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Wundervolle Qualen

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Erschöpft trat ich aus dem Bürogebäude und musste mir erst einmal eine Zigarette anstecken.

Dann lockerte ich meine Krawatte und begutachtete mein mattes Gesicht in der verspiegelten Fassade des Hochhauses.

Es war der erste Tag von vier, den ich nach New York geflogen war, um unseren größten Kunden das neue Update für sein System näher zu bringen.

Nach zehn Stunden voller Erklärungen, Powerpoint Präsentationen und Einführungsgesprächen in einem stickigen Konferenzraum, schwirrte mir der Kopf und ich war dankbar für die kalte Luft, die mir in dieser Novembernacht ins Gesicht blies.

Es waren einige Momente der Ruhe, als ich durch meine kurzen, schwarzen Haare fuhr und anschließend einen tiefen Zug in den sternenklaren Himmel blies.

Die Innenstadt der Metropole war in den Abendstunden noch gut besucht. Junge Leute scherzten in Cliquen, während Musik aus den Lautsprechern ihrer Handys dröhnte und die älteren flanierten über das Pflaster der Wall Street, bewunderten teure Anzüge in den Schaufenstern.

Die Trinity Church ragte in den Himmel, als würde sie ihn stützen wollen. Bald schon würde die große Glocke zur zwanzigsten Stunde des Tages schlagen, doch niemand würde es wahrnehmen, wollte sich dieses wunderbare Schauspiel anhören. Außer mir. Dessen war ich mir sicher.

Ich schlug den Kragen meines braunen Wintermantels um, zog den Kopf ein und wartete rauchend, bis die Schlagtöne mein Gehör erreichten. Nur wenige Sekunden, dann war es vorbei und das Leben um mich herum pulsierte weiter.

Schon wieder kroch diese Erschöpfung meine Glieder hoch. Dabei hatte ich gar nichts gegen 10-Stunden-Tage oder Inlandsflüge, schon gar nichts gegen Stress. Immerhin hatte mein Berufsleben mich weit gebracht.

Ich konnte mehrere gut vermietete Häuser, ein ansehnliches Portfolio und drei Luxuskarossen mein eigen nennen, doch in den letzten Monaten besuchte mich dieses nicht zu fassende Gefühl der Schwäche immer öfters.

Es waren nicht die langen Arbeitstage, sondern eine Lethargie, alles erreicht zu haben, was man immer schon wollte. Und nun stand ich am Ziel einer langen Reise und fragte mich, was ich als Nächstes machen sollte. Die Antwort war niederschmetternd. Ich wusste es nicht.

Aus purer Langeweile kaufte ich mir ein Bier am Kiosk und trank das Helle aus der Flasche, während ich ziellos durch die fremde Stadt steuerte. Jederzeit hätte ich ein Taxi anhalten und mich zu meinem Luxushotel bringen lassen können, doch mir war einfach nicht danach.

Ich wollte den Puls der Stadt aufsaugen, hoffe auf irgendetwas, was die Entkräftung, diese Lustlosigkeit aufhob. Doch weder eine Bar, noch ein Strip-Club, noch eine urige Kneipe sprachen mich an. Schließlich hielt ich ein Taxi an und begrüßte den alten Mann mit Zwirbelbart.

»Wo darf es hingehen?«, wollte er wissen.

»Zum Four Seasons«, sagte ich so belanglos wie möglich und blickte ohne Ziel aus dem Fenster.

»Schlechten Tag gehabt?«

Das war ja das Groteske an der Sache. Eigentlich nicht, eigentlich war dies sogar ein recht erfolgreicher Tag. Der Kunde war zufrieden und mit seiner Meinung von mir wuchs auch der astronomische Bonus, den meine Firma mir bezahlen würde.

»Geht so«, antwortete ich, um die Wahrheit zumindest halb zu treffen. »In letzter Zeit läuft es nicht so.«

Ich hatte keine Ahnung, warum ich den Satz an meine Erklärung dranhing. Ich hätte es auch einfach auf sich beruhen lassen können und das Gespräch wäre durch gewesen.

»Tja, dann müssen Sie die Akkus mal wieder aufladen. Ein wenig Spaß haben, dass Leben genießen«, sagte der Mann und musterte meinen sündhaft teuren Armani-Anzug und den Hugo Boss Mantel.

