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Vorwort

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Das ganze Leben, die Bewältigung des Alltags, die Freizeit, sind bislang der wichtigste Fokus einer Betrachtung, wenn es um das informelle Lernen geht und vor allem darum, was dabei „herauskommt“, wozu es befähigt, wozu es für einen Menschen führt. Große Teile dieses Lernens münden in die berufliche Tätigkeit ein, mit der jemand seine Existenz bestreitet, weil er etwas kann, wofür er bezahlt wird. Das Hauptaugenmerk liegt aber vollkommen davon abgetrennt z. B. auf der sportlichen Leistung, auf der Entspannung, auf dem musischen Bereich, auf dem Geschick, mit dem man ein Hobby ausübt, darauf, für mehr persönliches Glück und Zufriedenheit zu sorgen – ein Lernen fernab formaler, durchorganisierter Rahmenbedingungen.

So dachte man bisher. Aktuell betrachtet man diesen privaten Bereich auch im Rahmen einer Hinführung zu einem Wissen und Können, das man Kompetenz nennt, weil es beruflich verwertbar ist. Der Fokus richtet sich auf eine Art privates Lernen, das jemanden ohne formale Schule und Ausbildung befähigt, mit dem Erlernten seine Existenz zu bestreiten.

Wird dies für das Beschäftigungssystem sichtbar und messbar gemacht, kommt es einem formalen Abschluss gleich, falls es in dieser Ausprägung anerkannt und zertifiziert wird.

In dieser Pilotstudie geht es um die inhaltlichen und methodischen Bestandteile, wie man informelles Lernen empirisch erheben und einer möglichen, politisch gewollten Zertifizierung zuführen kann. Damit wird gleichzeitig ein Modell skizziert, wie man hierbei verfahren könnte – defensiv formuliert handelt es sich um einen Vorschlag.

Es geht um die folgenden Bestandteile:

Wer sind die informellen Lerner, was zeichnet sie aus?

Gibt es wirklich Personen, die eine beruflich verwertbare Kompetenz ausschließlich informell erlernen?

Es gibt sie, und daraus ergibt sich die Frage nach dem Wie. Wie kann man informell, substanziell, ergebnisorientiert lernen? Dazu wurde die (Sozial-)Psychologie befragt und es wurde Erstaunliches an persönlicher Subjektivität „freigeschaufelt“, warum verschiedene Mechanismen zu wundervollen Leistungen dieser Lernform führen können.

Eine Hilfe, um den sowohl informellen als auch im späteren Verlauf formalen Prozess einer Validierung und Zertifizierung zu beschreiben, bietet die Szenario-Plan-Methode. Sie beantwortet die Frage, in welche Szenarien diese Lernform bis hin zur europäischen Zertifizierung eingebettet ist.

Denn es geht nicht nur um die Frage nach dem Einzelindividuum, nach dessen Potenzialen und materiell verwertbarer Leistung, sondern auch um die Frage, in welches „Ganze“ die Thematik eingebettet ist. Die Psychologie fragt nach der „Gestalt“ (Lewin), die Soziologie nach dem „Verhältnis von Individuum und Gesellschaft“ (Hahn), die Philosophie nach dem „Ganzen“ (Vershofen), die Systemtheoretiker untersuchen Syteme und ihre Subsysteme (Parsons, Luhmann). Die Einzelleistung eines Menschen erhält in meiner Abhandlung großen Respekt; gleichzeitig – es geht schließlich nicht um eine isolierte Selbstverwirklichung – stellt sich die Frage, wohin diese wohl ausgeformte Persönlichkeit führt oder wozu sie gehört und was das „Ganze“ ist, dessen Teil sie ist und von dem sie abhängt.

Vor dem Hintergrund des aktuellen Arbeitsmarktgeschehens kann diese Pilotstudie nur bedeuten, den Zusammenhang mit dem deutschen Beschäftigungssystem betrachten zu müssen. Dieses ist in seiner hohen Qualität weitgehend dem Ausbildungssystem geschuldet. Deshalb geht es in dem Berufsbeispiel der vorliegenden Studie um das duale System als Maßstab für die Validierung und formale Zertifizierung.

Mit diesem Bekenntnis erfährt das hier vorgestellte Validierungsmodell eine Gründlichkeit, die eine politisch geschenkte Validierung eher nicht zulässt, aber eine vollkommene Gleichstellung informell erbrachter Lernergebnisse gegenüber formalen IHK/HK-Abschlüssen. Zunächst werden vorhandene Kompetenzen festgestellt. Die Kompetenzkategorien benötigen eine inhaltliche Tiefe und Breite und müssen die entsprechenden Prüfungen repräsentieren. Darauf werden diese narrativ sichtbar gemachten Kompetenzen einer fachlichen Evidenzfeststellung unterzogen. Danach kann die komplette aufbereitete Dokumentation der zuständigen formalen Prüfungsstelle vorgelegt werden. Dort wird über die Gleichstellung entschieden. Falls nötig werden Ergänzungsmodule angeboten. Hiernach hält ein informeller Lerner ein gleichwertiges Zertifikat eines Berufsabschlusses in den Händen.

Die folgenden Seiten beschäftigen sich mit diesem Prozess anhand eines Beispiels, das sich auf andere Berufe übertragen lässt. Hierbei wird die Diskussion eines weiteren wichtigen Anliegens ermöglicht: Aufgrund der Einführung des Kompetenzbegriffs in die berufliche Bildung sind Adaptionen in Europa möglich.

Der einfacheren Lesbarkeit halber wird im Folgenden auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten explizit gleichermaßen für beiderlei Geschlecht.

Michael Beck

Nürnberg, Dezember 2017

– Validierungsprojekt –

Personalentwicklung

Dr. Michael Beck

Diplom-Sozialwirt (Univ.)

www.szenario-plan-methode.de

Das informelle Lernen und seine Validierung und formale Zertifizierung

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