Читать книгу KÜNSTLER IM BALKANEXPRESS - Mijo Peša - Страница 5
Kapitel 3
Оглавление>>Bring mir ein Glas Wasser!<<, befahl der dicke, arbeitsscheue Smor seiner Frau, die an der Tür erschien, ihn anschaute und den Kopf schüttelte.
>>Steh auf und trink so viel Wasser, wie du willst. Die ganze Nacht schläfst du im Bett und dann liegst du den lieben langen Tag auf dieser Liege und schaukelst herum. Schäm dich! Es ist Zeit, dass du nachts im Bett etwas mit deiner Ehefrau machst und tagsüber etwas für deine Familie. Ich frage mich immer öfter, wie du es geschafft hast, unsere zwei Kinder zu machen. Wenn ich gewusst hätte, dass du so faul bist, hätte ich dich nie geheiratet.<<
>>Ah, meine liebe Laska, du erzählst Unsinn. Als ich dich geheiratet habe, war ich jung und verrückt. Tag und Nacht habe ich meine Kräfte unvernünftig verschwendet. Aber das gehört der Vergangenheit an. Nie mehr wieder. Jetzt gib mir ein Glas Wasser und lass mich mein Leben genießen.<<
>>Herr Smor, Herr Smor, ihre wohlverdiente Rente ist da!<<, rief Slino, der lustige Postbote.
>>Was schreist du rum? Warum störst du meinen Frieden? Ich habe meine Rente hier verdient, deshalb musst du sie mir hierher bringen und mir übergeben.<<
>>In Ordnung. Ich weiß, dass Sie immer fleißig waren.<<
>>Quatsch nicht so viel und beleidige mich nicht! Fleiß musst du mir nicht erklären! Gib mir meine Euro. Ich muss heute Abend in den Balkanexpress gehen.<<
>>Sie bekommen sofort ihre Rente, Herr Smor. Bitteschön! Die ganzen 325 Euro.<<
>>Dankeschön. Jetzt hau ab!<<
>>Mein Freund, so geht das nicht. Ich bin der Postbote.<<
>>Und?<<
>>Gib dem Postboten, was dem Postboten zusteht.<<
>>Kommt nicht in Frage. Ich muss das Haus renovieren.<<
>>Sie können ihr Haus nicht mit meinem Geld renovieren. Geben Sie mir sofort mein Geld!<<
Smor gab ihm fünf Euro und ballte seine Faust zusammen. >>Jetzt verschwinde! Ich will dich nicht mehr sehen!<<
Smor nahm seine Krücken, die er im Grunde gar nicht brauchte, und ging in Richtung Balkanexpress. Auf halbem Weg drehte er sich um und schaute die kleine Schnecke an, die plötzlich hinter seinem Rücken auftauchte. Er murmelte etwas in seinen Bart und ging weiter. Kurz danach drehte sich Smor erneut um, sah wieder diese Schnecke und schlug mit der Krücke sofort so stark zu, dass die arme Schnecke durch die Luft flog und zerschmettert zu Boden fiel.
>>Lieber Gott, was haben Sie da getan?!<<, schrie eine Dame ihn an. >>Sie haben ein lebendiges Wesen getötet!<<
>>Gnädige Frau, Sie gehen mir genau so auf die Nerven wie diese verrückte Schnecke, die bereits seit eineinhalb Stunden hinter mir her schleicht.<<
>>Aber sie hat ein Anrecht auf Leben und ihren Lebensraum.<<
>>Ich habe auch ein Anrecht auf mein Leben und meinen Frieden. In keinem Gesetz steht, dass eine Schnecke das Recht hat, einen Menschen zu verfolgen und so seinen Frieden zu stören.<<
>>Herzlich Willkommen im Balkanexpress, Herr Smor<<, begrüßte ihn die junge, sehr freundliche Kellnerin Mila.
>>Lass mich in Ruhe! Ich bin sehr wütend. Eine langweilige Schnecke hat mich eineinhalb Stunden auf Schritt und Tritt verfolgt.<<
>>Es wäre dir bestimmt um einiges angenehmer gewesen, wenn dich eine schöne und junge Frau verfolgt hätte.<<
>>Verschwinde! Ich bin kein physischer Arbeiter, sondern Rentner.<<
>>Setzt dich an den Tisch, Smor!<<, schrie Professor Umko, der eine Narbe auf der rechten Wange hatte. >>Wir müssen einen Schluck Wein trinken. Unsere Heimat ist der Europäischen Union beigetreten. Unsere Politiker erzielen einen Erfolg nach dem anderen.<<
>>Unsere kroatischen Politiker sind traditionell erfolgreich.<< Smor setzte sich an den Tisch. >>Wir sollten keine Sorge haben. In unserem Land blüht alles, nur die Wirtschaft und das Volk gehen unter, aber das macht nichts.<<
>>Da ist auch pensionierte Koch Herr Horvatinski, unser künftiger Schriftsteller<<, meldete sich Mila wieder zu Wort. Ein 73-Jähriger mit einer Glatze und nur drei Zähnen im Ober-und Unterkiefer betrat das Restaurant. >>Er wird berühmter und populärer werden als unser Schriftsteller Mijo Peša. Und das auch nur, weil er später mit dem Schreiben anfing.<<
>>Wenn er 100 Jahre alt wird, wird er sein erstes Buch veröffentlichen. Mijo hat das ein paar Jahre vor seinem Hundertsten getan<<, fügte Floky hinzu.