Innerlich schmunzelte ich in mich hinein. Ich kannte das System. Die Taxifahrer bekamen eine Provision von den Bordellen, wenn sie die willigen Geschäftsleute dort abliefern, die mal Druck ablassen mussten.

Nicht, dass ich dem jemals abgeneigt wäre, immerhin war ich weder fest liiert und die Frauen, die ich traf, waren nach wenigen Wochen abserviert, aber ein schneller Halbstundenfick würde mich jetzt auch nicht auf andere Gedanken bringen.

»Vielen Dank, aber ich habe kein Interesse an irgendwelchen Dienstleistungen. Sex mit irgendeiner Prostituierten ist das Letzte, was ich jetzt brauche. Mir fehlt irgendwas anderes.«

Meine Stimme war abfällig, der Ton kalt. Damit dürfte das Gespräch beendet sein.

Sollte man meinen.

»Es gibt noch andere Möglichkeiten sich zu entspannen«, eröffnete der Taxifahrer erneut, während er sich in den Verkehr einreite und die New Yorker Innenstadt im Schneckentempo an uns vorbeizog. »Du bist zu satt, oder?«

Die Worte mehr in sich reingenuschelt, musste ich mehrmals den Satz in meinem Kopf wiederholen, um ihn zu begreifen. Kurz überlegte ich, ob mich für diese Frechheit beschweren sollte, kam aber zu dem Schluss, dass er völlig recht hatte.

Ich war einfach satt, gelangweilt, hatte alles erreicht, stand nach einem unglaublichen Spurt an der Ziellinie und wusste nun nicht mehr, wo ich hingehen sollte.

»Kann sein«, brummte ich belanglos und schaute den Mann durch den Rückspiegel in die Augen.

Einige Sekunden vergingen schweigend, in denen wir uns einfach nur anblickten. Dann setzte der Mann den rechten Blinker, hupte zweimal prophylaktisch und schnitt einem Benz, während er in eine Seitenstraße einbog.

»Na dann warte mal, ich hab war für dich.«

Wollte er mich verarschen? Was für eine Frechheit das war. Mit gespanntem Gesichtsausdruck griff ich in die Lehne des Beifahrersitzes. Mein Mund war schon geöffnet, die Worte zurechtgelegt und trotzdem verließ keine Silbe meine Lippen.

Nach ein paar Sekunden lehnte ich mich zurück. Warum konnte ich nicht sagen. Vielleicht war es Neugier. Vielleicht wollte ich einfach nur recht behalten und den Mann für seine dumme Idee verhöhnen. Vielleicht hatte ich einfach nur nichts anderes zu tun und die Langeweile lastete auf mir, wie Tonnen.

Wir fuhren mindestens eine viertel Stunde, bis wir zu einer der nicht so guten Gegenden New Yorks gelangten. Ein leichter Nieselregen hatte nun eingesetzt. In kleinen Wasserstraßen suchten sich die Tropfen am Fenster ihren Weg.

Flackernd legte sich das Licht der Laternen auf die feuchte Straße, als wir in einem Industriegebiet hielten.

Mit einer gehörigen Portion Argwohn musterte ich die Backsteingebäude.

»Und jetzt? Werde ich ausgeraubt und erschossen?«

Ein tiefes, gluckerndes Lachen verließ die Kehle des Mannes. Er zündete sich eine Zigarette an und wies auf das Erdgeschoss des alten Gebäudes.

»Vielleicht ist der Laden was für dich.«

Ein altes Industriegebäude lag vor mir. Ich musste zweimal hinschauen, um das defekte Neonschild wahrzunehmen. Desire.

Ein Mundwinkel zog sich automatisch nach oben. Begierde – wie passend. Gerade als ich zahlen wollte, erhob der Mann die Hand.

»Später …«, sagte er paffend aus dem Fenster. »… ich werde warten.«

Spätestens jetzt kroch eine gehörige Portion Unbehagen in mir hoch. Dass ein New Yorker Taxifahrer mich an einen abgelegenen Ort bringt, um mir ein schrecklich gutes Etablissement zu zeigen, damit konnte ich leben. Doch wenn er dann noch warten will und kein Geld verlangt, müssten selbst beim naivsten Menschen auf dem Planeten die Alarmsirenen zu schrillen beginnen.

Mehrmals sah ich mich um, bevor ich das Taxi verließ und der Regen mein Gesicht kühlte. Vier Männer standen stumm vor der Tür, die Arme hinter den Rücken verkreuzt, mich im Auge behaltend.

