er Landgraf und Schmidt dafür vom Feld. Alles andere wäre Irrsinn.“ Als der Trainer der Aachener dann in der 80. Minute exakt diese Wechsel vollzog, floh der Sozialpädagoge fluchtartig, derweil ich Ben entgeistert anblickte und traurig mit dem Kopf schüttelte. Nachdem er sich jahrelang als Manager der Kicker von Hobby Hamborn auszeichnen konnte, verdient Ben seine Brötchen und andere Nahrung mittlerweile im Journalismus. Seine Liebe zu Werder Bremen versteht niemand, wird aber akzeptiert.

Reinhold: Reinhold trägt seit der Geburt dieselbe Frisur, was sein Leben erheblich erleichtert. „Wenn du 50 Jahre mit diesem Verein zu tun hast, hast du für Veränderungen nichts mehr übrig“, ist sein philosophischster Kommentar zu diesem Thema, meistens untermalt von den Gesängen der Beatles, die er fast genauso lange in sein Herz geschlossen hat wie den MSV Duisburg, „nur mit weniger Schmerzen“. Auswärtsfahrten sind ohne diesen Menschen undenkbar. Wer sonst sollte uns schließlich nach deprimierenden Niederlagen von den Heldentaten vergangener Zeiten berichten, um uns daran zu erinnern, dass es hier auch anders aussehen kann.

Philipp: Bens bester Freund, der in unkontrollierter Hektik und in einem mit McDonalds-Tüten vollgestopften Gefährt nahezu täglich deutsche Autobahnen unsicher macht, um SB-Bäckereien zu managen. Sein Lieblingsgetränk ist Cuba Libre, den er immer dann extrem lässig in seiner Hand hält, wenn er des Nachts – gerne mit Lehrerinnen – in obskuren Diskotheken über das Leben, die Liebe und sonstigen Unsinn philosophiert. Früher konnte er noch bei der Wundertruppe Hobby Hamborn glänzen, einer Bande übelster Subjekte, die sich allwöchentlich auf einer Hamborner Wiese trafen, um sich dort im fußballerischen Dilettantismus zu üben.

Mattes: Mittlerweile Lehrer und Familienvater, vor einigen Jahren noch damit beschäftigt, zu erlernen, wie man sich die Schleifen seiner Schuhe zubindet. Mattes ist ein wandelndes TV-Serien-Lexikon, von Dr. Snuggels bis zu Inspektor Gadget, von Knight Rider bis A-Team. Als Verteidiger und Torhüter Hobby Hamborns verbreitete er über Jahre hinweg Angst und Schrecken im eigenen Strafraum, kam aber nie ohne Schürfwunden vom Feld und tat auch sonst alles, um den jeweiligen Gegner bis aufs Blut zu bekämpfen.

Tim: Aus dem Dunstkreis des Sozialpädagogen bzw. aus dem Dunstkreis des Tennisclubs Blau-Weiß Oberhausen, einer sportlich äußerst traurigen Angelegenheit, die auch sonst kaum mit glücklichen Menschen aufwarten kann. Sein größter sportlicher Erfolg bestand darin, einen Holländer in einem Ligaspiel zu schlagen, „einen Holländer, kapierst du, einen gottverdammten Holländer“. Mit etwa 20 von Bayern München zum MSV Duisburg konvertiert, ein Schritt, für den wir etwa fünf Jahre Vorbereitung brauchten.

Alle anderen Personen wie z.B. Vater, Mutter, Bruder und Freundin erklären sich von selbst und kommen in diesem Werk als Vater, Mutter, Bruder und Freundin vor. Klagen eurerseits sind übrigens an dieser Stelle ausgeschlossen. Ich habe mich informiert und bin auf der absolut sicheren Seite, ihr solltet es also gar nicht erst versuchen.

So, und nun lasst die Spiele beginnen, wir haben schließlich keine Zeit zu verlieren. In ein paar Tagen spielt wieder der Meidericher SV, und den will momentan niemand verpassen.

Gruß aus Neudorf

Micha

So lonely

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