>>Lasst Herrn Horvatinski in Ruhe!<<, befahl Umko. >>Er weiß, was er tut. Er ist ein weiser Kopf. Sagen Sie uns, Herr Horvatinski, wie Sie mit Ihrem Roman ,,Alisa und Benjamin“ vorankommen. Gibt es irgendeine neue Szene?<<
>>Meine lieben Freunde, diese Woche habe ich einige wunderbare Szenen geschrieben und bin zur Überzeugung gekommen, dass ich geistig durchaus sehr fortgeschritten bin.<< Horvatinski siebte seine Worte durch die sechs verbliebenen, schwarzen Zähne. >>Hätte ich ein paar Jahre früher damit begonnen, das Buch zu schreiben, wäre ich heute berühmter als Tolstoi.<<
>>Ihre Zeit kommt erst noch. Sie sind immer noch jung. Jetzt lassen Sie uns hören, was Sie geschrieben haben.<<
>>Benjamin und seine geliebte Alisa trafen sich in der Stadt und dann brachte er sie auf die Bergspitze, wo die Liebe passierte. Aber Benjamin war damals betrunken, fiel und kullerte den Berg hinab. Alisa weinte bitterlich. Als sie sich ausgeweint hatte, rannte sie zu ihm, doch sie stolperte, fiel in ein stacheliges Gebüsch und wurde völlig zerstochen. Oh Gott, ich weinte, als ich sie so erblickte...<<
>>Herr Horvatinski, Sie als Künstler dürfen nicht auf die andere Seite wechseln, da sich dies mit den Grundprinzipien der Kunst nicht decken würde. Das müssten Sie wissen.<<
>>Ich bin nirgendwohin gewechselt. Ich war im Wohnzimmer.<<
>>Herr Umko<<, meldete sich Dony zu Wort, >>Sie haben keine Ahnung von Kunst. Herr Horvatinski hat das Recht zu schreiben, wie und was er will. Das Wichtigste ist, dass es nicht langweilig ist. Und ich bitte Sie, lassen Sie den Mann in Ruhe weiterlesen.<<
Horvatinski nickte zufrieden. >>Alisa zog die Dornen aus ihrem Körper und ging zu ihm. Doch als sie das Blut auf seinem Gesicht sah, erschrak sie und flüchtete nach Hause.<<
>>Aha! Das ist die große Liebe<<, schlussfolgerte Slino. >>Hm. Was war mit dem armen Benjamin?<<
>>Jäger haben ihn gefunden und ins Krankenhaus gebracht, wo die Ärzte erste Hilfe leisteten und ihn an die Geräte anschlossen. Er kam schnell danach zu sich und sagte den Ärzten, dass sie sofort seiner Geliebten Bescheid geben sollten, dass er lebe, gesund sei und dass sie schnell zu ihm kommen solle. Doch als Alisa in das Zimmer kam und die Anschlüsse der Geräte auf seinem verletzten Körper sah, erschrak sie, bekam Durchfall und rannte auf die Toilette. Der arme Benjamin hatte vergessen, in welchem Zustand und wo er sich befand. Er hatte eigentlich angenommen, seine geliebte Alisa hätte ihn verlassen. Der verlorene und traurige Benjamin wollte zu ihr gehen. Hastig stand er auf, stolperte und fiel zu Boden, aber er jammerte nicht. Als seine geliebte Alisa aus der Toilette zurückkam und sah, wie ihr geliebter Benjamin hilflos auf dem Boden lag, erschrak sie und flüchtete wieder nach Hause.<<
>>Herr Horvatinski, es wäre am besten, wenn Sie nichts schreiben würden. Sie sind doch zu alt für so etwas. All das, was Sie geschrieben haben, ist weit weg von Kunst. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich<<, behauptete Umko.
>>Mijo ist auch alt!<<
>>Lasst Mijo in Ruhe! Er ist bekloppt!<<
>>Ich bin bekloppter als er!<<
>>Das stimmt. Aber Sie haben nur sechs Zähne in ihrem Mund.<<
>>Mijo hat nur vier! Wenn ich mein Buch schreibe, es veröffentliche und Geld verdiene, lasse ich mir eine Prothese für Unter-und Oberkiefer anfertigen, die besser und schöner sein wird als die von Mijo. Ich werde ein richtiger Kerl sein. Dann werde ich mich mit schmackhaftem Speck, Zwiebeln und frischem Brot vollfressen. Uh, und wie ich mich auf die Speckhappen freue. Ich werde sie genüsslich hinunterschlucken.<<