Ich würde zumindest keine leichte Beute abgeben, war gut trainiert und selbst unter dem Wintermantel müsste man erkennen, dass ich Gewichte stemme. Leider würde all das keine Kugel aufhalten.

Als ich an der Tür mit der abgeblätterten grünen Farbe stand, sah ich mich erneut um. Niemand war hier zugegeben, nur weiße Rauchwolken, die aus dem wartenden Taxi kamen. Ich wäre leichte Beute für die Vier Broncos gewesen, doch zu meiner Überraschung, hielten sie mir die Tür auf.

»Schön, dass Sie es endlich einrichten konnten, wir haben auf Sie gewartet«, sagte der Größte von ihnen.

Was für ein geistreicher Spruch, passend zum Namen des Lokals. Abfällig schnaubend trat ich über die Schwelle und blickte in einen dunklen Korridor. Ein schummriges Licht deutete darauf hin, dass hier tatsächlich jemand zugegeben war.

Der rote, abgewetzte Teppich präsentierte sich vor mir, wirkte sogar einladend. Tatsächlich konnte man sich mit viel Willenskraft vorstellen, dass dies tatsächlich Mal ein hübscher, kleiner Laden gewesen war.

Die Holzbalken des Bodens knarrten unter meinem Gewicht, als ich den Flur entlang auf die einzige Tür zu schritt. Hinter dem Glas konnte ich weiches Licht erkennen, Stimmgewirr und Musik, die hauchdünn mein Ohr erreichte.

Also doch! Es war eine Bar, wahrscheinlich ein Puff, dachte ich mir, als ich den Türknauf drehte und die Szenerie musterte.

Die Bar war von Rauchschwaden durchzogen. Eine schwarze Sängerin, in einem eng anliegenden Abendkleid, trällerte auf der kleinen Bühne ein trauriges Lied, während ein halbes Dutzend gut angezogener Männer ihr lauschte und von derselben Anzahl von Frauen bezirzt wurden.

Mein Blick streifte weiter. Egal, wie schlecht es der Welt gehen musste, diesem exklusiven Nachtclub mangelte es an nichts. Schwere Holzvertäfelungen dominierten den Raum.

Die Embleme der verschiedensten Whiskey- und Weinsorten prangerten von den Regalen, die beinahe die gesamte Wand einnahmen. Ein schummriges Licht flimmerte von der Decke und wiegte die eingelassenen Sitzecken aus rotem Samt im Halbdunkeln.

Nachdem mich alle einmal gemustert hatten und sie sich wieder ihrem Business zuwendeten, stellte ich mich an die Theke und bestellte einen The Glenlivet.

»Je älter, desto besser«, fügte ich etwas prahlerisch hinzu.

Zu meiner Überraschung verzog die ältere Dame an der Theke keine Mine, griff zielsicher nach einer Flasche und füllte das Glas – natürlich ohne Eiswürfel, wie es sich gehört.

In dieser kurzen Sekunde, als die bernsteinfarbene Flüssigkeit in das Glas gegossen wurde, konnte ich einen Blick auf das verblichene Etikett werfen. The Glenlivet 1886.

Augenblicklich wurde mein Mund trocken. Das Zeug war unbezahlbar, es gab nur noch wenige Flaschen auf diesen Planeten und in dieser kleinen Bar am Ende der Welt stand dieser Exot einfach im Regal, als wäre es das normalste der Welt.

Ein prüfender Blick auf das Sortiment bestätigte meine Meinung. Raritäten, soweit das Auge reichte. Diese Bar war wahrlich exklusiv.

»Bestell mir auch einen.«

Mein Blick schnellte herum. Die Frau musste sich so schnell hingesetzt haben, dass ich es gar nicht mitbekommen hatte. Ihre langen Beine waren in eng anliegendes, schwarzes Leder gehüllt und mündeten in einer dunkelroten Korsage. Ein dunkler, geflochtener Zopf ruhte auf ihren Rücken und wippte bei jeder Bewegung mit.

Jedoch war es nicht ihr Outfit, was mich einen Moment stocken ließ. Es waren ihre hellblauen Augen, die sich förmlich in mich hinein brannten. Als könnten sie mir direkt auf die Seele blicken. Dazu hatte ihr Blick den Hauch von Arroganz, die Selbstsicherheit der Wissenden.

»Das Zeug ist ziemlich teuer«, entgegnete ich schließlich und zündete mir eine Zigarette an.

Sie lächelte. Ihre hohen Wangenknochen hätten in einer anderen Zeit von aristokratischer Herkunft gezeugt und fügten sich herrlich in ihren blassen Teint.

»Du wirst es mir trotzdem bestellen.«

Obwohl mir diese dreiste Art ganz und gar widerstrebte, lag in ihrer Stimme eine Unerbittlichkeit, der ich mich nicht entziehen konnte. Kaum hatte ich die Finger zur Bardame erhoben, stand bereits ein Glas vor ihr.

»Und, wie viel kostet es?«, sagte ich geradeheraus.

Sie nippte an ihrem Drink und blies den Rauch ihrer Zigarette lasziv an die Decke. »Kostet was?«

Ich machte eine ausladende Handbewegung. »Nun, dies ist doch ein Bordell, nehme ich an. Also, was kostet es?«

Mit ihren French-Stil lackierten Fingernägeln fuhr sie den Rand des Glases ab. »Wieso bist du dir so sicher, dass dies ein Bordell ist?«

In diesem Moment meinte ich mich verhört zu haben. Wo war ich hier gelandet, verdammt? »Weil ich zu jedem Mädchen hier hingehen kann, ein Bündel Geld auf dem Tisch knalle und sie daraufhin mit mir schlafen wird.«

Sie nickte interessiert, wie ein Professor es tun würde, wenn ein Student ihn eine abstruse Theorie erklärt. Nach wenigen Herzschlägen stand sie auf, nahm den Drink und gab mir einen Kuss auf die Wange.

»Dann versuche es mal, Darling«, hauchte sie mir ins Ohr und setzte sich in bester Beobachtungsposition auf das rote Ledersofa.

Was glaubte diese Nutte eigentlich, wer sie war. Einen kurzen Moment überlegte ich, wie viel Bargeld ich dabei hatte und kam zu dem Schluss, dass ich den Laden beinahe schon hätte kaufen können.

Mit einem Schluck leerte ich den Whiskey und schritt zielstrebig auf die Frau am anderen Ende des Tresens hin. Bereits von weiten funkelten sie mir entgegen, auch in ihren Augen brannte die ruhige Leidenschaft, die ich bereits bei der ersten Dame erkannt hatte.

Vom Äußeren war sie allerdings das genaue Gegenteil. Sie hatte braun gebrannte Haut, kurze blonde Haare und einen frechen Gesichtsausdruck, als würde sie wissen, was jetzt kommen würde. Mehrere Tattoos zogen sich über ihren Körper und ein Piercing klimperte in ihrer Zunge.

»Guten Abend«, begrüßte ich sie und nahm direkt neben ihr Platz. »Wie wäre es, wenn wir etwas trinken und nachher gemeinsam in ein Zimmer gehen.«

Sie musterte mich von oben bis unten, nahm einen Schluck der Champagner.

»Nein, danke.«

»1000 Dollar«

Ein Lächeln umspielte ihren Mund, als sie zur Bühne sah und sie Sängerin beobachtete.

»Vielen Dank, kein Interesse.«

»3000 Dollar«, setzte ich nach.

Ihr Blick blieb starr geradeaus, sie schüttelte mit dem Kopf.

Ich atmete tief, zuckte meine Geldbörse und zeigte ihr in einem Anflug vom verletzten Stolz die Hunderter.

»Wie viel?«

»Las es gut sein, Hübscher.«

Für einen Moment überlegte ich, ob dies wirklich die Realität war. Hatte ich gerade einer Prostituierten 3000 Dollar angeboten und sie hat abgelehnt? In anderen Stadtteilen würde ich dafür eine ganze Woche mit zwei wunderschönen Frauen kriegen.

Ich entschuldigte mich und versuchte es erneut. Diesmal war mein Ziel eine rothaarige Schönheit, die im eng anliegenden Kleid alleine an einen der Tische saß und sich gedankenverloren in der Musik wiegte. Ohne Aufforderung setzte ich mich zu ihr.

»Entschuldigen Sie, dies ist doch ein Etablissement für spezielle Dienstleistungen.«

Sie lächelte und stützte sich dabei auf einer Hand ab.

»Wenn du es so sehen möchtest.«

»Wie viel Geld müsste ich ausgeben, damit Sie mit mir schlafen.«

Schon wieder dieses Glitzern in den Augen, schon wieder dieser prüfende Blick.

»Tut mir leid«, sagte sie höflich und wandte sich ab.

Was war hier los?

Verwundert blickte ich mich um. Es war bestimmt nicht die erste Bar der exklusiveren Sorte, in der ich mich aufhielt. Auf den ersten Blick war alles normal. Erst, als ich meine Sinne schärfte, fiel mir auf, dass dies auch keine normale Kundschaft zu sein schien.

Es waren nicht die Frauen, welche um die Männer buhlten, hier waren es die Geschäftsleute, welche versuchen einer der Damen zu erobern.

Automatisch schüttelte ich meinen Kopf. Warum gingen sie nicht einfach zwei Straßen weiter, bezahlen einen Bruchteil und bekamen alles für viel weniger Stress.

Mein Verstand begann zu schwirren, als ich auf die erste Dame zu schritt, die immer noch am Whiskey nippte. Ihr Sieg stand ihr ins Gesicht geschrieben, als ich mich neben ihr fallen ließ.

»Okay, du hast gewonnen. Was ist das hier?«

»Hier werden Wünsche erfüllt«, hauchte sie vielsagend in ihr Glas.

»Das wird anderswo auch, aber wo ist der Unterschied?«

Jetzt erst blickte sie mich an.

»Dieser Ort ist nur etwas für diejenigen, die etwas verloren haben. Für Leute mit Wünschen und einem Verlangen, was sonst nirgendwo gestillt werden kann.« Sie nippte erneut, kam nun so nahe, dass ich die Wärme ihrer Haut spüren konnte.

Etwas an ihr faszinierte mich, so sehr, dass ich jede Silbe in mich aufsog. »Hier suchen sich nicht die Männer die Frauen aus, hier ist es andersherum. Wenn du der Dame nicht gefällst, wird sie nicht mit dir schlafen. Wenn du allerdings ausgesucht wirst, wird sie dich in Welten entführen, die du nicht für möglich gehalten hast.«

Ihre Verheißung alleine ließ mein Blut zum Rauschen bringen.

»Was meinst du damit? Warum ist dieser Ort so besonders?«

»Wir arbeiten mit speziellen Mitteln, die … nun sagen wir mal so … nicht ganz der Norm entsprechen, um den Männern das zu geben, was sie selbst nicht zu träumen wagen.«

Ich beobachtete die vollen Lippen und ihren schlanken Hals, als sie die Worte sprach.

»Du meinst Drogen?«

Sie schüttelte mit dem Kopf, ihr schwarzer Zopf bewegte sich mit.

»Nicht auf diese Weise, die du meinst.« Ruhig funkelte sie mich an. In diesem Moment hatte ich das Gefühl, dass alle Lichter dieser Welt in ihren Augen versammelt seien.

Dann hatte mein Verstand mich wieder.

»Ich bin Geschäftsmann«, entgegnete ich härter als vorgesehen. »Ich schließe keinen Deal ab, ohne zu wissen, was ich bekomme und vor allem, wie viel es kostet.«

»Vielleicht denkst du nicht, dass du hier richtig bist, aber glaub mir, du bist es.« Sie kam noch näher. Süßliches Parfüm drang mir in die Nase, als sie mit ihrer Wange die Meine berührte. »Ich sehe es in deinen Augen. Und wenn du gehen möchtest, New York hat für jeden etwas … besonders für den schnellen Druckabbau, doch den wirst du hier nicht finden.«

Das war genug. Rasch erhob ich mich, richtete meinen Mantel und lächelte die Frau an.

»Nun, dann vielen Dank für das Gespräch.«

Sie erhob ihr Glas. »Das Vergnügen war auf meiner Seite. Wie ist dein Name?«

Ich stutzte einen Moment. Eigentlich war diese Frage nun unwesentlich. Ich würde sie schließlich nie wieder sehen.

»Thomas«, antwortete ich wahrheitsgemäß.

»Und wie lange bist du hier, Thomas?«

Warum nicht die Wahrheit sagen - es war ohne Belang.

»Am Donnerstag nehme ich den Nachtflug zurück.«

Sie nickte verstehend, nippte weiter an ihrem Drink.

»Mein Name ist Faith. Bis morgen, Thomas«, sagte sie zum Abschied.

Bis morgen? Ich lächelte.

Bestimmt nicht.

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